Betritt man die gewölbte, hölzerne Eingangstüre des Yanega Anwesens, so steht man inmitten eines saaähnlichen Vorraumes, dessen stets gepflegter Boden mit roten Teppichen ausgestattet ist. Direkt neben dem Eingang befindet sich ein Sofa mit einem Beistelltisch - hier können beispielsweise Gäste oder Familie der Bewohner empfangen werden. Die Wände sind sehr hoch und auch die Fenster von großem Ausmaß, weshalb das Innere des Anwesens tagsüber stets von Licht durchflutet wird. Im Osten und Westen des großen Foyers schließen zwei weitere Flügel an. Während man über den Westflügel zu gewissen Räumlichkeiten wie etwa den Speisesaal, der Küche oder zur Heimleitung kommt so würde man über den Ostflügel die eher stilleren Räume wie das Krankenzimmer erreichen können. Im hinteren Bereich des Vestibüls besteht nach wie vor der bauliche Aspekt eines Empfangs, bevor zwei Treppen den Weg nach oben weisen. Womöglich diente das Anwesen in früheren Zeiten als ein Gästehaus. Heute wird die Rezeption nicht mehr genützt, was natürlich nicht bedeutet, dass sich hier nicht hin und wieder Schüler einen Spaß erlauben und Gebühren für den Übergang in den ersten Stock verlangen.
Leicht musste ich schmunzel, als Shiki fragte, ob wir alle hier Erzieher sind. Es war schon ein komischer Zufall, das wir uns alle hier antrafen. Obwohl, so komisch nun auch nicht. Immerhin ist hier der Eingang vom Wohnheim und wir Erzieher wohnen ja auch in diesem Gebäude. Langsam richtete ich mich wieder auf und hörte, wie Jacob mit zögerlichen Worten darum bat, ob jemand die Katze nach draußen bringen könnte. Ich drehte mich etwas zu meinem Kollegen um und bemerkte sein blasses Gesicht. Jacob Chandler, Vampir, Erzieher und Angst vor Katzen also. Interessant. Es brauchte sich jedoch nicht extra jemand darum kümmern, denn der einzige Lehrer in unserer Runde hier, verabschiedete sich auch schon so gleich, weil er in die Schule musste. Darum beneidete ich ihn auf keinen Fall. Zwar hatte er geregelte Arbeitszeiten, alle Feiertage so wie am Wochenende frei aber Jugendlichen etwas beizubringen, was sie zu 95% noch nicht mal interessiert... das wäre auf keinen Fall ein Job für mich. “Dann viel Erfolg und gute Nerven.“ verabschiedete ich mich von Madara und sah zu, wie er den zu dicken Kater auf seine Arme nahm und das Wohnheim wieder verließ. “Jetzt sind nur noch Erzieher da.“ beantwortete ich etwas verspätet die Frage von Shiki, der Jacob und mich Siezte. “Aber ich glaube, da wir Kollegen sind, können wir uns ruhig duzen oder nicht?“ Ich nahm das Kehrblech in die eine und den Besen in die andere Hand, immerhin muss ich die Scherben noch entsorgen. Kurz sah ich mich im Eingangsbereich um, aber natürlich gab es hier keinen Mülleimer. “Also ich würde die Scherbe endlich wegwerfen und dann wäre ich auch schon mit meiner Runde fertig.“ Erklärte ich meinen Kollegen, nachdem Shiki gemeint hatte, das er sich gerne an uns orientieren würde. Dagegen sprach natürlich nichts, immerhin brauchte jeder eine gute Einarbeitung, damit er dann auch seine Arbeit gut machen konnte. “Ich glaube in der Lobby ist der nächste Mülleimer. Falls du Fragen hast, dann ruhig raus damit.“ Ich lächelte den jungen Mann mit der Brille an und ging dann in den nächsten Rau, welcher die Lobby war.
Nun gut. Aufräumen. Darin bin ich gut! Tyrus ist lieb, aber viele Fragen habe ich zur Zeit noch nicht. Ich ließ meinen Blick erst einmal prüfend durch den Raum schweifen. Stimmt, ja. Hier wurde gestern eine Party geschmissen. Tyrus meinte er wäre fast fertig mit seiner Runde, vielleicht sollte ich dann auch noch eine machen. Aber zunächst... Ich schnappte mir einen Putzlappen und Allzweckreiniger aus der Kammer und machte mich auf, in einen anderen Gang. Ich prüfte die wahrscheinlichsten Orte wie das Wohnzimmer, die Küche und das Krankenzimmer und brachte alle sichtbaren Oberflächen zum Strahlen. Dabei entfernte ich auch einige klebrige Reste von denen ich hoffte, dass es verschüttete Getränke von gestern waren. Ich kümmerte mich auch um die Toiletten, die sehr viel sauberer waren als erwartet! Ab und zu fragte ich mich wieso, schließlich bin ich kein Hausmeister oder ein Putzmann. In anderen Momenten fragte ich mich darf ich das überhaupt? Ich war das erste mal in meinem Leben auf dem Mädchenklo und es war unterwältigend. Die Gerüchte, das es sauberer als das der Jungs wäre stimmte zwar, aber es gab keine versteckten Geheimnisse oder so. Ich erinnerte mich an Shiina und wie sie damals aus Versehen zu mir und Batou ins Bad geplatzt war. Die Ausstattung ist die selbe, es ist also eigentlich kein Wunder dass sie es nie bemerkt hat. Wenn ich mich unbeobachtet fühlte sang ich leise vor mich hin und meine Nervosität ging irgendwo auf dem Weg verloren. Es ging recht schnell, dass ich mich selbstsicher und wie Zuhause fühlte, ich hatte beinahe wieder Lust, hier einzuziehen. Währenddessen dachte ich über die drei Männer von eben nach und mir stellten sich einige Fragen. Ich bin neugierig und als es schwieriger wurde, neue Aufgaben zu finden, suchte ich nach Tyrus.
Sonderlich viel bekam Jacob von dem Gespräch zwischen Tyrus und dem andern Mann nicht mit. Zu sehr war er damit beschäftigt gewesen, nicht vollkommen durchzudrehen und ließ den Vierbeiner nicht eine Sekunde lang aus den Augen. Erst als der adipöse Kater mit seinem Herrchen aus dem Sichtfeld des Vampirs verschwunden war und sie auch keine Anstalten machten wieder umzudrehen, beruhigte sich sein Puls allmählich. Die Erleichterung war ihm geradezu ins Gesicht geschrieben, doch waren seine zwei Kollegen so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie das wahrscheinlich überhaupt nicht mitbekommen haben. Und da es auf ihn im Moment nicht grade den Eindruck machte, er müsste dort mitmischen, atmete er noch einmal tief durch. Hatte er es eben richtig mitbekommen, dass Haustiere im Wohnheim verboten waren? Wenn Jake sich recht erinnerte, stand das sogar in der Hausordnung. Seltsam also, dass der junge Mann das nicht gewusst hatte. Doch vielleicht war er ja auch ganz neu hier, das wusste er ja nicht. Immerhin hatte er von der Unterhaltung der drei ja auch nicht viel mitbekommen, war darüber allerdings auch nicht wirklich traurig. Denn viel verpasst hatte er offensichtlich nicht.
Nachdem die ängstliche Blässe aus dem Gesicht des Vampirs verschwunden war, steckte er die noch immer leicht zitternden Hände in die Hosentaschen und ging wieder ein paar Schritte auf seine zwei Kollegen zu. Um die Unterhaltung der beiden nicht zu unterbrechen lauschte er erst einmal aufmerksam und sah Shiki anschließend kurz nach, als dieser sich auf die Suche nach Arbeit begab. Auch Tyrus wollte erst einmal zu Ende bringen, was er begonnen hatte – die Scherben aufräumen. Also waren alle erst einmal beschäftigt, mit Ausnahme von ihm. Mit einem Blick auf die Wanduhr vergewisserte sich Jacob kurz, dass er noch genug Zeit hatte, bevor die Kinder Schulschluss haben. Ob auch einige zur Mittagspause zurück ins Wohnheim kamen? Doch war das eher unwahrscheinlich, immerhin hatten sie nach dem Essen nicht mehr ganz so viel Zeit, sodass sich der Weg nicht lohnen würde. Jake wusste nicht so recht, was er anderes bis zum Eintreffen der Kinder anstellen könnte. Er hatte noch nie besonders viel Freizeit, wusste also auch nicht so recht, wie er diese nutzen sollte. Oder sollte er sich, wie die beiden anderen, auch noch etwas Arbeit suchen? Der Partykeller hatte sich sicherlich nicht von alleine Aufgeräumt und er zweifelte stark daran, dass die Kinder das am Morgen schon erledigt hatten. Und ob sie das nach einem langen Schultag noch erledigen würden, war fraglich. Von Reinigungskräften hatte er auch noch nichts mitbekommen… also blieb diese Arbeit wohl wirklich an den Erziehern hängen.
Mit einem neuen Ziel vor Augen ging der Vampir los – stockte allerdings in der Bewegung, als ihm bewusst wurde, dass er überhaupt nichts zum Aufräumen hatte. Wo bekam er hier im Wohnheim denn einen Eimer, Putzzeug und einen Lappen her? Etwas ratlos grübelte er einige Momente, ehe ihm wieder einfiel, dass sich Tyrus auf den Weg in die Lobby gemacht hatte. Vielleicht wusste er ja Bescheid? Und vielleicht hatte sein neuer Kollege ja sogar Lust, ihm dabei zu helfen. Wobei die Lust beim Aufräumen von Partyresten ja immer relativ war.
Den Weg den Yuu und ich zurücklegten bekam ich gar nicht wirklich mit. Die Sonne schien immer noch hoch oben am Himmel und wir nahmen wieder den Weg durch die Stadt, ließen die ganzen beschäftigten Leute auf dem Markt und in den Einkaufsstraßen hinter uns und gingen den Weg am Strand entlang zurück. Weder Yuu noch ich sagte großartig etwas und somit kam mir der Weg noch viel länger vor, als er eigentlich war. Als wir dann aber im Wohnheim waren, fühlte es sich wiederum so an, als wären wir eben erst losgelaufen. Zeitgefühl war schon etwas Eigenartiges. Leise seufzte ich, als wir im Foyer zum Stehen kamen. “Was hast du jetzt noch vor, Yuu?“ Ich sah ihn an und fragte mich, wie seine ersten Nächte hier waren. Hatte er gut geschlafen? Konnte er überhaupt einschlafen? Hatte er Albträume? Hätte er mir nur davon eher erzählt, dann hätten wir die Nächte zusammen verbringen können. Nicht, dass das hier erlaubt sei. Jeder Schüler hatte sich in seinem Zimmer aufzuhalten, sobald die Nachtruhe beginnt und vor allem durften Mädchen und Jungen nicht zusammen im selben Zimmer übernachten. Eigentlich war ich begeistert von Regeln und Vorschriften, aber für Yuu hätte ich mich über diese Verbote hinweggesetzt und es drauf ankommen lassen. Wir hatten oft genug zusammen in einem Bett geschlafen, das wäre für mich kein Problem gewesen. “Welche Zimmernummer hast du? Vielleicht liegen unsere Zimmer ja gar nicht so weit auseinander, dann könnte ich dich ja immer zum Unterricht abholen, so wie früher.“ Ich versuchte ihn anzulächeln und wieder eine Verbindung aufzubauen, doch irgendwie wusste ich, dass da am Friedhof etwas passiert war, was nicht mehr zu retten war.
Mit schnellen Schritten hatte ich die prachtvolle Lobby verlassen und befand mich nun wieder im Eingangsbereich des Wohnheims. Sofort entdeckte ich auch schon die beiden Schüler, welche so eben durch die große Holztür getreten sind. Ich erkannte das Mädchen mit den feuerroten Haaren sofort. Ruby Fire, 17 Jahre, Tiermensch, lebt seit dem sie zwei Jahre ist hier auf der Insel. Den Jungen neben ihr kannte ich auch, obwohl er mir nicht ganz so bekannt war, doch das wichtigste wusste ich auch über ihn. Yuu Osaka, 17 Jahre, Gestaltenwandler, seine Eltern sind beim letzten Angriff der Werwölfe ums Leben gekommen und auch seine Großmutter ist verstorben. Kurz beobachtete ich die Szene zwischen den beiden Schülern und merkte, dass diese etwas angespannt war. Trotzdem ließ ich mich von meinem vorhaben nicht abhalten, sondern ging auf die beiden zu. “Ruby, Yuu. Wie war die Schule? Hattet ihr nicht schon vor mehreren Stunden Schulschluss? Was habt ihr denn so lange noch getrieben?“ Es war nur Geplänkel von mir, um nicht gleich mit dem Haus in die Tür fallen... oder wie auch immer diese Redewendung noch mal ging. Ich lächelte beide freundlich an. Ich wartete die Antworten von beiden ab und redete dann ohne Umschweifen weiter. “Aha, mhm. Also dann, der Partykeller müsste sauber gemacht werden.“ Und da ich mir denken konnte, was zu mindestens einer der beiden gleich sagen würde, ließ ich ihn gar keine Luft um zu widersprechen. “Ja, es ist mir egal, ob ihr letzte Nacht dort wart oder in Timbuktu, weil mir zu hundert Prozent alle versprechen würden, dass sie mit der Party nichts zu tun hatten. Aber irgendwer muss dort unten aufräumen und ich werde das auf keinen Fall machen.“ Auf meinen Lippen lag weiterhin ein Lächeln. Bei dem einen Bewohner war ich beliebt, der anderen mochte mich nicht. So war das nun mal. “Und da ihr die beiden ersten seid, die von der Schule wieder da sind, fällt das los auf euch. Zu mindestens bis die nächsten kommen. Die können euch dann ablösen.“ Meine Stimme klang zwar freundlich und auch meine Gestik und Mimik strahlte nichts Böses aus, doch war ich mir recht sicher, dass klar war, dass ich keine Ausrede oder Widerrede akzeptieren würde.
Als die beiden Jugendlichen ins Wohnheim traten, bekam auch Rubys Gesicht wieder Farbe. Er musterte verstohlen die Rothaarige, als diese sich wieder an den Jungen wandte. Er zuckte mit den Schultern. "Wer weiß? Streiche spielen, Wände anmalen, Hausaufgaben zerreißen oder vielleicht ein Mädchen..abschleppen?" Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. Er war das elendige Spiel leid immer und immer wieder seine Gefühle zu verstecken. Sie sollte wissen, dass Er wütend war. Sie hatte es eben vermasselt. Doch ehe er die Worte ausgesprochen hatte, bereute er sie, denn auf ihrer Stirn erschienen die bekannten Sorgenfalten. Sie legte sie oft auf, wenn sie eine Aufgabe nicht lösen konnte oder etwas nicht nach Plan verlief. Schon immer hatte Sie diese Fältchen, die so liebevoll ihr Gesicht umrahmten, dass es schon eine Gewohnheit war. Wieder stellte sie eine Frage. Er biss sich auf die Lippe. Im Grunde wusste er nämlich seine Zimmernummer nicht. Er hatte vorige Nacht nicht darauf geachtet und war einfach als Fennek wieder aus dem Zimmer verschwunden, bevor Lyall oder Cyril etwas davon mitbekamen. Er wollte jeder Konversation aus dem Weg gehen, denn immerhin waren Ruby und Levi nun die Einzigen welche wussten, dass Yuu nun im Wohnheim wohnte. Dies brachte so einige Vorteile mit sich. Doch gerade, als Yuu antworten wollte, kam einer der Erzieher auf die Schüler zu. Er kannte nur einen flüchtigen Namen. Tyrus..Tyrian? Tyrann? Verwirrt über sein Auftreten, drehte sich Yuu von seiner Begleitung weg und sah den Erzieher an. Er war genauso groß wie Yuu, nur das Alter trennen die Welten der beiden Männer. Natürlich war sein erster Instinkt nach der Schule zu fragen. "Gut." Yuus Antwort wirkte wieder einmal knapp und auf den Punkt gebracht. Er hatte wenig Interesse daran, mehrere Beziehungen aufzubauen. Egal ob Freundschaftlich oder Liebestechnisch. Er sah zweifelnd den Erzieher an und war gespannt darauf, was der junge Mann von den Kindern wollte.
Augen rollend sah er von Tyrus zu Ruby. Irgendwie hatte Yuu nun erwartet, seine Ruhe vor Ruby zu haben, seine Gefühle zu ordnen und etwas zu verprügeln, doch anscheinend hatte das Schicksal etwas anderes mit Ihm vor. Yuu zuckte die Schulter. "Yo, der Dachboden war im Vergleich zum Partykeller gemütlicher." Er ging an Tyrus vorbei. Er verstand nicht wieso man Beide etwas machen ließ, woran sie nicht mal beteiligt waren. Aber er würde auch nicht aufmucken und den Anweisungen befolgen, auch wenn er eigentlich gar keine Lust dazu hatte. Also schlug er einfach so den Weg zum Partykeller ein und ließ den Möchtegern-Erzieher und Ruby im Foyer des Wohnheimes stehen. Schicksal - er hasste es.
Okay, Yuu war eindeutig wütend auf mich, alleine schon seine Antwort auf meine Frage. Mädchen abschleppen...? Die Vorstellung, das er irgendwelche Mädchen anmachen würde störte mich auf so viele Ebenen, dass ich gar nicht genau sagen konnte, was mir daran so falsch vorkam. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, ob Yuu auf Dates geht oder ob er mit Mädchen rummacht, dabei sind wir beide schon lange in dem Alter, in dem so etwas vollkommen normal wäre. Trotzdem verzichtete ich auf solche Dinge. Viel lieber verbrachte ich meine Zeit damit meine Nase in unzählige Bücher zu stecken und für den nächsten Unterricht zu lernen, außerdem wollte ich nach meinem Schulabschluss nicht auf der Insel bleiben, deswegen würde es sich nicht lohnen, ernsthafte Beziehungen einzugehen. Doch wie mein bester Freund zu diesem Thema stand wusste ich ehrlich gesagt nicht, dafür hatten wir uns in den letzten Jahren viel zu sehr auseinander gelebt. Er war immerhin attraktiv, das war mir schon öfters aufgefallen, die Frauen werde ihm bestimmt nicht abgeneigt sein. Seine Worte wurden von einem starken Sarkasmus unterstrichen und somit wusste ich wirklich nicht, wie ernst er es meinte. “Okay,... klingt nach einer Menge Spaß.“ Was hätte ich auch sonst sagen sollen? Ich wusste nicht, was hier gerade vor sich ging und schon kam noch jemand um die Ecke und sprach uns. Überrascht wandte ich meinen Blick von Yuu ab und sah zu Tyrus, einen unserer Erzieher. Bisher hatte ich eher weniger mit ihm zu tun, da er auch noch gar nicht so lange hier im Wohnheim arbeitet. Er fragte uns, wie die Schule war und wir beide antwortete nur knapp und gleich darauf verdonnerte er uns schon zum Aufräumen des Partykellers. “Alles klar, machen wir.“ Noch nie hatte ich einem Erzieher oder einem Lehrer widersprochen, wenn sie mir eine Aufgabe zuteilten. Das lag einfach nicht meiner Natur, dafür wollte ich viel zu sehr einen guten Eindruck und Beziehung zu diesen Leuten haben. Yuus Antwort viel etwas gereizter aus und so gingen wir zusammen in den Partykeller.
Cf: Stadt | Innenstadt | Yashidori | Yasumi-Klinik Viel hatte Vivian mit ihrer Eskorte nicht mehr besprochen, nachdem die Beiden vom Krankenhaus aus losmarschiert waren. Auf Schritt und Tritt folgte sie ihrem Führer zuerst durch die Innenstadt und letzten Endes bis zur Bushaltestelle. Da Isola keine Metropole der Welt war, verbrachten sie dort auch eine gute halbe Stunde…wortlos. Etwas komisch, da er doch so kommunikativ gewesen war, aber vielleicht war das einfach seine Art. Nicht, das es Vivian störte, sie verlor sich gerne in den umliegenden Baumwipfeln, dem Geräusch der Blätter im Wind und den Vögeln, welche hier beheimatet waren. Es war wieder schön ruhig geworden und das freute die Engelin ungemein. Dann vernahm sie in der ferne schon ein leises - wirklich kaum hörbares – Brummen. „Der Bus wird gleich eintreffen.", gab sie nur eine kurze Statusmeldung zu ihrem Begleiter ab und lächelte dabei freundlich. Ihre Augen hatten schon längst die Straße im Visier, wo erst nach einer Minute ein Dach zu sehen war. Erst danach kam eine breite Windschutzscheibe zum Vorschein. Die Blondine erinnerte sich noch gut an die Beschaffenheit. Ein festes Glas, nicht zum Durschlagen, splittert nicht sondern kriegt nur Risse dank einer speziellen Verarbeitung und einer Folienschicht. Aber das war ein Thema für später.
Als Vivian den Bus betrat, grüßte sie den Busfahrer in ihrer netten Manier und einem leichten Kopfnicken. Danach begab sie sich Zielstrebig an die mittlere Seitentür und nahm dort Platz. Im Ernstfall waren so alle Bereiche im Bus schnell zu erreichen. Ein wichtiger Aspekt, wenn es zu Unfällen oder Angriffen kam. Es gab einem Zeit, zu reagieren. Plus, sie konnte die Lage relativ leicht überblicken. Das war aber nur ein kleines Detail und ein relativ normaler Standard für die Blondine. Dennoch, viele Leute saßen nicht auf den Sitzbänken des Gefährts und es wurden weniger, je näher sie dem Wohnheim kamen. Sehr schön, dass bereits die Busrouten geändert wurden. Jetzt wusste Vivian wenigstens gleich, wie sie wieder zurück in die Stadt kam. Für die Schule musste sie sich wohl oder übel durchfragen. Die Erzieher, da war sich die junge Dame sicher, würden ihr dabei aber sicherlich helfen. Die Landschaft, welche am Busfenster vorbeizog, schaffte es die Engelin zu faszinieren. Sie bewegten sich in einen sehr Naturnahen Beriech der Insel, was sie als sehr positiv empfand. Das neue Wohnheim schien eine gute Lage zu haben. Sie zeigte es nicht nach außen, aber je mehr Natur sie sah, umso gespannter war sie und ein kleines Lächeln platzierte sich auf den Lippen der Schülerin.
Als der Bus am Wohnheim halt machte, stieg Vivian schon fast besonnen und vorsichtig mit ihrem Koffer aus. Fasziniert schaute sie auf die sehr grüne Einfahrt, welche mit Pflanzen dekoriert war und wie ein Vorgarten wirkte. Dahinter erstreckte sich das Anwesen. Sie würde sich mit den Räumlichkeiten vertraut machen müssen, so viel stand fest. Es war wichtig seine Umgebung zu kennen. Als sie sich jedoch umschaute, war ihr Begleiter vorerst Verschwunden. „Herr Iseya?“, fragte sie in ihrer sanften Stimme und schaute sich in beide Richtungen um. Nichts. Etwas verwirrt schaute sie sich noch einmal um, setzte sich dann aber in Bewegung um das Parterre zu erreichen. Die Luft war frischer als beim alten Waisenhaus, was vermutlich an den Wäldern und der fehlenden Strandnähe lag. Das Gebäude spielte sicherlich auch nicht gerade wenig mit hinein. Trotzdem fühlten sich die ersten Schritte in den Eingangsbereich sehr befreiend an. So befreiend, das sie ihren Koffer erst einmal leise und sorgfältig – damit der Boden nicht beschädigt wurde – abstellte und alles genau betrachtete. Als würde sie das Haus kaufen wollen stand sie dort mit übereinander gefalteten Händen und ließ ihre blauen Augen umherwandern. Hier und dort hörte sie auch Schritte, aber noch hatte sie keinen des Personals - geschweige denn einen Schüler gesehen. Wo wohl ihr neues Zimmer war? Sie musste es nun wohl oder übel suchen, da kam sie nicht dran vorbei…
In Gedanken versunken ging Itsu den grünen und mit Pflanzen dekorierten Weg entlang Richtung Wohnheim. Die Frage was ihm dort wohl erwartete hinterließ ein breites Grinsen auf sein Gesicht. "Ob es hier auch andere Drachen wie mich gibt?" Er musste kurz stehen bleiben und schaute in den Himmel hinauf. Keine Flugwesen in Sicht oder in einer Gewissenweise zu spüren. Während er diese Gedanken immer weiter ausführte und die frische Luft die ihn umströmte genießte merkte er nicht das er schon lange an der Eingangstür angekommen war und rasselte mit einem dumpfen Geräusch genau gegen diese. "Oh ich bin ja schon da." sagte er zu sich selber und musste lachen. Es war ein herzhaftes Lachen und noch während er sich die Nase rieb, die er sich beim Zusammenstoß mit der Tür anstieß, öffnete er die Tür.
Doch statt, wie er selber erwartete, ein Foyer vorzufinden erblickte er eine Person vor sich. Wunderschöne Blonde Haare und den Rücken zu ihm gerichtet. "Oh hallo..., grüßte er, doch noch bevor er einen weiteren Satz rausbringen konnte setze sich eine Polle auf seine Nase und er musste niesen. Es bildete sich eine kleine Wolke Pulverschnee. Er rieb sich seine Nase während er seine Augen noch geschlossen hatte. "Ich entschuldige...", sagte er und lachte leise. "Das hat vielleicht gekitzelt." Mit diesen Worten stellte er seinen Koffer vorsichtig ab.
Auch wenn Vivian eine sehr anspruchslos junge Dame sein kann, was Beschäftigung und Unterhaltung angeht, so ist auch sie irgendwann des Betrachtens und Lauschens Überdrüssig. Dementsprechend neigte sich ihr Kopf zur linken, dann zur rechten Seite um eventuell doch einen Erzieher zu erwischen, welcher ihr bei der Zimmersuche weiterhelfen konnte. Aber immer noch war keine Seele irgendwo zu erspähen, bis… Ihre Ohren vernahmen Geräusche von hinten. Langsame Schritte, nicht gerade schwer, aber langsamer als in einem normalen Zustand. Das konnte auf Gepäck hindeuten, eventuell einen Koffer. Noch drehte sich Vivian aber nicht um, sie erwartete eigentlich jeden Moment ein Gesicht links oder Rechts von sich zu sehen, da man bei einer Begrüßung ja immer das Gesicht der anderen Person aufsuchte. Stattdessen unterbrach ein lauter Klang die Luft und deutete auf ein Niesen hin. Erst jetzt drehte sich die Engelin langsam zu besagter Person um, die gerade ihren Koffer abstellte. Rest von Schnee blieben auch nicht gerade unbemerkt. „Gesundheit.“, kam es vor jeglicher Begrüßung zwischen ihren Lippen hervor. Gleichzeitig musterten ihre blauen Augen den jungen Mann vor sich, während sie ein freundliches Lächeln präsentierte. Er wirkte auf den ersten Blick normal, aber gesehen hatte sie ihn noch nie. Ein Neuzugang vielleicht. Ja, das konnte möglich sein. Etwas anderes blieb aber auch nicht übrig. Im Krankenhaus hatte sie in jedenfalls nicht gesehen. „Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, ich hoffe sie haben sich auf dem Weg hierher nicht erkältet.“, holte sie nun einfach die Begrüßung nach und eine kleine Verbeugung ging von statten. Der Schnee an sich wurde aber nicht thematisiert. Nur sprach Vivian niemanden direkt auf so etwas an. Sie hatte gelernt das manche Leute es als Angriff empfanden, wenn sie danach gefragt wurden. Also behielt sie sich das für eine Situation vor, wenn die Bekanntschaft gefestigter war; oder es sich einfach gerade Anbot. Hier war aber weder das eine, noch das andere gegeben. „Mein Name ist Vivian Edwards, sehr erfreut ihre Bekanntschaft zu machen.“, setzte sie gleich dahinter an und Lächelte leicht. Diese Formalen und durchaus aus der Mode gekommenen Begrüßungen waren nicht zuletzt ein Teil ihrer Schwierigkeit mit dem sozialen Miteinander klar zu kommen. Doch sie arbeitete an sich, sehr fleißig sogar. Mir Arata schaffte sie ja mittlerweile einen einigermaßen guten Umgang zu pflegen. Aus ihrer Sicht gesehen natürlich. Jetzt waren es in jedem Falle schon einmal zwei Personen, welche ihr Zimmer suchten. Auch wenn sie wohl gerade den Eindruck eines Erziehers erwecken könnte. Das konnte doch nun wirklich keiner mehr so leicht ignorieren…oder?