Das Zimmer ist auf der Fensterseite mit zwei Betten an der linken und rechten Wand, den dazugehörigen Nachtkästchen und einem kleinen Regal, das von beiden Mitbewohnern benützt werden darf, ausgestattet. Auf der Türseite befinden sich zwei Schreibtische mit Lampen und ein Kleiderschrank, um die Klamotten der Schüler aufzubewahren. An besonders heissen Tagen sorgt die im Zimmer eingebaute Klimaanlage für ausreichend Abkühlung. Die kürzlich neu gestrichenen, weissen Wände lassen den Raum besonders freundlich wirken.
Ich schaute ihn an, als er fröhlich "Yay!" rief. Es schien ihn zu freuen. Aber deswegen musste er doch nicht gleich so einen Aufruhr veranstalten. Ich seufzte kurz. Er war schon eine Klasse für sich, irgendwie. Auf meinen Kommentar von wegen "mit mir sehen lassen" ging er auch ein. Er verneinte es. Jedoch bezweifelte ich die Ernsthaftigkeit dieser Aussage. Nein, ich konnte nicht glauben dass es ihm nichts ausmachte. So ist es wahrscheinlich besser zu verstehen. Auf jeden Fall lachte er. War wohl eine echte Frohnatur. Naja, sollte mir Recht sein. Ich hielt mich wie immer neutral. Meine Gesichtsmuskeln bewegten sich keinen Zentimeter. Doch dann schwang er sich von seinem Bett und stand auf, sprang ein paar Mal herum und hielt mir dann seine Hand als Hilfe zum Aufstehen hin. Wieder lachte er. Ich erwartete jetzt eigentlich eine Ansage wo wir hingehen würden. Doch was er sagte sollte mir schnell sagen, dass er es selbst nicht wusste. Klasse! Ich stand auf ohne die Hand zu nehmen und schaute ihn an. Woher sollte ich denn wissen wo wir hingehen sollten? Ich seufzte ein weiteres Mal. Ich dachte nach. Wo könnte man jetzt hingehen. Dann kam mir eine Idee. Ich erinnerte mich daran, dass sich nicht weit vom Waisenhaus ein Stück Strand befand. Ich hatte jetzt keine Lust noch weiteren Leuten über den Weg zu laufen. Deswegen schien das eine doch sehr gut geeignete Idee zu sein. Es sei denn, die anderen gingen morgens auch gerne zum Strand. "Wie wäre es mit dem Strand? Also dem hier direkt in der Nähe des Waisenhauses?", fragte ich ihn daraufhin etwas Planlos. "Ich meine, du kannst genauso gut etwas vorschlagen.".
Sie lachte nicht. Ihre Mundwinkel bewegten sich kein Stück. Eine harte Nuss. Naja, soll mir recht sein. Als sie den Strand ansprach fingen meine Augen an zu funkeln.Ich war zwar gestern schon am Meer aber ich liebe es so sehr, ich könnte jeden Tag dahin und es würde mir nie langweilig! Wie lange es wohl dauert, bis das Meer und die Strände für mich normal geworden sind? Ich grinste und zeigte ihr einen Daumen hoch. "Klingt toll! Ich liebe das Meer!" sagte ich rasch und lief zur Tür. Ich lies sie zum Schluss gehen. Nicht sehr Gentleman-like aber es war mir egal. Ich legte nie großen Wert auf solche Dinge. Man sollte Spaß haben und sich nicht nur auf Zwänge und unnötige Redewendungen versteifen.
Ich stand eine Weile vor ihm. Er schien sich jetzt noch mehr zu freuen. Dann machte er die Daumen hoch Geste und sagte dass er das Meer liebte. Tja, damit wäre das Reiseziel wohl endgültig festgelegt. "Na gut. Wenn du das Meer liebst. Dann ist es wohl so besiegelt.", sagte ich und schaute ihm zu wie er zur Tür sprintete. Er war wie jemand mit Hummeln im Hintern. Konnte wohl nie still sitzen. Aber das war nur so eine Momentane Feststellung von mir. Ich folgte ihm langsam. Eigentlich hätte mich jeder als totale Spaßbremse angesehen. Was ich sehr gut nachvollziehen konnte. Er anscheinend nicht. Naja, das wird schon noch passieren. Ich verließ das Zimmer und machte die Tür hinter mir zu. "Na denn. Auf zum Strand.", sagte ich noch und folgte ihm den Weg zum Strand nahe des Waisenhauses. Ich betete, dass niemand jetzt am Strand war. Wie vorhin schon, wollte ich keine Gesellschaft.
Als wie auf die Tür zu liefen fiel mir etwas auf. Es stand nur noch mein Name an der Tür. Ist also mein Zimmergenosse wirklich schon wieder weg? Und das, wo ich ihn doch nie kennen lernen durfte. Ich sagte aber nichts und schloss die Tür auf. Unverändert lag mein Zimmer da und ich ging hinein, mich streckend. Ich werde mich wohl nie wirklich daran gewöhnen, dass dieses einzelne Zimmer mein Zuhause ist... Ich setzte mich wieder auf mein Bett und lächelte herüber zu Kitsune. Die Fotos und alte Songtexte lagen noch immer verstreut auf meinem Bett und ich begann, sie langsam einzusammeln. "Du kannst mir gern noch Gesellschaft leisten, bis der Unterricht beginnt." meinte ich dann ohne sie anzugucken, während ich alles in die Mappe stopfte, aus der es kam. Dann lächelte ich zu ihr. "Das würde mich freuen." Ich schmiss die Mappe neben meine Gitarre, die am Bettende stand und seufzte. Ich frag mich, ob sie Musik mag? Acoustic, mit poppigen Noten. Alle Lieder, die in meinem Notizbuch stehen, habe ich selbst geschrieben. Die alten, von vor meinem Unfall sind aber besser als die neuen. Ich musste gähnen und rieb meine Augen. Der Geruch des Bettbezuges, machte mich so schläfrig... Kitsune ist sicher schön weich und warm... Moment mal! Bei den Göttern, für diesen Gedanken sollte ich mich selbst Ohrfeigen!
Ich folgte Shiki bis zu seinem Zimmer zurück. Naja, ein kleiner Ausflug zum Strand. War ja ganz nett. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde das es mir nicht gefallen hat. Ich trat mit ihm ein, er streckte sich kurz und begann dann die Sachen auf seinem Bett zu verräumen er sammelte alles zusammen und packte es in eine Mappe. In dieser Mappe war ja auch das Klassenfoto gewesen, ich wunderte mich, was dort sonst so alles drin war. Ich persönlich blieb erstmal im Raum stehen und wartete bis er seine aufräum-Aktion beendet hatte. Er meinte dass ich ihm gerne noch Gesellschaft leisten könnte. Ich hatte bis zum Unterricht ja sowieso nichts zu tun. Abgesehen davon, fand ich seine Gesellschaft irgendwie beruhigend. Jedoch war ich immer noch unschlüssig darüber, ob ich wirklich bleiben sollte. Um ehrlich zu sein, fragte ich mich ob ich ihm nicht langsam ein wenig zu lästig wurde. Doch in diesem Moment sagte er, dass es ihn freuen würde, wenn ich bleibe. Ich nickte. "Gut", sagte ich und setzte mich dann neben ihm aufs Bett. Er schmiss inzwischen eine Mappe ans andere Bettende. War das eine Gitarre? Achja! Er war ja in einer Band gewesen. Also konnte er doch Gitarre spielen, oder? Ich schaute ihn an, er gähnte, ich deutete mit meinem Finger auf die Gitarre. "Du kannst Gitarre spielen?", fragte ich etwas neugierig. Ich hatte ihm bei dem Konzert nicht mehr wirklich in Erinnerung gehabt. Weswegen ich unbedingt mal etwas davon hören wollte. Jedoch war meine Frage ja keine direkte Aufforderung, dass er mir mal etwas vorspielen sollte wenn er mochte. Deswegen setzte ich nochmal nach. "Kannst du mir mal etwas vorspielen? Ich hab leider nie so wirklich viel mit Musik zu tun gehabt. Dennoch würde ich es gerne hören.". Nach diesem Satz lächelte ich wieder. War wohl so etwas wie meine Wunderwaffe. Zumindest kam es mir so vor. Abgesehen davon, was sollten wir machen, wenn er nichts vorspielen würde? Ich hatte da keine Idee. Zumindest keine Vernünftige. Aber jetzt hieß es erstmal ruhig sein und warten bis er ablehnte, oder zustimmte.
Sie blieb und setzte sich zu mir. Ich lächelte fröhlich, nur was jetzt? Irgendwie hatten wir uns nichts mehr zu erzählen. Dabei wissen wir so gut wie gar nichts übereinander. War das etwas Gutes? Ja, vielleicht... Dann fragte sie mich, ob ich Gitarre spielen könnte. Ich wusste, was sich anbahnt, deswegen freute ich mich sichtlich. "Natürlich! Allerdings nur mittemäßig..." Ich stand auf und ging rüber zu ihr. Ich hatte gestern garnicht gespielt, fiel mir auf. "Deswegen hab ich wahrscheinlich nie auf der Bühne gespielt." Wir haben es ja beide in ihren Erinnerungen gesehen. Ich freute mich noch mehr als sie mich direkt fragte etwas zu spielen und nickte. "Gern! Warte kurz!" Ich nahm sie auf und hing den Gurt über meine Schulter, dann setzte ich mich wieder neben Kitsune. Auch wenn meine Gitarrenkünste nicht sehr überwältigend war, war ich doch sehr überzeugt von meiner Stimme. Schließlich ist sie mein Lebensinhalt. Ich räusperte mich. "Vielleicht kommt dir das Lied bekannt vor." Es ist nämlich eines meiner Lieblingslieder, die vor meinem Unfall geschrieben wurden. Vielleicht sind wir damit irgendwo aufgetreten. Dann spielte ich los - konzentriert und lächelnd.
Yuudachi no Ribbon:
Langsam senkte ich meine Hand und sah zu Kitsune. Hat es ihr gefallen? Oder nicht? Ich liebe es vor Menschen zu singen.
Auf dem Bett sitzend wartete ich, bis er mir eine Antwort gab. Er erklärte sich bereit mir etwas vorzuspielen. Gespannt saß ich dort. Ich antwortete ihm nicht mehr, sondern ließ ihn einfach mal sein Ding machen. Dann, holte er seine Gitarre. Er erwähnte noch, das mir das Lied was er jetzt spielte, sehr bekannt vorkommen könnte. Ich jedoch bezweifelte, dass es genau so wäre, hatte ich doch sehr wenig von seinen Liedern gehört. Ich selbst war doch nur einmal auf einem Konzert von ihm gewesen. Ich schaute ihn an als er die Seiten der Gitarre eine nach dem anderen in Schwingung versetzte und alles zu einer sehr schönen Melodie verschmolz. Es hörte sich schön an. Sehr schön. Weswegen ich bei der Hälfte des Liedes anfing, leise mit zu summen und gleichzeitig zu Lächeln. Aber er spielte ja nicht nur. Er sang auch noch. Womit ich am Anfang nicht gerechnet hatte. Die Melodie der Gitarre hatte mir schon gereicht. Als er das Lied beendet hatte, klatschte ich sanft in die Hände. "Das klang sehr schön.", sagte ich fröhlich zu ihm. "Es ist kein Lied das ich kenne, aber ich muss sagen, dass ich es wohl nicht so schnell wieder vergessen werde.". Mit den Worten lächelte ich noch mehr. Die Melodie ging mir immer noch durch den Kopf. Ein sehr schöner Klang. Es war wie ein verdammter Ohrwurm. Ich bekam es einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich legte beide Hände von mir in den Schoß, dann ließ ich meinen Blick in einem Halbkreis durch den Raum wandern, erst als ich wieder Shiki in meinem Blickfeld hatte, stoppte ich. "Es ist ein ziemlicher Ohrwurm.", gab ich ganz ehrlich zu. "Ich habe mich nie wirklich für Musik interessiert, wie ich zugeben muss. Nur ein paar Songs hab ich bis jetzt als für mich "schön" empfinden können.". Ich schaute etwas gekränkt auf den Boden. Ich wusste ja nicht, ob ihn das in irgendeiner Form verletzt hatte. "Dieser Song gehört aber definitiv jetzt auch dazu.". Ich schaute ihn wieder an und blieb in meiner starren Haltung sitzen. Das Problem von vorhin bahnte sich an. Über was sollten wir reden? Ich wusste es nicht. Vielleicht warf er ja etwas in den Raum, was die ganze Atmosphäre wieder auffrischte.
Es schien ihr gefallen zu haben. Es freute mich, denn normalerweise können die meisten meinen Geschmack in Sachen Musik nicht leiden. Wer weiß? Vielleicht stammt der Song ja auch nicht aus meiner Feder! Ich stellte meine Gitarre weg und lauschte dem, was sie zu sagen hatte. Ich lächelte durchgängig. "Das freut mich wirklich." meinte ich mit einem Lächeln zu ihr und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand. Das hätten wir, was nun? Ich hätte da eine Idee. Aber... Hm... Ja. Oder? ...nein! Oder... doch? Ich überlegte kurz und blickte sie dann ernst an. "Kitsu! Lass es uns tun!" Es wird Zeit, ich hätte es gleich tun sollen. Ich setzte mich nahe neben sie und kam allmählich mit meinem Gesicht näher. "Bist du bereit? Es könnte etwas weh tun..." Natürlich bin ich angespannt. Es ist das erste Mal, das ich so etwas mit einem anderen Menschen mache. Ich lächelte nun, um sie nicht weiter zu verunsichern. "Ich werd' mich anstrengen."
Still saß ich dann neben ihm. Irgendwie war es gehörig still geworden. Doch dann kam etwas, was mich total aus der Fassung brachte. Er schaute mich ernst an. Schön und gut. Aber warum schaute er auf einmal so ernst? Hatte ich etwas falsches gesagt? Oder ihn auf irgendeine Weise verärgert? Ich hoffte ja nicht. Und dann sagte er es. Die Worte, die mich total aus der Fassung brachten. "Kitsune lasse es uns tun.". Ich schaute ihn komplett entgeistert an. "Wie bitte?!", antwortete ich nur entsetzt auf seine Aussage. Was er da jetzt tat war mir ganz und gar nicht geheuer. "Ehhhh?!.", erwiderte ich nur voller Verwirrung ich wusste in diesem Moment nicht, was ich denken sollte. Was zur Hölle? War das sein ernst? Es könnte etwas wehtun? Mir gefiel nicht worauf er hinaus wollte. Überhaupt nicht. Wusste er überhaupt was er da sagte? Wenn ja, dann Gnade ihm Gott. Ich persönlich wollte ein wenig von ihm wegrutschen, jedoch rutschte er in diesem Moment noch weiter an mich heran, was meinen Plan schon wieder zu Nichte machte. Ich spielte mit dem Gedanken aufzustehen, aber vorerst beherrschte ich mich noch. Sein Gesicht war meinem nun sehr nahe. Das aber machte alles nur noch schlimmer für mich. Und dann.....dann hatte er den Vogel endgültig abgeschossen, indem er sagte das er sich anstrengen würde. Schnell und schmerzlos schallte es, ich hatte ihm eine Ohrfeige gegeben. Jetzt stand ich auf und schaute ihn böse- sowie entsetzt an. "Sag mal. Willst du mich auf den Arm nehmen? Ist dir überhaupt klar was du da gerade versuchst?". Ich war total fassungslos, was man mir auch vollends ansehen konnte. Ich nahm in diesem Moment auch kein Blatt vor den Mund. "Nur weil wir vorhin etwas bestimmtes am Strand gesagt haben, bringt dich das dazu nach einer halben Stunde schon so etwas zu veranstalten?". Ich war total in Rage. Was man ja auch verstehen konnte. Du kennst jemanden eine halbe Stunde und dieser erwartet dann, das du mit ihm ins Bett hüpfst? Was stimmte mit diesem Kerl nicht? "Was ist denn falsch mit dir?", fragte ich schon etwas lauter. Ich war immer noch total entsetzt von seinem Verhalten. Am liebsten hätte ich ihm noch eine geknallt. Er sollte sich rechtfertigen. Jetzt! Oder ich würde richtig ungemütlich werden.
Was regt sie sich denn so auf? Ich schaute fragend drein, als sie entsetzt zu sein schien. Warum? Sie hatte es mir doch am Anfang noch angeboten? Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Mein Kopf wurde zur Seite gedrückt und meine Wange brannte. Fassungslos fror ich ein. Hat sie mir gerade ernsthaft eine geklatscht? Ich drehte meinen Kopf langsam in ihre Richtung und ließ mich von ihr anschreien. Ich guckte wohl gerade ein wenig wie ein kleiner Hund drein, oder ein Kind, was nicht kapierte, was gerade passiert. Sie hätte auch einfach nein sagen können... Ich wich langsam von ihr, als sie fertig war mit schimpfen und hielt eine Hand an meine Wange. "T-tut mir leid... ich dachte, du wolltest mir helfen mit meinen Erinnerungen..." Ich hielt meinen Blick gesenkt. Sie sah gruselig aus, wenn ihre Augen vor Wut funkeln. Was war denn nur in sie gefahren? Ich hatte doch nichts falsches gesagt oder? Ich blickte drein, als würde ich jeden Moment anfangen zu heulen. Jedoch war ich eher verwirrt als traurig. Ich schluckte. Ich brauche gerade Süßigkeiten...