Das Krankenzimmer ist ziemlich schlicht gestaltet. Hier und da hängen die üblichen Poster, die nunmal in einem Krankenzimmer hängen sollten. Zwei Betten, die durch Vorhänge voneinander getrennt sind befinden sich in diesen Raum. Diese sind besonders weich... und kuschelig... und verführen schlimmstenfalls zum Schlafen. Ein kleiner, chaotischer Pult, auf dem der Schularzt mit einem Computer arbeiten kann befindet sich neben den Betten. Desweiteren finden sich im ganzen Raum verteilt Medizinschränke und diverse Utensilien wie eine Waage oder ein Messgerät. An einem runden Tisch hat man die Möglichkeit, wichtige Gespräche die die Gesundheit betreffen zu führen. Der Geruch des Raumes ist wegen der vielen Desinfektionsmittel stets ein chemischer.
Nachdem die Ärztin den weiten Weg hinter sich gelassen hatte, betrat sie das Krankenzimmer und musste feststellen, dass es komplett leer war. Während sie auf ein langes Regal zulief, löste sie ihre Schnalle am Bein und lies das kleine Säckchen was umwickelt war, in ihre Hand fallen und öffnete Diese. Winzige Ampullen und Fläschen befanden sich darin. Sie waren in etwa so groß wie die Fingerkuppe eines Zeigefingers, manche mit grüner Flüssigkeit, andere mit roter, blauer, gelber etc. Es war sogut wie jede Farbe, außer der Schwarzen. Prisma hatte sie noch nicht fertigstellen können. Die Zutaten waren ihr scheinbar ausgegangen. Aus der Tasche rausgeholt nahmen die Fläschen die Größe eines Reagenzglases an. Prisma hielt sie gegen das morgendliche Licht um zu sehen ob die Flüssigkeiten schon zäh und dickflüssig wurden. Dann stellte sie eine nach der andeen in das Regal. "Endlich fertig...", murmelte die Krankenschwester und streckte sich. "Erst mal einen Tee." Prisma schnippte einmal in der Hand und eine Tasse heiß gebrühter Tee erschien. Ein weiteres Schnipsen und ein Stück Torte gesellte sich zum Tee. "Hmm... Köstlich!", genüsslich schluckte sie den ersten Happen hinunter in die dunkle Höhle die alles verarbeiten musste. Zu viel Kalorien und Zucker hatte sie ihrem Magen schon zugemutet. Aber warum musste das alles auch so gut schmecken? Das war doch einfach nur ungrecht. Die Priesterin war sich sicher, sie würden demnächst wie ein Hefekuchen einfach auseinandergehen. Das würde dann beduten: Trainieren ohne Ende! Doch als Prisma sich das vorstellte.... Ein trainingsgerät, sie joggt und futtert nebenbei Süßes. Das würde niemals funktionieren. innerlich begann sie schon zu jammern, äußerlich aber, futterte sie fröhlich an ihrem Stück Törte weiter. "Haaah...! Wie angenhem." Bereits auf einem Stuhl sitztend, lehnte sie sich zurück und legte ihre langen schönen Beine auf einem Tisch ab. "Hier ist es einfach am schönsten ein Kaffeekränzchen zu machen."
Laut, wie es eben meine Art war, öffnete ich die erste Tür, die mir vor die Nase kam. Ich kannte mich hier nicht aus und war bisher auch noch niemandem begegnet, der mir etwas über die Schule sagen könnte. Innerlich war ich wütend auf mich. Wieso hatte ich mich hier auch als Lehrerin beworben? Ich hasse kleine Rotzblagen und unterrichten kann ich auch nicht. Wäre ich aber zu Hause geblieben, wäre mir der Kopf geplatzt. In irgendeiner Großstadt zu leben wäre zu nervig gewesen. Ich kann die ganzen Paparazzi nicht ab, obwohl ich es ja eigentlich mag, mich im Fernsehn zu sehen. Ein stummes Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, bei dem Gedanken mal wieder in den Medien zu sein. Auf dieser Schule war ich mehr oder weniger unter meines Gleichen und vielleicht würde mir das ja auch gut tun. Ich betrat den Raum und bemerkte sofort diesen sterilen Geruch der mir in die Nase stieg. Das Krankenzimmer... Kurz seufzte ich, war ja klar, dass ich ausgerechnet hier landen musste. Überall Regale mit Medizin, ein Krankenbett, ein Schreibtisch und eine junge Frau mit violetten Haaren. Ich ließ die Türklinge los, die jetzt den Abdruck meiner rechten, steinernen Hand trug und musterte die Fremde. "In einem Krankenzimmer Tee und Kuchen essen?", fragte ich monoton. Kurz sah ich auf ihre Beine die sie auf dem Schreibtisch abgelegt hatte. Da fühlte sich jemand aber ganz schön wohl. Ich grinste sie an. Sie sah so jung und unschuldig aus, dass ich nicht mal wusste ob sie eine Schülerin oder Krankenschwester war. Zumindest sah sie nicht besonders außergewöhnlich aus, allerdings erwartete ich nicht einen Mensch hier zu sehen. Solange sie keine Fledermaus war, gäbe es keinen Stress.
Verschlafen schlug Miko die Augen auf und blinzelte erst ein paar Mal verwirrt, ehe sie wirklich etwas klar sehen konnte. Das ihr gegenüberliegende Bett war leer, Rosiel war wohl bereits aufgestanden... Wie spät war es denn? Langsam wanderte ihr Blick zu der Uhr, wo sie einige Sekunden lang irritiert hängen blieb. Erst, als sie sich wieder etwas gesammelt und die Müdigkeit aus ihren hellen Augen gerieben hatte, schaffte sie es, die Position der Zeiger in einen Kontext zu setzen; die direkte Folge waren ein panisches Aufreißen der Augen und ein schnelles Aufsitzen, dann sprang sie auf und zog eine der Schubladen ihrer Kommode auf. Schnell schnappte sie sich frische Unterwäsche und ein T-Shirt, die sie sich schnell überwarf, ehe sie zum Bad lief... oder es zumindest wollte. Doch sie stolperte über eine unvorsichtig gelagerte Tasche, ihre eigene. Leicht genervt stemmte sie sich hoch und trat dagegen, ehe sie erkannte, dass das ihre Sporttasche war, mit dreckigen Klamotten darin... Dann musste heute Samstag sein! Das hieß keine Schule... trotzdem sollte sie sich erst einmal fertig machen, jetzt, wo sie schon aufgestanden war.
Nicht viel später stand sie frisch gewaschen und fertig angezogen wieder im Zimmer, zog den Reißverschluss ihrer Sporttasche zu und hob diese auf, legte den Riemen über ihre Schulter, damit sie nicht herunterfiel, und wandte sich der Tür zu. Es war soweit, heute würde sie ihre Klamotten waschen, wie fast jeden Samstag. Kaum im Gang, griff sie schon nach den Kopfhörern, die um ihren Hals hingen, um diese auf ihre Ohren zu legen. Es war schön ruhig, während sie den Gang hinunter ging und an der Treppe ankam, die ersten paar Schritte hinunter machte und... abrutschte. Ungeschickt fiel das Mädchen die halbe Treppe hinunter, bis sie im Erdgeschoss angelangt war. „... Autsch...“, entließ sie gequält, ehe sie wieder versuchte, sich aufzurichten. Es tat ganz schön weh, doch sie wusste, dass ein Sturz von der Treppe wesentlich schlimmer ausgehen konnte. Ihre Beine hatte es kaum erwischt, sie taten nur beim Bewegen ganz schön weh, schienen aber weder richtig verletzt, noch angeknackst oder gebrochen zu sein. Ihren rechten Arm hatte sie sich bei dem Sturz aber leicht aufgerissen... Keine Knochenschäden, zumindest fühlte es sich nicht so an. Das war ja schon mal gut. Trotzdem tat es verdammt weh, weshalb sich die Nixe entschloss, das Krankenzimmer aufzusuchen, immerhin war das auch an Samstagen kein Problem. Es dauerte nicht lang, bis sie ankam. Schüchtern stand sie vor der Tür zum Krankenzimmer, starrte sie an. Zögerlich zog sich das Mädchen die Kopfhörer von den Ohren, hinunter, bis sie wieder locker um ihren Hals lagen, trat einen Schritt weiter vor und klopfte. Dann griff sie nach der Klinke, drückte sie hinunter und öffnete die Tür vorsichtig, um in den Raum zu spähen. Erst konnte sie nur Einrichtung sehen, weshalb sie schüchtern in den Raum trat und bereits mit ihrem Gruß begann: „Ähm, hallo...? Ich... Ich bin Miko Taidari... Ist jemand-...?“ Sie stockte, als sie die junge Frau erblickte, die ihre langen Beine über einen Tisch gestreckt hatte. Sie konnte einfach nicht anders, als ihren Blick über den Körper der Ärztin streifen zu lassen, bis hin zu den grünen Augen und dem langen, violetten Haar. Eine gewisse Röte legte sich auf ihre Wangen, während sie sie geradezu anstarrte, bis sie aus ihrer Trance erwachte und sich hastig verneigte. „Hallo, sehr erfreut!“, war ihre hastige Reaktion. Ja, dieser Frau würde sie ihren Arm anvertrauen, ganz sicher. Bei der anderen Frau im Raum sah das schon etwas anders aus, sie war viel eher... beängstigend. Vielleicht war es besser, erst einmal nicht auf sie einzugehen...
Gerade hatte Prisma ihrem Tee ein Schuss Blut hinzugegeben und trank genüsslich daraus, als jemand lautstark dei Tür öffnete und sie sich derbe erschreckte. Sie wandte den Kopf an eine Dame... Nein halt...der Halk? Nein auch nicht, eine Dämonin. Belassen wir es dabei, die eine recht tiefe Stimme besaß. Genau in dem Augenblick während sie ihr den Kopf zuwandte, wechselten ihre Augen von Grün zu Rot, ehe sie wieder nach einiger Zeit zu grün wechselten. Wie gut Blut doch schmeckte, ekelig und lecker zu gleich. Ein wunderschönes Lächeln legte sich auf das Gesicht der Schulärztin und ihre langen weißen Vampirzähne blitzten hervor. "Natürlich. Noch ist kein Patient da.", über das ganze Gesicht lächelnd, bot sie der ziemlich großen Gestalt an der Tür ein Stück Torte an,welches sie herbeigezaubert hatte und bat sie sich zu setzen, ohne dabei auch nur irgendwelche Anstalten zu machen aufzustehen, oder ihre Beine vom Tisch zunehmen. "Womit kann ich Ihnen helfen? Oder haben Sie sich einfach nur verirrt?" Prisma genoss ihren blutigen Tee mit widerwillen und trank den Tee aus um sich neuen einzuschenken. Gerade als Prisma die neu gefüllte Tasse zu Mund führte, klopfte jemand und die Tür wurde geöffnet. Ein Mädchen von dieser Schule spähte in den Raum, scheinbar traute sie sich nicht einzutreten. Schüchtern, wie sie wirkte stammelte sie irgentetwas vor sich hin, während Prisma noch immer in der gleichen Haltung zu ihr sah; mit ihrer Tasse direkt vor ihrem Mund und den Beinen auf dem Tisch. Zwischen diesem Kauderweltsch konnte sie ihren Namen geradeso heraushören. Miko Taidari. Aha. Doch sie redete nicht weiter sondern glotzte wie angewurzelt die Schulärztin an. Erst als die Violetthaarige eine von ihren feinen geschwungen Augenbrauen hob, schien das Mädchen wieder aus ihrer Traumwelt herausgekommen zu sein. Noch immer mit Augenbraue oben begrüßte sie das Mädchen mit einem kleinen monotonen 'Hi'. Schon fast schmunzelnd saß sie da, als Miko die Dämonin neben ihr ansah. Ja die Frau konnte tatsächlich etwas einschüchternd wirken. "Was führt dich zu mir Miko?", freundlich bedeutete sie ihr mit einer Geste sich auf das Krankenbett neben sich zu setzen und nahm nun endlich auch mal ihre Beine vom Tisch und strich ihren Rock glatt.
So angestarrt zu werden, war der Schulärztin wohl etwas unangenehm... Na gut, das konnte man nachvollziehen. Miko würde das wohl auch nicht mögen, aber sie hatte in diesem Moment einfach nicht anders gekonnt. Schönheit war doch so etwas Flüchtiges, dass man sie auch ansehen musste, sollte man einmal über sie stolpern, und das war hier eindeutig geschehen. Glücklicherweise wurde dieses Thema nicht weiter angeschnitten, nur eine etwas monotone Begrüßung folgte. Der süße Duft von Gebäck erfüllte den Raum, und erst jetzt bemerkte die Nixe, wie hungrig sie eigentlich war; es wäre sicherlich angenehm, hier mit der Ärztin zu sitzen, sich ein Stück Kuchen zu gönnen, sie anzusehen und mit ihr zu reden... Moment Mal, das hatte doch gar nichts damit zu tun, warum sie überhaupt erst hierher gekommen war. Leicht schüttelte Miko den Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen, dann folgte sie dem Angebot der jungen Frau mit dem violetten Haar. Sich auf das Bett setzend zeigte das Mädchen ihren Arm vor, die Wunde, die sie sich zugezogen hatte, und blickte der Ärztin in die Augen. „Ich bin vorhin auf der Treppe ausgerutscht... Dabei ist das passiert. Ich hatte Glück, ansonsten bin ich kaum verletzt.“ Peinlich berührt blickte das Mädchen nach unten, sodass die Beine wieder in ihren Blick fielen, weshalb sich gleich wieder diese Röte auf ihrem Gesicht ausbreitete. Es gab einen ganz schön großen Unterschied zwischen den beiden Frauen in diesem Raum; eine wunderschön und friedlich, die sich darum kümmerte, dass es Verletzten und Kranken wieder besser ging, die andere wirkte roh und angsteinflößend und wahrscheinlich war sie es auch gewesen, die die Türklinke so verformt hatte... Irgendwie fühlte es sich nicht so an, als würde die Nixe in dieses Bild passen. Ob sie die beiden wohl bei einem wichtigen Gespräch gestört hatte? Von draußen waren die Stimmen kaum verständlich gewesen, doch die Schulärztin hatte ruhig geklungen und nicht angespannt, also war wohl alles in Ordnung. Apropos Schulärztin... sie hatte doch sicher auch einen Namen, nicht wahr? „Entschuldigen sie bitte, aber... Wie heißen sie eigentlich?“ Wahrscheinlich war es etwas unhöflich, erst jetzt zu fragen, aber wenigstens hatte sie überhaupt noch daran gedacht.
pp: BÜRO DES DIREKTORS __________________________________
Der kräftigere der beiden Männer hatte Jun schließlich hoch gehoben. Er war kein Mensch; das sah man ihm an. Seine Stärke war nicht normal, denn er trug den Blonden, als wäre es nicht mehr als das Gewicht einer Milchtüte. Horie hatte darum gebeten, ihn begleiten zu dürfen und nach anfänglichem Zögern hatte der Mann an ihrer Seite schließlich zugestimmt. Er selbst blieb im Sekretariat zurück, um sich um die Frauen zu kümmern. Schwankend und mit einem kleinen Abstand war sie dem Träger des Jungen die Treppe hinab gefolgt. Er sollte nicht alleine sein, wenn er aufwachte. Zudem wäre es so einfacher später zu erklären, weshalb sie erst jetzt zum Waisenhaus zurück kehrten. Wenn sie bis vor kurzem noch Angst empfunden hatte, so war es nun Sorge um diesen im Grunde Fremden, die sie dazu veranlasste nicht zu gehen. Als sie das Erdgeschoss erreichten und sich vor dem Raum E2 wieder fanden hatte sich der Herzschlag des Tierwesens beruhigt und auch das Zittern war gänzlich verschwunden. Dafür plagte sie nun eine schleichende Müdigkeit, als sie die Tür öffnete, damit der Mann den Blonden hinein tragen konnte. Eine Ärztin war bereits vor Ort und bereit die Ankömmlinge zu empfangen. Scheinbar war sie informiert worden. Sie bat den Mann darum den Dämon auf das linke Bett am Fenster zu platzieren. Mit einer kurzen Verbeugung verabschiedete sich die Lehrkraft und ließ die beiden Schüler mit der Ärztin zurück. Stillschweigend hatte Horie da gestanden und beobachtet, wie sie den Blonden untersuchte, ehe sie sich an das Mädchen wandte und sie ernst musterte. „Du siehst erschöpft aus. Setz dich. Ich werde im Waisenhaus Bescheid geben, dass ihr hier seid und sie sich dort keine Sorgen machen brauchen.“ Die Ärztin schenkte ihr schließlich ein freundliches Lächeln und schob dem Tierwesen einen Sessel ans Bett, auf dem sie Platz nehmen konnte. Artig folgte sie den Anweisungen der Medizinerin und schmiegte sich in die weichen Polster. Ihre Beine hatte sie auf den Sessel hinauf und an den Körper gezogen, um sie mit den Armen zu umschlingen und das Kinn auf den Knien ab zu stützen. Du bist also ein Dämon, Jun... Ihren Gedanken nachhängend sah sie auf den schlafenden Jungen. Die Brünette spürte, wie ihre Lider allmählich schwerer wurden und schließlich gab das Mädchen der Müdigkeit nach. Mit einem leichten Gähnen schloss sie ihre Augen. Nur ein wenig ausruhen...nicht einschlafen... Doch dem war nicht so. Als die Ärztin wieder kehrte und das Mädchen entdeckte, legte sie ihr eine Decke um die Schultern. Mit einem letzten Blick versicherte sie sich, dass alles in Ordnung war und verließ schließlich das Krankenzimmer, in dem sich die schlafenden Schüler erholten.
Von der Ankunft der beiden Männer bis hin zu seiner Verschleppung ins Krankenzimmer hatte der Schüler natürlich nichts mitbekommen. Schließlich war er in Ohnmacht gefallen und befand sich während der gesamten Zeit in einer Art Traumwelt, nur ohne etwas zu träumen. Man konnte es mit jenen Nächten vergleichen, in denen man sich schwer tat einzuschlafen und am nächsten Morgen feststellte, dass einem der Kopf brummte und sich die Glieder anfühlten, wie aus Blei. So in etwa fühlte sich auch der Blonde, als er langsam die Lider hob und gebettet in sterilen Laken lag. Direkt neben ihm fiel die Abendsonne durch das Fenster und in dem schlicht eingerichteten Raum dauerte es eine Weile bis er sich orientieren konnte. Doch sobald der erste Schreck überstanden war und er sich mit seiner Lage einigermaßen zurecht gefunden hatte, begannen auch schon wieder sämtliche Gefühle in ihm zu brodeln. Lediglich das Ausdrücken dieser fiel ihm schwer, da er sich derart müde fühlte, als hätte er zwei Nächte am Stück durch gearbeitet. Entsprechend ernüchternd fiel das Ergebnis aus sich aufrichten zu wollen, da dieses eher in einem unbeholfenen Rudern mit den Armen und einem kurzen Japsen nach Luft ausartete, bevor er wieder auf das Kopfkissen zurück sank. Stöhnend drehte Jun nun seinen Kopf herum und erblickte neben sich auf einem Sessel das schlafende Etwas, das ihn bereits den ganzen Tag verfolgte. Schlummernd befand Horie sich offenbar im Land der Träume und ein mitleidiges Lächeln schlich über seine Züge. Wieso er Mitleid hatte? Sie ertrug ihn schon den ganzen Tag mit all seinen Wutausbrüchen und Gefühlsschwankungen ohne auch nur einen Laut des Protestes von sich zu geben. Er hätte es ihr nicht übel genommen, wäre sie einfach gegangen, dennoch saß sie nun an seinem Bett und hatte wohl darauf gewartet, dass er aufwachen würde. Dabei war er quasi ein Fremder für sie. Nicht einmal sein wahres Ich war ihr bekannt gewesen … nun, inzwischen kannte sie es ja. Augenblicklich biss er sich auf die Unterlippe und schaute beschämt weg. Das Szenario im Sekretariat erschien wieder vor seinem inneren Auge und das damit verbundene Chaos, welches er hinterlassen hatte. Er würde unbedingt nochmal dorthin zurück kehren und sich bei den Damen entschuldigen, die es sicher nicht böse mit ihm gemeint hatten. Jun atmete tief durch und wagte es erneut sich aufzusetzen, was ihm dieses mal sogar gelang. Die dünne Bettdecke zur Seite streifend, hielt er kurz inne. Wahrscheinlich war es das beste sie zu wecken, auch wenn er damit rechnen musste, dass Horie wieder einer Panikattacke unterlag. Bevor er dies jedoch tat, hievte er sich aus dem Bett und tapste zum Spiegel, um sich anzusehen. Unter seinen Augen traten dunkle Ringe hervor und seine Wangen wirkten leicht eingefallen und unterstrichen seine dünne Gestalt dadurch noch mehr. Aber das wichtigste war, dass er nach dem Schüler aussah für den er sich hielt und keinem Monster ähnelte. Seufzend bewegte der Junge sich auf Horie zu und setzte sich auf die Bettkante, sich etwas nach vorne beugend. »Horie. Es ist noch nicht Schlafenszeit«, versuchte er sie zu wecken. Seine Stimme klang etwas kratzig, aber sonst normal. Um sie nicht zu erschrecken, lehnte er sich wieder etwas zurück und senkte die Schultern. Die ganze Sache mit Jinai konnte er nicht einfach verdrängen und egal wie sehr er noch daran glauben mochte, sie würde sich hier irgendwo aufhalten, so schwand die Hoffnung doch mit jeder Minute. Er machte sich nicht einmal die Mühe auf sein Handy zu gucken, da er bereits wusste, was ihn dort erwartete. Abermals ein leeres Postfach. Doch sich weiter damit beschäftigen konnte er nicht, da das Mädchen bereits Anzeichen machte aus ihrem Schlaf zu erwachen.
Das Tierwesen bekam nichts von Juns Erwachen mit. Sie nahm es nicht war, wie er die Bettdecke zur Seite strich und aufstand. Sie war wirklich erschöpft. All de Ereignisse, das Chaos, die Erkenntnisse über ihre Gefühle, all das hatte ihr doch sehr zu schaffen gemacht. Friedlich schlief sie vor sich hin – traumlos. Auch, wenn es ein schönes Gefühl war zu träumen, so war es doch immer noch besser nichts zu träumen, als von Albträumen geplagt zu werden. Umso erstaunlicher war es, dass seine bloße Stimme ausreichte, damit die runden Chinchillaohren zum Vorschein kamen und seine Geräusche, auch als Worte bekannt, abfingen. Es war gut gewesen, dass er sie nicht angefasst hatte. Hätte er das getan, dann wäre sie vermutlich vor Schreck durch die Decke gegangen. So war es ihr jedoch möglich sich vorsichtig zu bewegen, den Kopf zu heben und verschlafen zu blinzeln. Ein Gähnen entfuhr der Brünetten und sie schaffte es gerade noch die Hand vor den Mund zu nehmen. Sich mit dem Handrücken die Augen reibend richtete sich das Mädchen schließlich in eine aufrecht sitzende Position auf. Sie brauchte einen Moment, um die Orientierung wieder zu finden. Verwundert zog sie schließlich die Augenbrauen zusammen, als ihr de Decke auf ihren Schultern auffiel. Muss wohl die Schulärztin gewesen sein... Horie sah sich um, doch von der Ärztin fehlte jede Spur. Ein leichtes, schüchternes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sich das Mädchen schließlich dem Jungen zu wandte, der vor ihr auf dem Bett saß. „Dabei hatte ich gar nicht schlafen wollen...Ich wollte eigentlich wach sein, wenn du wieder zu dir kommst...“, ein wenig beschämt senkte sie ihren Blick und zog die Decke schließlich von ihren Schultern, um sich ganz darin einzuwickeln. Ihr Blick wanderte aus dem Fenster. Lange konnte sie nicht geschlafen haben, denn die Sonne war immer noch nicht vollständig unter gegangen. „Wie...geht es dir?“, das Tierwesen hatte diese Frage mit Bedacht ausgesprochen und musterte den Blonden mit leicht zur Seite gelegtem Kopf. Horie hatte sich fest vor genommen ihn nicht so anzusehen, als würde sie ihn verstehen, all das kennen, was er durchmachte und ihn mit Beileid überhäufen. Sie kannte die Erkenntnis allein zu sein und wusste, dass es nichts schlimmeres gab, als in solch einer Situation bemitleidet zu werden. Sein Wutausbruch hatte ihn wohl eine Menge Kraft gekostet. Er muss sie wirklich geliebt haben... Neutral und doch mit einer gewissen Wärme betrachtete sie das Wesen auf dem Bett. „Du bist also ein Dämon...Schon komisch. Ich hätte nicht gedacht, dass man mit Engel und Dämonen gleichermaßen aus kommen kann.“ Bis jetzt hatte das Mädchen immer geglaubt, dass man sich entscheiden würde. Die Dämonen, die sie bis jetzt kennen gelernt hatte waren nicht sonderlich nett gewesen und sie mied diese für gewöhnlich, während sie bisher mit allen Engeln, denen sie begegnet war gut aus kam. Für Horie war es immer klar gewesen, dass man sich für eine der beiden Rassen entschied. Dieser blonde Junge bewies ihr das Gegenteil. Ok, sein Wutausbruch hatte sie verschreckt, sie hatte sich zwischenzeitlich sogar vor ihm gefürchtet, doch aus irgendeinem Grund hatte sie nicht das Bedürfnis zu fliehen. Vielleicht, weil sie glaubte, ihn zu verstehen – zumindest ansatzweise. Ihre Ohren verschwanden schließlich wieder, als sie die Beine unter der Decke mit ihren Armen umschlang und den Kopf auf die Knie stützte. Die Stille tat gut. Hier war es doch weitaus angenehmer, als im lärmenden Speisesaal des Waisenhauses.