Das Gemeinschaftsbad der Mädchen ist mit allem ausgestattet, was eine Frau von Welt für ihre Körperpflege braucht und wahrscheinlich auch haben will. Das Bad selbst ist mit weißen Fliesen an den Wänden an allen Seiten verkleidet. Am Anfang des Raumes, an der selben Wand sich die große Eingangstür befindet, sind ein paar Waschbecken und Spiegel aneinander gereiht. Manche davon scheinen schon eingenommen zu sein, finden sich doch hier und da ein paar Zahnputzbecher und ähnliche Kosmetika auf dem Abstellbereich der Waschbecken. Der gesamte hintere Teil des Bades wird von einem riesigen Badebecken mit lauwarmen Wasser eingenommen, in welchem man sich in Ruhe baden und entspannen kann. In der Mitte des riesigen Bades sind einzelne Reihen mit großen Spiegeln, Schemeln und Wasserhähnen angereiht, die nach dem Verlassen des großen Beckens gerne nochmal benutzt werden - immerhin baden ja doch mehrere Personen im selben Wasser. Wer sich nicht gerne in Gesellschaft seiner Mitbewohnerinnen waschen will hat auch die Möglichkeit, das in einer der beiden extra abgetrennten Duschkabinen zu tun. Der Vorraum kann außerdem als Umkleideraum benutzt werden; dort liegen rund um die Uhr frische Handtücher zur freien Verfügung bereit. Die meiste Zeit des Tages gleitet ein angenehmer Duft von Frauenshampoos durch die Luft.
Helenas Worte waren so voller Wärme, dass die rosahaarige Russin wohlmöglich noch davon erschlagen werden würde. Eine Wärme, welche nicht künstlich erzeugt wirkte. Diese hier war ehrlich, aufrichtig und das noch viel wichtiger - voller Herz. Nicht verwunderlich, dass Momoi plötzlich einen neuen Entschluss fasste und diese Wärme, sei sie auch nur in der Natur des Mädchens, tief verankert, diese zu entlohnen. Nicht durch Zen oder irgendwelche Geschenke - Momoi wusste schon ganz genau, was sie zu tun hatte. Kaum hatte sie nur Ansatzweise daran gedacht, wie sie den heutigen Tag damit umgehen würde und wie ein Sack Reis im Wasser geplumpst war, erschienen schon schneeweiße Flügel vor ihrer Nase. Die smaragdgrünen Linsen begutachteten diese sehr ausführlich. Vom Ansatz bis zu den Spitzen waren sie mit Federn überzogen - keine Haut, keine Konstruktionen oder sonst was. Vor ihr stand ein waschechter Engel und das sogar wörtlich genommen. Als sich die Augen wieder auf den Ansatz richteten und Momois Hand wie automatisiert langsam, zögerlich zu dem Flügel glitt - füllte sich ihre Nase mit dem wohlduftenden Geruch Helenas. Er war angenehm und hatte eine süße Note darin. Völlig passend zum Eindruck, welchen Helena ihr vermittelte. Ihre Mundwinkel zuckten nach oben und ihr Gesicht kam dem Rücken der Blondine immer näher. "Ich fass die Flügel jetzt an, nicht erschrecken!", warnte sie ruhig. Nicht, dass sich Helena noch aus dem nichts erschreckte und urplötzlich ein noch größeres Chaos im Bad entstehen würde und beide aufeinander fallen. Aufeinander? Sie schüttelte sich kurz. An sowas konnte sie jetzt nicht denken, dennoch war sie das erste Mal jemanden so nah. So richtig nah. Körperlich nah. Sanft griff sie nach den Federn und fuhr ganz langsam an ihnen hoch, dann wieder vorsichtig an ihnen herunter. Weich war absolut kein Begriff dafür. Würde sie es vergleichen wollen, so würde es eher das Gefühl sein, wie man sich eine Wolke vorstellt, wenn man durch diese reinfällt. So oder so ähnlich könnte man es beschreiben, doch Momoi hatte kein Wort dafür. Wunderschön waren sie. "So schön.. weich und so schön duftend..", wobei das zweite ihr eher rausrutschte. Abgesehen von der Röte, welche sie durchs Wasser bekam, so wurden dezent andere Stellen in ihrem Gesicht rot, wie auch etwas oberhalb ihrer Brüste. Oh je, war das peinlich, dachte sie sich nur. Einige Momente würde sie, diese schönen weißen Flügel noch hoch und runter streicheln, eher sie dann einen Schritt zurück gehen würde. "Danke..", sagte sie. Dabei schaute sie etwas beschämt auf das trübe Wasser. Von der noch bis über alle Nähte platzenden Momoi war zwar noch einiges da, aber man sah ihr an - nun es gab da was peinliches. Sie patschte mit ihrer Hand ein wenig im Wasser umher und machte ihr da mal einen Kreis mit der Hand. "Du~ - sag mal…" Also wenn sie eins nicht wusste, dann war es wie man jemanden eine direkte Frage bezüglich ihres eigenen Körpers stellte. Egal wie - ob nun so oder so rum, sie war überzeugt davon es einfach mal durchzuziehen - aber wie war hier die entscheidende Frage. Sie hielt beide Hände vor ihrem Bauch und spielte mit ihren Fingern umher, so als würde man jemanden das erste Mal um ein Date fragen. "Also .. nein, dass ist auch falsch.", ermahnte sie sich und drehte sich mit dem Rücken zu Helena. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich ganz fest darauf, dass nur ein ganz bestimmter Teil ihrer Drachenform zu Tage kommen würde. Sie dachte an all die warmen Worte und auch an all das schöne, das sie kannte. Es gab immer diesen einen entscheidenden Moment in jeder ihrer Verwandlungen. Dies hatte sie recht früh verstanden und sie dachte nicht nur an die Zeit im Kurahashi Waisenhaus nach, sondern auch wie sie das erste Mal auf Luana traf - praktisch ihren Zwilling. Sie schmunzelte - es war auch eine chaotische Begegnung. Dann an die anderen schönen Tage hier und ganz knapp, ehe sie merkte wie ihre Flügel sich aus dem Rücken herausbildeten, dachte sie an das freundliche und voller wärme, erfüllte Lächeln Helenas. Beide Hände zwischen ihren Brüsten ineinander gefaltet und mit einem großen Lächeln auf ihren Lippen, formten sich die Flügel. Zwei große, rote fledermausartige Schwingen mit blassgelben Häuten zwischen den einzelnen Sehnen. Diese Häute waren allerdings nicht unversehrt, wie man es eventuell hätte erwarten können, sondern schon löchrig und voller Kratzer wie anderer beschädigten Stellen. Von der Größe her entsprachen sie in etwa Momois Oberkörper, und dazu noch ca. 30cm mehr in jede Richtung. Würde sie diese noch austrecken, so könnte sie sich sicher auf beide Flügel einmal längst legen und hätte noch Platz um sich auszustrecken. Daher spannte sie ihre Schwingen nur leicht, ohne ihre komplette Spannweite zu präsentieren. Sie wandte sich wieder an Helena. "W-Würdest du mich auch mal ~ … m-m-meine Flügel, auch..? A-A-Auch mal anfassen?", fragte sie völlig schüchtern.
„Alles klar!~“, trällerte Helena nur vergnügt zurück und stellte sich tatsächlich sehr schnell drauf ein, dass gleich jemand ihre Flügel berühren und ihr damit vermutlich nicht nur einmal einen gefühlstechnischen Schauer den Rücken hinabwandern ließ. Allerdings nicht negativer Natur, wie man es von Schreckmomenten kannte. Es war eher wie eine warme Welle, die sich vom Nacken aus nach unten bewegte und für ein wohliges Gefühl bis tief in die Knochen hinein sorgte. Helena dachte also nicht mal im Ansatz daran, Momoi zu befehlen jetzt wieder ihre Hände wegzunehmen. Nein, sie könnte gerne den ganzen Tag so weitermachen. Das war noch besser als sich die Schultern kneten zu lassen! Einfach wundervoll! Ein Erlebnis, dass anscheinend in beide Richtungen ging. Sowohl vom Gefühl her, als auch vom Duft. Leicht verwirrt schaute die Engelin über ihren Rücken, als der rosahaarige Drache besonders den Geruch ihres Federkleides hervorhob. Ihre Federn rochen also … gut? Mh … überlegte die Französin innerlich und kam schnell auf die Theorie, dass durch die Fähigkeit sie verschwinden zu lassen sicherlich der ganze Dreck abfiel und sie praktisch „wie neu“ erneut an ihrem Rücken erschienen. Anders wäre das auch vom Waschen her einfach nicht praktisch. Zumindest hatte sie hier im Wohnheim auch noch keine Kratzbürste für Engelsflügel gesehen, dessen Design sich Helena ungefähr wie einen Selfie-Stick vorstellte. Ein komischer Gedanke … Momoi nutzte diese Zeit weiter, um ihre Federn ein bisschen weiter zu belästigen, ehe sie sich letzten Endes dann doch von ihnen trennen konnte. Das eindeutige Signal für die Blondine sich endlich wieder von Angesicht zu Angesicht mit ihrer Wannengenossin unterhalten zu können. „Es hat dir also gefallen!~“, merkte Helena an und lächelte sichtlich zufrieden. Irgendwie war sie unglaublich süß, wie sie dort im Wasser saß und sich bemühte bloß keinen peinlichen Augenkontakt aufrecht zu erhalten. Sie wirkte wie ein frisch verliebter Teenager aus diesen ganzen Romanen, die sie sich manchmal reinzog. Doch im Gegensatz zu diesen machte sie nicht den Anschein sich damit zufrieden zu geben. Ihr lag etwas auf der Zunge, dass konnte Helena an ihren vereinzelten Gesten herauslesen, die sich wie eine Überbrückungstaktik lesen ließen und ihren Gegenüber nur optisch beschäftigen sollten. Es war vergleichbar mit dem Herumspielen an vereinzelten Haarsträhnen, wenn man gerade im Gespräch nach den richtigen Worten suchte. Gespannt wartete sie also nur darauf, dass sich die Lippen ihrer morgendlichen Begegnung erneut öffnen würden. Aber als sie es taten da … „Mh? Was ist denn?“, wollte sie ihr entgegenkommen aber merkte schnell, das dies nur noch weiteren Druck aufbaute. Stattdessen besann sich Helena auf ein sanftes Lächeln zurück und wartete einfach. Das … brachte aber auch nichts. Also, nicht so wirklich. Momoi fand zwar wieder zu sich, aber schon kurz darauf schaute sie anstatt in ein süßes Gesicht nur noch auf einen Rücken. Leicht verdutzt blinzelte die Engelin einmal und wollte was sagen, kratzte sich stattdessen aber nur leicht verlegen an ihrem Hinterkopf. Sie war – um ganz ehrlich zu sein – ein klein bisschen überfordert mit der Situation. Das verstärkte sich, als ohne Vorwarnung plötzlich Flügel aus dem Rücken des tollpatschigen Drachen entsprangen. Als wären sie von einer großen Fledermaus, breitete sich ihr Antlitz in der Wanne aus und ließen Helena nicht schlecht staunen. Sie sahen … irgendwie cool aus? Eigentlich sogar ziemlich cool, wenn sie die jetzt weiter so betrachtete. Erst im Anschluss kamen ihr wieder die Aussagen zum künstlichen Erschaffen in den Sinn. Welche am Ende die Wunden und Schrammen in einem eher unschönen Licht dastehen ließen. Es machte sich in ihr das Bedürfnis breit ihr ein wenig Trost zu spenden, doch gleichzeitig kam es Helena sehr taktlos vor ohne genaueres Wissen einfach drauf los zu quatschen. Aber … was konnte sie denn in diesem Moment überhaupt sagen? Nun war sie es, die mit dem Wasser in ihren Händen herumspielte und nachdenklich auf die Oberfläche hinabblickte. Erst wieder nach oben sehend, als Momoi leicht zittrig ihre Stimme erhob. Dennoch aber sehr klar machte, was sie nun von ihrer Wannengenossin erwarten würde. Helena lächelte noch ein bisschen breiter, nachdem die Drachin so unglaublich süß aus sich herausgekommen war und stand aus dem Wasser auf. „Klar, mache ich das. Sehr gerne sogar.~“, erwiderte sie und zögerte auch keinen Moment damit, ihre Hände an die tragenden Elemente der coolen Drachenschwingen anzulegen und ihre Beschaffenheit zu fühlen. Die raue Oberfläche der Haut, die dennoch glatt wirkte – sowie die Übergänge zu den blassgelben Häuten dazwischen, welche ein sehr gemischtes Gefühl unter ihren Fingerkuppen erzeugten. Im Gegensatz zu Momoi gab Helena allerdings keinen einzigen Ton von sich. Vielmehr wirkte es, als würde die Französin eine Qualitätsprüfung machen, während sie mit ihren Fingerspitzen jede einzelne Unebenheit erkundete. Erst als sie sich voll und ganz den geschundenen Flughäuten widmete, fand sie ihre Stimme wieder. „Deine Flügel haben etwas sehr einzigartiges an sich.“, fasste sie alle ihre Eindrücke zusammen und ließ im gleichen Atemzug ihre Federn am Rücken verschwinden. „Sie sind hart – und dennoch weich. Glatt, aber trotzdem rau. Sie wirken auf mich wie ein Paradoxon, dass ich nicht greifen kann … und dennoch tue ich es.“. Ein zufriedenes Summen löste ihre Stimme ab, während sie ein weiteres Mal die Konturen der Flügel entlangfuhr – nur eben auf der anderen Seite. „Deine Schwingen sind majestätisch und verdammt cool, das muss einfach mal gesagt haben … und lass dir bloß nichts anderes einreden!“. Wie viele diese Flügel schon so sehen und berühren durften, wie sie es gerade einfach arglos tun konnte? Eine Frage, die ihr regelrecht auf der Zunge brannte, aber nicht den Weg über ihre eigenen Lippen fand. Stattdessen stand sie einfach nur weiter dort und strich weiter über die Konturen der majestätischen Schwingen. „Fühlt sich das gut an, Momoi? Soll ich damit weitermachen?“.
Durch den warmen Dampf im Gemeinschaftsbad der Mädchen konnte Momoi ihren schweren und hastigen Atem deutlich erkennen. Ihr Herz schlug doppelt so schnell und ihr Schweif, welcher über die Spitze hinaus im Wasser lag, schlug immer mal wieder hier und da. Doch all dies war nur auf eins zurückzuführen. Jeden Moment würde jemand sie berühren. Jemand würde sie berühren, weil sie es so wollte, es sich wünschte und danach innigst verlangte. Vielleicht mochten es nur Hände sein, die einen kleinen Teil ihres, in der Zeit eingefrorenen Körper, berührten - doch es wären warme Hände. Hände, die mit Herz erfüllt waren. Hände die nicht den Tod und das kalte, düstere Leben vorziehen. Es waren Hände, welche sich Momoi selbst aussuchte. Sie glaubte immer fest daran, dass so ein Tag kommen würde. Nur wusste sie nicht in welcher Form, in welcher Zeit oder gar mit wem. Ganz zu schweigen, dass sie nichts über die erotischen Seiten eines Geschlechts verstand, noch wie wahrhafte Zuneigung in Form von Liebe aussieht, so dachte sie in dem Moment darüber nach. Jeden Moment war es soweit. Sie fühlte, trotz des dichten Dampfes die sich nähernde Wärme Helenas Hand. Sie biss sich auf die unter Lippe. Nur einen Moment, noch bevor sie berührt wurde, schlugen all die Bilder ihrer Vergangenheit wieder auf sie ein. All das schlimme Leid und all das, was sie zu dem machte, dass ihr eine normale Kindheit verwehrte. Doch all das war mit der ersten Berührung des Engels wie beiseite geschwemmt worden. Durch die tragenden Knochen der Schwingen breitete sich so schnell, wie sie es nicht zu beschreiben vermag, eine Wärme aus die sie noch nie empfangen hat. Ihr Schweif schlug vor Freude einmal hoch, schlug etwas Wasser nach oben, doch beruhigte sich so weit, dass er nur noch um die Beine der rosahaarigen, wie um die der blonden Schülerin gleiten würde. Dabei merkte sie immer wieder, wenn sie Helenas Beine berührte, wie weich diese waren. Ihre Augen kniff sie leicht zusammen, doch entspannte sich unglaublich schnell und auch der Biss auf die Unterlippe löste sich. Dem ganzen folgten nur ein zufrieden stellendes Lächeln und einige Freudentränen, welche allerdings doch schnell verdampften. Egal wie Helena ihre Schwingen berührte, überall merkte sie feinfühlig die sanften Bewegungen und es fühlte sich richtig und falsch zu gleich an. Noch nie hatte sie jemanden erlaubt, sie freiwillig in dieser Form zu sehen oder sie gar so anzufassen. Doch für Momoi war es eine absolut richtige Entscheidung. Helena war die richtige Entscheidung. Selbst wenn sie nun den halben Tag mit den langen Schwingen laufen müsste, so wäre jede dieser Minuten auf dieser richtigen Entscheidung gestützt. Sie genoss es eine ganze Zeit lang. Die Ruhe, nur das Plätschern des Wassers und die sanfte Bewegung ihres Schweifes. Dann gab sich Helena mit ihrer wohltuenden Stimme zu erkennen. Sie warf mit Komplimenten nur so um sich. Etwas das die Russin so noch nie gehört hatte. In keinem der Worte waren Spott oder ein anderer Gedanken verborgen. Diese verfluchten Schwingen, dieses verfluchte Leben - es stieß auf Begeisterung. Das erste Mal in ihrem Leben, dass jemand nicht direkt auf Abstand ging. Nicht schon eine Ausrede suchte als sie von sich als Experiment sprach. Keine Blicke, die mehr als Worte sprachen. Nichts. Einfach nur schöne, aufrichtige Worte. In ihrem Herzen, dass noch immer von so viel Dunklen bedeckt war, stieß mehr und mehr Sonnenlicht herein. Wärmte es und ließ Momoi langsam vergessen. Bilder vergessen, welche nur Leid verursachen würden. "Mh~" fiepte sie zustimmend zurück und nickte dabei paar Mal hastig mit ihrem Kopf. "Das werde ich!" Wollte sie noch hinzugeben. Immer wieder, bei jeder weiteren Berührung zuckten manchmal ihre Schwingen auf. So schön es auch war und so sehr sie wünschte, dass es nicht aufhören würde, so ungewohnt war es. Freude stand der Russin allerdings ins Gesicht geschrieben. So sehr, dass sie wünschte, Helena würde nicht aufhören. Man sagt, dass Wünsche nur einer Vorstellung entsprechen die auf gewissen Abfolgen wahr werden, doch in diesem Fall - wurde ihr Wunsch erhört. "Bitte…", hauchte sie. Während sie einfach weiter auf das Wasser schaute und jede Berührung der Engelin in vollen Zügen genoss, wollte sie einfach etwas zurückgeben. Etwas, dass vielleicht Licht ins Dunkel bringen würde. Helena mehr über sie verraten würde. "Du bist die Erste, die mich jemals so anfassen und sehen durfte.", begann sie. Ihr Tonfall bliebt sanft, voller Demut und doch hatte er etwas Trauriges an sich. Auch wenn Sonne in ihr Herz stieß, manches kann man nicht vergessen. Manches kann man nicht verzeihen. "Die Löcher habe ich durch verschiedene Schüsse und Brandprojektile bekommen. Sie testeten mich mit Waffen. Wie ich darauf reagieren würde. Die drei großen Schrammen an der rechten Seite - die habe ich als ich mich das erste Mal wehrte. Den großen Kratzer auf meiner linken Schwinge, der ganz nah bei meinem Rücken der - den habe ich bekommen, als ich zu fliehen versuchte. Doch das allerschlimmste was mir wiederfahren ist, ist …", sie breitete ihre rechte Schwinge langsam aus. Dort zu erkennen waren das deutliche Abdrücken von Bissspuren. ".. i-ich .. i-ic-ic-ich konnte mich nicht kontrollieren. A-Als man mich mir selbst überließ, da kamen zwei - zwei von i-ihn-ihnen. Sie wollten mich befreien - doch in meiner blinden Wut. In all meiner Abscheu. In meinem tief verankerten Hass, tötete ich den ersten mit meiner Klaue. Den anderen …", sie fiel auf die Knie. Sie merkte wie die Hand Helenas nicht mehr an ihr war und das war wohl auch das letzte Mal. Ein Engel könnte sowas nie verzeihen, denn sie verzieh sich dies nicht. Sie hasste sich regelrecht dafür. Hasste sich für das was sie war. ".. Fraß ich. Als ich das realisierte - wollte ich es einfach nur noch beenden. Ich dachte ich könnte es … aber ich war zu schwach.", hauchte sie nur noch. Sie schaute völlig entgeistert in das Wasser und dann auf die Hand, welche einst die Klaue war. Ihr Schweif war ruhig. Die Schwingen lagen zum Teil im Wasser und die Wärme des Bades ließ für sie nach. Es fühlte sich nur noch kalt an. Sie lächelte etwas. Es wirkte verrückt, völlig neben sich stehend. Da hatte sie die Chance auf eine potenzielle Freundschaft und alles was sie tat, war das labile Kartenhaus mit einem mächtigen Schlag zum Einsturz zu bringen. Am liebsten würde sie lachen. Sie wirkte verzweifelt. Solange lag ihr das auf dem Herzen, solange lastete es auf der Seele. Sich jemanden anzuvertrauen, den man nur einen Moment lang kannte war riskant und nicht wohl überdacht. Dennoch Momoi legte alles in die Waagschale - alles um die Seele von dieser Last zu befreien.
„Dein Wunsch ist mir Befehl.“, erwiderte Helena und machte mit ihrer leichten Pseudo-Massage der vor ihr herausragenden Flügel einfach weiter. Ob es sich so ähnlich anfühlte, wenn man ihre Flügel berühren durfte? So, vom emotionalen Wert her? Konnte man es – und hier driftete die Blondine langsam ins Philosophische ab – überhaupt nur ansatzweise miteinander vergleichen? Vermutlich nicht, dachte sie sich gleich danach und starrte leicht geistesabwesend auf die löchrigen Häute, die ihr indirekt einen kleinen Schauer den Rücken hinunterwandern ließen. Sie beschloss, es vorerst zu ignorieren und sich keine weiteren Gedanken zu machen. Am Ende, so ihre Schlussfolgerung, interpretierte man zu schnell etwas in Dinge hinein, ohne eine gute Faktenlage dafür zu haben. Ein guter Schachzug, wie sich wenige Sekunden danach herausstellte. „Das freut mich wirklich sehr.“, erwiderte sie mit einem fast schon flüsternden Ton und lächelte leicht in sich hinein. Bevor ihr bei Momois folgenden Worten dann fast alle Gesichtszüge entglitten. Ihre blauen Augen wanderten die Löcher ein weiteres Mal ab, während ihr Kopf automatisch versuchte eine Art Vorstellung von den Vorgängen zu entwickeln, die ihrer Wannengenossin in ihrer Vergangenheit widerfahren sein mussten. Dann auch noch der Zusatz mit den Schrammen, dem Wehren … im Kopf der Engelin spielte sich ein Horrorszenario ab, dass so nah und gleichzeitig so fern war. Es befand sich jenseits ihrer eigenen Greifbarkeit – und das machte Helena zum Ersten Mal wirklich hilflos. Wie sollte sie mit so einer Geschichte umgehen? Was waren die richtigen Worte, um auf so eine Situation zu reagieren? Dabei war Momoi noch lange nicht fertig mit ihrer Geschichte. Helena war noch mitten dabei eine Antwort auf die erste Frage zu suchen, da prasselte der nächste emotionale Hammerschlag auf sie ein. Sich selbst überlassen, Retter, Klaue, Fressen – die Worte wirkten einfach nur surreal für die Engelin und obwohl ihre Hand immer noch seicht über die Flügel strich, war es nichts weiter als ein Ausdruck ihrer geistigen Abwesenheit. Sie fühlte sich – ungelogen – ein klein wenig bedroht. Selbst wenn das alles nicht intentioniert war, das machte andere Leute nicht wieder lebendig. Auf der anderen Seite: Wer war sie, dass sie sich herausnahm über Momoi ein Urteil zu sprechen. Sie, die sich kaum mit diesen Gefühlen und Begebenheiten auskannte. Keine Ahnung von all dem Schmerz und Leid hatte, der ihr in der ganzen Zeit – und auch heute noch – wiederfuhr. Vielleicht sollte sie … ja, sie sollte sich darauf fokussieren, was sie nicht sagen wollte. In dem Falle wäre es ein sofortiges Todesurteil die ganze Sache zu verharmlosen. Aber wie sollte sie … mhhh. Immer noch stand Helena leicht geistesabwesend dort im Wasser und spürte die leichten Wellen gegen ihre Unterschenkel schwappen. „Nun …“, kam das allererste Wort sehr zögerlich über ihre Lippen, ehe es von der Weite des Raumes verschluckt wurde. Ihre gute Laune wäre für heute auf jeden Fall erstmal im Keller, so viel stand fest. „Ich … also … ich weiß nicht, ob ich mir erlauben sollte, dazu etwas zu sagen. Das klingt einfach so … voller Schmerz, dass ich das gar nicht begreifen kann.“. Und sie suchte nach den passenden Worten, um das etwas besser zu umschreiben. So, dass man sie auch gut verstehen konnte, ohne davon irgendwie beleidigt zu sein. „Aber ich verstehe, wie belastend das ist, wenn man das nicht loswerden kann und man sich davor fürchtet, wie andere reagieren könnten.“. Sie traf es ja ähnlich mit ihrem Schicksal. Jeder sah immer nur, dass sie ein Engel war. Wie man aber zum Engel wurde, dass war jedem Beteiligten immer vollkommen egal. Vielleicht ahnten sie es, aber danach fragen … puh. Nein, das war vermutlich zu heikel. Außerdem musste Helena ganz ehrlich zugeben, dass sie sowieso niemals die Wahrheit erzählt hätte. Wer wollte das schon hören? Sie musste andere Leute nicht noch mehr belasten, als sie es ohnehin schon waren. Bei einer so riesigen Bürde wie Momoi hingegen … ja, doch, sie konnte es wirklich nachvollziehen. Also tat Helena das, was sie von zuhause aus kannte. Dinge, die ihre Mutter ihr gesagt hatte, wenn sie sich für etwas schämte oder nicht zufrieden mit sich selbst war. Einfach, um ihr Selbstvertrauen aufzubauen. „Weißt du …“, sprach Helena nun wieder etwas ruhiger, während ihre Füße um das kleine Häufchen Elend herumwanderten und schließlich vor ihr zum Stehen kamen. Langsam kniete sie sich hin und verschwand somit wieder bis zu ihrer Oberweite im Wasser. Ihre Hände jedoch legten sich auf Momois Schultern ab. „Lass das, was in der Vergangenheit liegt, nicht zu viel von deiner Zukunft bestimmen. Du bist jetzt hier und du hast eine Chance dein Leben zu ändern, wenn du das willst. Lass sie dir nicht aus der Hand nehmen!“. Helena lächelte schwach und festigte ihren Griff leicht, um ihr Sorgenkind leicht hin- und her zu schaukeln. „Du kannst das.~“. Hoffentlich war das jetzt kein Griff ins Klo. Könnte ungemütlich werden …
Ihre Lippen zuckten leicht nach oben. Sanft und kaum spürbar kullerten die ersten Tränen der rosahaarigen Schülerin aus dem Gesicht. Sie biss sich nur zart auf die untere Lippe, doch am allerliebsten wäre es ihr, wenn sie mehr drücken könnte. Die Eckzähne schon auf dem verletzlichen Fleisch spürend hielt sie den Druck aufrecht. Jede, auch noch so undenkliche Folge schoss ihr durch den Kopf. Jetzt hatte sie es geschafft. Die erste und letzte Person, welche sich ihr so nähern würde, hatte sie mit ihrer dümmlichen Art abermals vergrault. Momoi verstand sich in diesem Moment einfach selbst nicht mehr. Gefühlmäßig wünschte sie sich nichts mehr als geliebt zu werden. Egal in welcher Art und Weise. Helena streckte ihr die Hand doch schon so weit zu und alles was sie nur tun konnte, war mit der Pranke danach zu schlagen. Zu greifen und erlegen - wie ein Tier. Wie ein Monster. Gerade in solchen Augenblicken kam es ihr vor als würde sie den Platz im Körper mit derjenigen tauschen, die damals im Käfig war. Als wären dort nicht eine Momoi, sondern zwei. Zwei - welche verschiedener nicht hätten sein können. Das Wasser beruhigte sich und die Tränen, die sanft an den feinen Rundungen ihres jugendlichen Gesicht entlang schlichen wurden weniger. Auch weniger dieser trauernden Kugeln zerbrachen den hauchdünnen Wasserspiegel. Immer mehr konnte sie sich selbst sehen. Immer mehr konnte sie in ihre durch Trauer zerfressene Visage schauen und in das wovor sie sich fürchtete. Ihr Blick wanderte dabei auf die, ebenfalls im Wasser gespiegelten Flügel und auf all ihre Merkmale. Am liebsten würde sie einen großen Schrei von sich lassen, aber sie war nicht allein. Sie spürte nach wie die sanften Hände Helenas ihre Flügel berührten. Ob sie dies nun tat, weil sie Angst verspürte oder ob es ihr einfach nur in der Motorik lag - darüber dachte sie nicht weiter nach. Aber es fühlte sich gut an. Die Freude war verschwunden, soviel stand fest. Doch was sie schlussendlich wieder zu bemerken schien, war die Wärme. Ob es die Wärme Helenas oder die des Wassers war, das ließ sie im Raum stehen. Jedenfalls gab es dort etwas, dass die Kühle über ihren Schultern wärmte. Vielleicht waren es auch Helenas Worte die an sie gerichtet waren. Momoi war fasziniert, wie gefasst Helena bleiben konnte. Es war schon Bewunderung und das obwohl sie sich nicht länger als eine Stunde kannten. Wie lange hatte sie jetzt eigentlich schon in das Wasser gestarrt? Ein Zeitgefühl hatte sie nach ihrem Gefühlsausbruch verloren und das machte sie in dem Moment deutlich als Helena urplötzlich vor ihr im Wasser saß und ihre Hände an die Schultern Momois lag. Rasch und mit großen, gläsernen Augen schreckte sie auf. Sie schaute in das Gesicht der Blondine und in das Wärme Lächeln, das auf diesem lag. "D-D-Du..", begann sie und ihre Stimme war zittrig. Sie versuchte auf so viele Arten einen Satz zu beginnen, wobei nur eine zittrige und verheulte Stimme zu erklingen war. Nichts das sich auf irgendeine Art wirklich kristallisieren würde, was Momoi nun sagen möchte. Sie fasste es anders. Leicht ließ sie ihren Körper nach vorne fallen und die Arme aus dem Wasser heben. Sie streckte sie hinter Helena aus und zog sich mit einem Schwung an die Blondine ran. So als würde ein Kind seine Mutter umarmen und um Vergebungen bitten, hängte sich Momoi um sie. Sie zitterte ein wenig, so wie ihr die Tränen aus den Augen kullerten. Für Momoi würde reden nicht viel helfen, es war einfach - anders. Nach dem alten Kurahashi und den Leuten im Kurahashi Waisenhaus - war Helena die erste, welche sich nicht abgewandt hatte. Momoi nicht einfach fallen gelassen hat, sondern ihr Mut zusprach. Sogar mit den gleichen Worten, wie der alte Mann das tat. In ihr kam so viel auf, dass sie ihre Vergangenheit für einen Moment komplett losließ und den Schmerz ihres Verlustes begriff. Aber genau so begriff sie, was sie alles in der Zeit gewonnen hatte. Fest drückte sie ihren Körper an den der Blondine. "Helena.. i-ich .. ES TUT MIR SO LEID!", gab sie einmal laut von sich und grub das Gesicht in ihrer Schulter ein.
„Schon gut … schon gut. Es muss dir nichts leidtun. Alles ist in Ordnung.“, beruhigte Helena ihren in Tränen ausgebrochenen Schmollmops mit einer seichten Streicheleinheit, die langsam ihren Hinterkopf hinabglitt und am Ende wieder ganz oben Ansetzte, um die vorherige Prozedur zu wiederholen. Für einen Moment lang hatte die Engelin eindeutig befürchtet hier über ihr Kompetenzniveau hinausgehechtet zu sein. Am Ende allerdings … war es wohl genau das, was Momoi gebraucht hatte. Nicht selten war es der Fall, dass man die Antwort für seine innerlich gestellten Fragen von anderen hören musste, damit man sie selbst als valide Lösungen betrachtete. Was keineswegs damit zu tun hatte, dass man sich selbst als dumm abstempelte. Es hatte eher etwas damit zu tun das … man nicht die Einzige sein wollte, welche so reagieren würde. Die Bestätigung zumindest verstanden zu werden. Selbst, wenn die anderen es niemals zu einhundert Prozent nachvollziehen könnten. Ja, irgendwie so in der Richtung. „Lass es raus, Momoi. Lass alles raus.~“, flüsterte die Engelin sanft weiter, während ihre blauen Augen an den drachenartigen Flügeln vorbei gegen die Wand des Gemeinschaftsbads starrten. Still und ausharrend, wie in einer Art Trance, damit keine plötzliche Bewegung diesen Prozess stören konnte. „Ich bin so lange da, wie du willst.“, setzte sie noch nach, um vielleicht auch einer plötzlichen Entzugsangst vorzubeugen. Dann versank die Engelin wieder in einer heiligen Stille. Ihre Hände weiterhin über den Kopf ihrer Wannenfreundin gleiten lassend. Nur das Schluchzen von Momoi und die leichten Geräusche des Wassers erfüllten die Umgebung. Schon ironisch, eigentlich. Wie aus einem morgendlichen Waschgang und einer anfangs freundlichen Begegnung so schnell ein grausamer ernst werden konnte. Den Gedanken aufwerfend, warum die benebelte Nixe in ihren Armen sich nicht schon früher jemandem anvertraut hatte. Aber das waren keine Fragen, die in diesem Moment großartig relevant waren – also, nicht relevant für Momoi zumindest. Alles was sie brauchte war neben einer starken Schulter wohl auch einfach eine Person, der sie sich anvertrauen konnte. Doch … sie empfand sich selbst nicht als wirklich würdig diese Aufgabe zu übernehmen. Es wäre ein Gewicht, dass sie in dieser Fülle vermutlich zuerst erdrücken … und schlussendlich unter sich begraben würde. Vielleicht half es aber auch schon der geschundenen Seele einen Weg aufzuweisen, der dazu führte, dass sie ihre Probleme selbst in den Griff bekam. Lernte, das Gewicht ihrer Erlebnisse selbst zu heben und sie letzten Endes zu überwinden. Ein Schritt dazu war … „Mit wurde mal gesagt, dass wir unsere Gefühle nie – unter keinen Umständen – in uns vergraben sollten. Sie machen uns krank, fressen uns von innen heraus auf und sorgen dafür, dass man mehr sich selbst bekämpft, als eine Lösung zu finden.“, ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, während sie Momoi weiterhin in ihren Armen hielt. Die wärme des Mädchens langsam immer intensiver durch die Berührung der beiden Körper spürend. Komisch, dass ihr diese Empfindung erst jetzt wirklich in den Sinn kam. Die Thematik musste ihren Kopf wohl intensiver beschäftigt haben als bisher gedacht. „Und es hilft … auch wenn es uns nicht immer als die beste Lösung erscheint. Doch der Trübe blick wird klarer, du wirst sehen.“.