Den ganzen Nachmittag haben fleißige Schülerinnen und Schüler der Shima no Koji Oberschule damit verbracht, aus der sonst recht tristen Sporthalle einen atemberaubenden Ballsaal zu zaubern: Betritt vom reichlich mit Fackeln beleuchteten Sportplatz aus die Sporthalle durch die große Doppel-, oder durch eine der Nebentüren, so fällt sofort auf, dass Sportunterricht am heutigen Abend wohl nicht an der Tagesordnung steht. Jegliche Utensilien vom Sportunterricht wurden verräumt, stattdessen entfaltet sich ein riesiger Saal mit einer erhöhten Bühne am Ende der Sporthalle. An der Decke schweben vereinzelnte glitzernde Luftballone, die Wände sind mit unzähligen Girlanden und Lichterketten dekoriert worden. Im vorderen Bereich des Ballsaals sind elegant dekorierte, runde Stehtische angebracht, die bereits mit Sekt- und Weinflaschen, sowie Gläsern und Blumen gedeckt sind. Gegenüber dieser Tische am Rande der Sporthalle gibt es eine Bar zur Selbstbedienung, bei der man sich an weiteren analkoholischen und alkoholischen Getränke bedienen kann. In der hinteren Hälfte des Saals befindet sich die große Freifläche zum Tanzen, die erhöhte Bühne, sowie der heiß begehrte DJ-Pult der Schule. Je nach Programmpunkt werden die Lichtverhältnisse dazu angepasst, man kann sich jedoch sicher sein, dass der Ballsaal wohl über den Ballabend hinweg wohl stets etwas abgedunkelt sein wird. Ohne dies würde die gigantische Discokugel über der Tanzfläche ja gar nicht zur Geltung kommen!
Anscheinend war die Engelin nicht gewillt auch nur eine ihrer Rosen wieder zu verschenken, nicht einmal an Damian selbst. Somit war die Bachelorette Geschichte. Damit musste der Italiener leben. Aber die Aussage von Helena schien vielversprechend zu sein. Immerhin wollte sie es spannend halten. Wobei Damian daran zweifelte von irgendwoher Konkurrenz zu bekommen. Selbst wenn, war noch immer er die Ballbegleitung und hatte somit mehr Anspruch darauf Zeit mit ihr zu verbringen. Jawohl. Genau so würde er argumentieren, sollte es überhaupt dazu kommen. Einen Plan zu haben, war immer von Vorteil als ins kalte Wasser gestoßen zu werden.
An Helena war ein Schluckspecht verloren gegangen, so schnell wie sie den letzten Rest ihres Getränkes geleert hatte. Damians Sorge des Betrunkenheitsgrades von Helena hielt sich allerdings in Grenzen, immerhin wusste er bereits, dass sie doch einiges vertrug. Was man ihr auf den ersten Blick nicht ansah. Helena kannte ganz gewiss ihre Grenzen und würde sicher nicht über den Durst trinken. Ansonsten wäre Damian natürlich gewillt, die Französin vorzeitig in ihr Zimmer zu verfrachten. Aber diese Situation war beinahe undenkbar und würde auch gar nicht zu ihr passen. Das Glas fand schnell seinen Platz an der Bar, bevor Helena ihre Hand in Damians dargebotene legte. Ihre Aussage schien verheißungsvoll, aber das Wackeln der Augenbrauen musste sie definitiv noch üben. Allerdings kam der Blondschopf nicht umhin, ein kurzes Lachen verlauten zu lassen. Der Versuch war wirklich niedlich gewesen. Aber eben nur ein Versuch. »Irgendwann schaffst du es vielleicht. Du kannst gerne bei mir in die Lehre gehen.«, kommentierte er schief grinsend. »Aber vielleicht gehörst du auch zu den Exemplaren, die es einfach nicht können. Das ist so wie das Zusammenrollen der Zunge. Kann auch nicht jeder.«, sinnierte er weiter und vollführte mit seiner Zunge dieses Kunststück, als er Helenas ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich spürte. Aber genug dieser Albernheiten, jetzt ging es endlich zur Sache. Mit Helena an der Hand schlug er die Richtung zur Tanzfläche ein, bevor ihm die Blumen wieder einfielen. Die Engelin schien ebenfalls ihre Blumen nicht vergessen zu haben, da sie gemeinsam einen neuen Kurs einschlugen, der zuerst zum Trog mit den Blumen führte. So würden die Rosen den heutigen Abend garantiert überstehen und konnten später wieder mitgenommen werden.
Da nun endlich alles erledigt war, schlängelte er sich elegant mit Helena zur Tanzfläche durch. Dafür hatten sie den Weg auf sich genommen. Hoffentlich ging beim Tanzen alles gut, es war doch eine Weile her, dass der Italiener wirklich getanzt hatte, nicht nur Freestyle in der Disco. Kurz überlegte der Blondschopf welcher Tanz zu diesem Lied am besten geeignet wäre, als Helena ihn vor die Wahl stellte. »Eine schwere Entscheidung. Vielleicht sollten wir mal traditionell anfangen, bevor wir unanständig werden.«, zwinkerte er der Französin zu und zog sie an sich, damit sie die richtige Tanzhaltung einnehmen konnten. Es war echt verlockend, seine rechte Hand doch weiter gen Süden zu platzieren, als die richtige Tanzhaltung es vorschlug. Aber er wollte Helena gewiss nicht gleich so auf die Pelle rücken, daher beließ er seine Hand auf dem unteren Teil ihres linken Schulterblattes, während Helenas rechte Hand in seiner ausgestreckten Linken verweilte. »Bist du bereit, den Anfängern mal zu zeigen wie man richtig tanzt?«, grinste der Blondschopf und bemühte sich sein schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Damian hoffte inständig, dass es nur ein paar Takte benötigte, bis er sich einfand und ihr in dieser Zeit hoffentlich nicht auf die Füße trat. Nichts war peinlicher als seiner Tanzpartnerin auf die Füße zu latschen. Damian war zudem auch kein Fliegengewicht, wie Helena. Das Mischwesen atmete noch einmal ein und wieder aus, als er sich endlich mit der Blondine zu bewegen begann.
Die Stille war unheimlich. Zwar begleitete ein wunderbares Lied, gespielt von seinen Kameraden, jenen Moment und doch fühlte sich alles so leer an. Als hätte sich ein riesiges Vakuum aufgetan und sämtliche schönen Dinge dieser Welt in sich aufgesogen. Die Wämre des Ballsaals und seine gesamten, mit Liebe zum Detail, dekorierten Ecken - die ganzen Schüler, Erzieher und Lehrer. Seine Freunde, welche mit herzensblut dabei waren, diesen Tag in einem wunderbaren Tag ausboten zu lassen - das alles sog diese Leere auf. Ihm war so als hätte man ihm selbst den Sauerstoff geraubt und ihn wie einen Fisch auf dem trockenen Land zurückgelassen, ohne jede Hoffnung dem Meer wieder nah zu sein.
Bevor Arata einige Worte der Erklärung, er habe dies etwas verfrüht gesagt und auch gar nicht so gemeint, auf seine närrische Art von sich lassen konnte, so kam ausgerechnet von Vivian die ersten Worte. Sie riss ihn aus seiner fieberhaften Vorstellung. Sanft, nicht aufdringlich und ganz auf ihre persönliche Art und Weise suchte sie nach Erklärung. Er schloss die Augen und vor ihm öffneten sich all die Momente, welche er mit Vivian erlebt hatte. Es sind einfach so unendlich viele Momente gewesen, welche er mit ihr verbracht hatte. Nicht die typischen Tage, wie er sie mit den anderen verbracht hatte, nein, es waren welche voller Emotionen - ja, voll Glück und Zuversicht, Spaß und harter Arbeit. Doch auch Neid, Gier und Zweifel waren an jenen Tagen ein stetiger Begleiter. Sie jedoch hatten kein Recht sich an der Fassade des Jungen zu zeigen. Zu mindest nicht, war Vivian anwesend. Egoistisch gedacht, so tat er es in den anfänglichen Tagen irher Freundschaft, war sie ein Schild für jenen Zweifel - jenen Neid und jenen Zorn gegnüber anderen. Auch wenn sie keine Emotionen zeigte, wenig Zuneigung dem Jungen gegenüber empfand - so hatte er immer das Gefühl Vivian habe eine Gabe, tief in die Herzen der anderen hineinzugreifen und die Negativität mit der Wärme ihres Herzens zu bezwingen. Und war es das, dass den weißhaarigen Isolaner so an ihr fazinierte? Möglich. Sich von nichts treffen zu lassen, wie ein Held auf der Spitze eines Berges, das Banner der Hoffnung haltend - den Menschen die Zuverischt zu bringen, das war es was Arata in ihr sah. Jemand, der ihn aus seinem Loch zerrte. Natürlich erfolgreich. "Sie ist es wert. Jeden Moment, sei er noch so peinlich für mich, ist sie wert. Jetzt musst du nur noch den Mut haben, Arata. Ein letzter Schritt..". Arata, acht Jahre, verlassenen vom Glück und mit einem zerrissenen Kuscheltier in der Hand, zeigte ihm den Weg. "Da hin. Lass mich zurück, vergiss den Schmerz - denn all das brauchst du nicht mehr. Du bist stark und ich bin mir sicher, dass Mama es genau so sehen würde." Ein wahres Hirngespinnst. Doch als er einen Moment später seine Augen öffnete, auf das breitere auch nur minimal erkennbare Lächeln, der Frau vor ihm sah - hallte dieser letzte Satz noch tief in seinen Gedanken nach. Wie ein letztes Echo, dass einem den Weg aus der Höhle zeigte, verblasste es letztendlich für immer. Leb wohl, waren die letzten Worte.
"Ich.." gerade jetzt, wo er doch damit angefangen hatte, fielen gerade ihm die Worte. Oder eher die richtige Formulierung. Alles auf eine Karte zu setzen, ganz gleich wie schwer es ihm fiel, war die einzige - seinem Herzen treue Entscheidung. Er könnte die Ideallinie wählen, ihr sagen, er habe es nicht so gemeint - dass dies auf ganz andere Entscheidungen gesetzt war. Dies war eine Lüge. Es lag auf der Hand - Arata war verliebt. Er war es, hier und jetzt. Ob es ihm damals schon bewusst war oder nicht, er hielt seinen eigenen Pfeil in der Hand und närrisch gab er sich selbst den Schuss dazu, diesen Weg zu gehen. Sein Herzschlag stieg an. Hier und jetzt, ähnlich einer drastischen Entscheidung gleichend, fuhr er sich mit seiner Zunge über die trockenen Lippen. Aufregung und ein Gefühl von Hilflosigkeit machten sich in ihm breit. Schon panisch suchte er an ihren Kopf vorbei nach jemanden der ihm helfen würde, denn er war nicht stark genug hierfür. Er wollte fliehen. DOch wie aus dem Nichts erschien das Abbild seiner Mutter hinter Vivian. War es diesesmal ein weiteres Hirngespinnst, dass sich durch seine Nervosität breit machte? Doch alles was sie tat, war zu lächeln und zu nicken. Keine Worte verließen ihren Mund und Arata, dem doch so starken und witzigen Jungen, entkam eine zaghafte Träne aus dem Auge.
"Ja." Wie ein befreiender Schlag lockerten sich jene Ketten. Zwei simple Buchstaben, ein Wort ergebend, sagten so viel aus. Doch noch war er nicht dem Ende zugeneigt. Der Tanz hatte gestoppt. Sie standen sich gegenüber und Arata ergriff ihre Hand. Es kam ihm vor als würde sie zittern, Angst vor etwas, dass nicht hätte passieren sollen. Es war nur ein Schritt nach vorn. Denn der Mensch wächst mit seinen Aufgaben und auch Arata war ein Mensch. Folglich traf dies auch auf ihn zu. "Ich möchte, dass du mich anhörst. Ich empfinde so, ich weiß noch nicht wie lange, aber ich weiß es ist echt. Ich wieß auch, dass ich dich hier und jetzt, gerade an einem schönen Abend wie heute, deswegen nicht belästigen sollte. Dennoch glaube ich, dass diese Worte ausgesprochen werden mussten. Du hast sämtliche Ansprüche, sofern man es so sagen kann, erfüllt. Aber was ich dir sagen möchte, ist.." Folglich waren das schwere Worte. Ihre Bedeutung war meist endlich und glich fast einem ewigen Bund. ".., dass mein schwarzes Herz seiner Fabre entsgat hat und deinem edlen weiß Zugang gewährt hat. Was ich eigentlich damit sagen möchte ist, dass ich dich liebe." - Was habe ich nur getan...
War ja klar, dass sich die zwei Tratschtanten sofort auf den servierten Leckerbissen stürzten. Doch so wusste er wenigstens halbwegs auf was er sich einließ und sicherte damit sogleich die Unterhaltung – könnte schlechter laufen. Den Rat des Heimleiters befolgend fischte er sein Handy aus der Hosentasche um es nach neuen Nachrichten zu überprüfen, bis auf ein paar neue Hochzeitsfotos seiner besten Freundin herrschte jedoch gähnende Leere. „Nein, nichts anrüchiges eingetroffen“, musste er seinen Boss enttäuschen und ließ das Gerät so schnell wieder verschwinden wie es aufgetaucht war. Das Foto des Strumpfbandes – natürlich ohne lebendes Objekt, was darin steckte – würde die beiden sicher genau so wenig wie ihn interessieren. Warum auch immer sie ihm nicht nur das Kleid sondern auch das was sie darunter trug geschickt hatte. Doch Themawechsel. Immerhin musste er gerade seine Männlichkeit verteidigen. Oder besser nicht? Vielleicht sollte er sie einfach in der Luft hängen lassen. Während Vincents Kommentar schmunzelte er nur amüsiert und glitt mit seinem Blick sogleich zur sprechenden Sonnenbrille hinüber, der schon wieder mit den Lästereien begann. „Das Gänseblümchen war wohl eher ein Code für: Ich hab‘s mal wieder verbockt alles rechtzeitig zu organisieren und hätte sie nicht erst ein paar Stunden vor dem Ball Fragen sollen, ob sie meine Begleitung sein will“, ergänzte er die Verschwörungstheorie und zerstörte somit sämtliche Illusionen auf unsittliche Absichten. Doch die Anspielung, dass Roxanne auf so etwas stehen würde brachte ihn erneut zum Grübeln. Bei ihrem Auftreten wäre das gar nicht mal so verwunderlich, doch irgendwie hat sie trotz allem ja eine ziemlich sanftmütige Art. Da musste er sich wohl oder übel überraschen lassen. Wenigstens war er bei möglichen Verletzungen die währenddessen entstehen könnten bestens versorgt, begeistert war er von diesem Gedanken dennoch nicht. War nicht so sein Stil. Doch was tat man nicht alles für die Frau seiner Träume. Einen angestrengten Seufzer unterdrückend trank er noch einen kleinen Schluck und ließ die freie Hand dabei in der Hosentasche verschwinden.
Den Blicken des Arztes folgend nickte er bestätigend zu dessen Aussage. Für einen Ball mit Alkohol war es noch verdächtig ruhig. Doch es war gewiss, dass sich das mit fortschreitender Zeit noch ändern würde. Zumindest bei einigen bekannteren Unruhestiftern. Wenn nicht würde er sich jedoch nicht beschweren, bezahlt wurde er ja ohnehin. Also einfach mal die Ruhe genießen, immerhin musste er heute bereits einen wildgewordenen Teenager besänftigen. Nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung. Die goldenen Augen wanderten zur aufgestellten Schüssel, aber noch konnte er nicht behaupten, dass sie schon einen großen Andrang hinter sich hatte. Das ließ sicher auch nur auf sich warten. „Die Enthemmung kommt ja erst mit steigendem Alkoholpegel, das wird schon noch kommen“, stimmte er dem Blondschopf zu und ließ den Blick danach zu seinem Boss wandern. Mit einem leichten Grinsen ergänzte er: „Besonders deine zwei Lieblingskandidaten sind potentielle Gefahren für schnelle Ebbe in der Schüssel.“ Es war einfach nicht zu übersehen. Blieb nur zu hoffen, dass Roxanne noch irgendwo Nachfüllmaterial bereithielt.
Also weder unkonventionell, noch anstößig. Die Chevalier war schon ein wenig enttäuscht über die plötzliche Zurückhaltung des Blondschopfes. Auf der einen Seite hätte sie ihm in diesem Punkt ein wenig mehr Initiative zugetraut, auf der anderen Seite war es auch wieder ein positives Signal. Immerhin wäre sie – auf lange Zeit gesehen – wohl eher mit letzterem mehr zufrieden. Spontane Launen sollten möglichst nicht in den Vordergrund gestellt werden. Außerdem hieß es ja auch, dass der Italiener es sich nicht zu schnell mit ihr verscherzen wollte. Oder, um es anders zu sagen: sich Zeit für ihre Wenigkeit nahm. Was wiederrum eine Art Wichtigkeit implizierte. Dementsprechend erntete ihr Tanzpartner auch nur ein zustimmendes Nicken, während sich die Blondine vorbildlich in Position begab. „Dann erstmal konventionell.“, kam nun auch die verbale Bestätigung der Vorgehensweise, zusammen mit einem kleinen Kichern, über ihre Lippen. Während ihre rechte Hand keiner weiteren Führung bedurfte, so wanderte die Linke allerdings sanft auf seine rechte Schulter. Das sie such dabei auch ein bisschen an eben dieser entlangtastete, dass merkte ihre heutige Begleitung sicherlich auch ohne das leichte Grinsen ihrer Mundwinkel zu betrachten. Vielleicht war es auch deswegen, dass Damian plötzlich allen zeigen wollte wie man tanzt. „Wie könnte ich denn bei so einer Frage ablehnen?“, und so selbstsicher wie nur irgendwie möglich würden die letzten Vorbereitungen abgeschlossen. Hier und jetzt war die Französin in ihrem Element. Musik, Tanz und eine Begleitung. Nur weil es in Paris einfach war in einer Diskothek – oder auf Partys – zu landen, konnten auch Ballsäle zu ihren favorisierten Umgebungen gezählt werden. Man merkte es an dem Gesicht der Pariserin, dass ihre ausgehende Persönlichkeit gerade die Gelegenheit zum Glänzen hatte. Die Augen des Italieners konnten sich gefühlt kaum vor ihren euphorischen und glücklichen Blicken retten.
Lediglich der richtige Takt musste gefunden werden um wirklich in den Tanz einzusteigen, dann ging alles ganz schnell. Zuerst vorsichtig, aber dann doch immer konstanter wurde der überaus grazile Walzer der Beiden. Wirklich viel geredet wurde dabei allerdings nicht. Zumindest nicht von Helenas Seite heraus. Sie genoss es einfach. Warum auch nicht? Es war schön! Wirklich! Immerhin hätte sie auch auf der Einweihungsfeier des Wohnheims gerne einmal wieder das Tanzbein geschwungen, wobei es dabei wohl kein Walzer geworden wäre. Wirklich fest hatte dabei nur gestanden, dass sie wohl auch dort die erste Runde mit Damian gedreht hätte. Immerhin war er auch zu diesem Zeitpunkt die Begleitung ihrer Wahl gewesen. „Immer noch der Meinung, dass es konventionell sein soll?“, deutete sie schelmisch klingend an und vollzog in absoluter Harmonie die im Tanz existierende Drehung, versuchte die Frage jedoch mit einem kleinen Lachen sofort wieder aufzulösen. Immerhin waren nicht mal ein paar Minuten vergangen und so aufdringlich wollte sie nun auch nicht erscheinen. Es gab sicherlich noch genügend Gelegenheiten auf andere Art und Weise eine Art Kontakt aufzubauen. Man durfte ja auch nicht vergessen, dass die Augen ihrer Schwester überall sein konnten. Momentan allerdings, wenn man ihr das abwenden der Blicke von ihrem Tanzpartner verzeihen konnte, sah sie ihre andere Hälfte nirgendswo lauern. Ob das nun allerdings gut oder schlecht war, dass konnte sie nicht sagen. Darüber nachdenken wollte Helena nun allerdings auch nicht, weswegen ihre blauen Augen im Bruchteil weniger Sekunden wieder bei ihrem Tanzpartner landeten.
„Wenn der Tanz vorbei ist, meinst du ich kann dich einen kleinen Moment entführen?“, setzte sie vorsichtig in einer der vielen Drehungen an und konnte dabei wohl nicht mehr als ein unsicheres Lächeln hervorbringen. Was jedoch, wenn man die junge Dame kennen sollte, nicht aus Schüchternheit dort entstand. Vielmehr war es die Sorge von vorhin, weil es doch dezent creepy rüberkommen könnte. Wobei es nicht um die Frage ging, sondern eher um die Aktion, welche dann folgen würde. Die Frage würde wohl eher andere Erwartungen wecken, zumindest bei den meisten Anderen. Aber was soll’s. Hier musste halt auch die Französin einmal ins kalte Wasser springen. Keine leichte Angelegenheit auf Isola, aber dennoch nicht unmöglich.
Chloes Ratschlag würde sie sich heute Abend zu Herzen nehmen. Immerhin wollte sie nicht betrunken werden. Obwohl sie selbst keine Erfahrung mit Alkohol besaß, hatte sie ihre Schwester diverse Male mit einem Alkoholpegel ertragen müssen. Es hatte definitiv keinen Spaß gemacht, als Gehhilfe und Seelenklempner für ihre betrunkene Schwester herhalten zu müssen und das wollte sie Chloe heute Abend auf keinen Fall zumuten. Daher nickte Wasabi der Ärztin gehorsam zu. Im äußersten Notfall wusste sie, dass sie sich auf ihre gute Freundin verlassen konnte. Chloe würde ihr sicherlich den Wein abnehmen, wenn Sabi es entgegen aller Erwartungen übertreiben sollte.
Das Seufzen der Schwarzhaarigen entging Wasabis nicht. Obwohl sie die Frage eher aus Jux gestellt hatte, schien das Thema Chloe irgendwie zu bedrücken. Sie hatten bisher nie über ihre Liebesgeschichten gesprochen, soweit Wasabi sich erinnern konnte. Einerseits, weil es bei ihr einfach diesbezüglich nichts zu erzählen gab. Andererseits, weil das Thema eigentlich fernab ihres Interessenhorizonts lag. Vielleicht erstaunte es sie deshalb so sehr, dass Chloe offenbar nicht viel Kontakt zu ihren Kollegen hatte. Und nun stand zu allem Überfluss ein grünhaariger Kaugummi zwischen einem potenziellen Kennenlernen und Chloe. Mit gerunzelter Stirn biss Wasabi sich ein wenig schuldbewusst auf die Unterlippe. Ja, sie wollte Chloe für sich haben. Aber sie wollte ihrer Freundin nicht verbieten, heute Kontakte zu knüpfen. Doch würde dies bedeuten, dass Chloe sie eventuell für einen der Kollegen stehenlassen würde? Sie befand sich in einem inneren Dilemma zwischen Egoismus und dem Willen, in Chloes Interesse zu handeln. „Du… du kannst heute ja mit ihnen reden. Ich kann auch kurz allein bleiben. Ich bin ja kein Baby“, murmelte sie undeutlich, als würde sie es darauf anlegen, dass Chloe ihre Worte gar nicht erst vernahm. Vielleicht wünschte sie sich das insgeheim auch. Chloes Gegenfrage ließ Wasabi, die zuvor schräg zu Boden geschaut hatte, wieder aufblicken. Als ihr Blick auf Chloes Grinsen traf, musste sie unwillkürlich verschmitzt lächeln. „Jaaa… dich, hihi!“ Kichernd warf sie ohne Vorwarnung ihre Arme um Chloes Taille und umklammerte sie für einige Sekunden mit mehr Kraft, als man eigentlich in eine Umarmung stecken sollte. Sie verzichtete darauf die Frage ernsthaft zu beantworten. Die Andeutung, dass auch Wasabi auf keinen der Herren ein Auge geworfen hatte, war wohl nicht zu übersehen. Da brauchte man es nicht zusätzlich noch aussprechen. Zwar hatte sie zu praktisch allen Kollegen ein gutes Verhältnis, doch rangierte es eben nur von Freundschaft bei ihrem Hausmeisterkollegen bis hin zu einer beinahe väterlichen Zuneigung bei dem Heimleiter. Nachdem sie sich nach kurzer Zeit wieder von Chloe löste, bemerkte sie, wie der letzte Schluck Wein während der Umarmung aus dem Glas und auf den Boden gelaufen war. „Oh je… das wollte ich nicht. Hast du etwas abbekommen, Chloe?“, erkundigte sie sich besorgt und lief dabei einmal halb um die Ärztin herum, um das Kleid nach Weinflecken abzusuchen. Sie wäre so sauer auf sich, würde sie das wunderschöne Kleid verschmutzt haben.
Saiyana grinste ebenfalls, als Matt meinte, dass es auch besser so sei, dass sie brav sein würde. Vielleicht fand Matt sie auch einfach nur langweilig? Wieder kamen ein paar Zweifel auf, dass sie irgendetwas falsch gemacht haben könnte. Matt hatte auch nichts mehr zu ihrer Vergangenheit gesagt, vielleicht interessierte ihn es auf einmal doch nicht mehr? Vielleicht klang es einfach zu langweilig? Sie schluckte kurz. Wahrscheinlich machte sie sich einfach nur wieder umsonst so viele Gedanken, immer hin war Matt mit ihr hier und hatte sie gefragt wegen dem Ball. Sie musste endlich mal aufhören nur so negativ zu denken. Sie wurde aus den kurzen Gedanken gerissen, als Matt eins von den Losen nahm. Er hatte die 20 erwischt, eigentlich eine schöne Zahl. Sie lächelte und faltete langsam ihr Los auseinander. Ich habe die 17. sagte sie. Ungrade Zahlen sahen irgendwie nicht so schön aus, aber vielleicht hätte sie ja trotzdem Glück. Mit dir teilen? Niemals! Sagte sie scherzend und lachte Matt an. Aber ja klar, können wir gerne machen! Sagte sie schnell noch dazu, nicht dass hier irgendwer irgendetwas falsch verstehen würde.
Bei seinen Worten, was sie wohl als nächstes machen könnten überlegte sie kurz. Die meisten würden bestimmt zum Lagerfeuer wollen, schließlich wurde da auch gegrillt. Eigentlich hatte Saiyana bisher nur schlechte Erfahrungen mit Feuer gemacht. Wenn man als Wolf in einem Wald lebt und vor Waldbränden wegrennen musste, war das keine schöne Erinnerung. Es war zwar erst einmal gewesen und das Feuer war relativ klein gewesen, doch sie war noch relativ jung und hatte einen großen Schock davon getragen. Allerdings wenn Matt bei ihr war, würde sie sich bestimmt deutlich sicherer fühlen. Das Lagerfeuer klingt ziemlich interessant. Ehrlich gesagt hab ich auch ein bisschen Hunger. sagte sie und kicherte etwas verlegen.
Im ersten Moment dachte Ivy, dass Mike ihr das doch übel nahm, dass sie ihr Los selber bezahlt hatte, doch nach einigen Augenblicken schien das alles wieder vergessen und Ivy grinste ihn erleichtert an. Genau das meine ich damit. sagte sie lachend. Ein starker Werwolf wird doch wohl keine Probleme haben, um ein Glas Sekt zu kämpfen. Sie streckte ihm leicht die Zunge heraus. Hoffentlich würden sie dazu überhaupt Gelegenheit haben, denn noch war nicht so wirklich klar, ob sie sich mit Lydia und so verstehen würde. Normalerweise war sie optimistisch gewesen, doch auch die Tatsache, dass sie Levi da so halb mit hereingezogen hatte machte sie doch etwas nervöser. Sie zuckte etwas zusammen, da sie so gedankenversunken auf das Los gestarrt hatte, als Mike plötzlich bemerkte, dass das sein Geburtstag war. Gespielt rollte sie genervt mit den Augen und tat so, als würde sie das Los wegschmeißen wollen. Dann kann das ja gar nichts werden. sagte sie genervt und grinste dann Mike an. Wenn ich nicht mindestens den Hauptgewinn kriege, dann bist du mir wohl etwas schuldig. sagte sie erwartungsvoll und schaute noch einmal auf das Los. Ob Jaden wohl irgendetwas mitbekommen würde? Was war nach dem Tod mit ihm passiert? Schnell schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken heraus zu bekommen. Jetzt war nicht die Zeit, um sich um so etwas Gedanken zu machen, heute war Spaß angesagt!
Erwartungsvoll sah sie zu Mike, doch der schien nur suchend durch den Saal zu gucken, wahrscheinlich um seine Freunde zu finden. Wollte er so schnell von ihr weg? Nein nein, er wollte sie ja dabei haben, oder? Nach einigen Momenten, wo sie nicht genau wusste, was sie sagen sollte, schien Mike dann auch schon wieder geistig anwesend zu sein. Kurz hatte sie daran gedacht ihn auf die Tanzfläche zu ziehen, doch nach dem Korb, den er ihr gegeben hatte, als sie einfach nur sein Hemd glatt streichen wollte, traute sie sich gar nicht mehr ihn auch nur irgendwie anzufassen. Sie wollte ihn ja auch nicht belästigen... oder so? Sie sah zur Bar, die mittlerweile etwas leerer war. Sie nickte lächelnd. Gute Idee, wir trinken uns einfach schon einen, oder zwei, oder auch fünf! Sie lachte und ging mit Mike in Richtung Bar. An der Bar sah sie sich etwas um und nahm sich erst einmal ein Glas Sekt. Wie sagte man so schön? Das knallte immer direkt so schön! Bei dem Gedanken musste sie grinsen und trank einen Schluck. Was willst du trinken? Fragte sie ihn neugierig und war dabei, ihm eine Flasche Bier zu reichen.
Vincent, Montag 22.06.2015 mit Riley und Jakob später Chloe und Wasabi
Die Enttäuschung keine anrüchige SMS erhalten zu haben, konnte man den schwarzen Lockenkopf deutlich ansehen. Wäre doch auch zu einfach gewesen. So eine SMS hätte ich allerdings sehr gefeiert. Aber was nicht war, konnte zu später Stunde, mit ein wenig mehr Alkohol im Blut, ja noch werden. Ich würde gewiss ein Auge darauf haben, ob die beiden gemeinsam verschwanden. Was den Code des Gänseblümchens anging, konnte ich nur meine Augenbraue noch oben lupfen. Riley und seine blühende Fantasie. Ich war nur eine Haaresbreite entfernt gewesen, mir die Hand gegen die Stirn zu klatschen. Klar, stille Wasser konnten tief sein, aber Jakob war sicher kein Lack und Leder-Typ. Roxanne konnte ich mir da wesentlich besser in der Rolle als Domina vorstellen. Aber vielleicht war das ja genau die Rollenverteilung, auf die Costa abzielte. Meine Gedanken verselbstständigten sich. »Danke echt, für dieses tolle Kopfkino.« , gab ich monoton und kopfschüttelnd von mir, als ich Riley auf die Schulter klopfte. Es war eben nicht von Vorteil, wenn man sich immer alles bildlich vorstellte. Da kamen oft ganz sehr spektakuläre Dinge dabei raus, die mich um meinen Schlaf brachten. Aber das, würde ich dem King der Sonnenbrillen nicht aufs Brot schmieren. Er wusste es ja sowieso. Und tat es ganz bestimmt mit voller Absicht. Das verlangte förmlich nach einem weiteren Schluck Alkohol meines selbstgemischten Getränks, mit mehr Alkohol als es an der Bar angeboten gab. Ein kleiner Flachmann durfte bei einem solchen Schauspiel einfach nicht fehlen. Zu gegebener Zeit würde ich meine Unterlinge darin einweihen. Jakob dementierte Rileys Versuch hinter dem Gänseblümchen sexuelle Fantasien zu entdecken ebenfalls. So kannte man den Schwarzhaarigen, Leben am Limit und alles immer auf die letzte Minute. Daher ging das Gänseblümchen voll klar, zumal er es sich sogar verkniffen hatte, die Rosen von Avon zu klauen. Das Drama darüber wollte ich mir gar nicht erst vorstellen.
So lobte ich mir den bisherigen Verlauf des Ballabends. Die Kids waren noch anständig. Was sich aber schnell ändern konnte. Der Abend war schließlich noch jung, wobei bereits ein paar Lappen schon einiges an Getränken verputzt hatten. Kurz folgte ich Rileys Kopfnicken in die besagten Richtungen. Leviathan zusammen Ophaniel und Arata waren alles, aber keine gute Kombi. Die Jungs standen auf meiner Liste bereits ganz weit oben. Ich konnte Jakob bei seinen Worten nur zustimmen. Bislang war zwar schon einiges an Alkohol geflossen aber es war auch noch eine Menge an der Bar zum Holen, was sich aber sicher im Laufe des Abends ändern würde. »Solange alle ihre Klamotten anbehalten, den Boden nicht vollkotzen oder randalieren, ist der Ball gut gelaufen.«, grinste ich in die Runde und hoffte inständig, dass es so verlief. Und auch die Kondomschüssel wurde laut Costa nicht verschmäht. Immerhin legte die heutige Jugend doch noch wert darauf zu verhüten und nicht schwanger zu werden. Sehr löblich waren meine Schäfchen. Allerdings ließ mich der Kommentar von Jace nicht kalt. Ein genervtes Stöhnen war meine Antwort darauf. »Sowas will ich nicht hören.«, sagte ich gequält mir die Hand an die Stirn haltend. Wenigstens verwendeten sie Kondome. Das einzig Positive an der Sache. Ich spülte die Gedanken an die zwei besagten Pappenheimer mit dem Rest meines Getränks in meinen Magen. Immerhin erforderte Costa wieder meine Aufmerksamkeit. Er konnte es einfach nicht ertragen, dass er nicht wusste worüber ich vorhin gelacht hatte. »Tja, das wüsstest du wohl gerne. Aber bevor ich es euch vielleicht verrate, geh ich mir noch was zu trinken holen und mach nen kurzen Abstecher zu Sabi und Chloe. Ihr wisst schon, Interesse zeigen.«, grinste ich schief und machte mich auf den Weg.
mit Chloe und Wasabi Mit drei Gläsern und einer Sektflasche bewaffnet, schlängelte ich mich durch die Kids. Natürlich würde ich die angebrauchte Sektflasche wieder zurück an die Bar stellen, oder gleich mitnehmen zu meinen nächsten Opfern. Oder aber ich würde den Rest ganz alleine austrinken. Lag alles im Bereich des Möglichen. Meine Zielobjekte hatte ich mit den nächsten Schritten bereits erreicht. »Hallo die Damen. Amüsiert ihr euch? Sollen wir mal anstoßen«, gab ich mit einem Lächeln von mir und hielt bereits die Sektflasche ein wenig in die Höhe. Ein weiterer Stehtisch würde sich bestimmt finden lassen, ansonsten mussten wir eben mit der Tombola Lady trinken oder wir suchten uns ein Örtchen am Lagerfeuer, wo die Grillerei bereits im Gange war.
Es gab sicherlich viele Gründe, warum Leute auf einem Ball ihren Tanz abrupt beendeten. Manche hatten ein schreckliches Geheimnis erfahren, andere wiederrum wurden enttäuscht, versetzt, oder hatten sich einfach nur zerstritten. Unsicherheit und Angst waren sicherlich nicht die Hauptgründe für so etwas. Doch hier stand sie, Vivian Edwards, unsicher. Immer noch die Antwort erwartend, welche ihr Kopf eigentlich nicht hören wollte. Man könnte meinen die ganze Zeit auf der Insel hatte die Engelin in eine Art Denkweise gedrängt, welche ihr immer mitteilte, dass sie für so etwas nicht geeignet war. Ein Paar … allein das Wort fühlte sich so surreal an, dass sie es selbst gar nicht richtig greifen konnte. Für einen kurzen Moment wäre es der jungen Frau sehr lieb gewesen, wenn Arata seine Aussage einfach revidieren würde. Aber das tat er nicht.
Die Worte stockten dem Weißhaarigen sichtlich erkennbar im Hals, während diese kleine Minute wie eine Ewigkeit auf das Gemüt der Blondine einprasselte. Ihre türkis-blauen Augen so sehr auf sein Gesicht fixiert, dass die Welt um sie herum in eine unscharfe Hintergrundkulisse verwandelt wurde. Aber nicht einmal dies wollte in eben diesem Zustand verweilen. Das simple „Ja“ auf ihre Frage, welches eigentlich mit einem „Nein“ hätte beantwortet werden sollen, war wie ein Zauberwort für eine Paralyse geworden. Wie konnte er nur? Vivian war zutiefst entsetzt und glücklich zugleich. Während es im Brustbereich vor Freude schmerzte, mischte sich das Ganze mit der Angst. Wenn sie zittern könnte, so hätte es die Engelin vermutlich gerade getan. Aber sie stand nur dort, das Porzellangesicht in einem leichten Lächeln gefroren und nichts von sich gebend. Nur ihre Augen schienen im Anbetracht der Situation die einzig wahren Boten zu sein. Erwartungsvoll und gleichzeitig zurückhaltend wechselte ihr Fokus zwischen ihm und der Umgebung hin und her. Es war schwer für sie das Ganze gefasst und logisch zu betrachten. Als der Weißhaarige dann noch einen Schritt nach vorne machte und nun noch näher vor ihr stand, war es endgültig vorbei. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Überwältigt von einer Macht die sie nie Verstanden - geschweige denn beherrscht hatte; und dennoch irgendwie deuten konnte. Überrascht hefteten sich ihre Blicke an seine Augen, als wolle sie tief in seinen Kopf hineinschauen. Der Glanz in ihnen vergleichbar mit denen eines kleinen Mädchens, kurz bevor es zu weinen begann. Wieder öffneten sich seine Lippen und die Wörter, welche sie verließen, machten die Nähe zu ihm noch verwirrender, als sie es ohnehin schon immer gewesen war. Aber dennoch fand Arata in dieser Situation, die richtigen Worte: Schwarz und Weiß. Das war schon seit jeher die inoffizielle Bezeichnung gewesen. Zumindest eine der Vivian auch irgendwo zustimmen konnte. Seit jeher waren sie zwei verschiedene Pole, welche umeinander herumtanzten. Aber selbst wenn ihr Weiß es war, welches in ihm ein zuhause gefunden hatte, so war es auch sein Schwarz, welches im Gegenzug dort Platz fand, wo ihr Weiß nun fehlte.
War es das, was Liebe in diesem Sinne bedeutete? Still und ohne ein Wort zu sprechen vergingen die Sekunden in denen die Blondine ihren Blick nicht abwenden konnte. Das was sie niemals auch nur annähernd für möglich gehalten hatte, war soeben Realität geworden. Aber wie darauf antworten? Immer noch fehlten die Worte, als hätte Arata ihr die Luft zum Sprechen genommen. „Das …“, verirrte sich ein Wort über ihre Lippen. „Das freut mich.“, erwiderte sie letzten Endes mit ihrer gewohnt sanften Stimme. Bewegung kehrte in die Muskeln der Blondine zurück und ihren Kopf neigte sich zu seiner Hand hinunter, mit welcher er die Ihre ergriffen hatte. „Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich diesem Anspruch genüge tun kann.“, und ihre Finger tasteten schon fast Nervös die Hand des jungen Mannes ab. „Dennoch, fühle ich mich diesem Geständnis nicht abgeneigt.“, und wieder war ein kurzer Moment lang Stille. Dass die Beiden gerade auf der Tanzfläche standen, interessierte keinen der Beiden in diesem Moment. „Es heißt, dass man seine Bekannten Pfade verlassen muss, um Neues zu entdecken.“, und ihr Kopf wandte sich wieder entgegen dem ihres Partners. Ihr Blick wirkte zum ersten Mal in ihrem Leben leicht verlegen und eine seichte röte schlich sich ebenfalls auf ihren sonst so makellosen Teint. Ein breites, fröhliches und vor allem herzliches Lächeln durchbrach die Fassade. Die Angst wich der Realisation, was damit nun alles passieren könnte. „Wenn du mir es also erlauben würdest, dann möchte ich diesen Pfad gerne mit dir beschreiten, Arata.“, sie versuchte seine Hand leicht zu drücken, „Denn ich glaube, ich verspüre diese Liebe auch.“. Dann kehrte die Angst zurück. Allerdings keine alles verschlingende und hysterische Angst. Es war, wie man es unschwer erkennen konnte, Vivians erste Liebesbekundung – und Erklärung zugleich. Sie hatte viel zu lernen und so Hals über Kopf in dieses Thema hineingeworfen zu werden, es war überwältigend und überfordernd. Aber sie war sich sicher diesen Weg auch zu Ende zu gehen, wenn sie ihn einmal eingeschlagen hat. Wirklich realisieren wie sie sich in diesem Moment fühlt, würde sie wohl erst später.
Mit Mathéo, dann mit Vincent, Chloe und Wasabi und letzten Endes hinfort aus dem Ballsaal.
Und als gäbe es an diesem Abend nicht schon genug zu tun, klingelte in diesem Moment auch noch das Telefon der Bardera. Gerade wo sie Mathéo wiedergefunden und die Lösung des Problems in Angriff nehmen wollte. Der heutige Abend wollte sie wirklich fressen, kauen und am Ende wieder ausspucken. Es war echt nicht ihr Tag. Sie sah sich schon gedanklich dort am Tisch sitzen, während alle über den tollen Ball sprachen und sie selbst dieser Festivität am Ende grundsätzlich fernblieb, weil sie keine Lust mehr darauf hatte. Aber es war ja noch nie so gewesen, dass ein Arbeitsfreier Tag auch wirklich Arbeitsfrei blieb. „Na super …“, seufzte die Blondine und ging an eine etwas ruhigere Stelle des Saals, während sie ihr Telefon so nah wie möglich an das Ohr presste. „Was? Ja … „, stille kehrte ein, „Schon heute? Heute Abend? Und das hätte man mir nicht mal früher mitteilen können, geschwiege denn der Heimleitung?“. Damit war die Feierlaune der Direktorin in jedem Falle unter den Nullpunkt gesunken. Eine zweite Eiszeit machte sich im Gemüt der Dämonin breit. Würde man das ganze aufs Klima übertragen, so wäre die globale Erwärmung sicherlich sofort aufgehalten. „Nein, nicht nötig, ich mache das schon.“, seufzte sie und beendete den Anruf. Sie hatten sowieso schon so wenig Personal und ausgerechnet jetzt wurde natürlich jemand verlangt. Ein Gespräch mit Vincent war wohl unabdinglich, aber nicht jetzt. So schnell sie also nur gehen konnte, machte sich die Direktorin auf dem Weg aus dem Ballsaal. Für den ein oder anderen sicher ein skurriler Anblick, wenn die Schulleiterin schon so früh verschwand. Aber anders gesagt konnte es ihr gerade nicht egaler sein. Auf ihrem Weg fing sie noch @Vincent ab, oder besser gesagt störte sie dreist die Gesprächsrunde. „Vincent, ich bin noch einmal los einen Neuankömmling abholen. Nur, falls was ist, ich bin auf dem Handy zu erreichen.“, deutete sie an und ließ dem Rest der Runde im gleichen Zug ein „Schönen Abend noch.“ zukommen. Was zwar ernst gemeint war, aber in diesem Kontext mit ihrer Stimmlage wohl nicht annähernd so kollegial rüberkam wie es sollte. Der Blick auf die volle Sektflasche sprach dabei ebenfalls Bände, aber dazu äußerte sich die Direktorin nun nicht. Auf der anderen Seite: Wer wäre Julia, wenn sie immer Herrin ihrer Emotionen war? Besonders der Abend heute ließ sie auf Grundeis schlittern, wie die Titanic am Eisberg.
Ohne den Rest der Truppe dann auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen verließ sie endgültig die Feierlichkeiten. Die Bardera entspannte sich ein wenig an der kühleren Abendluft und auf dem Weg zum Auto, aber nicht so gut, als dass es ihr ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Und sie musste ja auch erst einmal wieder nach Hause fahren. Im Ballkleid wollte sie nicht am Hafen auftauchen, da rebellierte ihr Sinn für das Äußerliche. Dementsprechend stand die erste Station des Abends in jedem Falle schon einmal fest. Während sich die Blondine also mit einem heftigen Seufzer in den Sitz ihres Sportwagens fallen ließ, nahm sie sich gedanklich die Zeit den Ball noch einmal gekonnt zu verfluchen. Aber die Zeitdrängte, wie es so oft in ihrem Leben war und niemand sollte um diese Uhrzeit lange am Hafen herumstehen. Also war sowieso einmal mehr Tempo geboten. Achja … was tat man nicht alles für die Kinder. Aber wenn es ihr um Dankbarkeit gehen würde, dann hätte sie den Job nicht gemacht. Um ehrlich zu sein war es ihr so wie es jetzt ist sogar lieber. Aber das war ein Thema für andere Momente.