Es schien, als hätte ich Slevin mit der Aussage beleidigt. Aber nunja, ich hatte mir nichts interessantes dabei vorgestellt, Mensch zu sein. Darum erwiderte ich nichts mehr, zuckte nur die Achseln und sah für einen Moment aus dem Fenster. Ich verstand nicht ganz, wieso, aber ich beließ es bei diesem Schweigen. Lavi und Takeru machten aktiv beim Unterricht mit und meldeten sich ebenfalls zu Wort; äußerten ihre Fragen oder Zweifel zum Thema Magie/Magier. "Das verstehe ich nicht.", wand ich schließlich nach Slevins Beitrag ein. "Ich meine, wieso sollte Menschen nicht mit Magie umgehen können? Ich habe niemals in meinem Leben irgendwann erlernt bekommen, wie ich mit meiner Nixenform und der Magie umgehen kann; und ich bin nicht dran gestorben.." Ich zuckte mit den Achseln und meldete mich nochmal zu Wort: "Ich meine, die meisten bemerken ihre magischen Fähigkeiten ganz zufällig, wie sollen sie da besser vorbereitet sein als normale Menschen? Oder wieso sollten ausgerechnet wir mehr dazu befähigt sein?"
Misus Worte liessen die Gedanken des Engels abermals abschweifen: Eigentlich hatte er schon damit gerechnet, dass sich auf der Insel auch Menschen befinden. All die Zivilisten, die beispielsweise während der Schlacht getötet wurden, und das waren sicher mehr als zwei, wenn er sich recht erinnern konnte. Das Bild in seinem Kopf war grausam, als er sich an jene Nacht zurückerinnerte, in welcher er Mitsuki verletzt am Pool vorfand und auf dem Weg dorthin den ein oder anderen leblosen Körper wahrnehmen musste. Die Gedanken dominierten und erzeugten eine Gänsehaut und einen kalten Schauer, der über Takerus Rücken schlich. Slevin allerdings erklärte sogleich, dass die Magie in einem jeden Menschen steckte, dass also jeder, der sich damit auseinander setzten würde, auch mit Magie umgehen könnte. Also vielleicht auch Aoko - die Gedanken an seine Adoptivschwester liessen den Blondschopf wieder etwas ruhiger wirken und sogar kurz schmunzeln. Ob es ihr wohl gut ging? Er sollte sie anrufen, am besten noch heute! Schliesslich läutete die Schulglocke und kündigte somit das Unterrichtsende an. Takeru atmete tief und lange ein, schloss kurz die Augen und überlegte. Misu war noch anwesend und nicht gleich nach draussen geflüchtet. Ohne auf die Worte des Lehrers zu warten, der den Unterricht beenden würde (da es sowieso die Schulglocke tat und einige Schüler schon rumkramten und sich bereit machten, gleich aufzubrechen), stand Takeru auf, schob seinen Stuhl nach hinten, und ging durch die Reihen nach vorne. Bei Misus Pult blieb der Junge stehen, ging schliesslich in die Hocke und blinzelte zu Misu, durch einige Haarsträhnen die über seine Stirn und teilweise seine Augen fielen, nach oben. "Geht's dir etwas besser..?", fragte er sie leise, beinahe schon geflüstert und klatschte sich im nächsten Moment auf die Stirn, unbedacht, dass Misu ihn nun für einen Vollidioten halten würde, denn das war es eigentlich nicht, was er fragen wollte. "Ich wollte nur fragen ob.. na ja.. ob das stimmt, was du vorhin gesagt hast... Es hat mich ein wenig ..",kurz überlegte er. Was wären die richtigen Worte? "..überrascht und ich weiss nicht so recht..", murmelte er schliesslich noch, tat sich bei den gesagten Worten aber wirklich schwer und wandte noch während er murmelte seinen Blick zur Seite, um ihr nicht direkt in die Augen zu sehen. Womöglich war es auch für sie so besser. Eigentlich hatte Takeru immer gedacht, in Misu eine Freundin gefunden zu haben. Aber das war wohl ein recht naiver Gedanke, oder?
Mir wurde das Wort von der Klingel abgeschnitten - schon beschäftigten sich meine Gedanken nichtmal mehr mit dem Thema. Ich räumte das spärliche Zeug zusammen, dass ich bei mir trug und blieb für einen Moment sitzen; atmete tief durch und überlegte, was ich nun tun sollte- Da erschreckte mich Takeru geradezu von hinten und wollte mit mir reden. Jetzt, im Saal. In Anwesenheit einiger Schüler und in Anwesenheit seiner Freundin. Irgendwie fand ich das recht taktlos, uns beiden gegenüber.. Aber ich lächelte gezwungen, während ich meinen Tisch begutachtete und versuchte, mich auf die Worte zu konzentrieren, die er sagte. Mein Kopf wurde benebelt, alleine davon, dass er mir so nah war, und dass ich frisch und deutlich seinen Duft einzog - ich fühlte mich glatt wie ein Perverser. "Mir geht's supi, wie immer.", sagte ich recht emotionslos und machte ein Gesicht, als hätte man mir frisch Botox gespritzt - ich verzog keine Miene. Dass er auch noch nachharkte, ob es ernst gemeint war, versetzte mir einen kleinen Stich - dachte er, ich würde darüber scherzen? Oder war es ihm so weit entfernt, dass ich ihn potentiell auf diese Art und Weise mochte..~ Ich unterdrückte ein wütendes Schnauben und sah hoch, suchte seinen Blick und fand ihn nicht - er schaute zur Seite. Nach der Verzweiflung Wut - ganz klasse, ich versuchte mich zu Beruhigen und schüttelte den Kopf. Jetzt irgendwas zu leugnen, würde nur einen Rückschritt bringen; darum versuchte ich es erst gar nicht. "Stimmt schon, aber mach dir nichts draus, ich kenn die Situation." Damit meinte ich seine reizende Freundin, die eine wunderbare Beziehung zwischen uns verhinderte...! In diesem Moment vibrierte mein Handy, vermutlich eine Antwort auf die zuvor versendete SMS - ich beachtete sie erstmal kaum. "Wenn du mich entschuldigst, ich hab zu tun.", blieb ich unangenehm distanziert und stand auf, nahm meine Tasche und holte mein Handy nun raus, "Man sieht sich." Mehr war ich ihm nicht schuldig, hm? Ich spazierte frisch nach draußen und überlegte, was ich nun tun sollte, während ich erneut eine SMS eintippte und versandte.
Der Rest des Unterrichtes quälten mich negative Gedanken, die ich einfach nicht mehr aus dem Kopf bekam. Vielleicht sollte ich ganz damit aufhören zu zaubern. Vielleicht würde ich irgendjemanden wieder verletzen.. Mit starrem Blick nach vorne rieb ich mir meine Arme und war sogleich auch heilfroh als die Klingel ertönte. Gott sei Dank. Wäre ich noch länger hier verweilt, hätte ich mir meine Haare ausgerissen.. oder sowas ähnliches. Stillschweigend erhob ich mich einfach und packte mein Notizbuch ein. Im Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Takeru ohne ein Wort an mich zu wenden, nach vorne zwischen den Pulten schritt und bei Misus Pult anhielt. Für einen Moment hielt ich die Luft an und spürte einen Stich in meinem Herzen. Was war dieses komische Gefühl? Fertig eingepackt, sattelte ich meine Tasche über die Schulter und atmete tief ein. Und nun? Wohin? Auf Takeru warten? Oder vielleicht zuerst ins Zimmer? Während Takeru immernoch mit Misu sprach, dachte ich weiterhin nach, was ich tun könnte. Etwas piepsendes, welches aus meiner Tasche kam, liess mich von meinen Gedanken abschweifen und ich kramte schnell mein Handy hervor. "Ha..hallo?", kam es ziemlich verwirrt aus meinem Munde und ich fragte mich wer überhaupt meine Nummer hatte und mich anrufen würde. Eine tiefe und doch recht freundlichklingende Männerstimme sprach und mein Gesicht erhellte sich. "Onkel!!" Meine Freude war nicht zu übersehen und so schritt ich gedankenversunken nach vorne zur Türe. Ich wollte ihm sovieles erzählen! Doch bevor ich noch ein Wort sagen konnte, brach die Verbindung ab und ich blickte auf mein Handy. Kein Signal. "Fuck.. ehm.." Hastig blickte ich um mich und bemerkte wie sich Misu neben Takeru erhob. "Takeru? Ich .. .. warte .. draussen auf dich.. Wenn du magst.." Mehr brachte ich nicht zu Stande und ich wand mich.. hastig ab, um so schnell wie möglich aus dem Schulhaus zu kommen.
Misu schien ihr Gesagtes in der Cafeteria nicht abzustreiten, im Gegenteil: Sie stand dazu, nachdem sie den Engel verklickern wollte, dass es ihr gut gehen würde. Ein bisschen was hatte Takeru dann aber doch im Kopf, dass er wusste: Das stimmte nicht. Es ergab keinen Sinn und dass das Mädchen dem Blondschopf nun aus dem Weg ging, bestätigte Takerus Verdacht nur. Relativ schnell erhob sich die Klassensprecherin und verabschiedete sich kalt, kurz bevor sie aus dem Klassenzimmer stürmte und Takeru somit nichtmal die Zeit gab, noch irgendetwas zu sagen. Zwischendurch war auch Mitsuki aus dem Klassenzimmer verschwunden und im Hintergrund hatte der Engel wahrgenommen, dass sie wohl einen Anruf von ihrem Onkel erhalten hatte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen erhob sich nun auch Takeru und bemerkte, dass er gerade von Misu und Mitsuki ... stehengelassen wurde. Das ging aber alles gewaltig nach hinten los ... "Verdammter Mist..", fluchte Takeru innerlich, liess sich äusserlich allerdings nichts anmerken und lief zu seinem Pult zurück, wo er seine Schulsachen in die Tasche verstaute. "Wir sehen uns..!", verabschiedete sich der Blondschopf, besonders von Eleanor und Akako, denen er freundlich zulächelte, ehe er mit schnellen Schritten aus dem Klassenzimmer stürmte, um Mitsuki noch rechtzeitig ausfindig machen zu können.
Auch wenn Misu den jungen Lehrer noch etwas fragte, so konnte er nicht mehr Antworten. Die Schulglocke funkte ihm dazwischen indem sie das Ende der Stunde einläutete. Sowie sie auch seinen Feierabend einläutete. Mit einem zufriedenen Lächeln sah er in den Raum. "Die Klasse ist entlassen.", meinte er nur zu ihnen. Naja, ein Teil war ja eh schon gegangen. Der Silberhaarige nahm seine Tasche in die Hand und verließ lächelnd den Raum. "Schönen Tag euch noch." Mit diesen Worten verschwand Slevin aus dem Raum, ausnahmsweiße mal zu Fuß. Noch während dem Laufen war das Handy gezückt wurden und eine SMS verfasst. Natürlich auch abgesendet. Anrufen wäre zwar einfacher gegangen, aber in diesem Fall, war das ja leider nicht möglich. Mit einer kleine Handbewegung war schon eine Zigarette aus der Tasche genommen, welche aber noch in der Hand blieb. Unangezündet natürlich.
Die beiden Unterrichtsfächer gingen um wie im Fluge. Ich war die ganze Zeit mit meinem Gedanken bei meinem Meister gewesen und hatte darüber nachgedacht, ihn schon sehr bald wieder sehen zu dürfen, dass mir sogar der Lehrerwechsel nicht aufgefallen war. Als ich kurz aufschaute, sah ich noch, dass meine Mathematik-Aufgaben richtig waren. Zufrieden nickte ich nur und widmete mich weiter meinen Träumen. Mein Meister sagte, er hatte die Waffe gefunden, die er so lange gesucht hatte. Also konnte er bald schon seinen Plan in die Tat umsetzen. Als es auf einmal klingelte wurde ich aus meinen Friedlichen Gedanke gerissen. Ich sah noch einen Lehrer, welcher deutlich anders aussah als der eben, der den Unterricht beendete. Also war die Schule nun vorbei? Mit einem freundlichen Lächeln stand ich von meinem Platz auf und ging hinaus. Leider war mein Meister nicht mit mir in einer Klasse. Ich sah auf mein Handy und konnte nur mal wieder über den Hintergrund schmunzeln. Gedankenverloren ging ich aus dem Schulgebäude hinaus.
Takerus Worte hatte sie gar nicht mehr mitbekommen, da Slevin hereingekommen war – viel zu bald, wie sie fand, da sie eine kurze Pause durchaus willkommen geheißen hätte, aber man konnte ja nicht alles haben. Schweigend die Arme auf der Tischplatte verschränkt, legte sie ihr Kinn darauf und versuchte dem Unterricht zu folgen, doch gelingen wollte ihr das nicht. Ihre Schuld war das jedoch nicht! Der Blondschopf wusste einfach nicht, wie man so etwas halbwegs interessant gestalten konnte, weshalb er sich nicht darüber zu wundern hatte, wenn ihm Schüler einschliefen, so wie es bei Eleanor der Fall war. Die Augenlider wurden mit jedem Wort, das seine Lippen verließ immer schwerer bis sie eben zu fielen und sich der Sandmann ihres Geistes bemächtigte. Es war eine Überraschung, dass es niemandem aufgefallen war, immerhin war die Britin ins Land der Träume entführt worden, aus welchem sich erst spät nach Unterrichtsende wieder erwachen sollte. „Oh Shit!“, stieß sie erschrocken aus und warf den Kopf in die Höhe, als sie aus einem ihrer wilden Piratenträume erwachte – der Schwung den sie dabei hatte, erwies sich jedoch als kontraproduktiv, da die Schülerin samt Stuhl nach hinten kippte. Bequem war der Boden zum Glück ja. Währenddessen war der Rock bedrohlich hochgerutscht und eigentlich hätte ihn die Kitsune auch so gelassen, wenn sie alleine im Raum gewesen wäre, da sie noch von Müdigkeit geplagt wurde, jedoch fiel ihr ein bekannter blauer Schopf auf. Etwas erschöpft blinzelte Eleanor einige Male verwirrt, bevor sie aufsprang, den Rock dabei bedacht nach unten zog, und Akako anlächelte. „Wie lang habe ich geschlafen? Was habe ich verpasst?“, richtete sich das Mädchen eher gelangweilt an den Jungen und hob ihren Stuhl auf, nur um sich dann auf ihren Tisch zu setzen – man wollte es den Putzfrauen ja nicht so schwer machen. Die sind ja schon alle weg.., registrierte sie im selben Moment und rieb sich den schmerzenden Hinterkopf, jener nur wenige Sekundenbruchteile zuvor sanfte Küsse mit dem Fußboden ausgetauscht hatte. Gemütlich streckte sich das Mädchen kurz und trat in einer flüssigen Bewegung an den Tisch des Jungen auf den sie sich auch ganz ungeniert setzte. Die Beine übereinander geschlagen, stemmte sie ihren Ellenbogen und den Kopf auf der rechten Hand ab, bevor sie ihn eindringlich ansah. „Man, ich muss ja echt lang geschlafen haben, wenn niemand außer dir hier ist.“ Ein amüsiertes Lachen verließ die geschwungenen Lippen und hallte noch in der Luft als sie ihr Gesicht näher an seines schob um einen besseren Blick in die ebenso blauen Augen erhaschen zu können. Man! An Akako war ja echt alles blau. „Was machen wir jetzt? Und das mit der Bar steht noch oder?“, hakte sie grinsend nach und legte den Kopf schief.