Den kleinen Rosengarten erreicht man, wenn man den Wesflur im Erdgeschoss entlang schlendert und durch deine hölzerne, grüne Tür nach draußen tritt. Der Weg in den Garten selbst ist mit zahlreichen Rosenbögen gekennzeichnet. Überall blüht es und ein Wohlgeruch sondergleichen hängt in der Luft. Etwa 50 m nach den Bögen erstreckt sich ein etwas größeres, steingepflastertes Areal, welches man aber auch von anderen Seiten betreten kann. Zentral an diesem Platz befinden sich ein runder, weißer Gartentisch sowie vier dazugehörige Stühle unter einem edlen Pavillon, welches um die Mittagszeit herum einiges an Schatten spendet. Ein herrlicher und vornehmer Ort, der aber dennoch von jedem benutzt werden kann, der sich nicht an der gigantischen Blütenpracht zu schaffen macht - denn das sieht der Gärtner alles andere als gern!
Jetzt war er selbst richtig schön in die Scheiße getappt, weil er den Unterricht mit Madara erwähnt hatte. Dabei hatte er zunächst ganz außenvor gelassen, dass Lydia sich wohl zwar an den Unterricht, jedoch nicht an den aufmüpfigen Werwolf erinnerte. Nach den richtigen Worten ringend, kratzte er sich am Kopf. „J-Ja, genau. Ich war nämlich einmal krank, als das FTF stattfand und wir haben das nachgeholt“, redete er sich hoffentlich halbwegs geschickt heraus. Mit Lügen hatte Mike seit jeher kein großes moralisches Problem. Manchmal blieb ihm eben nichts anderes übrig, wenn er kein riesengroßes Fass aufmachen wollte. Vielleicht würde er Lydia irgendwann von dem Fluch erzählen und sie aufklären, doch dafür musste erst die richtige Situation geschaffen werden. Und Mike musste sich zuerst gedanklich für so ein Gespräch bereit machen. Er hoffte inständig, dass das Thema damit abgehakt war. Und noch mehr hoffte er, dass Lydia nicht Madara über den Weg lief und aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen ebenfalls nach einem Extra-Training fragte, weil Mike ja eins bekommen hätte. Es war doch alles zum Haare raufen… Da war er doch ziemlich froh darüber, dass Lydia so gesprächig war, was ihre Herkunft und Familie betraf. Es lenkte nicht nur von anderen prekären Themen ab, sondern war an und für sich verdammt interessant. Sie erzählte, dass sie sich zu Hause nie normal gefühlt hätte. Ein Gefühl, dass Mike nur zu gut nachvollziehen konnte. Als Werwolf hatte er zwar selbst hier noch das Gefühl, ein Außenseiter unter Außenseitern zu sein, aber er fühlte sich um einiges angenommener als außerhalb der Insel. Dort, wo Leute wie Lydia und er, ihre Existenz leugnen mussten. „Hier bist du halt einfach nur ‘n Mädchen mit süßen Fellohren. Es interessiert keinen, dass du dich nicht richtig verwandeln kannst oder in Wirklichkeit ein Wolf bist. Wäre nice, wenn das überall so wäre… ich will nicht mein ganzes Leben hier verbringen.“ Ob es bei Lydia anders war? Bis zum Abschluss waren es zwar noch einige Jahre, doch Bedenken wegen seiner Zukunft plagten Mike gelegentlich trotzdem. Doch Zeit, um trübsinnig zu werden, ließ Lydia ihm gar nicht. Er musste unwillkürlich grinsen, als sie die Kreuzung seines Kumpels als krass bezeichnete und den Wahrheitsgehalt ebenfalls in Frage stellte. „Wer weiß. Ich werd’s wohl nie herausfinden. Immerhin kann ich ja keinen DNA-Test machen oder so. Aber falls ich mal herausfinde, dass er lügt, bist du die erste die’s erfährt“, grinste er. Ob es sie überhaupt interessierte oder nicht. Beiläufig kramte er sein Handy aus der Hosentasche, um einmal die Zeit zu checken. Sie hatten erst frühen Vormittag, also noch mehr als genug Zeit bis zum Ball. Was würde er den ganzen Nachmittag über tun? Vielleicht eine Runde Joggen und dann ein Nickerchen halten? Klang gut. „Hast du schon was zum Anziehen für heute Abend?“, fragte er Lydia dann einfach mal, nachdem er sein Handy wieder weggesteckt hatte. Schließlich wollte er ihr nicht das Gefühl vermitteln, dass ihm seine Notifications und Nachrichten wichtiger waren als ihr Gespräch.
Lydia war sich wirklich nicht mehr sicher, ob Mike wirklich mit Ivy und ihr zusammen beim FTF war und als sie nachgefragt hatte, meinte Mike, dass er da krank war und dies dann nachgeholt hatte. „Achso, deshalb kann ich mich nicht daran erinnern, dass du auch mit ihm trainiert hast. Aber das ist dann sowieso echt nett von Madara, wenn er das Training nochmals für dich wiederholt“, sagte sie zu ihm und lächelte ihn an. Vielleicht hatte Mike auch einfach keine Zeit gehabt und es später nachgeholt. Jedenfalls fand die Irin es sehr freundlich von Madara, dass er das Training mit Mike nochmals separat wiederholt hatte.
Zum Thema, dass Lydia sich hier auf der Insel einfach wohler fühlen würde, sagte Mike, dass sie hier ja einfach irgendein Mädchen mit süßen Ohren sei. Es würde hier auch niemanden interessieren, ob sie sich verwandeln konnte, oder auch ein Wolf war und er wünschte sich, dass dies überall so wäre. Er wollte aber deshalb nicht für immer auf dieser Insel bleiben. „Stimmt, das ist hier echt toll. Nicht viele sind tolerant, obwohl das etwas ist, was heutzutage eigentlich bei jedem dazugehören sollte. Wieso willst du denn nicht auf dieser Insel bleiben?“, fragte sie dann Mike. Sie selbst wollte auf jeden Fall die Stadt in der Nähe ihres Heimatdorfes einmal in ihrem Leben bestaunen. Vielleicht auch in Zukunft andere Städte, aber dafür musste sie zuerst die Verwandlung schaffen, doch träumen tat die Irin schon. Eigentlich könnte die Schwarzhaarige dies auch als eine Art Motivation für das Training verwenden. Die DNA von Mikes Freund war schon sehr interessant und Mike meinte dann noch, dass er nicht wissen würde, ob er dies wirklich alles herausfinden würde, weil er ja nicht so einfach einen DNA-Test machen konnte. Doch wenn er es herausfinden würde, dann wäre Lydia die erste, der er es erzählen würde. Lydia nickte und lächelte dabei. Es würde sie wirklich freuen, wenn er es ihr dann erzählte, wenn er es herausgefunden hatte. Danach holte Mike kurz sein Handy heraus, das er nach kurzer Zeit wieder wegsteckte.
Anschließend kam das Gespräch zum Thema des Balls. Ihr Mitschüler fragte sie, ob sie schon etwas zum Anziehen hätte. „Ja, meine Mama hat mir ein Kleid für den Ball geschickt und du?“, fragte sie anschließend Mike. Ihm würde sicher so ein klassischer Anzug sehr gut stehen. Das würde an ihm sicher sehr seriös und erwachsen wirken. Sie war schon gespannt, ob er wirklich einen Anzug tragen würde, doch das würde sie wahrscheinlich erst auf dem Ball sehen.
Offenbar glaubte Lydia ihm die Ausrede, ohne irgendwelche Zweifel zu hegen. Wieso sollte sie auch? Er hatte in ihren Augen wahrscheinlich keinen Grund sie anzulügen. Also hatte er nochmal Glück gehabt. „Ja, war schon nice von ihm“, stimmte er ihr schnell zu, um die Sache endgültig unter den Teppich zu kehren. Ob Madara wirklich Extra-Training mit ihm veranstaltet hätte, wäre er krank gewesen? Das war eine Frage, die Mike nur für den Bruchteil eines Moments beschäftigte. Immerhin war er nie krank und hatte an Madaras Unterricht sowieso kein Interesse.
Die Frage wieso er nicht auf der Insel bleiben wollte, brachte Mike fast dazu spöttisch mit der Zunge zu schnalzen, doch er konnte sich beherrschen. Er konnte Lydia nicht dafür verspotten, dass sie sich auf der Insel so wohl fühlte, dass sie in Erwägung zog, für immer zu bleiben. Das unterstellte er ihr jedenfalls, ohne dass sie es ausgesprochen hatte. Aber im Gegensatz zu ihr, kam er aber nicht aus einem kleinen Dorf im Nirgendwo und er war auch nicht freiwillig hier. „Die Insel ist toll und alles, aber ich bin jetzt seit einem halben Jahr hier und ich hab gefühlt schon alles gesehen. Ich komm aus einer halbwegs großen Stadt, da ist das hier… ein netter unfreiwilliger Urlaub, schätze ich, aber kein Ort, an dem ich bleiben will.“ Wenn er darüber nachdachte, dass die Welt sich weiterdrehte und er hier festsaß, fühlte er sich unruhig. In Russland hatte er zwar genauso wenig die Möglichkeit zu reisen, bis er volljährig war, doch dort war er immerhin aus freien Stücken. Letztlich schüttelte Mike jedoch den Kopf und lächelte. „Aber ich bleibe zumindest bis wir unser Training abgeschlossen haben, keine Sorge.“ Seinen Abschluss würde er hier wohl auch machen, sonst wären die Jahre reine Zeitverschwendung. Als das Gespräch in Richtung Abendgarderobe ging und Lydia erwähnte, dass ihre „Mama“ ihr ein Kleid geschickt hatte, musste Mike grinsen. Er sprach es nicht aus, aber das war eine liebe, mütterliche Geste von Lydias Mutter. „Dann muss ich ja hingehen, um mir anzugucken, was deine Mama dir da geschickt hat“, scherzte er und schmunzelte verschmitzt. Tatsächlich war die Aussicht, Lydia in einem (möglicherweise handgenähten) Kleid zu sehen, ein sehr guter Grund, um auf den Ball zu gehen. Auf ihre Gegenfrage hin fasste er sich an den Nacken und deutete ein Augenrollen an. Er hasste es, sich Gedanken über seine Klamotten machen zu müssen. „Jein… ich hab ein Hemd im Schrank und ich wollte mir ‘ne Krawatte und so Hosenträger leihen“, sagte er und deutete den Verlauf der Hosenträger mit den Händen an, was ihn im nächsten Moment irgendwie verlegen machte. Ob das doof aussehen würde? In seinem Kopf sah es eigentlich ganz cool aus. „Oder soll ich einen Anzug tragen?“, fragte er eher sich selbst, als Lydia und schaute etwas gedankenverloren an ihr vorbei zu den fleißigen Bienchen, die das Beet bepflanzten. Dann machte er eine abwinkende Handbewegung und konzentrierte sich wieder auf Lydia. „Nah, schon gut, sag nichts. Ich bleib dabei. So kurzfristig finde ich eh nichts mehr.“In meiner Größe. Das dachte er sich jedoch nur dazu.
Mike erklärte, dass er schon gefühlt alles hier auf der Insel gesehen hatte und im Gegensatz zu einer Stadt wäre das hier ein netter, unfreiwilliger Urlaub. So wie es schien war Mike also eine Städteperson. Lydia selbst kannte nur die ländlichen Orte und keine großen Städte. Doch sie verstand irgendwie schon, dass Mike die Stadt besser gefällt als solch ein Ort. „Ich kenne zwar keine großen Städte, doch ich verstehe das. Glaube ich jedenfalls“, sagte sie zu Mike. Sie war sich unsicher, ob sie wirklich das kannte, denn sie hatte eher die Sehnsucht einmal in die Stadt zu gehen, kannte diese aber nicht. Mike ergänzte anschließend, dass er aber hier bleiben würde, bis er das Training abgeschlossen hatte. Lydia fing an zu lächeln. „Du willst nur nicht, dass ich ohne dich Fortschritte mache“, sagte sie und neckte Mike dadurch ein wenig. Sie freute sich, dass die beiden auf jeden Fall den Abschluss gemeinsam hier auf der Insel machen würden.
Als die beiden über die Kleidung vom Ball redeten und Lydia ihrem Mitschüler gesagt hatte, dass ihre Mutter ihr ein Kleid geschickt hatte, meinte er, dass er wohl zum Ball gehen musste, damit er sehen würde, was sie für Lydia ausgesucht hatte. Die Wangen der Irin wurden plötzlich rot im Gesicht und auch ihr Herz fing wieder an zu rasen. Warum bekam sie jetzt dies wieder plötzlich? Vielleicht war ihr auch einfach nur zu heiß? Immerhin war es doch sehr warm hier draußen. Mike erklärte dann was er vorhatte anzuziehen. Doch er schien sich nicht ganz sicher über seine Wahl zu sein. „Also ich finde, dass das sicher gut an dir aussieht. Ich freue mich schon dich in deiner Wahl zu sehen“, sagte sie zu ihm und lächelte ihn an. Das Herzrasen hörte in der Zeit immer noch nicht auf.
Man konnte etwas, das man nicht kannte, wohl auch nicht vermissen. Wahrscheinlich war diese Insel für Lydia sogar noch aufregender als ihr Heimatdorf. Da sie ihm allerdings Verständnis entgegenbrachte, hielt er es nicht für nötig noch etwas dazu zu sagen. Dass sie ihn neckte, konnte er aber nicht wortlos stehen lassen. „Oha, was ich da raushöre, ist, dass du einen Wettkampf daraus machen willst. Bin dabei“, grinste er und streckte ihr flüchtig die Zunge durch seine Zähne heraus. Er glaubte zwar nicht, dass das Lydias Intention gewesen war, aber ein bisschen Konkurrenzkampf hatte noch niemandem geschadet, der vorwärtskommen wollte. Bevor er noch etwas zu der Wahl seiner Abendgarderobe sagen konnte, riss ein leises Ding seine Aufmerksamkeit auf sich. Obwohl das in letzter Zeit öfter vorkam als noch vor einem halben Jahr, runzelte Mike bei dem Geräusch die Stirn in Verwunderung. Er hatte das Gerät meistens auf Laut, weil er es hasste, wenn er in einer Text-Konversation warten gelassen wurde. Also ließ er die wenigen Menschen, die ihm schrieben, ebenfalls nicht lange warten und schaute sofort nach. Mike erwartete eine Nachricht von Damian, vielleicht von Oli, aber auf keinen Fall von der Schulärztin. Verwirrt über das eingeblendete und sehr formale „Lieber Mike …“ hatte er sogar ein bisschen Schiss die Nachricht zu öffnen. Hatte Roxanne irgendwelche medizinischen Erkenntnisse über ihn, ohne dass er jemals in ihrer Behandlung gewesen war? Ein eigentlich absurder Gedanke, weshalb er die SMS aufrief und vor Schreck fast vom Gartenstuhl kippte. „Ach, Fuck—“, ärgerte er sich und das nicht einmal ganz so leise. Er überflog die Nachricht noch einmal, um sicherzugehen, dass er es richtig verstanden hatte, bevor er das Handy auf den Tisch knallte und Lydia ein schuldbewusstes und leicht gezwungenes Lächeln zuwarf. „Sorry, aber ich hab total vergessen, dass ich heute noch im Wald knechten darf. Brennholz sammeln für heute Abend“, erklärte er etwas gehetzt. Roxanne hatte zwar betont, er solle sich kein Bein ausreißen, um sofort dort anzutanzen, aber er wollte die Ärztin auch nicht unnötig lange dort warten lassen. „Ich mach das wieder gut, ja? Wir sehen uns!“ Im Vorbeigehen tätschelte er Lydias Schulter entschuldigend. Wenn sie ihm das übernahm, könnte er es verstehen. Vielleicht könnte er sie auf dem Ball mit einer Tüte Bonbons überraschen, um sich zu entschuldigen. Vorausgesetzt, der Snackautomat im Wohnheim würde auf seine Stöße und Tritte reagieren… er müsste schauen. Ein paar Meter weiter, drehte er sich dann noch einmal um. „Wir sehen uns heute Abend!“, rief er ihr zu. Jetzt hatte er gar keine andere Wahl mehr als zu diesem ollen Ball zu gehen.
Mike ärgerte die Schwarzhaarige ein wenig und sie grinste dabei. Es war lustig mit Mike Zeit zu verbringen. Er schien schon ein wenig ein Spaßvogel zu sein, doch das war nicht schlimm, denn Lydia fand es super. Sie lachte gerne und Mike schien sie auch immer wieder zum Lachen zu bringen. Sein Humor war einfach lustig. Wahrscheinlich gab es Personen, die dies nicht so fanden, doch empfand Lydia das schon so. Ganz plötzlich nahm Mike sein Handy heraus. Was wohl war? Er war jedenfalls sehr in sein Handy vertieft und schien auch intensiv eine Nachricht zu lesen. Lydia wollte irgendwie wissen, von wem diese Nachricht war. Vielleicht von seiner Freundin? Hatte Mike denn überhaupt eine? Plötzlich fluchte Mike wie aus dem Nichts und schien verärgert zu sein. Dann wandte er sich an die Irin und sagte zu ihr, dass er vergessen hatte, dass er heute noch im Wald arbeiten musste. Er war fürs Brennholzsammeln heute Abend anscheinend eingeteilt. Danach sagte er noch, dass er es wieder gut machen würde und verabschiedete sich dann noch mit den Worten, dass sie sich heute Abend sehen würden. „Bis heute Abend“, rief sie ihm noch hinterher, ehe er verschwand. Lydia lächelte noch, denn sie freute sich schon riesig auf den Ball.
Nun war sie alleine. Was sollte sie nun tun? Auf jeden Fall hatte Lydia noch genug Zeit, bis sie sich für den Ball richten musste. Sie überlegte kurz, was sie nun tun könnte. Sie entschied sich schlussendlich für einen Spaziergang. Wohin des Weges, würde sie dann schon merken.
Ein Stück Erleichterung wusch über Vivians Gemüt herein, als die Handschuhe anscheinend einen guten Halt auf seinen Fingern gefunden hatten. Auch wenn sie die Reaktion nicht wirklich sehr lange betrachten konnte, drifteten ihre Blicke doch sehr schnell auf ihre eigenen Hände ab. Wo sie auch eine kurze Zeit sehr starr verblieben. Erst die Frage ihres Hilfsgärtners schien wieder eine Reaktion in ihrem Handeln hervorzurufen. Relativ schnell - aber doch langsam genug um nicht als schreckhaft gewertet zu werden – schnellte ihr Blick nach oben, so dass die Blondine das Gesicht des Engels wieder betrachten konnte. Kaum waren die blauen Seelenspiegel auf seinem Gesicht gelandet, wanderten sie aber auch schon wieder hinab. Dorthin, wo seine Hände gerade nach der Ihren griffen. „Es ist alles in Ordnung, Ophaniel.“, versicherte sie dem kleinen Jungen mit einem leichten heben der Mundwinkel. Unterstützt wurde das Ganze von einem kleinen Nicken. Ihre Versuche, den Ursprung dieses Gefühls, welches vorhin noch in ihr ruhte, zu erforschen, wurden nun erst einmal eingestellt. Vielleicht würde sie später, in einer ruhigen Minute, noch einmal mit sich selbst darauf zurückkommen. Aber ob das so wichtig war? Sie wusste es selbst nicht. „Ich danke dir trotzdem für deine Fürsorge, Ophaniel.“, womit das Thema an sich auch wieder erledigt war. Es gab immerhin noch ein Blumenbeet zu bearbeiten und die Beiden hatten noch gar nicht richtig angefangen.
Vivian bemühte sich also relativ schnell, die Grundlagen des Platzierens von Setzlingen möglichst bildhaft und logisch zu beschrieben. Eine Bemühung, welche ihr wohl nicht gänzlich misslang. Mit begeistertem Blick saugte der kleine Engel ihre Worte in sich auf, bevor dann der eigene Vergleich mit einem Baum an ihr Ohr getragen wurde, welcher eine ähnliche Struktur aufwies. „Ja, das Prinzip ist das Gleiche. Sehr gut erkannt.“, lobte sie den Blondschopf und schaffte es ihm ein kleines Lächeln zukommen zu lassen. Es freute sie, jemanden so positiv und begeistert über die Natur sprechen zu hören. Eine Eigenschaft, die nicht viele hier auf der Insel wirklich aufweisen konnten. Vielleicht tat die junge Frau aber auch einfach das richtige, um ihre Interessen erzieherisch an den kleinen Hansdampf weiterzugeben. Auch wenn ihr selbst die genaue Definition von Erziehung nicht ganz geläufig war, tat sie es dennoch indirekt. Schlimm, diese Erziehungswissenschaft. „Ja, das ist sie. Von der Natur kann man sich immer etwas abschauen. Wenn man genau hinschaut, dann entdeckt man immer etwas, was man adaptieren kann.“, folgte noch eine kleine Ergänzung, dann übergab sie Ophaniel den ersten Setzling. Allerdings, sprang sie nicht gleich auf und kümmerte sich um alles. Nein, ganz ruhig saß sie daneben, beobachtete die Handgriffe ihres Hilfsgärtners und ließ ihm immer dann ein unterstützendes Nicken zukommen, wenn ihre Blicke sich beim Pflanzen der Setzlinge kreuzten. „Du machst das sehr gut, Ophaniel.“, würdigte sie seine gewissenhafte Herangehensweise und unterstützte nur bedingt bei den letzten Feinschliffen der Setzlinge. Das festdrücken der Erde zum Beispiel. Da fiel ihr ein weiterer Hinweis ein, welcher bestimmt nützlich für einen so begeisterten Gärtner sein könnte. „Wenn man die Erde festdrückt, sollte man es nicht zu fest machen.“, eine kleine Pause folgte inmitten der Erklärung. „Denn die Wurzeln der Blumen sollen sich schließlich auch weiterverbreiten können. Ist die Erde am Anfang zu fest, verlassen sie ihre Form durch den alten Topf nur sehr schwerlich. Aber natürlich kommt es dabei auch auf die Pflanze an. Manche sind eben stärker als andere.“. Und während Vivian ihm das mitteilte, reichte sie weiterhin fleißig die Setzlinge an ihren Arbeitskollegen weiter. Erst machte der kleine Engel eine Reihe des Beetes fertig, dann kam sie selbst an die Reihe. Als würden sie miteinander im perfekten Einklang stehen, wurden die Arbeitsschritte gewechselt und an den jeweils anderen abgegeben. Kein Streit, keine Probleme, gar nichts. Ganz im Gegenteil. Die Blondine nutzte immer mal wieder die Gelegenheit ihm etwas über die Flora und Fauna beizubringen. Wobei sie sich nicht sicher war, ob Ophaniel auch wirklich alles verstand. Aber das musste er auch nicht. Er hatte das Privileg ein kleiner Engel zu sein. Kleine Engel durften etwas nicht verstehen, zumindest war das Vivians Einstellung dazu. Er konnte ja immer wieder nachfragen, wenn ihm etwas nicht mehr geläufig war. Das nebenbei @Mikhail und @Lydia Johnson den Garten betraten, würdigte sie mit einem schnellen und scharfen mustern ihrer blauen Augen gegenüber den beiden Besuchern. Schreien tat die Engelin nur selten und hier wäre es nun einfach nur unnötig gewesen. Stattdessen nickte sie den laufenden nur freundlich zu, während Ophaniel mit seinem Winken wohl die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog. Nicht, dass es sie großartig störte. Immerhin wurde nach dieser Unterbrechung zügig weitergearbeitet.
Und die Arbeit konnte sich sehen lassen. Die Stunden an Arbeit, Erde und Fleiß hatten sich am Ende zu einem wirklich schönen Farbenspiel kombiniert. Avon würde das Ergebnis sicherlich gefallen, da war sich Vivian sicher. Immerhin war es sicherlich ein Blickfang für jeden Besucher, welcher das Beet vorher zerstört gesehen hatte. Wahre Restaurationskünstler, das warne die beiden Engel heute gewesen. Weswegen eine Pause vor dem endgültigen wegräumen der Gerätschaften eine willkommene Abwechslung war. Auch für Vivian, der sich trotz der ganzen Ausdauer ebenfalls etwas ausgelaugt fühlte. Umso mehr ein Grund ihrem kleinen Helferlein ein wenig Respekt zu zollen. Immerhin war er bis jetzt putzmunter geblieben. Er holte sogar noch etwas zu trinken. Er war wahrlich ein engagiertes Kerlchen. „Danke.“, folgte es beim entgegennehmen der Wasserflasche. Fürs Erste blieb die Flüssigkeit allerdings unberührt. Vivian hatte es nicht so eilig ihren Durst zu stillen. Das zweite Lächeln in seine Richtung folgte. „Eine Belohnung, die du dir wirklich verdient hast.“, warf sie ihm mit einem freundlichen Unterton entgegen, welcher fast schon die Neutralität ihrer sanften Stimme infrage zu stellen versuchte. Auch sie heiterte der Anblick des Beetes immens auf. Es war schön etwas mit seinen Händen aufzubauen, zu erschaffen. Ihre blauen Augen erfüllten sich in diesem Moment mit einem warmen Antlitz. Eines das auch nicht verflog, als der kleine Mann erneut sein Wort erhob. „Ich denke, es wird sicherlich ein paar Besucher geben.“. Warum auch nicht? Vivian würde es, sollte die Zeit reichen, sicherlich nach dem Ball hierher verschlagen. Allerdings eher weniger aus romantischen Gründen, sondern eher aus eigenem Antrieb heraus. Sie liebte die Atmosphäre des Gartens. Wenn nachts die Leuchten am Wegesrand ihr Licht in die Umgebung warfen und unter dem Sternenhimmel zwar dunkel, dennoch kräftig, verschiedene Farben auf das Auge einwirkten und ein Gefühl von Harmonie verbreiteten. Deswegen allein würde sie schon hierhingehen. Personen waren, so fies das auch klingen mag, eher zweitrangig. „Der Ball findet zwar am Schulgelände statt, aber am Ende werden die Rückkehrer vielleicht einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.“, ergänzte sie kurz nach und wusste in diesem Moment noch gar nicht, was Ophaniel noch im Kopf herumgeisterte.
Zugegeben, der Engel traf sie sehr unerwartet mit seiner Frage. Denn auf den Ball wäre sie definitiv gegangen. Es kam selten vor das sich eine Menge Leute zu einem solchen Anlass zusammenfanden. Sie schätzte einfach die Gemeinschaft, auch wenn sie nicht direkt ein Teil davon war. Außerdem, so ihr zweiter Gedanke, brauchte es ja auch jemanden, der auf die anderen Acht gab. Das die Lehrkräfte und Erzieher hier alles im Griff hatten, wollte sich die Blondine nicht so richtig eingestehen. „Nun…“, begann sie etwas nachdenklich in seine Augen zu blicken, „…ich bin mir sicher, dass sich das einrichten lässt.“. Ihr Blick wanderte auf die Wasserflasche in ihren Händen, dann zurück auf das Gesicht des Engels. Und das war sicherlich kein Anflug von Schüchternheit. Nein, ganz im Gegenteil. Der Kopf der Engelin war nur gerade dabei etwas auszubrüten. „Du könntest mich auch als Partner zum Ball begleiten. Ich habe gehört das es üblich sein soll, dort in mit einer Begleitung zu erscheinen. Wenn du also möchtest, kannst Du mich gerne begleiten.“. Das Angebot war direkt und auch ziemlich neutral in den Raum gestellt. Die Blondine hatte es noch nie so mit roten Wangen und peinlichen Blicken. „Allerdings wird es, wenn ich mir die Umstände ansehe, für mehr als einen Tanz reichen. Ich bin mir sicher, dass über den Abend hinweg eine Menge Möglichkeiten entstehen werden. Wobei die Chance bei einem gemeinsamen Auftreten natürlich sehr hoch sind.“. Was, so gesehen, ja nur logisch war. Immerhin war es im Kopf von Vivian selbstverständlich auch die Zeit auf dem Ball großteilig mit der Person zu verbringen, mit der man dort hingehen würde. Anders ergab es doch gar keinen Sinn, oder? Außerdem wäre es sicherlich hilfreich, wenn sie so ein wachsames Auge auf den Hansdampf werfen konnte. „Ich würde mich in jedem Fall freuen, dich begleiten zu dürfen.“, ergänzte die Engelin noch und setzte die Flasche nun an ihre Lippen an. Wenn dieser Kommentar nicht hinablief wie Honig. Sie übte sich derweil unschuldig an einem kleinen Schluck und setzte letzten Endes das Getränk geräuschlos und ganz ohne Kommentar ab. Gute Erziehung würde der eine jetzt sagen. Selbstbeherrschung und eine ausgefeilte Atemtechnik waren es wohl eher. Wer kann, der kann. Und Vivian konnte, ganz eindeutig.
Bläuliche Augen musterten die neue Umgebung, als der junge Mann beim kleinen Rosengarten ankam. Er hatte sich vorgenommen diesen Tag damit zu verbringen, sich das Wohnheim anzuschauen. Man sah es ihm zwar nicht an, aber er freute sich sehr zu sehen, dass es hier um einiges freundlicher aussah, als das Waisenhaus, in dem er die Jahre zuvor verblieben war. Dort war es, seiner Meinung nach, schrecklich gewesen. Der Außenbereich war überaus langweilig gewesen, denn viel war dort nicht zu sehen gewesen. Sowas wie einen Rosengarten, konnte Nate sich dort überhaupt nicht vorstellen. In der Stadt vielleicht aber wann war er dort denn mal gewesen? Über die Zimmer wollte er nicht mal nachdenken. Nathan schüttelte seinen Kopf und ließ ein leises, angewidertes Schnauben hören. Dorthin wollte er nie wieder. Er lenkte seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Garten zu, der übersät war mit wunderschönen Rosen. Schweigend betrachtete Nathan die Rosenbögen, durch die er schlenderte. Ja, dachte er zufrieden und bewegte seine Mundwinkel ein wenig in die Höhe, sodass es schon fast nach einem Lächeln aussah, sehr viel schöner. Sein Blick blieb an einer der Rosen hängen. Vorsichtig kam er näher, um an dieser zu riechen. Der kräftige Rosenduft umhüllte seine Nase und ließ ihn beinahe überrascht zusammenzucken. Es war lange her, als er das letzte Mal an einer Rose gerochen und einfach die Natur genossen hatte. Zu lange, musste er zugeben.
Er sah ein wenig auf, als er in der Ferne Stimmen hörte. Nathan seufzte kaum hörbar. Menschlicher Kontakt. Wie anstrengend das nun wieder wäre. Seine blaue Augen starrten für ein paar Sekunden in die Richtung, von der die Stimmen kamen, gab allerdings keinen Laut von sich. Wenn jemand ihn ansprechen musste, würde er sich nicht beschweren. Nur ob er sich darüber dann freuen würde, war eine andere Frage. Natürlich, gerade auch dadurch erschien er anderen sicher eher abweisend oder kalt. Zumindest war es früher so gewesen. Allerdings war er das alleine sein bereits gewohnt. Es störte ihn mittlerweile nicht mehr. Nein, stattdessen machte er das beste daraus und versuchte dabei seinen Hobbies nachzugehen. Ja, ab und zu würde auch er gerne mit jemanden reden. Nur fand er so jemanden zu finden, wenn er ehrlich sein sollte, etwas schwierig. Langsam richtete er sich wieder auf. Was nun? Er wusste es nicht. Am liebsten würde er hier stehen bleiben. Nur für ein paar weitere Minuten. Nur, um die Natur und diesen schönen Rosenduft zu genießen.
Das wäre toll.
Isalija
Isalija
85 Charakterbogen Aufenthaltsort: ??? Aktuelles Outfit: - schwarzes T-Shirt, lange graue Jogginghose, unterschiedliche Socken (links braun, rechts blau), Puschen
Mehr oder weniger zufrieden mit dem Tag tapste ich in meiner Katzengestalt am Rande einer Rosenhecke entlang. Im Grunde war ich gerade dabei meine Route abzulaufen, auf der ich nachsah, ob in meinem Revier auch alles in Ordnung war. Leider hatte ich @Avon bisher nicht gesehen, aber vielleicht traf ich ihn ja hier irgendwo an. Der Rosengarten war einer meiner Lieblingsorte zum entspannen. Es duftete schön und es gab da diesen Tisch im Pavillon, auf dem es sich ganz hervorragend liegen ließ. Noch besser wäre natürlich ein Kissen gewesen, aber wenn ich etwas weiches wollte, konnte ich mich ja noch auf den Rasen legen. Der war auch schön. Alles in Allem leistete Avon hervorragende Arbeit um alles so schön aussehen zu lassen. Er war einer meiner Lieblingsmenschen. Auch wenn er kein Mensch war. Außerdem roch er so lecker nach Fisch. Als ich einen neuen Geruch aufschnappte, blieb ich einen Moment wachsam stehen, schnupperte... und folgte langsam der Spur, bis ich einen Jungen sah (@Nathan), der da mitten im Garten stand. Er musste neu sein. Nachdenklich betrachtete ich ihn eine Weile durch meine Katzenaugen und zuckte mit dem Schwanz. Er roch nach Tier. Schließlich beschloss ich vorsichtig näher zu tapsen, machte aber einen Bogen um ihn, um ihn nochmal genauer unter die Luppe zu nehmen. Roch nach Tier, schien aber nicht gemein zu sein - sah zumindest nicht so aus - also beschloss ich, dass er vorerst keine Bedrohung war und tapste weiter zum Pavillon, um erst auf den Stuhl, dann auf den Tisch zu springen, wo ich mich erst einmal genüsslich streckte und es mir dann auf der Tischplatte gemütlich machte.
Luana schien doch recht begeistert von der Idee des Rosengartens zu sein. Da war die Schwarzhaarige froh, denn wenn sich hier ihre Wege schon getrennt hätten, dann hätten sich die beiden sicher nicht noch näher kennenlernen können. Lydia würde schon sagen, dass sie Freundinnen waren. Trotzdem kannte sie die Rosahaarige doch immer noch nicht so gut. Deshalb freute sich die Wölfin riesig, dass Luana sie begleiten wollte. Als die beiden zum Rosengarten liefen, fragte die Rosahaarige eine Sache, über die Lydia einfach noch nie nachgedacht hatte. „Eigentlich nicht. Also ich weiß ja nicht wie gut deine Nase ist, aber für mich riecht es normal. Kann schon sein, dass es ein stärkerer Geruch ist, aber das nehm ich wahrscheinlich nicht so wahr“, versuchte sie es irgendwie zu erklären. Lydia merkte selbst, dass sie sich dabei nicht besonders gut angestellt hatte. Aber gut, sie wusste selbst nicht genau, wie sie dies sagen sollte. Eventuell verstand ja die Rosahaarige, was sie gemeint hatte. Da fiel der Schwarzhaarigen gerade noch auf, dass sie ja gar nicht wusste, welche Rasse Luana angehörte. Ob sie fragen sollte? Wieso auch nicht? „Du musst es mir nicht sagen, aber was für einer Rasse gehörst du denn an?“, fragte die Wölfin vorsichtig. Es wär okay, wenn sie ihr dies nicht verraten wollte, aber man konnte doch mal fragen, oder?
Lydia konnte schon die Rosen riechen. Dank ihrer Nase konnte sich die Irin quasi nie verlaufen. Das war schon ein Vorteil. Als die beiden angekommen waren, ließ die Wölfin ihren Blick über die Rosen schweifen. Sie waren so schön wie immer. Der Hausmeister machte sein Job einfach mit Leidenschaft, das merkte man schon. Weiter hinten entdeckte die Irin einen Jungen, den sie noch nie hier zuvor gesehen hatte. Ob er neu hier war? „Kennst du den Jungen?“, fragte Lydia ihre Freundin. Vielleicht war er ja schon länger hier und sie hatte ihn zuvor einfach noch nie wahrgenommen? Kam aber eigentlich so gut wie nie vor. Die Schwarzhaarige war sich unsicher, ob die beiden ihn ansprechen sollten. Aber dafür war die Irin wahrscheinlich eh zu zurückhaltend. Trotzdem wäre es cool noch eine weitere Person kennenzulernen. Vielleicht war die Rosahaarige ja nicht ganz so zurückhaltend und traute sich mehr?