An Isolas Hafen ankern nur wenig große Schiffe, dafür jedoch umso mehr kleinere Boote. Auch die S.K. Isola, jenes Passagierboot, das fast täglich neue Teenager auf die Insel bringt, ankert hier. Zu jeder vollen Stunde hat man die Möglichkeit, mit dem Boot auf das Festland zu reisen.
Das seltsam aussehende Mädchen stand nun auf und stellte sich vor. Yui lächelte. Sie schien nett zu sein. Schüchtern und leicht zögerlich ergriff Yui ihre Hand und erschreckte. Die fühlte sich an wie Spinnweben. Yui hatte große Angst vor spinnen. Hoffentlich war das Mädchen kein Spinnendämon. "Ich...ich...ich bin Yui" stotterte sie. "Ich ich habe dich nicht auf dem Schiff gesehen. Bist bist du auch neu hier?" wollte Yui wissen. Als Dämon hatte sie bestimmt nur einen anderen Körper der sich komisch anfühlte, oder? Sie hatte doch nichts mit Spinnen zu tun oder war sie etwa sogar Böse? Viele Fragen schossen Yui nun durch den Kopf. Andererseits musste sie sich jetzt nicht mehr fürchten hier alleine zu sein. Davor hatte sie schließlich auch große Angst.
Das entsetzen der Kleinen belustigte Hayumi zu tiefst. Sie liebte es gemeine Scherze zu machen, auch wenn es keine besonders gute Angewohnheit war. Manchmal waren die Gelegenheiten aber einfachzu gut! "Aber du warst auf'm Schiff! Das du mich nicht gesehen hast liegt wohl dran, dass ich nen Großteil der fahrt kotzend in meiner Kajüte war. War nur n' paar mal im Speisesaal und anner' Reeling. Da haste doch auch manchmal 'standen oder nich?" Hayumi wartete nicht auf eine Antwort. Warum auch, ihr war eigentlich eh klar, dass Yui auch mit der S.K Isola her gefahren war. Die Frage war nun, ob sie auch als magisches Kind zum Waisenhaus wollte, oder die Insel einfach so besuchte. "Sach ma, weiste wie wa zum Waisenaus komm'? Oder musste da überhaupt hin? Es is schon ziemlich dunkel und das Wetter is scheiße!" Zwischendurch dachte sie darüber nach, ob ihre Ausdrucksweise die Kleine vielleicht verschreckte, aber wichtig genug um etwas zu ändern, war es ihr dann doch nicht.
Hayumi hatte eine eigenartige Ausdrucksweise. Sprachen alle Dämonen so? Sie schien allerdings nicht böse zu sein und kam Yui sogleich mit einigen Fragen. "Also..also..." stammelte Yui "Ich war nicht an der Reling. Da habe ich Angst gehabt. Ich kann nicht schwimmen. Ich war in der Kabine. Und und das Waisenhaus...ich weiß nicht aber da muss ich auch hin" erklärte sie. "Ich ich dachte du weißt wo wir hin müssen?" fragte sie. Schwer war es vermutlich nicht, da nur ein Weg vom Hafen wegführte. So würden sie zumindest schnell in die Stadt kommen. Aber Yui traute sich nicht alleine zu gehen. Deshalb deutete sie auf den Weg. "Ich glab wir müssen da lang. Kommst kommst du mit? Ich mag nicht alleine gehen" sagte sie und blickte Hayumi dabei flehend an.
Hayumi grinste und entblößte dabei ihre Eckzähnchen. "Hab meine Karte auf'm Schiff verlor'n, keine Ahnung wo wa lang müssen. Aber wenn de meinst, dass wa da lang müssen, glaub ich dir ma." Sie blickte auf den Weg auf den Yui gezeigt hatte. Dort lag eine Stadt, die nicht mehr besonders voll war, abgesehen von einigen beleuchteten Gebäuden, wo sich eini Paar Menschen noch vor aufhielten. Es sah nicht allzu einladent aus, jedoch hoffte sie irgendwo etwas zu Essen abgreifen zu können. "Sa'ma was biste' eigentlich das'de hier her musst? Und vor allem, was kannste' ?" fragte Hayumi ihre kleine Begleiterin, während sie sich in Bewegung setzen und blickte zu ihr hinab. Sie ging der Dämonin nicht einmal bis zur Schulter, was diese irgendwie amüsant fand. Eigentlich mochte sie keine Kinder, aber es war sicher besser mit ihr zu Reisen als alleine, außerdem könnte sie der Kleinen im Notfall bestimmt etwas Geld für Essen aus der Tasche ziehen.
Nachdem auch Hayumi meinte, dass der Weg richtig sein konnte, war Yui erleichtert. Jedenfalls war sie nicht mehr alleine und konnte sich somit nicht mehr komplett verlaufen, auch wenn ihre Begleiterin ein wenig gruselig war. Da Yui jedoch immer vom Guten ausging kannte sie keine Vorurteile. Dann stellte Hayumi der kleinen Yui wieder einige Fragen. Diese versuchte Yui nun zu beantworten. "Ich...ich bin...keine Ahnung. Aber ich kann das da" erzählte die Kleine und fing an einige Zentimeter über dem Boden zu schweben, sodass sie jetzt auf Augenhöhe mit Hayumi war. Kutz darauf setzte sie mit ihren Füßen wieder auf der Erde auf. Sie war von der langen Reise einfach zu erschöpft um länger schweben zu können. Instinktiv griff sie nun, wie ein kleines Kind, nach Hayumis Hand, um miz ihr den Weg zum Waisenhaus anzutreten.
Als Yui ihre Hand nahm, zuckte Hayumi zusammen. Sie wollte die Hand reflexartig zurück ziehen, doch ihr entfuhr nur ein Zucken im Arm. Was b'rührt die mich so plötzlich? In ihr war ein Gefühl von Verwirrung und Ekel, jedoch auch Wärme und irgendwie wollte sie ihre Hand gar nicht mehr weg ziehen. Einige Schritte später tat sie es trotzdem, jedoch nicht so ruckartig und energisch wie sie es wenige Augenblicke vorher getan hätte. "Schweben huh? Das' ja geil! V'leicht biste n' Engel oder so?" wenn sie einer gewesen wäre, hätte die Kleine sie jedoch nicht so offen berührt, geschweige denn so mit ihr geredet. Andererseits, scheint sie ja nicht zu wissen, ob sie einer ist. Hayumi blickte auf das kleine, Tamagotchi-artige Ding welches sie auf dem Schiff bekommen hatte. Darauf stand "6Zn". Die Zahl stieg alle paar Minuten, was Hayumi als gut auffasste, denn ihr wurde gesagt, dass der kleine Bildschirm etwas mit Geld zu tun hatte. Wie viel 6Zn war, konnte Hayumi jedoch nicht beurteilen. Sie hielt Yui das Gerät hin. "Samma haste auch sowas bekomm'? Hab keine Ahnung ob 6Zn für was zu Essen reicht." Als sie sich zu dem Mädchen runter beugte, fragte Hayumi sich, ob sie das kleine Mädchen damit verletzt hatte die Hand weg zu ziehen.
Yui zuckte kurz zusammen, als Hayumi ihre Hand weg zog. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ob sie ein Engel war? Möglich wäre es, Yui konnte sich immerhin schon Flügel wachsen lassen. llerdings konnte sie mit denen nicht fliegen. "Keine Ahnung, vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber ich bin kein Mensch" soviel stand zumindest schon mal fest. Dann erwähnte Hayumi dieses Ding mit den Zahlen und Buchstaben drauf. Yui holte ihres aus ihrer kleinen Umhängetasche, in dem sich ihr weniger Besitz befand. "Ich hab auch sowas. Das ist zum zahlen glaube ich." Auf Yuis Kugel stand 4Zn. Mittlerweile hatten die Beiden die Stadt fast erreicht. Aus der Ferne konnte man bereits ein großes Gebäude erkennen, welches das Waisenhaus zu sein schien.
Nachdem sie etwa fünf Minuten durch die Stadt gelaufen waren, erblickte Hayumi ein riesiges, gelbes M. Sie sog lautstark die luft ein. "Oh mein Gott! Dat is Essen!" Einen McDonalds hatte sie hier nun wirklich nicht erwartet. Nun war Hayumi es, die das kleine Mädchen ergriff. Sie kam jedoch nicht an die viel tiefer hängende Hand heran und so wurde Yui am Oberarm hinter Ihr hergezogen, während die Dämonin auf die Leuchtschrift und den fettigen Geruch zu rannte. Wenige Augenblicke später, stand sie mit einer duftenden, braunen Tüte am eingang und aß einen der soeben gekauften Cheeseburger. "Köftlif!" nuschelte Hayumi zu Yui, "Willste auch was ham'?" und hielt ihr die geöffnete Tüte hin. Darin befanden sich noch eine kleine Portion Pommes und ein weiterer Cheeseburger. Nachdem sie ihre Begleiterin so rücksichtslos mitgezogen hatte, musste Hayumi ihr ja etwas anbieten!
Ich atmete tief ein. Die frische Meeresluft drang in meine Lungenflügel und versorgte meinen Körper mit Sauerstoff und in der nächsten Sekunde hätte ich am liebsten gekotzt. Die Luft stank ekelhaft nach widerlichen Fisch. Diese Insel hatte ich wirklich für keine einzige Sekunde vermisst. Die Möwen kreischten über mir in der Luft und ich wollte so schnell es ging, weg von diesem Hafen, wo mir jeder Zeit die Ausscheidung von einem Vogel auf meinem Kopf landen könnte. Nervös richtete ich immer wieder meinen Blick in den blauen Himmel. Wie gerne wäre ich nun wieder in Italien bei meiner Mama. Die letzten zwei Wochen hatte ich mich von der Schule befreien lassen und bin nach Hause gefahren, weil ich endlich eine Auszeit von den ganzen komischen Leuten hier brauchte. Die Zeit zuhause war wie der Himmel auf Erden: gutes Essen, eine gemütliche Matratze, Angestellte die mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben, jede menge Platz nur für mich, eine riesen große Badewanne und das Beste von allem: natürlich meine Mama. Sie hatte mir zwar Angeboten, dass ich einfach dableiben könnte, aber ich bin standhaft geblieben. Immerhin wollte ich selbstständig werden, meine Männlichkeit wiederfinden! Also bin ich heute früh, schweren Herzens abgereist und so eben wieder auf dieser Insel angekommen. Ich zog meinen Koffer, der mittlerweile von einem in Rosa gegen einen in Schwarz umgetauscht wurde, hinter mir her und seufzte frustriert. Wieso konnte ich meinen Fahrer nicht mit hier hernehmen...? Nachdem ich den Steg endlich runter gelaufen war ging ich zu einem Mann, der so aussah, als würde er hier am Hafen arbeiten. Zu mindestens stank er danach. Ich setzte mein freundlichstes Lächeln auf und sprach ihn an. “Entschuldigung Sir, aber könnten sie mir eventuell ein Taxi bestellen?“ Erst sah mich der Arbeiter ausdruckslos an, so das ich schon fast Angst bekam, aber dann fing er das Lachen an. Er lachte. Lachte mich aus. Mein Lächeln erstarb an meinen Lippen. Was gab es da zu lachen? Ich versuchte einmal tief ein- und auszuatmen, um meinen Geist ruhig zu halten aber es half nichts. Niemand lacht einen Efe aus! Meine Hände balten sich zu Fäusten und ich wollte ihn gerade anschreien, da drehte er sich einfach weg und ging, lachte dabei weiter. “Das werde ich Ihren Vorgesetzten melden! Sie können sich auf was gefasst machen!“ rief ich ihm wütend hinterher.