Der große Speisesaal im Parterre des Wohnheims bietet Platz für unzählige hungrige Mägen. Zu Schulzeiten breitet sich hier morgens und abends der Geruch frisch zubereiteter Mahlzeiten im gesamten Erdgeschoss aus, die von der alteingesessenen Sayaka liebevoll zubereitet werden, die den Heimbewohnern schon lange nicht mehr fremd ist. Auch am Morgen kümmert sie sich darum, dass das Frühstücksbuffet immer nachgefüllt wird und am Abend steht sie an der Essensausgabe. Sie schenkt den Schülern nicht nur eine warme Mahlzeit, sondern auch ein wohltuendes Lächeln. An manchen Tagen lässt sie sich allerdings von einer wohlgenährten Frau mittleren Alters vertreten, die nur sehr wortkarg ist und gerne auch zu kleine Mahlzeiten austeilt.
Der Speiseplan
Montag - 20.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts
MittagsTsukune-Don - Hähnchenbällchen-Spieße mit Yakitori Soße auf Reis
AbendsGebratene Nudeln mit Tofu und Gemüse
Dienstag - 21.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts
MittagsGericht - Miso-Suppe, Wok mit Gemüse und Reis
AbendsGericht - Gebratene Weizennudeln mit Rindfleisch und/oder Gemüse
Mittwoch - 22.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts
MittagsGericht - Reis/Kartoffeln mit Tafelspitz und Meerrettich
AbendsGericht - Spaghetti Napoli
Donnerstag - 23.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts
MittagsGericht - Lasagne mit Salat
AbendsGericht - Toast Hawaii
Freitag - 24.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts
MittagsGericht - Hühnersuppe mit Nudeln oder alternativ reine Gemüsebrühe
AbendsGemüsepfanne -
Samstag - 25.07.2015
MorgensBuffetfrühstück - versch. Sorten Brot/Brötchen, Getränke und Beläge aller Art, Pancakes, Waffeln, Früchte, Müslis und Joghurts, nur heute: frische Spiegeleier vom Wachtelhuhn!
MittagsGericht - Hähnchenbällchen-Spieße mit Yakitori Soße auf Reis
Tatsächlich müsste Jack wahrscheinlich jeden Tag Mittags und Abends essen gehen, damit er überleben würde. Zum Glück gab es hier im Wohnheim einen Speisesaal, indem sie ordentlich kochten, denn ansonsten würde sein Geldbeutel wahrscheinlich Staub ausspucken, anstatt Geld. Nicht jeder konnte es nachvollziehen, aber er konnte sich gut vorstellen, dass Gabriel wusste, was er damit gemeint hatte. Es war halt das Leben. Man brauchte Geld ja auch noch für andere Dinge, außer essen. Da fiel dem Neuseeländer plötzlich ein, dass er sich eigentlich mal Shorts kaufen wollte. Im Sommer konnte er nicht ohne diese leben und so viele hatte er nicht mehr. Das gelegentliche Waschen hatte bei einigen schon Löcher verursacht und diese konnte er eindeutig nicht mehr anziehen. Naja, so war das Leben halt. Im Kopf ging der Dämon sein Geld im Geldbeutel durch. Es war nicht allzu viel, aber für ein paar Shorts würde dies sicherlich reichen. Ob er aber heute noch dazu kommen würde, war eine andere Frage, denn er musste ja noch die Arbeiten vom Gärtner fertig machen. Wobei er hier mit dem Rosengarten schon fast fertig war. Es fehlte nicht mehr viel. Eventuell könnte er im Anschluss ja kurz einkaufen gehen. Aber das war ein Thema für später. Die Lasagne war eindeutig wichtiger im Moment. Jack hoffte, dass sein Arbeitskollege nicht nur Pizza, sondern auch dieses Gericht machen konnte. Doch leider war es nicht der Fall. Ein leicht enttäuschter Gesichtsausdruck machte sich bei ihm breit. Der Dämon hatte sich doch schon darauf gefreut eine leckere Lasagne zu essen… Naja, da konnte man nichts machen. Als Gabriel dann noch das Rezept erwähnte, dachte der Neuseeländer an die Zeit zurück, als er selbst mal versucht hatte, eine Lasagne zu machen. Tja, was soll man dazu noch groß sagen? Es war eine Katastrophe und am Schluss wäre es wahrscheinlich einfacher gewesen die ganze Küche einfach abzureißen und eine neue hinzustellen. „Hm… Ja, ein Rezept könnte helfen, wenn ich das nicht alleine mache… Ansonsten könnte es zu einem Problem in der Küche kommen“, sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Pietro hatte einen neuen Pizzabäcker? Gabriel wusste wohl einiges, was hier auf der Insel so vor sich ging. Er schien auch ein wenig kritisch gegenüber dem neuen Küchenchef des Restaurants zu sein. „Wenn das so ist, dann müssen wir mal hin und es ausprobieren. Du bist ja der Pizzabäcker hier, du wirst wahrscheinlich am besten sagen können, ob sie gut ist oder nicht“, antwortete er seinem Arbeitskollegen mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Zwar kannte Jack seine Pizza noch nicht, aber schlecht würde sie sicherlich nicht sein, wenn dies das Gericht ist, das er beherrschte. Somit aß der Neuseeländer sein essen zu ende. Jetzt war er pappsatt. Der Blonde lehnte sich nach dem Essen zurück und tätschelte sich mit der rechten Hand ein wenig auf den Bauch. „Puh… jetzt bin ich satt. Wie siehts bei dir aus? Hast du noch Platz für einen Dessert?“, fragte er seinen Gegenüber gespannt. Jack selbst würde bei allem, außer vielleicht bei einem Eis, platzen.
Eigentlich war Gabriel kein Koch. In der Pizzeria hatte er nur gelernt, wie man eine ordentliche Pizza hinbekam. Die restlichen Gerichte machte der Chef höchstpersönlich. Zugesehen hatte der Hüne schon oft, doch was daraus gelernt eher weniger. Der enttäuschte Blick entging dem Erzieher keineswegs. Dass Jack selbst keine Lasagne hinbekam, war offensichtlich. Schon zuvor hatte er erzählt, wie er die Küche eher in Brand setzte, als sie produktiv zu nutzen. "Wenn du möchtest, könnten wir in der Wohnheimküche mal ein Rezept ausprobieren. Ich muss nur noch kurz nachfragen", erklärte der Gepiercte und hatte natürlich kein Problem damit beim Chef des italienischen Restaurants nachzufragen. Bestimmt konnte er ihm eine ungefähre Angabe machen, wie seine Lasagne zubereitet wurde. Der Erzieher ging tatsächlich darauf ein, dass ein neuer Pizzabäcker am Werk war. Nun wollte er wirklich mit ihm dort hin um den neuen Bäcker auszutesten. "Auf jedem Fall wird sie anders sein. Ob sie besser ist, würde ich sehr gerne von dir hören.", erläuterte der Blondschopf und blickte ihm fordernd ins Gesicht. Das könnte interessant werden, wenn er ehrlich sagte, wessen Pizza nun besser schmeckte - seine oder die des neuen Pizzabäckers. Und würde er ihm noch nicht verraten, dass er derjenige war, der zuvor seine Pizzen zubereitet hatte, war er bestimmt auch ehrlich und konnte ohne sich zu genieren aussprechen, dass womöglich Gabriels Pizza nicht so gut schmeckte wie die des neuen Pizzabäckers. Auf die Frage des Gärtners schüttelte der Hüne deinen Kopf. "Nee, mehr geht nicht. Dessert verschieb ich auf den Abend", teilte der junge Mann seinen Essensplan mit seinem Gegenüber und lehnte sich ebenso zurück. Gabriel wusste, dass man Sympathiepunkte erreichen konnte, wenn man den Gesprächspartner widerspiegelte, weshalb auch er seine Handflächen auf den Bauch ablegte und seine langen Beine ausstreckte um es etwas gemütlicher zu haben. Es war nicht sonderlich viel auf dem Teller gewesen, sodass er beinahe platzte. Aber bei dem Wetter war es auch nicht sonderlich attraktiv viel zu essen und mit einem dicken Bauch umherzustolzieren. "Wirst du im Garten noch weiter machen? Es soll ziemlich heiß werden heute", fragte der Norweger nach und konnte nur wiedergeben, was im Wetterbericht stand. Dass es bereits jetzt zu Mittag die hohen Temperaturen erreicht hatte, wusste er zwar, wenn er auf den Thermostat blickte, jedoch nicht anhand der gefühlten Wärme - schließlich konnte er diese nicht spüren. Unter seiner langen Jeans begann er zwar schon fast an zu schwitzen, doch da sie sich gerade im großen Speisesaal befanden, war das noch recht in Ordnung. Sobald er wieder zurück nach draußen ging und in die Sonne stand, würde er spätestens bemerken, wie warm es war, wenn seine Kleidung durchgeschwitzt wurde.
Jack Wilson
Jack Wilson
160 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Eine knielange weite Jeans, ein dunkles T-Shirt und dunkle Sneakers
Jack hätte gerne seine Lasagne, aber man konnte halt nicht alles im Leben haben. Trotzdem überraschte ihn die Aussage seines Arbeitskollegen sehr, der wohl gerne mit ihm ein Rezept ausprobieren würde. „Wenn wir das gemeinsam machen, dann gerne!“, antwortete ihm der Blonde freundlich lächelnd und mit sehr viel Enthusiasmus. Alleine würde er sich auf keinen Fall trauen, irgendetwas überhaupt selbst zu kochen. Aber das war ja auch nichts Neues. Die Putzfrauen waren wahrscheinlich um jeden Tag froh, an dem der Dämon nicht auf die Gedanken kam, sich etwas selbst zu kochen. Es war wirklich schlimm mit ihm, aber Jack machte daraus auch kein Geheimnis mehr. Es war halt, wie es eben war. Doch mit einer Person, die offensichtlich kochen kann, würde er sicherlich nochmals einen erneuten Start wagen. Ob dies für Gabriel jedoch in einem Chaos enden würde, war sicherlich noch offen. Die Neugier auf die neue Pizza in der Pizzeria war hoch. Wie diese wohl schmecken würde? Da Gabriel auch mehr Erfahrung damit hatte, machte es eindeutig mehr Sinn, wenn er diese auch probieren würde. Doch seinem Arbeitskollegen schien es mehr zu interessieren, wie ihm die Pizza schmeckte. „Aber… du bist doch hier der Experte. Ich kann dir meine Meinung dann natürlich mitteilen, aber ich bin ja nur eine gewöhnliche Person…“, sagte Jack und versuchte ihm noch nebenbei zu übermitteln, dass er eventuell nicht die richtige Person für eine Bewertung beim Essen war. Zu viele Pizzen hatte er ja nicht in seinem Leben, da auch einige Tiefkühlpizzen im Backrohr nur noch schwarz waren. Aber er würde sein Bestes geben, wenn es soweit war. „Eventuell könnte ich ja davor noch deine Pizza probieren, um das richtig bewerten zu können“, fügte er noch mit an, um so die Wahrscheinlichkeit einer guten Bewertung seinerseits zu erhöhen. Ob Gabriel darauf eingehen würde, war eine andere Frage. Auf einen Dessert konnte der Dämon gerade verzichten, aber nicht nur er, sondern seinem Arbeitskollegen ging es genauso. Er nickte nur zustimmend. Das Essen war viel zu viel gewesen. Aber das war hier im Speisesaal nichts neues. Nachschub konnte man sich auch holen, wenn man mit den Angestellten kein gröberes Problem hatte. Ansonsten konnte es schon mal vorkommen, dass sie nicht mehr mit Nachschub dienten. Jedoch war das wirklich selten. Mittlerweile waren die beiden Arbeitskollegen mit dem Essen fertig und der Nachmittag rief schon langsam aber sicher nach ihnen. „Hm… Ja, ich muss leider noch einiges im Rosengarten machen. Aber ich werde es schon überleben. Was hast du jetzt nachher noch so vor?“, gab er die Frage an den Blonden zurück. Nachdem die beiden fertig mit allem waren, stand der Dämon langsam auf. „Sooooo ich muss jetzt langsam mal wieder an die Arbeit, oder ich werde heute nicht mehr fertig. Bis dann“, verabschiedete sich der Neuseeländer und verräumte sein Tablett, ehe er sich auf den Weg wieder machte.
Nun, so hatten die beiden wohl ein Date mit der Küche und konnten ausprobieren, wie die Beiden sich dabei aufführten, wenn sie eine Lasagne kochen wollte. Zur Sicherheit wird Gabriel noch nachsehen, wo der Feuerlöscher sich befand um kein Risiko eingehen zu müssen. Doch all zu schlimm malte er sich die Szene nicht aus. Vielleicht wird es auch amüsant für den jungen Erzieher. Dass Jack den Hünen als Pizza-Experte einstufte war zwar sehr schmeichelnd, doch kannte er ja schlussendlich nur seine eigene Pizza, wobei er das Backen bei einem richtigen Meister gelernt hatte. Und weil ja so viele immer wieder ins Restaurant kamen um etwa ein und die selbe Pizza wieder und wieder zu essen oder sich durch die Pizzakarte zu schnabulieren, war das für Gabriel Bestätigung genug, dass es schmeckte, so wie er die Teigflade backte. Kurz horchte er auf, als Jack sich als normale Person abstempelte. "Hm? Wie meint er das?", grübelte der Blondschopf, "Bin ich etwa nicht normal?" Seine grünen Augen verengten sich ein wenig. "Bin ich etwa immer noch der bunte Hund von Isola?" Bei dem Gedanken zog sich der Magen zusammen, sodass er ziemlich abrupt aufstand, nachdem sein Gegenüber erklärte, er wolle noch zuerst eine Pizza von ihm probieren. Mit einem mürrischen "Mh." schnappte er sich sein Tablett um es zurückzugeben. "Ach, nichts weiter", beantwortete er die Frage nach seinen Zukunftsplänen und lief zügig zur Geschirrabgabe, legte dort seine Sachen hin, ehe er wieder zurück zum Tisch kam und sich mit beiden Händen an der Rückenlehne des eigenen Stuhles nach vorne lehnte. "Muss ich regelmäßig nach dir sehen, dass du nicht überhitzt am Boden liegst?" Ja doch, ein wenig machte er sich Sorgen um seinen Arbeitskollegen. Denn er kannte die Situation der Überhitzung und damit war nicht zu scherzen. Wobei Gabriel zugeben musste es besser auszuhalten, da er ja keine Schmerzen verspürte. Doch die Enge in der Lunge und das Nicht-Nachdenken-Können aufgrund veringerter Gehirnfunktion war schon des Öfteren vorgekommen. "Pass auf dich auf, bis dann!", verabschiedete sich der Hüne und blieb noch einen Moment am Tisch stehen, als Jack aus der Tür trat und wohl im Garten weiter seine Arbeit erledigte. "Gewöhnliche Person... Tze...", zischte er, ehe auch er sich abwandte und den Speisesaal verließ.
Cynthia hatte keinen Plan wie schnell sie ihre Beine zurück zum Wohnheim getragen hatten, aber es war auf jeden Fall rekordverdächtig. Schnelle Schritte ließen sie letzten Endes die kleinen Stufen zum Eingang emporstapfen, ehe sie sich auf dem Weg in ihr Zimmer zum Trampeltier verwandelte. Mal wieder sichtlich erschlagen von all den verschiedenen Duftnoten, die sich hier im Flur verteilt hatten. „Der Scheiß hört auch nie auf …“, grummelte sie vor sich hin, bevor ihre Haut Bekanntschaft mit dem warmen Wasser der Dusche machte. Glücklocherweise an einem Moment, wo niemand sonst die erfrischende Wirkung des warmen Nass aufsuchte. Eine Horde wildgewordener Cinderellas hätte ihr nämlich gerade noch gefehlt. Auch wenn ihre Faust das Training vielleicht gebrauchen könnte. Vorausgesetzt die Tussen gingen ihr so stark auf den Sack, dass es nicht anders lösbar war. Glücklicherweise hatte die Löwin auf dem Weg hierher schon vorzeitig zu ihrer monotonen und desinteressierten Einstellung zurückgefunden. Die Gefahr, dass sich jemand mit ihr über das Wetter unterhalten würde, war also mehr als nur minimal. Falls die Chance überhaupt vorhanden war. Deswegen hatte die Blondine auch keinerlei Probleme sich im Vorraum wieder anzukleiden und anschließend – mit den Augen leicht auf Halbmast – in Richtung des Speisesaals zu marschieren. Wie gewohnt hatte sie sich nicht die Mühe gemacht einen neuen Look rauszusuchen. Ihre roten Hotpants, das weiße Tanktop und die schwarze Lederjacke fanden auch jetzt wieder ihren Platz am Körper der Löwin. Den Look des Schulrowdys erfüllend und gleichzeitig die Legitimierungsgrundlage dafür liefernd, alle anderen Gestalten auf dem Weg einfach zu ignorieren.
Nur das Essen bekam nach dem Eintreten die Ehre sich ihrer vollen Aufmerksamkeit sicher zu sein. Sehr zum Leidenswesen des dort anwesenden Personals, denn Cynthia war nicht bekannt dafür ihr Tablet aus Höflichkeit so minimalistisch wie möglich zu belegen. Nein, sie brauchte Nahrung – viel Nahrung! Je voller der Teller, desto besser! Es wunderte also nicht, dass die Blondine mit Müsli, vier Brötchen, einem Croissant und einer Menge Wurst an einen der vielen freien Tische stolzierte. Ihren Schweif voller Vorfreude auf das Essen grazil von links nach rechts wandern lassend, ehe er sich gezwungenermaßen durch die hintere Öffnung des Stuhls quetschen musste. Was gleichzeitig aber das Ende ihrer Strapazen bedeutete. Denn nun hatte sie ihre absolute Ruhe. Keine nervigen Stimmen, kein Möchtegern-Poser, der sie auf ein Eis einladen wollte. Gar nichts wagte es ihr in diesem Moment auf die Nerven zu gehen … und das war schön. Nach dem gestrigen Tag aber auch mehr als verständlich, wenn man so will. So ein bisschen Distanz hatte eben ab und an auch was. Ob sie nachher einen Abstecher in die Schule machen sollte? Vielleicht gab’s ja ne Tür, die man nicht abgeschlossen hatte. Dann konnte sie sich eventuell wieder an’s Klavier pflanzen und weiter üben. Hatte sie schon ne halbe Ewigkeit nicht mehr gemacht …
"Man widerspricht oft einer Meinung, während uns eigentlich nur der Ton, mit dem sie vorgetragen wurde, unsympathisch ist." - Friedrich Nietzsche
Stille fegte über die Gänge des Wohnheims. So frisch die Sonne an den Fensterbänken nagte, so eifrig sägten die Schüler*innen an ihren Traumbäumen; nicht dass Mathéo hinter jeder Tür Schnarchgeräusche hören konnte. Er lauschte nicht mal. Stattdessen schlich er an allen vorbei und suchte die Toiletten. Sogar die Duschen hätten ihm gereicht, solange er die Tür hinter sich schließen konnte. Ungestört und unbeobachtet konnte er mittels einem Wurmloch sowohl das heilende Glöckchen als auch ein paar Klamotten herbeiholen. Im Gegensatz zu Isa stand er nämlich nach seiner Rückverwandlung ohne einen Fetzen Stoff am Körper da. In dem mangelhaften Aufzug rauszugehen, könnte neidische Blicke auf ihn ziehen. Und um das zu vermeiden, hatte er eben direkt ein paar Sachen mitgenommen. Am Ende kehrte er in recht legeren Klamotten auf die Gänge des Wohnheims zurück. Seinen Hintern suchte man vergeblich in einer Kombination aus Jogging- und Haremshose. Sie besaß sogar ein leicht orientalisches Muster, wogegen Reisverschlüsse einige Taschen andeuteten, was wiederum untypisch für eine Haremshose war. Der moderne Flair erhielt also Einzug. Vor allem schlicht sah es dagegen auf Brusthöhe aus. Passend zum guten Wetter trug Mathéo ein tristes, weißes Tanktop. An den Schulterblättern und überhaupt hinter dem blütenweißen Stoff ließen sich auf dem Rücken des Tristams leicht die Tätowierungen wahrnehmen. Um die Stirn trug er ein zur Hose passendes Stirnband. Auch die typische Augenklappe fehlte nicht. Jedoch trug er zusätzlich noch eine Brille mit runden, grün getönten Gläsern und an den Ohren klimperte orientalisch angehauchter Schmuck. Da trug er für gewöhnlich entweder nichts oder nur sehr dezentes. Doch irgendwie hatte er heute etwas Lust auf Orient - gepaart mit einer modernen Note.
Was aber nun? - fragte er sich. Einfach nach Hause laufen und Julia erklären, warum er so plötzlich verschwunden und bis zum Morgen nicht zurückgekehrt war, war so früh am Tag eine viel so komplizierte Aufgabe. Also drückte er sich lieber davor und beschloss, zuerst einmal Frühstück zu finden. Kurz überlegte er, ob er einfach in den Speisesaal gehen konnte. Zwar wohnte er nicht im Wohnheim, aber er war ja quasi Gast. Isas Gast. Und Gästen bot man etwas zu essen an. Außerdem war er Schüler an der hiesigen Schule. Nicht dass Wohnheim und Schule zusammenhängen mussten, könnte es dennoch als überraschende Rechtfertigung herhalten. Und vielleicht … fiel es einfach niemandem auf, wenn er sich unauffällig ein Tablet nahm und das Buffet leerte. Immerhin sah er noch aus wie ein Schüler: jung, wissbegierig, arrogant.
Tatsächlich hatte er sich also für den Gang in den Speisesaal entschieden. Kaum eine Seele war bereits dort, verriet ihm ein schneller Blick durch den Raum. Nur vereinzelt saßen die Nasen mit vollen Tellern an voneinander entfernten Tischen. Wer nicht zusammensaß, der machte besonders deutlich, dass er sich bewusst dafür entschieden hatte. Eigentlich eine perfekte Einladung für den Tristam, die Bedürfnisse seiner Mitschüler mit Füßen zu treten. Solange dabei seine Tarnung nicht aufflog … Ein Tablet war schnell zugegen, Teller flogen ihm förmlich zu. Die Angestellten schauten sowohl skeptisch als auch besorgt, als sie den Tristam bei seiner viel zu motivierten Vorführung beobachteten. Früchte folgten für den peppigen Einstieg. Dazu gab es ein Kännchen Milch für die Schale Müsli. Die eigentliche Attraktion sollten jedoch die warmen Zutaten sein. Speck und Rührei gab es genug, sogar kleine gebratene Würstchen konnte er sich krallen. Und was das Brot anging, so gab es ein paar Scheiben Toast. Zuletzt fehlte nur noch ein passendes Getränk. Hierfür füllte er sich die Tasse mit schwarzem Tee und nahm sich erneut ein Kännchen Milch. So war das Tablet ordentlich gefüllt und stellte absolut keine Empfehlung zum Jonglieren dar. Doch Mathéo wäre nicht der zaubernde Pirat, wenn er nicht mit magischer Lockerheit sein Tablet zu balancieren wusste.
Die letzte Herausforderung an diesem Morgen wurde vorerst die Frage nach einem Sitzplatz sein. Ganz alleine wollte er nicht bleiben, also plante er, einen der Einzelgänger zu nerven. Gleichzeitig dachte er daran, dass Isa aufwachen und ebenfalls hierherkommen könnte. Sie würde sich sicher wundern, warum er im Wohnheim frühstückte. Vielleicht würde sie sogar eine große Nummer draus machen und dann wäre seine Tarnung direkt aufgeflogen. »Hm«, murmelte der Tristam. Zum Glück hatte sich ein Mädel mehr abseits vom Hauptblickfeld des Saals niedergelassen. Kannte er sie? Mathéo war sich nicht sicher. Die Nase hatte er sicher schon mal gesehen und auch die katzenartigen Ohren waren ihm sicher schon unter die Augen gekommen. Doch gut zuordnen konnte er sie nicht. Wohl einfach eine von vielen, die er schon zig mal gesehen doch nie angesprochen hatte. Grund genug also, daran nun etwas zu ändern. Von einer Mieze zur nächsten, dachte er sich. Zum Glück hatte er sich umgezogen und auf feinem physikalischem Wege die letzten Duftstoffe verbannt. Nichts war schlimmer als wenn Mädels sich gegenseitig wittern konnten. »Hey, na, schönes Wetter draußen, hm?« Damit tauchte er plötzlich neben der blonden Katzendame auf, die sich - nebenbei bemerkt - nicht gerade wenig fleischiges Zeug auf den Teller geworfen hatte. Mathéo grinste in sich hinein, vielleicht auch etwas nach draußen, als ihm dies auffiel. »Ich nehm mir mal den Platz, danke«, lud er sich quasi selbst ein. »Hoffe, es stört nicht zu sehr. Aber auch glaube, wir kennen uns noch gar nicht; dabei habe ich dich schön öfters gesehen. Ich bin Mathéo.«
Eigentlich hätte sie es wissen müssen. Nein, sie hätte es regelrecht erwarten sollen. Allerdings war die Vorfreude auf etwas zwischen ihren Reißzähnen so stark, dass sie erstmal jegliche Feindseligkeiten gegenüber ihrer Umgebung einstellte. Genau der Moment, den ihr Feind schamlos ausnutzte. Ohne Spaß, Irgendwas musste sie doch an sich haben, dass die Leute wie Schmeißfliegen zu ihr hintrieb. Konnte ihr doch langsam keiner mehr erzählen. Dabei ging sie anfangs noch davon aus, dass hier wieder Oliver die Chance nutzte, eine von ihr verpasst zu bekommen. Sie überlegte also kurz, ihm einfach ohne Kommentar eine reinzuhauen und dem Bonobo zu sagen, er solle sich gefälligst aus ihrem Territorium verpissen. Aber als sich ihre gelben Augen vom Teller erhoben und die Grinsebacke vor sich erblickten, stieß sie einen sichtlich gelangweilten Schwall an Luft aus. Das reichte aber leider nicht aus, um den rothaarigen Typen aus ihrer heimischen Hemisphäre zu pusten. Cool, der nächste Freak. Richtig geil – nicht. Na, wenigstens erinnerte sie diese Hose ein kleines bisschen an ihre Heimat, was zumindest ihren ersten Kommentar bezüglich seines Looks schon im Ansatz erstickte. Ihrer Laune half das allerdings nicht wirklich. Stattdessen schien ihn die mangelnde Antwort zu seiner ätzenden Wetterfrage nur noch mehr anzustacheln sein verdammtes Maul aufzureißen. Was war so schwer für Leute einfach mal ihre verdammte Fresse zu halten? Sie laberte doch auch nicht jeden beim Frühstück an ... meine Fresse. „Schön für dich.“, präsentierte sie ihr nicht vorhandenes Charisma und zuckte einmal sichtlich gestresst mit ihren Ohren, „Willst du jetz' nen Orden dafür?“. Was ebenso eloquent desinteressiert ihre Lippen verließ, wie der vorherige Kommentar. Sie hatte sich nämlich schon längst etwas anderem gewidmet. Mit einem raubtierartigen Blick verfolgte die Löwin einen kurzen Moment jeden seiner gierigen Griffel, wie sie sich über den Tisch bewegten, ehe sie sich dazu entschied präventive Maßnahmen zu ergreifen. Deswegen nahm sie auch sogleich ihr Tablett und zog es etwas weiter zu sich, was einen kleinen Teil davon bereits über die Tischkante schob. Erst, wenn das Futter einigermaßen sicher war, konnte man mit der gelangweilten Routine fortfahren. Normalerweise wollten die Leute was von ihr, wenn sie sich schon hier hinpflanzten. „Was willst du, Grinsebacke?“, kam sie deswegen gleich zum Punkt und stopfte sich im gleichen Atemzug eines ihrer Brötchen in den Mund, auf dem sie gesittet – aber irgendwie auch recht aggressiv – herumkaute. Als ob sie sich die Mühe machte höflich auf seine Antwort zu warten. Er hatte sich zu ihr gesetzt. Wenn ihn das also nicht davon überzeugte, gleich wieder das Weite zu suchen, wusste sie auch nicht. Konnte ja nicht jeder so penetrant sein wie dieser dunkelhaarige Poser, welcher mit @Caiwen zu schaffen hatte. Wenigstens konnten die beiden ihr gerade keine Waffel mehr an die Birne pfeffern … oder es zumindest versuchen. Was sie allerdings noch mehr Verwunderte … und das fiel ihr erst jetzt wirklich auf. Warum zum Fick roch er, als wäre er gerade aus dem Waschsalon gestolpert? Oder anders gesagt: Warum hatte der Typ so NULL FREMDGERUCH an sich?! Verwirrt holte Cynthia einmal kurz Luft durch die Nase, um eine Irritation durch das Essen auszuschließen. Das Ergebnis gefiel ihr aber ganz und gar nicht. Als ob er auf dem Weg hierhin jegliche Spuren der Umgebung einfach von sich abperlen lassen hatte. Scheiße, war das so ne Fähigkeit von dem Typen? Nen verdammter Meister Propper? Hier auf der Insel? Jetzt hatte sie echt alles gesehen – oder gerochen. „Oder bist du nur gekommen um mir auf den Sack gehen, weil es sich gerade anbietet, huh?“. Oder der Typ hörte sich selbst gerne reden, konnte auch sein. Solche Leute brauchten ja bekanntlich immer ein Opfer, dass ihren Dünnpfiff ertrug. Ihre Aufmerksamkeit hatte er in jedem Fall, ob sie das nun selbst wollte oder nicht. Ha … am Ende kam raus er hatte mit irgendeiner Cinderella hier was zu tun und die hatte sie wegen irgendetwas angeschwärzt, anstatt mal selbst anzukommen. Wäre ne Möglichkeit, der Flurfunk in diesem Loch war so tief wie das Abyss. Nicht, dass es sie interessierte …
"Man widerspricht oft einer Meinung, während uns eigentlich nur der Ton, mit dem sie vorgetragen wurde, unsympathisch ist." - Friedrich Nietzsche
Mathéo nahm seine Tasse und stellte sie etwas abseits, solange der Tee ziehen musste. Die Milch schob er direkt dazu, um nicht durcheinander zu kommen. Statt weiterhin Energie zu versprühen, entschied er sich schnell, mehr Ruhe in seine Bewegungen einfließen zu lassen. Ganz der britischen Manier kümmerte er sich um Speis und Trank mit gemütlicher Vorsicht. Ihm gegenüber saß eine bis dato unbekannte junge Dame. Drum hatte er sich auch zu ihr gesetzt, um diesen Umstand zu ändern. Doch schon vom ersten Moment an hatte sie klarstellen wollen, wie sehr sie selbst seinem Plan widerstrebte. Oder er konnte auch sagen: In was für eine Anti-Sozial-Mine bin ich da gestolpert? Der Tristam beließ es erst mal bei ein paar stillen Sekunden nach den letzten Worten der zuckenden Katzenohren. Ein wenig ernst, nur ein bisschen, aber vor allem entspannt schaute er über sein Tablet hinüber zu ihrem. Dass sie es zu sich gezogen hatte, war ihm natürlich aufgefallen. Womit er das verdient hatte, wusste er jedoch nicht. Vielleicht sah er heute aus wie ein Nahrungsdieb - oder so. Musste wohl am orientalischen Flair liegen, wenn auch er sich selbst dann die Frage nicht erklären konnte. »I get it«, meinte er beiläufig klingend. Statt nun aber wirklich auf ihre Fragen einzugehen, nahm er sich seine Müslischüssel und kippte die Milch darüber. Langsam fuhr er mit dem Löffel in das bauchige Gefäß und holte ein kleines Häufchen heraus, nur um es einen Moment später schon in seinem Mund verschwinden zu lassen. Leise knusperte es zwischen seinen Zähnen. Mehr als ein Mal wiederholte er diesen Ablauf, bis die Müslischüssel einiges an Inhalt verloren hatte. Bis dahin hatte er immer noch nichts gesagt. Sein Blick wanderte auch nicht herum, er lag einfach auf dem Essen vor ihm. Erst nachdem sich seine Zunge an den Geschmack der Vorspeise gewöhnt hatte, legte er den Löffel - vorerst - beiseite. »Du verfluchst mich jetzt vielleicht dafür, dass ich mich einfach so zu dir gesetzt habe und befürchtest, dass ich dir jetzt tausend Fragen stelle, um herauszufinden, wer du bist, was du bist und und und. Ich könnte dich auch raten lassen, wer ich bin, ohne dass es dich überhaupt interessieren dürfte.«
Nun erst nahm er sich wieder seinem Tee an. Das schwarze Etwas wurde näher herangezogen und die Milch fand endlich ihren Auftritt. So wie er es konnte, wurde beides miteinander vereint. Danach schmeckte er ab, befand es für ausreichend und nippte einen längeren Zug dran. »Und vermutlich fragst du dich gerade, warum ich meinen Tee mit Milch mische. Well.« Er grinste etwas in sich hinein, ließ es auch auf seinen Lippen widerspiegeln. »Ich könnte jetzt ankommen mit Anmachsprüchen, weil du so super aussiehst und hier ganz alleine herumgesessen hast. Dein Gesichtsausdruck lässt mich sogar vermuten, dass ich weder der erste wäre noch es eine gute Idee von mir wäre. Aber tatsächlich habe ich mich hier nur hingesetzt, weil ich der Meinung war, dich schon häufiger gesehen zu haben, aber weder deinen Namen noch sonst etwas von dir weiß.« Nochmal schlürfte Mathéo von seinem Tee, dann nahm er den Löffel wieder in die Hand. Das Müsli wollte beendet werden. Doch zugleich wollte er das Gespräch nicht erneut der Stille hergeben. Während er eben noch recht höflich und sortiert artikuliert hatte, plapperte er nun parallel zum Knuspern in seinem Mund. Wie ein Adelssprössling mit Stock im Arsch wollte er immerhin nicht rüberkommen. »Also wenn du keinen Bock hast, kann ich auch einfach die Klappe halten, sure. Aber du kannst mir auch einfach was erzählen. Siehst aus wie jemand, dem oft andere auf die Nerven gehen. Und falls du dem Frust einfach mal Luft lassen willst, darfst du mir den gerne ins Gesicht klatschen.«
Bitte, was?! Hatte der Kerl das gerade wirklich gesagt? Einfach so? Puh! Heute musste ihr Glückstag sein. Oder … auch nicht, denn die erwartete zweite Reaktion blieb vollkommen aus. Nicht einen Zentimeter entfernte sich der potentielle Futterdieb von ihr, sondern blieb einfach sitzen und widmete sich seinem Frühstück. Na, immerhin hielt er jetzt erstmal seine Klappe. Brachte dem Rotschopf zwar keine Freundschaftserklärung ein, aber es war mehr, als Cynthia von den anderen Hohlköpfen hier erwarten konnte. Kam ihr ja fast schon ein wenig surreal vor, auf so viel Verständnis zu treffen. Deswegen ließ sie die anfängliche Feindseligkeit auch gleich fallen und war nun ebenfalls mit ihrem Essen beschäftigt. Mit viel Hingabe verdrückte sie ihren mit Fleisch vollgepackten Teller und ließ das Brötchen wie eine unerwünschte Beilage wirken. Tatsächlich wäre ihr ein Steak – wie gestern Abend – einfach lieber. Wenn es nur nicht so verfickt teuer wäre. Naja, who cares? Gabs das Zeug eben nur einmal die Woche, damit konnte sie auch leben. Vielleicht sollte sie auch mal hier auf den Speiseplan glotzen? Ein Gedanke, der ihre Augen spontan zur Essensausgabe wandern ließ. Dumm wäre es nicht, wenn man sich das Geldersparnis dabei vor Augen hielt … mh.
Da wusste die Blondine allerdings noch nicht, dass der Essensfrieden nur von kurzer Dauer war. Kurz nachdem ihre Ohren ein metallisches Geräusch vernahmen, drang seine Stimme an ihre zwei pelzigen Ohren. Widerwillig drehte sich ihr Kopf wieder zu dem Rotschopf, welcher schon im ersten Moment wieder diese typische Feindseligkeit in ihrem Gesicht ablesen konnte. Noch allerdings sagte sie nichts dazu. Leicht genervt davon pustete die Löwin sich ihre mittlere Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe sie genauso unbeeindruckt wieder zwischen ihren Augen landete. „Was ne Feststellung...“, komplimentierte sie seinen unglaublichen Scharfsinn und hatte das Thema damit eigentlich für sich abgehakt. Immerhin hatte er recht damit, dass sie sich im Normalfall mal so gar nicht für ihn oder andere interessierte. Dementsprechend war es ihr auch scheißegal, warum er in seinen gottverdammten Tee unbedingt Milch schütten wollte! Es konnte ihr eigentlich nicht mehr am Arsch vorbeigehen, obgleich in ihren Gedanken die Verwirrung entstand, wie zum Teufel er jetzt plötzlich auf seinen Tee kam?! Was war falsch mit dem Kerl? Und als wäre das noch nicht genug, plapperte er auch einfach weiter. Ein leises Knurren verließ ihre Kehle inmitten seiner Ausführungen, bevor sich am Ende alles ins Gegenteil drehte.
Erst war es ein schwaches Lächeln, dann grinste Cynthia kurz sichtlich herablassend. Ihre raubtierartige Zahnreihe für jeden in Reichweite deutlich zur Schau stellend. „Alter … ich kann nicht mehr, eh.“, und sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, während ihr Schwanz auf Bodenhöhe versuchte die angestaute Energie abzubauen. „Bruder, dein Tee geht mir am sowas von am Arsch vorbei, das kannst du dir gar nicht vorstellen; und wenn du nicht schon beim Hinsetzen nicht gecheckt hast, WAS ich bin … dann kann ich dir auch nich‘ mehr helfen.“, wonach sie ihre Arme verschränkte und ihn genervt anschaute. Im Gegensatz zu den anderen Pfeifen versteckte sie ihre Abstammung wenigstens nicht hinter tausenden Zaubertricks. Was auch immer die Leute hier für ein scheiß Problem damit hatten sich so zu akzeptieren, wie sie sind. Sie würde es vermutlich nie verstehen. „Also wenn du was willst, dann sülz mir nich‘ die Ohren voll. Sag’s einfach, dann gibt’s auch ne Antwort.“, und hoffentlich verstand er das auch so, wie sie es gemeint hatte. Die Hoffnung darauf, dass er gehen würde, hatte die Blondine sowieso schon längst aufgegeben. Wenn das ganze also was positives hatte, dann, dass er seiner eigenen Linie treu blieb. So ein Weichei konnte er also schonmal nicht sein. Weswegen sie sich einen Moment lang sammelte und ihm letzten Endes ein monotones „Cynthia.“ entgegenwarf. In einer gemeinsamen Klasse warne sie auf jeden Fall nicht … und in der Mondklasse wäre ihr diese Visage sicherlich auch aufgefallen. Blieb also eigentlich nur eine Möglichkeit, die sich dazu noch wundervoll mit der vorherigen Tee-Bemerkung ergänzte: Die Streberklasse mit den ganzen Fancy-Cinderellas. Vielleicht verarschte er sie aber auch einfach nur, who knows? In jedem Fall Zeit das Ganze neu aufzurollen. „Ich hab‘ zwar keinen Dunst, was dir das bringen soll, aber whatever. Deine Entscheidung. Dann schieb mal deinen Namen rüber oder ich muss mir einen aussuchen.“, und der wäre definitiv nicht nett – so viel sei gesagt.
"Man widerspricht oft einer Meinung, während uns eigentlich nur der Ton, mit dem sie vorgetragen wurde, unsympathisch ist." - Friedrich Nietzsche
Mathéo hatte zwischendrin überlegt, ob er etwas Ghetto-Slang rauskramen sollte, um mit dem Mädel auf der anderen Tischseite zu konkurrieren. Doch bevor sie sich von ihm verarscht fühlen konnte, unterließ er es lieber. Oder noch schlimmer: Sie würde ihn für seinen mangelhaften Versuch auslachen. Bisher, auch wenn er definitiv (noch) nicht ihren Ansprüchen entsprach, wahrte er wenigstens noch ein gewisses Level, von dem sie ihn nicht herunterschubsen konnte. Wenn Mathéo seine ersten Eindrücke von ihr richtig auswertete, würde er mit lächerlicher Schauspielerei, mit hochgestochenen Strebersprüchen oder mit Offenbaren von Schwäche einen miserablen ersten, zweiten und dritten Eindruck hinterlassen. Gleichzeitig wollte er sich aber nicht auf ihre Seite stellen. Lieber blieb er auf seiner und schaute den Steinen zu, die sie ihm zu warf. Vielleicht ergab sich dabei sogar eine Chance, einen Stein zu fangen und zurückzubefördern. Was er aber auf alle Fälle nur schwer aus seinen Ohren putzen konnte, war das Wort Bruder; und dann auch noch von ihr, einer Mitschülerin, einem Mädel … irgendwie passte das nicht in sein Weltbild. Aber was sollte sie auch sonst sagen? Schwester? Bestimmt nicht zu ihm. Aber wenn sie ihn so schnell als Familienmitglied akzeptiert hatte, dann konnte das Mathéo auch umgedreht. Innerlich grinsend merkte er sich den Konter schon mal vor.
Cynthia, so stellte sich die reizende junge Dame - man ignoriere die Ironie nicht - vor, schien großen Wert auf einer direkten Art und Weise zu legen. Wiederholt wies sie ihn darauf hin, einfach zu sagen, was er wollte, als wäre er ein Bote, der ein Paket abzuholen hat. Ihr zu sagen, dass er nichts explizites wollte sondern eher ein weites Feld, auf dem die beiden die Gerstenhalme abzählten, könnte bei ihr zur Verwirrung oder gar zu Brechreizen führen, dachte sich Mathéo. Einerseits sehr unterschiedlich zu ihm, andererseits auch herausfordernd. Wie schon gesagt, wollte der Tristam seine eigene Linie nicht aufgeben, doch er verspürte gleichzeitig das Gefühl, sich mit ihr die Stirn einzuschlagen.
Rüberschieben, hm? Well. Mathéo grinste, als er ihre Worte in Gedanken wiederholte, denn sofort hatte ihn ein Plan ereilt, auf dessen Umsetzung Cynthia nicht warten sollte. Also schob er sein Tablett ein wenig zur Seite, um dann mit seinem Zeigefinger seinen Vornamen auf die Tischplatte zu schreiben; und sein Stift schrieb übrigens schwarz. Als der er fertig war vollführte er mit drei Fingern eine drehende Bewegung auf der Platte, wie er es auch auf einem Tablet gemacht hätte, um ein Objekt zu drehen. Überhaupt schien er den Tisch zu einem etwas zu großen Touchscreen zu machen, denn als nächstes gab er seinem Namen einen kleinen Schubs, woraufhin dieser in passender Ausrichtung zu Cynthia hinüberrutschte, ein Mal von der Kante zurücksprang und neben ihrem Tablet zum Stehen kam. »Bitte schön, Schwester. Freut mich, dich kennen zu lernen. Und nein, ich bin kein Zauberer, falls du das jetzt denkst.« Wobei man sich auch darüber streiten konnte, ob die Definition Zauberer auf Isola zu eng betrachtet wurde. Man könnte auch einen Dämon Zauberer nennen, insofern er zaubern konnte. Zwar war ihm kein Dämon bekannt, der nicht in irgendeiner Art der Zauberei fähig war, doch wäre er dann immer noch ein Dämon. Ein Mensch, der nicht zaubern konnte, war noch ein Mensch. Und ein Mensch, der zaubern konnte … war kein Mensch mehr? Cynthia war jedenfalls ein Tiermensch, da war er sich sicher. Kein Werwolf würde so herumlaufen, zumal der Schwanz doch überhaupt nicht passte. Mathéo wollte da keinen Zweifel zulassen. Vielleicht hatte er direkt die nächste Katze getroffen. Eine Ghetto-Schläger-Katze … das passte nicht. Ein Bär wäre da besser … vielleicht war sie ein Tiger … »Hm«, Mathéo murmelte kurz nachdenklich. Er könnte sie mal fragen, ob sie sich auszog, um zu schauen, ob sie Streifen am Körper hatte, doch das könnte ein schlechter Start für eine frische Bekanntschaft sein. »Hm. Puma? Löwe? Leopard? Tiger? Weißt du, ob Tiger-Tiermenschen auch in ihrer Menschenform Streifen am Körper haben oder würde man das gar nicht erkennen?« Die Frage mochte amüsant klingen, doch sie war ihm ziemlich ernst. Die Sache hatte sein Interesse geweckt. Und sein Frühstück blieb währenddessen natürlich nicht auf der Strecke. Das Müsli war verputzt, also wurde der Toast mit Butter beschmiert. Rührei, Speck und Würstchen wollten parallel dazu dem Gaumen serviert werden.