Teilnehmer: Ivy Rhodes, Mikhail Wolkov Startort: Die große Wiese im Park Zeitpunkt: 10. Mai 2015, später Nachmittag bis Abend Beschreibung: Nach einigen zufälligen Begegnungen, die in beidseitiger Sympathie endeten, begeben sich Ivy und Mike auf ein geplantes Rendezvous im Park. Die Stimmung ist heiter und es fliegen sogar einige Fünkchen, bevor die Lage eine unerwartete böse Wendung nimmt. Der Konflikt schaukelt sich hoch, bis die vermeintlichen Turbeltauben sich als Werwolf und Drache gegenüber stehen und der Topf endgültig überkocht.
Ivy war ein wenig enttäuscht darüber, dass Mike ihr Kompliment nicht wirklich angenommen hatte. Sie hoffte er nahm sie nach all den Späßen überhaupt noch ernst, immerhin hat sie es wirklich ernst gemeint. Doch das rückte nun in den Hintergrund, denn der Schmerz über den Tod von Jaden war nicht mehr einfach zu verdrängen, nachdem Mike es direkt angesprochen hatte. Sie war stets bemüht nicht zu weinen, doch es fiel ihr unglaublich schwer. Sie wollte das Date nicht ruinieren, doch vielleicht würde es ihre Beziehung zueinander helfen, wenn sie auch mal andere Seiten voneinander kennen lernten und nicht immer nur die lustige, alles ist Gut Seite. Sie versuchte es etwas zu überspielen und schaute zur Seite. Sie wollte Mike nicht in die Augen sehen, wenn sie anfing gerade über ihren Exfreund zu weinen. Vielleicht würde Mike auch denken, dass sie noch nicht bereit war, etwas neues mit jemandem anzufangen, aber war sie denn überhaupt bereit dafür? Sie wusste es selber nicht einmal. Bei Mikes Worten musste sie einfach ein wenig lächeln. Sie konnte verstehen, dass einige Leute in so einer Situation nicht unbedingt direkt wussten, was zu tun war und ein wenig überfordert waren. Anscheinend war Mike auch so ein Typ, doch das machte Ivy überhaupt nichts. Über seine komisch gewählten Worten musste sie einfach schmunzeln, denn sie wusste ja genau, dass er es nicht böse meinte. Sie legte ihre Hand auf seine und lächelte ihn mit Tränen in den Augen an. Ich bin froh, dass ich dich nicht auch noch verloren habe. sagte sie ernst. Hoffentlich würde Mike dieses Mal nicht denken, dass es ein Spaß war. Schnell wischte sie sich die Tränen weg und drehte den Kopf wieder etwas zur Seite. Tut mir leid. sagte sie, denn es war ihr irgendwie peinlich jetzt zu weinen. Ich hatte es bisher noch nie so richtig ausgesprochen. Gab sie dann zu und es flossen weitere Tränen.
Sie war nicht sauer auf ihn? Sie war nicht sauer auf ihn! Die Erleichterung breitete sich als wohlige Wärme in seinem Brustraum aus. Die Peinlichkeit steckte ihm immer noch in den Knochen, weshalb Mike den Blick dennoch abgewandt hatte. Doch er meinte aus dem Augenwinkel ein Lächeln wahrzunehmen. Was sollte er jetzt sagen? Wahrscheinlich am besten gar nichts. Jedoch behagte ihm die Stille, die dadurch entstand, überhaupt nicht. Wenn Mike mit einem nicht gut umgehen konnte, dann waren es Gesprächslücken. Er wollte schon dazu übergehen, das Thema zu wechseln und damit von Ivys verstorbenen Freund abzulenken, als sie plötzlich ihre Hand auf seine legte. Überrascht schnellte sein Kopf herum, sodass er geradewegs in ihre tränengefüllten Augen sah. Sofort bildete sich ein dicker Kloß in seinem Hals. Die Tatsache, dass Ivy trotz ihrer Tränen lächelte, machte den Umstand nicht unbedingt besser. Mike musste noch nie in seinem Leben eine weinende Person besänftigen. Er wusste einfach nicht, wie er reagieren sollte. Wenn sein Bruder geweint hatte, hatte Mike ihm einen Klaps auf die Schulter mitgegeben und gesagt, Juri sollte sich nicht benehmen wie ein Mädchen. Aber das funktionierte bei Ivy offensichtlich nicht. Daher schaute er nach einer Schocksekunde bloß betreten zur Seite. „Is‘ schon gut…“, sagte er verunsichert, entzog seine Hand dabei vorsichtig Ivys und tätschelte leicht ihr Bein. Seine Hand ließ er auf ihrem Oberschenkel ruhen. „Wenn du weinst, verwischt deine Schminke“, merkte er kleinlaut und nicht ganz ernst gemeint an. War sie überhaupt geschminkt? Spielte auch keine Rolle. Er wusste nur nicht, was er sonst sagen sollte. Vorsichtig lugte er in Ivys Richtung und sah die Tränen über ihre Wangen rollen. Hätte er bloß an Taschentücher oder Servietten gedacht… „Hasst du Werwölfe deshalb?“, fragte er nach. Er könnte es definitiv nachvollziehen. Würden Dämonen jemanden töten, der ihm nahestand, würde er wahrscheinlich jegliche Dämonen auf Lebzeit verdammen. Mike tätschelte aus Reflex weiterhin sanft Ivys Bein und rückte dabei automatisch ein Stückchen näher. Dass sie sich ihm so sehr öffnete, war zwar irgendwie unangenehm, weil er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Andererseits aber auch ein Beweis dafür, dass sie ihm Vertrauen schenkte und sich bei ihm wohlfühlte. Dieser Gedanke erfüllte den Werwolf mit purem Glück.
Ivy hatte weiterhin versucht, sich zu beruhigen und die Tränen zu stoppen. Sie schmunzelte leicht bei Mike´s Aussage, dass ihre Schminke doch verwischen würde. Sie hatte sich tatsächlich ein wenig geschminkt, extra für Mike, und nun ruinierte sie alles, indem sie wieder an Jaden dachte. Es war doch alles einfach nur so verwirrend. Sie konnte sich vorstellen, dass es für Mike eine schwierige Situation war. So ein weinendes Mädchen war sicherlich grade etwas, was ein Kerl sich so wünschte. Dennoch war allein schon die Tatsache, dass Mike seine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt hatte sehr tröstend für sie. Ein wenig Körperkontakt, der ihr sehr viel Mut machte. Sie musste auf Mikes nächste Frage einen Moment schweigen. Sie wollte Mike nicht verletzten, doch sie wollte ihn auch auf gar keinen Fall anlügen. Ich hasse die Werwölfe nicht. sagte sie dann leise, nach einem weiteren Moment der Stille, wo sie sich ihre letzten Tränen weggewischt hatte. Jaden war sogar auch einer. Dann seufzte sie. Immerhin mag ich dich ja auch. Sie lächelte leicht, doch das ging schnell wieder vorbei, denn sie wollte ehrlich bleiben. Aber wenn ich generell an Werwölfe denke, dann überkommt mich schon eine ziemliche Wut. gab sie zu. Hoffentlich würde Mike sie dennoch mögen und nicht deshalb jetzt sich von ihr distanzieren. Schon jetzt, wenn sie nur kurz an Werwölfe dachte, merkte sie schon, wie ihre unterdrückte Wut gegen sie wieder anklopfte und hoch wollte. Etwas, was Ivy unbedingt vermeiden wollte, denn sonst würde sie vielleicht wieder die Kontrolle verlieren und das konnte sie einfach nicht zulassen, nicht wenn Mike in der Nähe war. Wieder spürte sie langsam, aber sicher, wie ihr Körper einem Druck unterlegen war und sie hatte das Gefühl, dass etwas aus ihr heraus brechen wollte. Die Drachengestalt, gezürnt von Wut. Ivy ballte die Faust zusammen und versuchte sich zu beruhigen. Das durfte jetzt auf gar keinen Fall passieren! Sie achtete auf ihre Atmung und verlangsamte diese ein wenig.
Mike wusste nicht so recht, was er mit der Information, dass dieser Jaden ebenfalls ein Werwolf gewesen sei, anfangen sollte. Sollte er sich dadurch nun weniger schuldig, für seine vermeintlich böse Rasse, fühlen? Er wollte ungern in diese Richtung denken, denn vermutlich meinte Ivy es überhaupt nicht so. Trotzdem kamen in ihm Gefühle auf, die nicht positiver Natur waren. Vielleicht war auch etwas Eifersucht untergemischt… Jaden war zwar nicht mehr unter ihnen, jedoch wollte Mike keinen Ersatz darstellen. Intuitiv zog er seine Hand langsam von ihrem Oberschenkel zurück, während er diesmal nach den richtigen Worten suchte. Es war nicht leicht. Alles, was in seinem Kopf herumschwirrte, hatte das Potenzial, die Situation nur weiter zu verschlimmern. Er könnte Ivys Aussagen einfach stehen lassen und das Thema wechseln, doch er konnte das garstige Gefühl nicht einfach runterschlucken und in ihm brodeln lassen. Sonst würde es irgendwann noch explosionsartig an die Oberfläche treten, wenn Ivy es am wenigsten erwartete. „Es wär dir aber lieber, wenn ich kein Werwolf wäre… ist doch so. Dann müsstest du nicht an diesen Jaden denken und daran, wie blöd Werwölfe sind“, sagte Mike in einem Tonfall, der zwar nicht wütend, aber durchaus etwas anklagend klang. Eigentlich wollte er Ivy weder etwas vorwerfen noch etwas unterstellen. Es war nicht fair und angesichts der Tatsache, dass sie sich ihm eben emotional geöffnet hatte, unangebracht. Doch sein Temperament ging mal wieder mit ihm durch. Er bereute es, dieses Thema überhaupt erst aufgeschlagen zu haben. Es hätte ihm von Anfang an klar sein müssen, dass er mit solchen Situationen nicht umgehen konnte. Wären sie bei Smalltalk geblieben, hätte er Ivy jetzt vielleicht im Arm, statt gefühlt immer weiter weg zu rutschen. Mike konzentrierte seinen Blick bewusst auf andere Dinge und nicht auf ihre Augen, und griff energisch nach einem Keks, den er noch in der Verpackung in mehrere Einzelteile brach. Ein kleines Stück warf er sich in den Mund, als würde der Zucker den bitteren Geschmack, den er auf der Zunge hatte, überdecken.
Ivy überkam ein ungutes Gefühl. Sie hatte definitiv irgendetwas falsches gesagt oder getan. Die tröstende Hand auf ihrem Oberschenkel, welche sie so sehr genoss wurde plötzlich weggenommen und Mikes nächste Worte ließen sie ebenfalls zurückweichen. Wie konnte er ihr so etwas vorwerfen? Sie hatte sich ihm grade geöffnet und ihm ihre traurigsten Gefühle offenbart und er redete nun so mit ihr. Geschockt und gekränkt sah sie ihn an. Ich find dich absolut wundervoll wie du bist und mir ist es egal, ob du ein Werwolf oder ein Kobold bist. sagte sie und auch ihre Worte kamen etwas schärfer raus, als sie es eigentlich wollte. Sie wusste nicht, warum Mike sie nun so anklagte, doch ihre Reaktion war sicherlich nicht gerade beschwichtigend für diese Situation. Mike hatte sich ein wenig von ihr distanziert und sie fühlte sich nun noch schlechter. Sie hatte sowieso ein schlechtes Gewissen gehabt, dass sie angefangen hatte bei ihrer Verabredung, die doch lustig und spaßig werden sollte, zu weinen, doch nun fühlte sie sich ein wenig im Stich gelassen. Es war nicht einfach gewesen und auch wenn sie verstanden hatte, dass nicht jeder mit so einer Situation umgehen konnte, hatte sie trotzdem nicht so eine Reaktion von Mike erwartet. Das war einfach grade total unfair von ihm und sie schaute von ihm weg auf den Boden. Wie konnte Mike nur denken, dass sie es besser fände, wenn er kein Werwolf war? Etwas wütend machte sie dieser Gedanke und sie spürte, wie langsam wieder der Druck wuchs. Da wollte etwas aus ihr heraus.
Er wollte Ivy wirklich glauben. Er wollte schließlich, dass es ein schönes Date war, ohne bitteren Nachgeschmack. Er wollte sich an ein tolles Date zurückerinnern und nicht an einen sinnlosen Streit, den er vom Zaun gebrochen hatte… vielleicht wollte er einfach zu viel. Dabei mochte er Ivy so unglaublich gern. Es wollte nicht in seinen Kopf hinein, dass das Gespräch schlagartig so eine böse Wendung genommen hatte. Normalerweise spielte es keine Rolle, was er sagte, weil es wieder vergessen wurde. Trotzdem wollte er für Ivy nicht in ein negatives Licht rücken… und sei es nur für wenige Tage oder Wochen. Obwohl die Blauhaarige ihm versicherte, dass es ihr egal wäre, welcher Rasse er angehörte, konnte Mike ihren scharfen Tonfall nicht ignorieren. Verlor sie allmählich die Geduld mit ihm? Verübeln könnte er es ihr nicht. Er wusste inzwischen nicht einmal mehr, was ihn verstimmte. Ob es Ivys zweifelhafte Behauptungen waren oder seine eigene soziale Inkompetenz. Wahrscheinlich eine ungesunde Mischung aus beidem. Mike atmete langsam durch die Nase aus und nickte leicht vor sich hin. „Okay.“ Eigentlich war es nicht okay. Und es war auch nicht okay, Ivy mit solch einer kurzangebundenen Aussage abzuspeisen. Aber er wusste einfach nicht, was er noch Konstruktives zu der ganzen Sache sagen sollte. Er spürte, wie seine Wangen und Hände immer wärmer wurden, als würde er unter einer Wärmelampe sitzen. Ein ähnliches Gefühl überkam ihm normalerweise nur bei Vollmond. Erneut nahm er einen tiefen Atemzug und versuchte sich zu beruhigen. Doch die Überforderung mit der Gesamtsituation wich genauso wenig wie die ansteigende Hitze in seinem Körper. Wortlos griff er nach der Eisteeflasche, die er mit leicht zittrigen Händen aufschraubte.
Bei Mikes Antwort merkte Ivy deutlich, wie der Druck immer stärker wurde. Sie schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er glaubte ihr nicht. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er dann so eine Antwort geben würde, wenn er ihr glauben würde. Wie konnte er ihr denn einfach nicht glauben? Weder Mike noch Ivy konnten etwas dafür, dass es Werwölfe waren, die die Insel halb zerstört hatten, die ihr den Freund nahmen und nun auch noch ein Date ruinierten! Warum machte Mike ihr also Vorwürfe? Je länger sie darüber nachdachte, desto wütender wurde sie einfach. Sie konnte sich nicht mehr beruhigen, denn Mike war in dieser Hinsicht keine Hilfe mehr, im Gegenteil. Es machte sie wütend, dass er ihr so etwas vorwarf. Sie ballte immer mehr die Hand zu einer Faust zusammen und um sich abzulenken nahm sie einen Keks. Doch schon an der Art, wie sie ihn gegessen hatte, Zähne knirschend und mit angespanntem Gesichtsausdruck, konnte man merken, dass sie ein wenig wütend war. Ein wenig. Mit Bedauern musste sie feststellen, dass sie die Grenze überschritten hatte und sich nicht mehr einfach so beruhigen könnte. Sie wollte Mike dennoch nichts antun, was sich vielleicht ändern würde, wenn sie durch Wut ihre Drachengestalt annehmen würde. Sie musste es auf jeden Fall verhindern irgendwie. Plötzlich stand sie einfach auf. Ich denke ich gehe wohl besser. Du scheinst mir ja nicht zu glauben. sagte sie. Ihr Tonfall war wütend, doch ihre Augen zeigten, dass es sie auch sehr traurig machte, dass er ihr nicht glaubte.
Die Situation war vergleichbar mit einem kochenden Teekessel, in dem es immer heißer wurde und dessen lautes Pfeifen an Lautstärke zunahm. Ähnlich fühlte Mike sich auch innerlich. Diese unangenehme Hitze breitete sich allmählich in Arme und Beine und bis in die Fingerspitzen aus. Er hatte Mühe den Eistee aufzuschrauben und einen Schluck zu trinken, ohne den gesamten Inhalt aufgrund seiner zittrigen Hände zu verschütten. Ivy sah er nach wie vor nicht an, doch konzentrierte er sich auf ihren Geruch, konnte er zweifellos feststellen, dass dieser sich verändert hatte. Es war schwer in Worte zu fassen, doch es roch als hätte jemand sein Leibgericht gekocht und eine fremde, unpassende Zutat hineingeworfen, die das ganze Essen verdarb. Er musste sich entschuldigen. Auch wenn er noch nicht wusste, was er genau sagen würde, fasste er diesen Entschluss, während er den Eistee zur Seite legte. Wenn Mike jetzt nicht die Notbremse zog, wäre nicht nur ihr Date im Eimer. Er könnte außerdem nicht garantieren, dass es nicht vollkommen aus dem Ruder lief. „Es—“, setzte er leise an, wurde allerdings von Ivy unterbrochen, noch bevor er einen halben Satz aussprechen konnte. Ihre Worte waren rasiermesserscharf und schnitten ihm tiefer ins Fleisch, als er je erwartet hätte. Das hier war sein allererstes richtiges Date, mit einem Mädchen, das er unwahrscheinlich gern mochte… und er hatte es versaut. Ungläubig, dass Ivy einfach aufgestanden war, starrte er sie für einen Moment nur wortlos an. Wie konnte es sein, dass sie bei süßen Worten und Berührungen begonnen hatten und nun hier gelandet waren? Wie hatte es sich so sehr hochschaukeln können? War es nur seine Schuld? Mike riss sich aus der Schockstarre und sprang auf. Dass er dabei sowohl die Kekse als auch die Sandwiches umwarf, bemerkte er nicht einmal. Es wäre ihm auch egal. „Würdest du dir an meiner Stelle glauben?!“ Mit angespanntem Kiefer und zu Fäusten geballten Händen sah er Ivy ins Gesicht, doch ihr hübsches, wenn auch trauriges Gesicht, verschwamm zunehmend vor seinen Augen. Er nahm seine Umgebung kaum noch wahr und er wusste nicht, woher der plötzliche Aggressionsschub kam. Es lag nicht an Ivy… oder doch? Seine Kleidung lag auf einmal enger an seinem Körper und er hatte das Gefühl bald in Flammen aufzugehen. Mit einem beinahe hilfesuchenden Blick sah er Ivy an, doch sie schien zu wütend, als dass sie die feine Veränderung seiner Mimik wahrnehmen würde.
Ivy war schockiert, als Mike auf einmal aufgesprungen war und sie so aggressiv ansprach. Die Kekse fielen um und allesamt in das dreckige Gras. Aber nicht nur die Kekse, sondern auch die Sandwiches, die Ivy mit so viel Liebe gemacht hatte, lagen nun im Dreck. Auch wenn es sie traf, dass Mike einfach absolut egal war, dass er nun die Sachen umgekippt hatte, traf es sie noch mehr, dass Mike so mit ihr sprach. Die Aggression die er ihr entgegenbrachte machten Ivy für einen kurzen Moment sogar Angst. Doch seine Worte machten sie wieder nur wütend und die Angst verschwand direkt. Natürlich würde ich dir glauben, weil ich dir vertraue und ich nicht glaube, dass du mich anlügen würdest! Gab sie ebenfalls in einem wütenden Tonfall zurück und ihr Gesichtsausdruck wurde auch wütender. Somit wurde auch der Druck wieder einmal deutlich erhöht und sie spürte, dass sie es nicht mehr länger unterdrücken könnte. Das Mike sich ebenfalls ein wenig verändert hatte, konnte sie kaum bemerken, denn sie war zu sehr damit beschäftigt, gegen diesen Druck anzukommen. Sie hatte sich nun aber nicht mehr unter Kontrolle. In Panik drehte sie sich von Mike um und wollte einfach wegrennen, doch sie kam nur ein paar Meter weit, dann ging sie auf die Knie. Sie sah ihren Arm an, der sich schnell und deutlich veränderte. Man konnte weiße Drachenschuppen erkennen und wie sie rasant großer wurden. Mit verzweifeltem Gesicht drehte sie sich zu Mike um. Ich will das nicht! Sagte sie verzweifelt, doch ihr Gesichtsausdruck änderte sich stark und die Wut in ihr nahm überhand. Ihr Körper wurde immer größer und größer und nach einigen Momenten stand ein ausgewachsener Drache vor Mike, der wütend Eis in den Himmel spuckte und ihn dann anbrüllte. Ivys Sicht war total vernebelt. Sie sah nicht Mike, den Typen, den sie so sehr mochte vor sich, sondern einen bösen Kerl, der mit seinen Artgenossen ihren Freund getötet hatte. Auch wenn dies nicht wahr war, so konnte sie als Drache mit so einer Wut in sich nicht mehr klar denken.
Ivys Worte kamen durchaus bei ihm an, doch er konnte sich kaum auf die Bedeutung dieser konzentrieren. Somit hatte er keine Antwort parat. Und selbst, wenn er sich eine passende Antwort ausgedacht hätte, wäre er wahrscheinlich nicht dazu gekommen, diese zu äußern. Die Blauhaarige wandte sich ohne ein weiteres Wort von ihm ab und ging kurz darauf in die Knie. War sie gestolpert? Hatte sie sich verletzt? Sein Ärger wich der Sorge, zumindest für einen kurzen Augenblick. Obwohl seine Gliedmaßen nach wie vor brannten wie Feuer, stolperte er einige unkoordinierte Schritte auf Ivy zu. Besorgt betrachtete er das Mädchen, das vor ihm kauerte. „Was ist los?“, brachte er lediglich stockend heraus. Sein Blick fiel auf die hellen Schuppen, die sich erst auf Ivys Arm abzeichneten und dann über ihrem gesamten Körper wanderten. Das Mädchen, das ursprünglich nur wenige Zentimeter größer war als er, wuchs innerhalb weniger Sekunden zu einem ausgewachsenen Drachen heran. Angsterfüllt stolperte Mike nach hinten, fiel beinahe und konnte gerade noch so seine Balance halten, während seine Augen das Wesen vor ihm beobachteten. Es hatte nichts mehr mit der Ivy, die er kannte, gemein. Er zweifelte sogar daran, dass es sich um Ivy handelte. Doch wer sollte es sonst sein? Immerhin hatte er ihre Verwandlung hautnah miterlebt. Auch wenn der Drache ihn zumindest momentan nicht anzugreifen schien, wuchsen Furcht und Misstrauen in ihm. Was sollte er tun? Weglaufen oder Ivy gut zureden? Funktionierte sowas nicht nur in Filmen? Mike war zwiegespalten. Vielleicht war es genau dieser Unmut, der das Fass letztlich zum Überlaufen brachte. Er spürte nur noch, wie der Stoff seines T-Shirts aufplatzte, um der weitaus größeren Gestalt des Werwolfs Platz zu schaffen. Ihn überkam sowohl ein Gefühl von Erleichterung als auch eins von immer größer werdender Anspannung. Das kannte er nur zu gut… zwar hatte er sich momentan noch etwas mehr unter Kontrolle als in herkömmlichen Vollmondnächten, doch machte ihm der Druck nichtsdestotrotz enorm zu schaffen. Es dauerte keine fünf Sekunden bis aus dem schmächtigen Schüler ein ausgewachsener Wolf mit angriffslustiger Miene geworden war. Mike stieß als Reaktion auf Ivys Eis, unwillkürlich ein lautes Jaulen aus. Dass man sie vielleicht in der Stadt hörte, blendete er vollkommen aus. Geblendet von Wut spannte er seinen gesamten Körper an und knurrte den Drachen feindselig an. Die Tatsache, dass es sich dabei um Ivy handelte, entfleuchte seinem Verstand. Es ging ihm nun nur noch darum, in der Auseinandersetzung nicht den kürzeren zu ziehen. Aufgebracht bellte er mehrmals und schüttelte sein dunkles Fell, initiierte jedoch noch keinen Angriff gegen Ivy. Noch überwog glücklicherweise die Vernunft in ihm.