Eine gemütliche, kultige Bar inmitten des Nachtlebens, geführt von einem etwas älterem, kantigen Mann mit schwarzem Haar und dichtem Bart. Er selbst steht oft an der Bar, ebenso wie seine Tochter, welche mit ihren 21 Jahren durchaus weiß, sich hier durch zu setzen. Das Publikum ist gemischt, Abends gibt es ihr einige Speisen, doch sobald es Nacht wird drängt die Musik bis hinaus auf die Straßen. Entweder man nimmt an den Tischen Platz, oder direkt an der Bar. Die Cocktails sind angeblich die besten in der Stadt, vor allem die junge Tochter des Geschäftsführer mixt hier die köstlichsten. Und nicht nur deswegen strömen die Gäste ausgerechnet ihretwegen her... Dennoch ist hier jeder Willkommen, wenngleich diese Insel durchaus Lebewesen beherbergt, die hier das ein oder andere mal deutlich über ihr Limit hinaus getrunken haben.
Getränkekarte
Spoiler:
Grosses Bier
4 ZN
Kleines Bier
2 ZN
Rotwein (0,25l)
4 ZN
Weisswein (0,25l)
4 ZN
Cola, Fanta, Sprite, etc 0,5l
2 ZN
Schnaps kl.
4 ZN
Glas Prosecco
5 ZN
Absinth kl.
3 ZN
Baileys kl.
3 ZN
Malibu Coconut kl.
3 ZN
Jägermeister kl.
2 ZN
Vodka pur kl.
3 ZN
Vodka gemischt kl.
4 ZN
Bacardi pur kl.
3 ZN
Bacardi gemischt kl.
4 ZN
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Während Raphael Osbourne, der neue Kollege, seine Hand ausstreckte, liefen bereits die ersten analytischen Schritte in der Direktorin durch. Wie er reagierte, wie seine Mimik ausfiel, seine Stimme sich veränderte. Noch bevor sie seine Akte in Papierform vorliegen hatte, existierte bereits eine in ihrem Kopf. Ganz klassisch mit dem Namen „Raphael Osbourne“. Ganz klar. Die wenigsten würden sich gut fühlen, wenn sie alle diese Prozesse wirklich effektiv wahrnehmen würden. Aber wenn die Dämonin eines war, dann eine wahrliche Meisterin des Pokerface. Eigentlich war es so gut wie unmöglich hinter ihrem – durchaus sympathischen – Lächeln irgendeine Intention herauslesen zu können. Sogar ihre blauen Augen waren frei von jeglicher analytischen Interpretation. „Dann bin ich ja beruhigt, dass ich noch einigermaßen pünktlich bin.“, erklärte sie mit einem wechselnden Fokus zwischen den beiden hier Anwesenden. Der Rest würde also sicherlich noch erscheinen und … das tat er auch. Als hätten die Gedanken der Blondine die Bestellung eingeleitet, kam auch schon der erste weitere Gast des Abends hier am Schauplatz an. Vincent, natürlich. Als hätte sie etwas anderes vom Heimleiter erwartet. Wobei da noch ein bisschen der Neid in ihr Sprach, weil seine Rede beim Ball einfach besser angekommen war als ihre. Der kleine Knacks in ihrem sonst so makellosen Stolz. „Hallo, Vincent.“, grüßte sie ihn zurück und fragte sich, ob noch andere Lehrer heute hier erscheinen würden, oder ob sie mal wieder die Einzige war. War nicht der ganze Rest des Kollegiums sozialer als ihre Wenigkeit? Zumindest, wenn es um Freundschaften ging? Sogar Jack Wilson war der Feier dieses Mal gewogen, genauso wie Bernardo. Auch sie bekamen ein förmliches „Guten Abend.“ als Antwort, bevor der Neuling jegliche Aufmerksamkeit auf sich liegen hatte. Verständlich, sie waren ja auch alle nur wegen ihm hier; in der Theorie, zumindest.
„Ich denke, dass ist eine gute Idee.“, stimmte Julia mit einem leicht erheiternden Ton in ihrer Stimme ein und positionierte sich so, dass sie beim Reingehen einen kleinen Kommentar zu Bernardo loslassen konnte. „Mit dir hatte ich nicht gerechnet, Bernardo. Das überrascht mich sehr.“, kommentierte sie mit einem leicht belustigten Lächeln den Fakt, dass man sie damit tatsächlich überrumpelt hatte. Den anderen hätte sie zwar auch etwas an den Kopf werfen können. Es wäre jedoch wenig eloquent bei einem solchen Treffen strikt über die Arbeit zu reden. Keiner mochte sowas … außer sie selbst. Der finale Weg in die Bar hinein gestaltete sich auf jeden Fall als wenig beschwerlich. Wie eine Flüssigkeit quetschten sich die ganzen Erwachsenen in das Etablissement und konnten nun einen guten Blick auf die verfügbaren Sitzgelegenheiten werfen. So direkt schien aber keine der hier angebotenen Ecken wirklich den Platz für 6 Leute zu liefern. Sie waren doch sechs Leute? Schnell schaute sich Julia einmal zu der Truppe um, ehe sie sich dann sicher war. Zum Glück schaltete die hiesig Tochter der Besitzers schnell genug – weil sie wohl gerade auf dem Weg zurück hinter den Tresen war – und schob sogleich an einer der Ecken einen weiteren Tisch hinzu, so dass alle dort genüsslich ihren Platz finden konnten. „Ich denke, dass erübrigt die Platzentscheidung.“, kommentierte die Direktorin sichtlich erleichtert über den geringen Zeitverlust und wollte sich am liebsten schon hinsetzten, erinnerte sich aber wieder an ihre Rolle in dieser Truppe. Wer hätte gedacht, dass es so schlimm war sich mal zurückzunehmen? Also stand sie einfach nur dort und wartete darauf, dass Deirdre sich in Bewegung setzte. Eine Frage konnte sie sich allerdings nicht verkneifen. „Es stellt sich nur die Frage, wie wir uns hinsetzen.“, grinste sie leicht schelmisch in die Runde und setzte die Sticheleien fort, die schon Mathéo vorhin über sich ergehen lassen musste. Julia fand die Vorstellung sehr amüsant dem Chaos zuzusehen. Sie hoffte zumindest, dass es ein Kleines geben würde. Natürlich gab sie sich selbst damit die Rolle derjenigen, die in gewisser Weise Fremdbestimmt werden würde, aber das war in Ordnung. Eigentlich war es ihr nämlich ziemlich egal und man musste auch mal einen Schritt zurücktreten. Sie war ja auch nicht die Gastgeberin oder der Eherengast.
Es dauerte nicht wirklich lange, bis sich auch Jack "the Ripper" blicken ließ. War nicht unbedingt überraschend, außer vielleicht, dass er doch recht pünktlich aufgekreuzt war, wie Sugar anmerkte. Den Spitznamen behielt ich vorerst noch für mich. Schließlich wollte ich unseren Neuzugang nicht gleich vergraulen. Während die Vorstellung mit Raphael - gedanklich war ich bereits bei Raffaelo - in die nächste Runde ging, eröffnete mir Deirdre allerdings, dass wir noch nicht vollzählig waren. Bernardo, ebenfalls Hüne, sollte noch aufkreuzen. Und wenn mich meine Nase nicht täuschte, dann sollte es auch nicht mehr lange dauern, bis sich der Koloss ebenfalls bei unserer Truppe einfand. Kaum merklich später war es so weit und der Nachzügler war zu uns aufgestoßen und grüßte in die Runde. Endlich wurde mir sein Nachname wieder in den Sinn gerufen. War bereits seit Ewigkeiten abhandengekommen. Mir schwierige Namen zu merken, war keines meiner Steckenpferde und Gavri-El war eben nicht alltäglich. Mit den übrigen Namen der hier Anwesenden hatte ich keine Probleme. Nachdem die letzte Vorstellung beendet war, kam allmählich Bewegung in die Runde. Ewig vor der Kneipe zu stehen, bescherte uns noch keine Willkommensparty und ebenso wenig einen gewissen Alkoholpegel. Raffaelos Vorschlag die Kneipe zu betreten, wurde gerne angenommen und wir verlagerten unsere Zusammenkunft in die heiligen Hallen. Unser Auftauchen sorgte regelrecht für Furore. Und ein geeigneter Platz wurde uns gezaubert, was ich mit Lächeln an die Tochter des Besitzers quittierte. Ich fühlte mich ein wenig wie ein VIP. Eine Flasche Sekt aufs Haus wäre jetzt noch das Tüpfelchen auf dem I, aber damit rechnete ich nicht wirklich. Schließlich wollte man hier Geld mit uns verdienen. Wie Julia bereits anmerkte, mussten wir uns nur noch um die Platzwahl kümmern. Mir war jeder Platz recht. Aber da ich bereits lange genug geschwiegen habe, ergriff ich als Erster das Wort, »Ich will neben Jul sitzen.« Es kam einfach über mich und irgendwie fand ich meine Entscheidung auch nicht schlecht. So konnte ich meine Julia von Nahem studieren. Irgendetwas schien bei ihr anders zu sein. Ich konnte nur noch nicht genau sagen was es war. Dafür kannte ich die Blondhaarige auch nicht gut genug. Bis dato hatten wir auch nicht unbedingt viel Kontakt gepflegt, zumindest nicht außerhalb von irgendwelchen Veranstaltungen. Vielleicht lüftete ich dieses "Anders" heute noch. Meinen Standpunkt hatte ich mit meiner Wunschsitznachbarin klargestellt. Wie bereits zu erwarten, verlief die Platzwahl reibungslos. Bei den Kids wäre bereits Mord und Totschlag ausgebrochen. So zumindest spielte es sich vor meinem inneren Auge ab. »Lasst uns mal die erste Runde bestellen. Der Abend wir schließlich nicht länger.«, kommentierte ich und studierte bereits die Getränkekarte, so als würde ich nicht wissen, was es hier zu bestellen gab.
Jack Wilson
Jack Wilson
160 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Eine knielange weite Jeans, ein dunkles T-Shirt und dunkle Sneakers
Dass Jack doch recht pünktlich für seine Verhältnisse war, wusste er bis dato noch nicht. Aber Dee zog ihn sofort damit auf. Ein Blick auf seine Uhr am Handy verriet ihm, dass er wirklich nicht allzu spät war. Das hatte er nicht erwartet. Sonst war er ja auch immer spät dran gewesen, wenn es um ein Treffen ging. Er grinste Dee frech an. „Das würdest du gerne wissen, was?“, neckte er sie zurück und sie schubste ihn danach noch an der Schulter an. Der Neuling der Gruppe stellte sich danach dem Blonden vor und bestätigte ihm, dass alle ein wenig spät dran waren. „Naja, ich bin immer der, der zu spät kommt, von dem her ist das wirklich grad überraschend für mich“, antwortete er ihm mit einem Lächeln im Gesicht. Jack musste sich diesen Tag im Kalender rot markieren, um dieses Ereignis nicht zu vergessen. Immerhin war es nicht selbstverständlich für ihn pünktlich zu sein. Das würde Raphael wahrscheinlich sicher auch noch in der Zukunft bemerken. Von Julia wurde der Neuseeländer zu seiner Verwunderung ausnahmsweise mal begrüßt. Eigentlich gingen sich die beiden eher aus dem Weg, als viele Worte miteinander zu wechseln. Und ganz ehrlich, auch wenn sie nur zwei Worte zu ihm sagte, war es doch recht viel. „Guten Abend“, antwortete er ihr mit genauso viel Elan zurück. Wieso Dee die Spaßbremse überhaupt eingeladen hatte, verstand der Dämon nicht. Aber gut, jetzt musste er sich mit ihr irgendwie arrangieren und wenn es heißen würde den halben Abend sich gegenseitig zu ignorieren. Kurze Zeit später traf dann auch noch Bernardo ein. Mit ihm hatte Jack nicht so viel zu tun, aber er sah immer wie eine freundliche Person aus. Heute Abend würde sich wohl rausstellen, ob Bernardo wirklich so war, oder Jack ihn doch falsch eingeschätzt hatte. „Hallo Bernardo“, grüßte er ihn anschließend noch, ehe sich alle dem Neuling der Gruppe zuwandten.
Das Stichwort Reingehen wurde von Julia schon sehr gut aufgenommen und sie ging schon vor in die Richtung der Kneipe. Vincent folgte ihr sofort und auch Jack ging danach hinein. Die Tochter des Barbesitzters machte für die 6 Personen genug Platz, damit sich alle an einen Tisch setzen konnten. Vincent setzte sich neben Julia und dies verwirrte den Blonden sehr. Wer würde schon freiwillig neben der Direktorin sitzen wollen? Ob er irgendein Ziel verfolgte? Um nicht zu nah an Julia zu sitzen, setzte er sich auf der anderen Seite des Tisches genau an die Wand. Hier fühlte er sich wohl und konnte das Geschehen am Tisch gut mitverfolgen. Wenn ihm Julia dann doch einmal auf die Nerven gehen würde, könnte er sich immer noch den anderen Gesprächspartnern am Tisch zuwenden. Kaum saßen alle, konnte es Vincent schon gar nicht mehr erwarten. Er wollte schon was trinken. Jack war nicht so der große Alkoholtrinker, aber ein wenig Alkohol konnte sicher nicht schaden. Vodka war etwas, das der Blonde schon lange nicht mehr getrunken hatte. Die Kneipe hatte einen guten Ruf, also wieso nicht das nehmen? Aber er war noch ein wenig unsicher und wandte sich zuerst an die anderen. „Was trinkt ihr so?“, fragte er einfach mal in die Runde. Vielleicht würde er ja plötzlich Lust auf ein anderes Getränk bekommen.
Die jungen Kinder schienen frühzeitig klarstellen zu wollen, wie die Rollenverteilung am heutigen Tag war. Jack und Deirdre machten das vertraute Duo, Raphael mimte den neugierigen aber eher zurückhaltenden Neuen, Julia zeigte sich in erwarteter Manier als Geschäftsfrau, von der wohl jeder andere erwartete, dass sie nach ein paar Gläsern ihre dunkle Seite zeigte und Vincent … der tangierte zwischen dem schlichten Coolen und dem Stimmungsantreiber; wobei sich bei letzterem wohl Jack und Vincent nicht viel nehmen würden. Bernardo schätzte die beiden als treibende Kraft an diesem Abend ein. Deirdre würde und wird dem Duo in dieser Aufgabe sicher noch beitreten, doch für den Anfang spürte Bernardo Unsicherheit von dem Mädchen ausgehen. In den wenigen Momenten in der Schule hatte er sie jedoch als aufgeweckt und gesellig wahrgenommen. Sie würde also sicherlich noch ihre Unruhe ertränken können.
Beim Eintritt war es Julia, die für einen kurzen Moment den Weg Bernardos kreuzte, um ihm einen flüchtigen Kommentar zuzuwerfen. »Das beruht auf Gegenseitigkeit«, erwiderte er darauf lediglich und lächelte ihr zu. Tatsächlich vermutete er, dass seine Anwesenheit ihr eigenes Empfinden verbesserte, da die beiden sich auch schon außerhalb der Arbeit zu einem Plausch getroffen hatten. Gleichzeitig glaubte er nicht, dass sie dieselbe Erfahrung mit den anderen Partyteilnehmern besaß. Auf der anderen Seite fiel dem Engel aber auch eine markante Änderung an Julias Aura auf. Beinahe hätte man es als besorgniserregend einstufen können, doch er merkte auch, dass Julia sich selbst unter Kontrolle hatte. Sie machte sogar den Eindruck, als wäre die eigentliche Aufregung längst vorbei. Bernardo hatte also keinen Grund, seine alten Instinkte zu wecken. Nach kurzem Aufschauen betteten sich diese schnell wieder in ihrer Winterschlafhöhle ein. An der Stelle dachte sich Bernardo auch, eben die Köpfe der Runde abzuchecken, während sie die Kneipe betraten. Insgesamt hatten sie zwei Dämonen in der Gruppe sowie zwei Tiermenschen. Das könnte unterbewusste Gruppierungen erzeugen, wäre da nicht eine gewisse Anspannung, welche zwischen Jack und Julia in der Luft schwebte. Für den Hünen war es ein sehr interessanter Eindruck, auf den er definitiv ein aufmerksames Auge werfen wollte. Die Irrungen der jungen Wesen dieser Welt hatten ihn auf der Bühne noch nie enttäuscht.
Während die bunte Gruppe sich durch die Kneipe suchte und schließlich, dank freundlicher Hilfe, zwei Tische für sich fand, suchte Bernardo den Blick des Betreibers. Ganz anders als der Großteil der Gruppe, der sich wohl mehr für seine Tochter interessierte, schätzte Bernardo die Gespräche mit dem jungen Mann, welcher das Blackbird führte. Man konnte nicht sagen, dass der Engel ständig hier war, doch hin und wieder hatte er den Abend an der Theke bei einem Bier ausklingen lassen. Zusammen mit dem Geschäftsführer waren dabei unterhaltsame Gespräche entstanden, die sich nicht selten um Bartpflege drehten. Ein Schmunzeln huschte über Bernardos Lippen, als er den Mann fand und sich beide mit einer kurzen Handbewegung begrüßten.
Zurück mit den Gedanken bei seiner Gruppe bekam Bernardo gerade mit, dass die Tochter des Hausherrn einen zweiten Tisch organisiert hatte, sodass sie alle beisammensitzen konnten. Natürlich bedankte sich der Engel beim Vorbeigehen mit einem Nicken bei ihr, ließ sich dann aber schnell von der ersten Krisenfrage einfangen: Wer sitzt wo? Sofort meldete sich Vincent dafür, neben Julia sitzen zu wollen, was wohl nicht nur Bernardo überraschte. Doch während er seinen Ohren nicht traute, schummelte sich der Hüne, so gut es ihm bei seiner Statur eben möglich war, an Vincent und Julia vorbei, um sich als erster an den Tisch zu setzen. Dafür rutschte er ein Mal über die Bank bis an die Wand. Wer die beiden Plätze neben sich einnahm, wollte er offen lassen; allerdings merkte er schnell, dass ihm zuerst Julia folgte und dann der angekündigte Vincent. Gegenüber nahm Jack Platz. Deirdre und Raphael folgten ihm.
Natürlich folgte direkt die nächste Krisenfrage des Abends: Was wird getrunken? Bernardo war eigentlich ein Mann mit wenig Anspruch auch Farbenprächtigkeit, wie man sie von einem Cocktail kannte. Für ihn zählte in erster Linie der Inhalt und der Geschmack. Ein schlicht aussehender Wein hatte für ihn mehr Wert als ein knalliger, aber flauer Cocktail. Und da war er auch schon beim engeren Kreis der Verdächtigen angelangt. Seine Augen huschten nur kurz über die Karte, da hatte er für sich bereits entschieden, dass es entweder ein Roter, ein Weißer oder ein schlichtes Bier war, was er bestellen würde. Ein zweiter Schwung mit der Aufmerksamkeit über die Karte ließ ihn dann jedoch weiter unten nochmal stocken. Ein guter Wodka war nicht zu unterschätzen, aber für den Einstieg … Bernardo überlegte. »Wie wäre es mit einem Schnaps zum Einstieg? Oder ein Jägermeister?« Er mochte die Aussprache des Kräuterlikörs, den er in seiner Zeit in Deutschland als Kräuter der Masse schätzen gelernt hatte. »Das lockert die Lippen und die Gedanken. Alles weitere sollte dann von selbst kommen.« Beinahe kam er sich vor, als würde er ein strategisches Vorgehen an den Tag legen, dabei hatte er nur überlegt, was für die Gruppendynamik am vorteilhaftesten war. Wenn alle zusammen mit demselben Getränk begannen, wurde direkt ein Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen. »Ich würde mich auch direkt anbieten, die erste Runde zu übernehmen«, warf er hinterher in die Runde. Damit sollte die Bereitschaft jedes einzelnen nochmal gefördert werden, dachte er sich.
Winterevent-Outfit: Tannengrüner Wollpullover mit hohem Rundkragen, darüber ein rot-schwarzes Holzfäller-Karohemd mit den obersten beiden Knöpfen offen und die Ärmel bis über die Oberarme hochgekrempelt. Braune Holzfällerhose mit dunklem Gürtel und Hosenträgern, die sich am Rücken kreuzen. Schwarze Winterstiefel mit kurzem Schaft. Auf dem Kopf eine tannengrüne Wollmütze mit ein Mal umgekrempelten Rand, sodass die Ohren frei sind. Und zu guter letzt im Gesicht ein rauschiger, schwarzer, kurzer Vollbart. Also voll der Holzfäller-Look.
Abends, ca. 21:30 Uhr mit Raphael, Julia, Vincent, Jack und Bernardo
Die erste Phase des Abends — die Begrüßung des neuen Kollegen — war zu Deirdres Erleichterung erfolgreich über die Bühne gegangen. Niemand hatte sich katastrophal verspätet, niemand hatte kurzfristig abgesagt und alle legten ein angebrachtes Maß an Höflichkeit und Offenheit gegenüber Raphael an den Tag. Nicht, dass sie von den Anwesenden etwas anderes erwartet hätte, aber einige ihrer Kollegen konnte sie eben besser einschätzen als andere. Ohne Umschweife betrat die kleine Gruppe die Bar und ließ sich an einem einzig für sie zusammengeschusterten Tisch nieder. Vielleicht hätte Deirdre vorher anrufen und ihr Kommen ankündigen sollen, doch so weit hatte sie erstens nicht gedacht, als sie das Zusammenkommen spontan organisiert hatte. Und zweitens hätte sie ohnehin keine feste Personenzahl gehabt. Mit einer ungefähren Angabe konnten die Kneipenbesitzer sicherlich genauso wenig anfangen wie mit gar keiner. Das redete Deirdre sich jedenfalls ein, um ihr Gewissen zu beruhigen, als sie gegenüber von Julia und zwischen Raphael und Jack Platz nahm. Ihr eigentlicher Plan war es gewesen Raphael in die Mitte zu verfrachten, doch es hatte sich anders ergeben und sie wollte nicht die Gastgeber-Keule schwingen und allen Anwesenden einen Sitzplatz zuteilen. Generell nahm Deirdre sich vor im Laufe des Abends die Rolle der Gastgeberin hoffentlich ein wenig abzulegen. Sie hatten sich zwar auf ihren Vorschlag hin zusammengefunden, dann wiederum befanden sie sich in einem öffentlichen Lokal und nicht in ihren vier Wänden. Sie hatte also das Recht sich zu entspannen und aufzuhören alle Eventualitäten gedanklich durchzukauen! Mit der Handtasche im Schoß zog Deirdre ebenfalls eine der Karten zu sich rüber und breitete sie großzügig vor sich aus, sodass auch Raphael und Jack einen Blick hineinwerfen könnten, wenn sie wollten. Bernardos direkter Vorschlag überraschte die Erzieherin. Mit Schnaps wäre sie persönlich nicht eingestiegen. Dann wiederum brauchte sie deutlich weniger Kurze, um ihre Hemmschwelle zu senken, als die meisten anderen Anwesenden. Und das letzte was sie wollte, war es sich vor ihren Kollegen zu blamieren, weil sie über ihren Durst hinaus getrunken hatte. „Also… wenn ihr alle einen Kurzen trinkt, schließe ich mich an. Aber ich würde zu einem Baileys tendieren.“ Viele konnten die Süße nicht ab, Deirdre nahm den Geschmack hingegen kaum war. Für ihre Zunge hatte der Likör kaum mehr Geschmack als stilles Wasser, weshalb sie ausschließlich nach der Konsistenz und dem Prozentgehalt ging. „Und ich würde im Anschluss direkt einen Weißwein bestellen. So ein Schnaps ist ja schnell weg“, sagte sie und lachte kurz auf. „Bestellt euch ruhig auch noch etwas dazu. Die zweite Runde geht dann auf mich.“ Sie lächelte denen, die ihr gegenübersaßen, auffordernd zu und sah anschließend erst zu Jack und dann zu Raphael. „Braucht einer von euch beiden noch die Karte?“ Allzu groß war die Auswahl in der Kneipe zum Glück nicht, sodass man sich recht schnell einen Überblick verschaffen konnte. Ob jemand von ihnen überhaupt einen exotischen Geschmack hatte? Auf Deirdre wirkten wie eine Runde aus Bier- und Weintrinkern, aber sie ließ sich da gern eines Besseren belehren.
Abends, ca. 21 Uhr mit Deirdre, Jack, Julia und Vincent
Nachdem die ausgiebige Vorstellungsrunde vorüber war fand Raphaels Vorschlag, die Versammlung langsam in eine gemütlichere Atmosphäre zu befördern, genügend Anklang, dass sich die Gruppe aus auserwählten Gästen durch den Eingang der einladenden Bar zwängte. Wobei sich das "Zwängen" bei den beiden Titanen der Runde besonders interessant gestalten dürfte. Zumindest für Raphael. Wie war es wohl, wenn man bei jedem Türrahmen sicher gehen musste, dass man sich nicht den Kopf stieß? Und wie oft kam es vor, dass der Schädel die Kante küsste? Das Innenleben der Bar hielt, was der äußere Eindruck versprochen hatte. Kein hoch geputzter Laden, mit trendiger Elektro-Musik und hochmoderner Inneneinrichtung. Stattdessen: stimmige Beleuchtung mit gemütlichen Sitzgelegenheiten und einer musikalischen Untermalung, die sich irgendwo zwischen alten Party-Hymen und Klassikern wiederfand. Auf seltsame Art und Weise erfüllte den Spanier kurz das Gefühl von Heimat. Also ein Laden, an dem Raphael Gefallen finden könnte, wenn er solche Etablissements häufiger aufsuchen würde. Doch sein Alkoholkonsum war überschaubar. Spontan wollte ihm nicht einmal einfallen, wann er das letzte Mal an einem Glas mit hochprozentigem Inhalt genippt hatte. Die Gruppe fand eine passende Eckchen mit genügend Sitzen, nachdem eine junge Dame wie auf ein stilles Kommando zwei Tische zusammengeschoben hatte, kaum hatten sie den Laden betreten. Raphael nickte der Schwarzhaarigen dankbar zu, ließ dann seinen Kollegen den Vortritt und ließ sich anschließend auf die Sitzbank fallen, auf der auch Jack und Deirdre Platz genommen hatten. Insgeheim war er froh, dass er neben der Kollegin sitzen durfte, die ihm bereits bekannt war. Er hatte keinerlei Scheu vor neuen Leuten, so groß und muskulös oder dominant sie auch wirkend mochten. Aber als er seinen Blick auf die gegenüberliegende Seite des Tisches wandern ließ, war er doch ganz froh um sein Plätzchen (direkt am Gang). Es wäre ein Krampf geworden, wenn er sich jedes Mal an einem der Muskelberge vorbei zwängen hätte müssen, wenn der Alkohol seine Blase antrieb. Was leider nicht mal so unwahrscheinlich war. Einer der Gründe, warum Alkohol in der Regel nicht sonderlich großen Anklang bei dem jungen Spanier finden konnte. Außerdem war es ungesund.. aber mit diesem Thema wollte er jetzt nicht anfangen. Nicht hier. Und manchmal war so ein kleiner Trunk doch ganz nett. Es konnte hin und wieder auch dabei helfen, die Stimmung ein wenig aufzulockern, wie Bernardo, der größere der beiden Hünen, anmerkte. Aber ob sie direkt mit einem Schnaps starten sollten? Oder mit einem.. wie hieß das Zeug? Jägermeister? Doch da sich der Gute so bereitwillig opferte und die erste Runde auf seine Tasche nehmen wollte, konnte man so ein Angebot wohl schlecht ausschlagen. Wenn, wäre es wohl ein Zeichen der Unhöflichkeit gewesen. A caballo regalado no le mires el dentado, würde seine Mutter sagen. Und es kam noch ein zweiter Gaul dazu, als Deirdre sich mit ins Getümmel warf und die zweite Runde auf ihre Kosten laufen lassen wollte. Solangsam bekam Raphael das Gefühl, dass er im Laufe des Abends auch eine Runde schmeißen sollte. Allein um sich vielleicht ein paar Sympathiepunkte bei den neuen Kollegen zu ergaunern. Außerdem käme er sich komisch vor, wenn am Ende des Abends außer ihm, der Neuling, eine Runde geschmissen hätte. Wieder so ein Ding der Höflichkeit, für die seine Mutter ihn mit dem Kochlöffel durch das Haus jagen würde, wenn er es nicht befolgen würde. "Ein Schnaps klingt doch nicht schlecht. Ich würde mich anschließen, wenn jeder mitzieht. Und dazu nehme ich.." eilig ließ er seinen Blick über die überschaubare Getränkekarte der Kneipe huschen. Vodka? Wollte er heute irgendwo in einem Busch schlafen? Absinth? War das nicht dieses Zeug, was einen alles vergessen ließ? In manchen Fällen sogar den eigenen Namen? Und all diese Cocktails, deren Namen Raphael keine Zutaten zuordnen konnte. Wieso hatte er all diese Namen noch nie gehört? Angestrengt, als würde er erneut für das Abschlussexamen seines Studiums büffeln, starrte Raphael auf das kleine Kärtchen, was immer noch vor Deirdre auf dem Tisch ausgebreitet lag. Erst ihre Nachfrage ließ das Rattern in seinem Kopf erstarren "Ich.. nehme einfach einen Rotwein." mit einem leichten Kopfschütteln ergab sich Raphael dem (für ihn) überwältigenden Angebot und ließ sich gegen die Rückenlehne der Sitzbank sinken. Seine Hand suchte nach der Krempe seiner Mütze, welche er anschließend tiefer ins Gesicht zog. Was für ein Akt.. "Also.." nachdem die Bestellung bei der jungen Dame, die zuvor auch freundlicherweise die Tische zusammengeschoben hatte, aufgegeben wurde, wollte sich Raphael noch kurz ein wenig mit den versammelten Leuten bekannt machen, ehe man den Körper mit betäubenden Flüssigkeiten füllte und das Sprechen mit der Zeit immer schwerer fiel "Ich weiß natürlich nicht, inwieweit ihr informiert wurdet, aber ich bin der neue Arzt. Und ich hoffe natürlich, dass ich meinen Job hier gut machen werde.." mit einem kurzen Kichern klopfte der Tiermensch auf die Tischplatte, ehe er die Hände zusammenführte und seinen Kopf auf der Fläche, die dadurch geboten wurde, ablegte "Aber was macht ihr denn hier so? Zufällig ein Kollege anwesend?" zumindest Deirdres Position war ihm bekannt. Doch wofür waren die anderen zuständig? Ebenfalls für die Aufsicht der Kinder? Das würde vielleicht erklären, warum Deirdre mit diesem Jack besonders vertraut war, im Vergleich zum Rest. Türsteher, damit kein ungebetener Dämon die Insel betrat? Dabei musste Raphael schlagartig die beiden Riesen mustern, die er durchaus als Dämonenvertreiber sehen würde. Vielleicht ließ er sich aber auch zu sehr vom Äußeren beeinflussen. Und soweit er wusste, hatte es keine Ausschreibung für eine Stelle als Inselwächter gegeben. Eventuell war auch ein Lehrer anwesend? Wie automatisiert nahm Raphael für eine Sekunde die blonde Frau, diese Julia Badera, ins Visier. Ihr Name ließ immer noch dieses leise Glöckchen klingeln.. aber er kam einfach nicht drauf. Sie hatte jedoch diese gewisse Ausstrahlung, die durchaus zu einer Lehrerin passen würde. Doch bevor er zu viele Spekulationen aufstellte, würde er die Antwort der Anwesenden abwarten.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Kaum war die Sitzreihe für die Erwachsenen hergerichtet, ging es an die Platzverteilung. Das Chaos, welches die Dämonin sich im inneren ein klein bisschen herbeigesehnt hatte, blieb aus. Äußerlich ihre freundliche Fassade haltend, machte sich im inneren ein kleiner Funken der Enttäuschung breit. Wie unglaublich schade, dass so einfache Dinge hier nicht funktionierten. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ihrer Aktion wurde nicht nur annulliert, sondern komplett entwertet und umgedreht. Allein Vincents elanvoller Einwand hatte sie mehr als nur unvorbereitet erwischt. Er wollte … neben ihr sitzen? Einen Moment lang schaute sie verwirrt zu dem Einäugigen empor. Der meinte das wirklich ernst! Und hier hörte die Geschichte nicht einmal auf! Eigentlich hatte die Dämonin ja mit einer Randposition geliebäugelt, um sich auch leichter vom Geschehen entfernen zu können. Aber nun … ja, war sie gefangen. Umso deutlicher wurde das, als die Truppe am versammelten Tisch platzgenommen hatte und die Blondine vor vollendete Tatsachen stellte. Links von ihr Bernardo, rechts von ihr Vincent. Wenn es jemals einen Moment gegeben hatte, wo sich Julia klein fühlte, dieser hier war einer von ihnen. Die leichten Blicke ihrer blauen Augen, die abwechselnd in beide Richtungen abdrifteten, machten das ziemlich deutlich. Das zierliche blonde Ding, umgeben von zwei Riesen. Oder auch ein Tal aus goldenen Ähren, umgeben von zwei eisbedeckten Gletschern. Ihr Gegenüber eine ähnliche Szenerie. Wenigstens – so empfand sie es zumindest – saß ihr Deirdre gegenüber und in einem Zuge weiblicher Solidarität schenkte Julia ihr das wohl ehrlichste Lächeln, dass sie jemals von ihr bekommen hatte. Geteiltes Leid war eben halbes Leid. Aber nicht nur in diesem Bereich zeigte sich die Direktorin ein wenig kulanter als sonst. Kaum hatten sie ein paar Sekunden gesessen, fand sich ihr Jackett abgestriffen hinter ihrem Gesäß - zwischen Sitzfläche und Rückenlehne - wieder, bevor ihr Blick ein weiteres Mal über alle Anwesenden wanderte. Die Getränkefrage hatte den Konversationsraum eingenommen und Bernardos Vorstoß machte es Julia zumindest einfach, jetzt nicht unbedingt wieder etwas sagen zu müssen. Jägermeister, einen Kurzen … ihr war das egal, so lange es kein Wein war. „Ein Schnaps klingt doch nach einem gelungenen Einstieg.“, stieg sie mit einem leicht amüsierten Ton aber recht moderater Wortwahl in die Runde ein und ließ ihre Hände langsam auf die Tischplatte gleiten, wo sie sich kurz danach ineinanderlegten. „Und … um dem Wein etwas entgegenzusetzen … “, ein leichtes Grinsen wanderte auf die andere Tischseite hinüber, „… würde ich liebend gerne noch einen Vodka hinterher haben.“. Niemand hatte gesagt, dass man mit weichem Zeug nachlegen musste. Außerdem musste sie so keinen unnötigen Blick auf die Karte werfen. Mal abgesehen von der Überzeugung der Bardera, dass dieser Abend in nüchternem Zustand echt anstrengend werden würde. Allerdings … hatte sie auch irgendwie Lust darauf sich mal die Kante zu geben. Das war jedoch nur ein leichter Hintergedanke … zumindest im Moment.
Doch ein solcher Abend bestand nie nur aus dem simplen Ordern der Getränke. Neben dem anfänglichen Einfindungsprozess war es der Neuling, welcher die Initiative ergriff und die normalerweise aufkommende Fragerunde einfach umdrehte. Also nicht unbedingt einer von der schüchternen Sorte. Zumindest musste man ihn nicht an die Hand nehmen und in die Gruppe hineinleiten. Das zeugte von Selbstbewusstsein und gefiel Julia zu einem gewissen Grad. Sie schmunzelte sogar, als er meinte hoffentlich einen guten Job zu machen. War es Bescheidenheit, die dort durchschien? Es war schon interessant mal wieder ein neues Gesicht unter die Lupe zu nehmen, die Analysemaschine in ihrem Kopf wieder vor eine neue Herausforderung zu stellen. Man konnte es sich wie ein kleines Minispiel vorstellen, dass Julia hin und wieder betrieb. Unterbewusst, versteht sich. Gewisse Verhaltensmuster bekam man aus der Geschäftsfrau eben nicht einfach heraus, da konnte man noch so penibel sein. Als Raphael jedoch einen Sekundenbruchteil mit seinem musternden Augenpaar bei ihr stoppte, sollte er eine Kostprobe eben dieser Vergangenheit bekommen. Er bekam seinen Blick von Julia instinktiv zurückgeworfen in genau dem gleichen Grad an Intensität zurückgeworfen. Wie die Augen eines pirschenden Jägers waren sie auf sein Gesicht gerichtet, ehe sich ein leicht sympathisches Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete und für Ablenkung Sorgen wollte. Als hätte er sie dadurch direkt herausgefordert, neigte sich die Dämonin leicht nach vorne und fixierte ihn nun etwas eindringlicher durch ihre blauen Seelenspiegel. Es wirkte freundlich, ja beinahe schon freundschaftlich einladend. Nur ein Experte würde hier einen indirekten Machtkampf hineininterpretieren. „Ich werde dann mal den Anfang machen, wenn es keinen stört.“, grinste sie mit leichten Seitenblicken in die Runde und faltete ihre Handflächen auf dem Tisch senkrecht zusammen. Einem vollwertigen Doktor hatte sie freilich nichts entgegenzusetzen, aber auf solchen banalen Vergleichsebenen wollte sie isch sowieso nicht bewegen. „Mit einem Arzt-Titel kann ich zwar nicht aufwarten, aber ich bin die Direktorin der Schule hier, Raphael. Ich hoffe also, dass sie sich relativ schnell hier einfinden werden.“. Wenn er Pech hatte, würde er bereits morgen voll unter Strom stehen. Vorausgesetzt er konnte dann noch stehen. Vor allem, wenn irgendein Experte in der Schule eine Schlägerei anzetteln würde, oder jemand meinte sich beim Flugtraining versehentlich in die Tiefe zu stürzen. „Aber vielleicht kann dir Vincent ja dort ein bisschen mehr Sympathie entgegenbringen.“, und ihr Kopf deutete zu dem rechts neben ihr sitzenden Riesen hinüber. Ja, sie hatte ihm den Frevel ihrer Kurzform nicht vergeben. Allerdings fiel ihr auf die Stelle kein besserer Racheplan ein als ihm die Rolle des Redners zuzuschieben. Zum Vergessen war die Direktorin noch nicht betrunken genug. Glücklicherweise ließen die Getränke nicht mehr lange auf sich warten. Wenn sie es richtig sah, dann wurden an der Theke die letzten Gläser befüllt.
Die Sitzplatzfrage war ziemlich schnell geklärt. Allerdings fand ich unsere Reihe doch sehr amüsant. Julia, die Dame in der Runde, zwischen zwei Kolossen eingeklemmt. Sicher nicht ihre erste Wahl. Aber sie fügte sich ihrem Schicksal. Mein Platz bescherte mir zum Glück ein wenig Beinfreiheit. Ich musste nur aufpassen, dass ich nicht jemanden ein Bein stellte. Gegenüber von mir war Raffaelo zu finden. Ungehindertes Starren und auf den Zahn fühlen, vielleicht auch ein wenig Blödsinn treiben. Das musste ich mir noch ein wenig durch den Kopf gehen lassen. Zu meiner Überraschung, kam mir Bernardo zuvor und verkündete, dass die erste Runde auf ihn ging. Und die erste Runde war nichts für Pussys. Der Abend starte mit einer Runde Schnaps. »Bei Schnaps bin ich immer dabei.«, warf ich ebenfalls meinen Kommentar ein. Gegen Schnaps war absolut nichts einzuwenden. Wie Bernardo schon sagte, konnte es die Zunge lockern. Solange nicht gleich einer von den hier Anwesenden nach der ersten Runde aus den Latschen kippte. Bei Sugar hatte ich so meine Zweifel, dass sie viel vertrug. Möglicherweise wurde ich auch eines besseren belehrt. Ich ließ mich gerne überraschen. Man konnte bereits sagen, dass der bisherige Abend eine Überraschung war. Das Auftauchen von Julia war schon ein Wunder gewesen. Nachdem die erste Vorgangsweise besprochen war, zog Deirdre bereits nach und lud uns dazu ein, noch ein weiteres Getränk zu bestellen. Ich studierte abermals die Getränkekarte, die keine allzu fancy Getränke aufwies. Zum Glück. Da konnte man sich nie sicher sein ob es auch schmeckte. Bei Julias Getränkewahl schnellte mein Kopf in ihre Richtung. Schnaps und Vodka. Wollte sie sich heute die Kante geben? Anscheinend. Ich war mir allerdings noch recht unsicher, was ich mir bestellen wollte. Wein war jedenfalls schon mal hoch im Kurs, doch dabei gingen die Geschmäcker auseinander. »Ich nehm' dann noch ein großes Bier.«, das würde mich eine Weile beschäftigen, wenn ich mich zurückhielt. »Die dritte Runde geht dann auf mich.«, machte ich meinen Standpunkt klar, damit erst gar nicht jemand auf die Idee kam, vor mir einen auszugeben. Ich war mir ziemlich sicher, dass es nach der dritten Runde nicht aufhörte. Und wenn man an einem Vodka nippte. Bevor allerdings Stille einkehren konnte, wandte sich Raphael an jeden einzelnen von uns. Ich konnte es ihm nicht verdenken, immerhin wollte man ja wissen mit wem man es zu tun hatte, wenn man schon der "Neue" in der Runde war. Raphael ließ uns ebenfalls nicht dumm sterben, er war der neue Arzt. Dabei zuckten meine Mundwinkel nach oben. Ein Leidensgenosse. Gespannt wartete ich darauf, wer den Anfang machte und wandte meinen Kopf abermals in Julias Richtung, als sie sich vorstellte. Ihre Vorstellung klang allerdings mehr wie eine Drohung. Vielleicht kam es auch nur mir so vor und Raphael sah das Ganze anders. Umso erstaunter war ich, als sie mich ins Spiel brachte. Anscheinend war mein kleiner Ausrutscher der Vorfreude vorhin nicht unbemerkt geblieben. »Sollte mal die Rede von Tunstell sein, dass bin ich. Mein Name ist Vincent Tunstell, Heimleiter und ebenfalls Arzt, wenn es darauf ankommt. Sollte meine Hilfe mal benötigt werden, bin ich allzeit bereit.«, grinste ich mein Gegenüber an. Damit wäre wohl das Wichtigste über meine Person gesagt. Man musste die Vorstellung ja nicht unbedingt in die Länge ziehen. »Wenn du Fragen hast, steht meine Bürotür offen.«, fügte ich noch an und musterte den Mützenträger eindringlich. Bevor es zu einem Missgeschick kommen sollte, appellierte ich auf den gesunden Menschenverstand und darauf, dass man mich konsultierte.
Jack Wilson
Jack Wilson
160 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Eine knielange weite Jeans, ein dunkles T-Shirt und dunkle Sneakers
Nachdem sich alle hingesetzt hatten, ging die eigentliche Diskussion um die Getränke erst los. Bernardo fing schon mit einem guten Vorschlag und wollte auch gleich die erste Runde übernehmen. Dee selbst schien nicht so ganz begeistert von der Idee zu sein. Aber auch Jack war für einen Schnaps. Ob sie dann trotzdem mitziehen würde? Auf wen die zweite Runde gehen würde, war auch sofort klar. Nicht beleidigt darüber, überlegte der Neuseeländer weiterhin, was er zum Schnaps dazunehmen würde. Es gab ein paar Getränke, die er doch gerne nehmen würde, aber alles konnte er sicherlich nicht trinken. Zur Verwunderung des Blonden nahm die bösartige Direktorin genau die Kombi, die er auch im Kopf hatte. Sollte er jetzt einfach aus Protest ein anderes Getränk wählen? Nein, er ließ sich von seinem Vodka nicht abbringen. „Also ich schließe mich der Wahl von Julia an“, antwortete er in die Gruppe. Jack hatte zwar immer noch das Gefühl, dass die Direktorin irgendwie seine Gedanken gelesen hatte, aber das war Nebensache. Wer die dritte Runde übernehmen würde, war anscheinend auch schon geklärt. Hatten alle hier am Tisch ihre Spendierhosen an? Egal, gratis Alkohol war einfach auch mal was Geiles.
Gleich darauf fing die Vorstellungsrunde auch schon an. Gespannt wartete Jack darauf was der Neuling sagen würde. Dass jemand neues zum Personal dazukommen würde, hatte man ihm schließlich nicht gesagt. Aber das war ja öfters der Fall. Vielleicht war daran auch Julia schuld? Zutrauen würde er es ihr auf jeden Fall. Naja, egal. Der Blonde konzentrierte sich wieder auf Raphael, der erzählte, dass er der neue Arzt hier wäre. Das war gut! Seit kurzem hatten sie ein wenig Personalmangel bei den Ärzten. Der Neuling schien ein echt cooler Typ zu sein. Doch dann kam die Vorstellung von Julia. War ja klar, dass die Direktorin beginnen musste. Jack rollte kurz mit den Augen. Aber immerhin hatte sie bei der Getränkewahl einen guten Geschmack. Sie versuchte freundlich zu wirken. Eindeutig zu freundlich! Irgendwas war da doch im Busch, oder? Die Verschwörungstheorien, die der Neuseeländer im Kopf hatte, waren sofort wieder weg, als zum Glück Vincent das Wort hatte. Dabei erfuhr Jack sogar etwas Neues von seinem Freund. Er war Arzt? Über sowas hatten die beiden eigentlich nie geredet, aber er konnte sich dies doch recht gut bei ihm vorstellen. Auch wenn er eigentlich Heimleiter war. Als auch seine Vorstellung zu Ende war, meldete sich Jack zu Wort und sah über den Tisch zu dem Neuling. „Also ich bin Jack Wilson. Ich bin wie Dee auch ein Erzieher im Wohnheim. Wenn du was brauchen solltest, kannst du mich auch immer fragen“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Hilfsbereitschaft war etwas, das dem Neuseeländer sehr wichtig war, darum bot dies auch ihm an. Danach sah er gespannt zu Bernardo, der sich noch nicht vorgestellt hatte.
Nachdem alle ihre Trinkwünsche geäußert hatten, stand fest: Der Schnaps hatte gesiegt - mit einer Ausnahme. Deirdre hatte sich als einzige und nahm stattdessen einen Bailey, was Bernardo keinesfalls verstimmte, sondern viel mehr sogar seine Erwartungen bestätigte. Sie machte allein von Statur und Auftreten her nicht den Eindruck einer gestandenen Trinkern. Dass sie ihre Jugend Treue zollte, indem sie auf neumodischen Partys regelmäßig auftauchte, musste damit nichts zu tun haben. Außerdem sollte das erste Getränk nicht gleichzeitig das letzte sein, daher begrüßte Bernardo ihre Entscheidung mit einem wohlwollenden Lächeln. Warm und herzlich, wie ein friedlicher Bär, strahlte er auch an diesem Abend über den Tisch hinweg und nahm die Wünsche aller Anwesenden auf. Am Ende gab er die Sammelbestellung an die Tochter des Wirts weiter, die sich zur Sicherheit Stift und Zettel zur Hand nahm, denn auch die zweite Runde wurde schon vorbestellt. Insgesamt zeichnete sich für das Nachfolgergetränk eine bunte Mischung ab. Jede von Bernardos Neigungen war bereits vertreten, als sich der Engel seiner ersten Idee und somit der Wahl von Vincent anschloss. »Und zwei große Bier noch«, schloss Bernardo die Bestellung mit den Getränken für sich und seinen Kollegen. Wer die dritte Runde übernahm, war an der Stelle auch schon geklärt. Wenn dies so weiterlief, würden sie sich um den Nachschub keine Sorgen machen müssen. Bernardo war gespannt, wie viel die Kinder vertrugen. Einen Vergleich mit seinen alten Piratentagen erwartete er natürlich nicht. Damals gab es gefühlt zum Frühstück, zum Mittag und zum Abend zwei Buddel Rum; und zwischendurch eine beliebige Anzahl zum Snacken.
Aus seinen Erinnerungen riss ihn schließlich Raphael, der kleine Mann mit der großen Mütze. Er wollte das erste Thema des Abends beginnen, bei dem es sich mehr oder minder um eine Fortführung der gegenseitigen Begrüßung handelte. Dabei stellte er sich selbst als der neue Arzt vor. Der Rest machte es ihm gleich, nannte Namen und Beruf. Diese oberflächlichen Informationen waren grundsätzlich nichts, was Bernardo nicht bereits in der Vergangenheit mitbekommen hatte. Dass Vincent jedoch neben seinem Job als Heimleiter auch Arzt war, stellte die einzige Neuheit dar. Dann hatten sie hier sogar ein kleines Ärztegrüppchen. Außerdem wurde Bernardo jetzt erst bewusst, wie unterbesetzt die Lehrerpartei war. Nahm man Julia raus, da ihr Hauptmetier die Direktion war, war Bernardo der einzige unter ihnen, der sich täglich vor die Schiefertafel stellte.
Bernardo spürte den erwartungsvollen Blick von Jack; auch der Rest wartete nun nur noch auf ihn. »Bernardo Adam Gavri-El, der letzte im Bunde und der erste Lehrer, wenn man Julias Abstecher in ihren Nebenjob wegdenkt. Allerdings kann ich mich auch der Ärztegruppe anschließen. Falls also mal Not am Mann oder der Frau ist, kann gerne auf mich zurückgegriffen werden.« Er nickte ein Mal in die Runde. »Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass meine Berufsgruppe so wenig vertreten ist. Scheinbar sind die Erzieher nun dran, die Macht auf Isola zu übernehmen.« Natürlich scherzte er nur, doch verspürte er auch den Drang, ein Glas in die Hand zu nehmen und zum Prost auf diesen Umstand anzustoßen. Und als hätte der Wirt sein Klagen vernommen, schickte er passgenau seine Tochter mit einem vollen Tablett zu der sechsköpfigen Gruppe hinüber. Mit sicheren Schritten manövrierte sie das kostbare Gut vorbei an zweibeinigen Hindernissen, stellte es schließlich mit leichtem Schwung auf dem Tisch ab, sodass ein Teil der Schaumkrone von Vincents und Bernardos Bier überschwappte. Nacheinander verteilte sie die Getränke, bis jeder seinen Schnaps - und Deirdre ihren Bailey - zusammen mit dem jeweiligen zweiten Getränk vor sich stehen hatte. »Dann fehlt uns ja nur noch unsere hochgeschätzte Organisatorin. Vielleicht möchtest du dann auch gleich die Runde mit einem Prosit beginnen?«
Winterevent-Outfit: Tannengrüner Wollpullover mit hohem Rundkragen, darüber ein rot-schwarzes Holzfäller-Karohemd mit den obersten beiden Knöpfen offen und die Ärmel bis über die Oberarme hochgekrempelt. Braune Holzfällerhose mit dunklem Gürtel und Hosenträgern, die sich am Rücken kreuzen. Schwarze Winterstiefel mit kurzem Schaft. Auf dem Kopf eine tannengrüne Wollmütze mit ein Mal umgekrempelten Rand, sodass die Ohren frei sind. Und zu guter letzt im Gesicht ein rauschiger, schwarzer, kurzer Vollbart. Also voll der Holzfäller-Look.