Getrennt von den Waschräumen befinden sich im gleichen Flügel auch die Toiletten. Diese hier sind speziell für die Damen des Wohnheims ausgelegt, wie eindeutig am Schild an der Tür zu erkennen ist. Außerdem bieten sie alles, was man von dieser Räumlichkeit erwartet. Neben vier Waschbecken sind hier auch sechs Kabinen zu finden, in welchen man seiner körperlichen Erleichterung nachgehen kann. Außerdem ist zu erwähnen, dass die Räumlichkeit - ähnlich wie bei den Gemeinschaftsbädern - in einem wirklich sehr guten Zustand ist. Weder irgendwelche schlechten Gerüche, noch unschöne Ecken sind hier anzutreffen. Das äußere des Wohnheims soll schließlich auch das innere Widerspiegeln! Sollte es doch einmal zu störend werden, kann man immer noch das Fenster öffnen.
Ob ihn die Geschehnisse noch beschäftigten die in der Kampfzone passierten? Nicht wirklich. Es waren mehrere Tage voller Anstrengungen, Schmerzen und … irgendwie Freiheit. Lange war es her, dass er sich so auspowern konnte. Tatsächlich sinnierte er öfters über diese Tage. Hier auf Isola verlief alles monoton. Minuten fühlten sich an wie Stunden, Stunden wie Tage. Irgendwie fühlte es sich so an, als wär sein Sinn und Zweck überhaupt hier zu verweilen erloschen. Andrej lebte seine Zeit nur noch so hin, er existierte. Und das war es dann auch schon. Mit einer Hand ergriff er also die Klinke der Wohnheimstoilette, ehe er sie restlich mit dem Fuß grob aufstieß. Die Klinke kollidierte arg mit der dahinterliegenden Wand, ehe sie wieder leise zurück ins Schloss fiel. Schier komatös wanderte der Junge in Richtung Waschbecken, die Hände auf dem Waschbecken abstützend, ehe er starr geradeaus in den Spiegel blickte. Heute sah er wieder aus wie ein Schatten seiner selbst. Ein Gespenst. Die Augenringe waren leicht violett, die Augäpfel mit vielen Äderchen durchzogen. Alles an ihm sah so aus, als würde es immens wehtun. Nachdem ihm der Augenkontakt mit sich selbst unangenehm wurde, stellte er den Wasserhahn an und nässte seine Hände, ehe er sie sich anschließend ins Gesicht klatschte. Es war schön kühl, ein reiner Segen, wenn man bedachte, was für unbarmherzige Temperaturen draußen herrschten. Andrej missachtete vieles, doch das Wetter auf Isola war sein größter Endgegner. Mal ganz davon abgesehen, dass man ihn hier sowieso auf die Probe stellte. Hier musste er an Unterricht teilnehmen und mit seinen Mitmenschen interagieren, etwas, was ihm nicht ganz leicht fiel. Mit flinken Handgriffen zog er Papiertücher aus dem Spender, ehe er sich das Gesicht grob trocknete. Die Augen brannten höllisch, er müsste sich bald mal um neue Augentropfen bemühen. Denn genau deswegen realisierte er überhaupt nicht, dass er die falsche Toilette aufgesucht hatte.
Eigentlich hätte sie im Zimmer bleiben sollen, wo die Luft wenigstens einigermaßen in Ordnung war. Aber auch eine stolze Löwin musste eben mal aufs stille Örtchen. Gut, sie hatte vorhin die ganze Zeit im Zimmer das Fenster offen gehabt; aber wen kümmerte es? Es war so warm draußen, dass eine Erkältung der anderen Cinderellas so wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto war. Im Flur sah das leider ganz anders aus. Hier staute sich die Luft teilweise und dieses alte Gemäuer machte den ganzen Prozess nicht erträglicher. Wenn es einen Wettbewerb der Gerüche geben würde, so hätte dieser Abend den Nobelpreis verdient. Keinen Schritt konnte man in dem verdammten Laden hinter sich bringen, ohne dass es nach Hund, Fuchs, oder was auch immer müffelte. Manchmal konnte man fast davon ausgehen, der Laden hier bestünde hauptsächlich aus Tierwesen. Glücklicherweise bewies ihr die Liste von Namen an den Zimmern immer wieder, dass dem doch nicht so sein sollte. Zwar fehlten ihr zu den dort stehenden Buchstaben die passenden Gesichter, aber wen kümmerte das schon? Sie ganz bestimmt nicht, so viel stand fest. Keiner war so unglaublich interessant, dass sie ihn unbedingt besser kennenlernen musste. Allerdings … Moment! Als hätte die Löwin die Fährte einer verletzten Antilope aufgenommen, krochen ihr beim Übergang zum Mittelflügel die Gerüche zweier – nur allzu gut bekannter – Individuen entgegen. @Caiwen und @Oliver Blake. So verwoben, dass man fast denken könnte sie wären auf dem Weg die Treppe hinunter verschmolzen. „Auf sie drauf gefallen … klar.“, kam es höhnisch mit verdrehten Augen aus ihrem Mund heraus, „Konnte wohl von Glück reden, dass sein Unfall noch angezogen stattfand.“. Womit dieses Thema für sie dann auch wieder in irgendeine Schublade geschoben wurde, wo es getrost verrotten konnte. Sie würde sich einfach nur merken ihre Defensive bei den beiden keinesfalls Fallen zu lassen, mehr musste erstmal nicht getan werden. Stattdessen steuerte die Blondine relativ zielstrebig auf die Toilette zu, auf dessen Weg ihr auch wieder ein unüblicher Geruch entgegenkam … nur anders, irgendwie. Noch konnte es Cynthia allerdings relativ egal sein.
Mit einem an Lustlosigkeit nicht zu übertreffenden Schwung öffnete sie die Tür, fing das flache Stück Holz aber vor der Wand wieder ab. Relativ unbeeindruckt – so wie ihr Blick meistens war – trat sie ein und ließ die Tür hinter sich wieder automatisch ins Schloss fallen. Sie konnte kaum erwarten, welche Cinderella sich genau jetzt … hä? Äquivalent zu ihrer innerlichen Verwunderung schnellte auch ihre linke Augenbraue nach oben. Stand da … ein Typ? Sie schaute noch einmal genauer hin … und ja, das war tatsächlich einer. Visuell ungefähr äquivalent mit dem Charme einer Mumie, oder irgendwas anderes totes. Was ihren Drang, das Ganze anzusprechen, nicht unbedingt zügelte. „Eh! Bleichgesicht! Die Toilette ist nicht für Mitglieder, geht das in deinen Schädel?“, folgte deswegen auch sogleich die eloquenteste Ansprache des Jahrhunderts, bevor sie sich mit verschränkten Armen in seine Nähe stellte und mit einem schnellen Blick musterte. Was für ein schlacksiges Etwas. Nun, den Punkt musste sie dem Fremden geben, er war kein Posterboy. Eigentlich wäre es besser ihn auf gar keinem Poster zu haben. Der Typ musste echt einen harten Hangover haben … oder voll auf Kontaktlinsen abfahren. Letzteres schien im ersten Moment irgendwie Plausibler zu sein. „Das ist das Frauen-Klo, Bruder. Also ... so lange du mir nicht hier und jetzt das Gegenteil beweist, trete ich deinen Arsch zur Tür raus.“, und noch einmal unterstützend dazu machte ihr Kopf eine Geste in Richtung der Tür. Dabei war es ihr eigentlich herzlich egal. Aber die nächste Cinderella würde ganz bestimmt einen halben Herzinfarkt bekommen, sobald sie den Demo-Drakula hier sah und unnötig herumschreien. So laut, dass die Nerven der Löwin definitiv gen Null gehen würden. „Die Zeit läuft.“, ergänzte sie mit ihren Fingern auf ihren Oberarmen herumtippend…
"Man widerspricht oft einer Meinung, während uns eigentlich nur der Ton, mit dem sie vorgetragen wurde, unsympathisch ist." - Friedrich Nietzsche
Das Wasser lief noch einige Zeit, während sich Andrej in die toten Augen blickte. Der Glanz war verloren und es sah so aus, als wäre niemand zu Hause. Der Griff um das Waschbecken wurde stärker, er wandte so viel Kraft an, dass seine Finger rot anliefen. Doch am Waschbecken selbst passierte nichts. Andrej mag für Außenstehende wie ein normaler Teenager aussehen, doch niemand konnte so wirklich deuten, was hinter der Fassade abging. Es steckte so viel Wut und Hass in ihm, doch es war unmöglich all das zu kontrollieren. Für einen Menschen, der sich noch nie jemandem anvertraut hat vollkommen verständlich. Gefühle und Emotionen waren ein Fremdwort, demnach ging es ihm immerzu beschissen. Doch da beschissen für ihn normal war, … ist all das ziemlich kompliziert. Als die Tür hinter ihm aufging, ließ er von sich selbst ab und schielte auf die Reflektion des Mädchens, welches nun die Toilette betrat. Er registrierte nicht so wirklich, dass er am falschen Ort war. Warum auch? Damals im Untergrund musste er oft mit anderen auf die Toilette, völlig egal, ob sie männlich oder weiblich waren. So schockierte ihn die Präsenz gar nicht. Doch der Griff um das Waschbecken lockerte sich, ehe er das Wasser seelenruhig abstellte, während die Worte der Fremden auf ihn einprasselten wie Hagel. „Mitglieder?“, er ignorierte den Fakt, dass er soeben Bleichgesicht genannt wurde. Mitglieder von was? Red Long? Der russischen Organisation, die ihn zu der Waffe formte, die er heute war? Woher wusste sie das? Nun ließ er vom Spiegel ab, spähte einen Blick über seine Schulter, ehe er sich gänzlich zu ihr drehte. Die Hände wanderten in die weiten Jackentaschen und der müde Blick galt ihr. „Oh, das ist die Frauentoilette. Achso“, realisierte er nun. Doch er schien über den Fakt nicht sonderlich schockiert. Stattdessen blickte er sich ein wenig um, blieb beim Mülleimer mit seinen bernsteinfarbenen Augen hängen. „Sieht aus wie jede andere Toilette. Mir ist es egal auf welche ich gehe, ist doch eh alles abgetrennt“, überlegte er nun. Andrej kannte das Problem einfach nicht. Er musste sich schon dran gewöhnen, dass es die Trennwände gab und ein Schloss, damit niemand anderes reinkommen konnte. Während der Teenager sprach, konnte man sehen, dass seine Hände nun die Jackentaschen verließen. Diese wanderten dann zu seinem Gürtel, welchen er begann zu lockern. „Wenns denn sein muss“, gab er trocken von sich, ehe seine Hose hinabfiel. Der Gürtel kollidierte mit den Fliesen und danach herrschte einen Augenblick Stille. „Jetzt war ich schon aufn Klo, verdammt. Was machen wir jetzt? Muss ich die Zeit nun zurückdrehen und meine Pisse ins Männerklo befördern?“, er grübelte sichtlich. Seine Stimme klang konfus und er achtete gar nicht auf sein gegenüber. Und er stand dort mit hinuntergelassener Hose! Doch es dauerte nicht lange, ehe er sie sich wieder hochzog. Er wusste, dass dies etwas war, was man normalerweise nicht willkürlich jemandem zeigte. Doch sie hatte explizit danach gefragt und da er nicht wirklich wusste, was normal war, folgte er ihrem Befehl. Jetzt schaute er sie auch erst richtig an. Sie sah aus wie eine Mixtur aus einem Hund und einem Menschen. Doch Andrej blickte bei all den Rassen nicht wirklich durch. War es ein Werwolf, ein Tiermensch oder eine halbe Verwandlung eines Gestaltenwandlers? Er war nicht sonderlich der beste im Unterricht, doch das war auch nicht sein Ziel. „Hab gehört Hunde pissen im Stehen. Was machst du dann also hier?“, fragte er nun ehrlich. Dass dies eine Beleidigung sein könnte, daran dachte er nicht. Aber hey, er wurde vorhin doch Bleichgesicht genannt, also waren sie nun beide quitt, oder? Machte man das nicht heutzutage so?
Der Typ lebte auf jeden Fall hinterm Mond … oder vielleicht sogar noch weiter weg. Machte vielleicht sogar Sinn, wenn sie seine Reaktionen so betrachtete. Nicht nur, dass er sich bewegte, als hätte er einen ultimativen Jetlag von der ganzen Rumfahrerei im All. Nein, er schaute auch noch so dumm rein wie Prinz Valium höchstpersönlich. Warum in Gottes Namen erwischte eigentlich immer sie die absoluten Extrema auf dieser Insel? Da konnte sie ja echt von Glück reden, dass sie noch nicht mit dieser blonden Superprinzessin aus dem Vormittelalter zusammengestoßen war. Da brauchte man ja schon gefühlt ein Wörterbuch, um nur den Begrüßungssatz vernünftig in die moderne Sprache zu übersetzen. Der Zombie hier machte zwar einen nicht ganz so zurückgebliebenen Eindruck, seine Statements konnten das allerdings nicht von sich behaupten; und Cynthia kam einfach nicht drumherum sich grundlegend verarscht zu fühlen. Statt sich und sein gelangweiltes Antlitz zu nehmen und selbstständig mit der Kraft seiner Beine aus dem Klo zu befördern, machte er … genau das Gegenteil. Die Augenbraue der Löwin wanderte abergläubisch in die Höhe, während sie innerlich dazu tendierte ihm allein für seine nächste Aussage schon eine reinzuwürgen. Sieht doch eh alles gleich aus … am Arsch! Und nur, weil ihr Zimmer die gleichen Betten hatte wie das daneben, war es egal, wo man pennen ging? Da sie aber am heutigen Abend keine Schlägerei anfangen wollte, ließ sie der personifizierten Reinkarnation einer Schlaftablette vorerst diese Dummheit durchgehen. Doch wann hatte es Cynthias Leben mal darauf abgesehen einen Kompromiss mit ihren pazifistischen Gedanken zu machen?
Während sie ihm also nochmal ganz klar verdeutlichte, dass er sich gefälligst zu verziehen hatte, sah sie nur seine Hände an die Hose gehen. Was zur Hölle? Der Typ wollte doch nicht etwas … Klack! Das Geräusch einer Hose auf Fliesen machte seine kleine Runde im Bad, während die gelb-stechenden Blicke der Löwin ein richtig freies Panoramabild seiner unteren Körperpartie hatten. „Alter ... dein scheiß Ernst?“, seufzte die Löwin und driftete dabei kurz mit ihrem Blick an die Decke des WCs ab; auf ihren Lippen ein süffisantes Grinsen tragend. Sie war nicht mal sauer … oder angewidert. Das Ganze war einfach nur so schräg, dass selbst sie erstmal drauf klarkommen musste. Für sie als Tiermensch war „Nacktheit“ in diesem Sinne sowieso ein komplett verwirrendes Thema. Zu dumm, dass die frische Luft da unten nicht erstmal dafür sorgte, dass sein Kiefer erstmal Atempause hatte. Mit einem Zucken, welches durch beide Ohren wanderte, quittierte Cynthia die nächsten Sätze der billigen Version von Marylin Manson und ihre Ernüchterung wich Augenblicklich einer Welle an Aggression, die sich von ihrem Kopf ausgehend umgehend im Schweif wiederfand und ihn wie einen Stachel nach oben schießen ließ. „Was war das gerade?“, und da war für sie auch schon die Zeit der Zurückhaltung vorbei. Ab diesem Punkt war die Genfer Konvention nichts weiter als ein Stück Papier mit Unterschriften. Sie respektierte ihn zwar für diesen Spruch und die Standhaftigkeit dahinter, schützen tat ihn das allerdings nicht wirklich. Redefreiheit hieß nicht, dass man für sein loses Mundwerk keine aufs Maul bekam. „Jetzt spitz mal die Lauscher, du Clown.“, und Cynthias Schritte näherten sich dem Bleichgesicht, um ihn am Kragen zu packen und gegen die nächstbeste Wand zu drücken. Wo sie ihn mit ihrer großen Kraft auch in den ersten Momenten gut halten konnte. Sie waren sich nun so nahe, dass seine halbtoten Glubscher auch sehr gut in das aggressive Gelb ihrer Augen hineinblicken konnten. Es war ihr scheißegal für was genau er sich hielt … oder was er war. So ließ sie auf jeden Fall nicht mit sich umspringen. Er wollte es so, er bekam es so. „Ich geb‘ dir gleich einen Grund nur noch im Stehen aufs Klo zu gehen! Weil ich dir so dermaßen den Arsch aufreiße, dass du die nächsten drei Jahre nicht mal mehr ans Sitzen denken kannst!“, und untermalen tat sie dies mit einem animalischen Knurren, welches aus den tiefen ihrer Kehle direkt in sein Gesicht geblasen wurde. „Wer einen verdammten Löwen nicht mal von einem scheiß Hund unterscheiden kann, sollte sein Maul nicht soweit aufreißen. Also wenn du hier einen auf super hart machen willst, dann schmink dir das jetzt am besten schonmal ab. Denn so groß war er nicht, als dass mich das beeindruckt.“. Jetzt war sie nämlich am Drücker und somit hatte er nur noch zwei Auswege. Erstens: Er knickte ein und verzog sich … oder Zweitens: Der weißhaarige stand zu seinem Gebrabbel. Letzteres würde zwangsläufig in einer kleinen Schlägerei enden, ihm allerdings auch – weil die Löwin eben so war – Respekt einbringen.
------- Edit:
Nachdem diese Situation sich allerdings relativ schnell auflöste, ging jeder der beiden wieder seiner Wege. Kein Wort über die wahren Geschehnisse dieses Abends verlierend.