An Isolas Hafen ankern nur wenig große Schiffe, dafür jedoch umso mehr kleinere Boote. Auch die S.K. Isola, jenes Passagierboot, das fast täglich neue Teenager auf die Insel bringt, ankert hier. Zu jeder vollen Stunde hat man die Möglichkeit, mit dem Boot auf das Festland zu reisen.
Der Angriff war vorbei. Um genau zu sein sogar schon seit einiger Zeit, aber ich konnte mich erfolgreich noch ein wenig vor diesem Ort drücken. Nur um sicher zu gehen, dass die Luft auch wirklich rein war. Dummerweise kamen die verantwortlichen dieses Instituts wirklich auf die bekloppte Idee einfach wieder alles auf zu bauen. Hätten sie es hier nicht einfach dicht machen können? Oder zumindest ein paar dümmliche Schüler vergessen können. Der Angriff hatte zwar schon einiges geleistet, aber immer noch nicht alle beseitigt die mich störten. Das waren aber auch viele, verdammt. Der einzige Nachteil dieser ganzen Sache war, dass ich meine Lemminge verloren hatte. Alle. Vielleicht sollte ich mir beim nächsten mal nicht ganz so dumme Dinger suchen. Nur widerwillig kam ich hier her zurück. Sicherlich brachte mir der Unterricht mehr als der zu Hause, vor allem was meine Kräfte anging, aber hier war ich nun mal nicht die einzige die besonders war und das hasste ich einfach. Meinen Eltern war es relativ egal und fanden mich ziemlich kindisch. Wieder einmal der Beweis dafür, dass sie mich einfach nicht verstehen wollten. Jedenfalls schickten sie mich wieder hier her und hier war ich nun. Am Hafen. Ob es hier wohl Menschen gab, die hier freiwillig arbeiteten? Hier stank es nämlich unglaublich und ich hoffte wirklich niemanden von dieser arbeitenden Bevölkerung hier anzutreffen. Die meisten meiner Sachen waren bei dem plötzlichen Angriff noch im Wohnheim geblieben und die paar Sachen die ich mitgenommen hatte, zog ich in einem kleinen Trolly hinter mir her. Nicht wirklich schwer, aber dass ich meine Hände nicht frei hatte, nervte mich schon etwas. Ich ging also los und ließ mein Blick durch die Gegend streifen, nur um sicher zu gehen, dass ich möglichst vielen Leuten aus dem Weg gehen konnte. Gerade war ich dabei die linke Seite genauer zu durchforsten, als ich plötzlich mit voller Wucht gegen jemand anderen stieß. Direkt. Vor. Mir. Wie konnte ich den bitte übersehen? Oder viel mehr: wieso ging er mir nicht einfach aus dem Weg? „Verdammt, geht’s noch?!“, keifte ich den grünhaarigen Jungen vor mir an und rieb mir die Stirn. Er war nur ein wenig größer gewesen als ich selbst, was mich umso verwunderte, dass ich ihn übersehen hatte. Oder er mich. „Kannst du nicht mal aufpassen wo du stehst?“, ob die Frage berechtigt war oder nicht sei mal dahingestellt, aber ich fand es einfach frech mitten im Weg einfach stehen zu bleiben. Direkt vor mir. Als ich jetzt endlich mein Gesicht hob, um mir meinen gegenüber genauer anzusehen, fiel mir auf, dass er gar kein unbekannter war. Lavinia Efe. Er ging ebenfalls auf meine Schule. Machte ihn aber nicht unbedingt sympathischer. Zu mal er grüne Haare hatte. Ich hasste grün. Ohne eine Antwort abzuwarten strich ich kurz meine Kleidung glatt und ging an ihm vorbei, drehte mich auf halben Weg zu ihm um und schaute ihm direkt ins Gesicht. „Kommst du jetzt oder willst du hier noch ewig Wurzeln schlagen?“, je schneller wir da ankamen, umso schneller konnte ich mich wieder in mein Zimmer verkriechen und musste den Anblick der anderen jämmerlichen Kreaturen nicht weiter ertragen. Außerdem war meine Hoffnung relativ hoch, dass er irgendwas halbwegs spannendes zu erzählen hatte. Er sah komisch aus und komische Leute haben meistens irgendwas interessantes zu erzählen.
Der Mann, der mich ausgelacht hatte, ging trotz meiner Warnung einfach weiter und ich brannte mir seinen Namen in meinen Kopf ein. Cang Li. Komischer Name. Keiner Wunder, dass er so unfreundlich ist. Ich nahm wieder meinen Koffer in der Hand, murrte undeutliche Worte vor mich her und wollte mich wieder auf den Weg machen, denn irgendwie musste ich ja von diesem ekligen Ort weg kommen. Doch ich hatte gerade mal meinen Fuß einen Millimeter vom Boden gehoben, da stieß irgendetwas in meinen Rücken und ich jaulte auf. “Wer wagt es?!" Ich war schon genervt genug und jetzt war auch noch jemand so dreist und lief einfach gegen mich. Immerhin hätte ich auch umfallen, mir das Knie aufschlagen können und dann wären diese ekelhafte Bakterien und Viren vom Boden in mein Blut eingeschlichen. Ich hätte also elendig an diesem dreckigen Hafen sterben können. Wie konnte ein Mensch nur so rücksichtslos und riskant sein? Gereizt von diesem stressigen Tag drehte ich mich um und sah einem Mädchen mit blauen Augen und blonden Haaren entgegen, welche nur ein paar Zentimeter kleiner war als ich. Emily. Ich erinnerte mich sofort an ihren Namen. Wir kannten uns zwar noch nicht wirklich, aber sind uns schon ein paar mal über den Weg gelaufen. Ihr Blick war immer sehr arrogant und wie sie mit den anderen Bewohnern dieser Insel umging, war nicht sonderlich nett und auch so sprach sie jetzt mit mir. Sie gab mir die Schuld an unserem zusammenstoße, weil ich falsch stehen würde. Ich zog eine Augenbraue hoch. “Also wenn du mit deinen Augen nichts sehen kannst, dann nützt es auch nicht, dass sie hübsch sind.“ meinte ich genervt. Wie konnte jemand nur so zickig sein? Wie sie da nun stand, viel zu dicht an mir dran und anscheinend genau so genervt. Gerade wollte ich ein paar Schritte zurück treten, doch Emily war schneller als ich und ging einfach an mir vorbei. Ich blinzelte schnell und hörte sie dann sagen, dass ich endlich kommen soll, falls ich nicht Wurzeln schlagen wollte. War das ihr Ernst? Was glaubt, sie wer sie ist, so mit mir zu sprechen?“Ich gehe nur, weil ich gehen will und nicht weil du mich dazu aufforderst.“ stellte ich fest während ich zu dem Mädchen aufschloss und sie dann überholte. Immerhin laufe ich niemanden hinterher. “Eigentlich gehe ich ja nicht zu Fuß aber ich kann ja schlecht ein Mädchen alleine gehen lassen. Bei diesem Gesöff was hier rumläuft.“ Sie war mir sympathisch und unsympathisch zugleich.
Endlich war es so weit. Der laute, durchdringende Klang des Schiffhorns war das Signal für den neuen Start in das Leben des jungen Halb-Engels. Die letzten Stunden hatte sich Jubilee in ihrer Kabine verkrochen um ihre Ruhe aufrecht zu erhalten. Wobei es schwer war etwas aufrecht zu erhalten, was gar nicht erst da war.
"Ahhh...", ein tiefer, fast schon melancholischer Seufzer glitt aus dem Mund des Mädchens, dessen Blick starr auf die Decke gerichtet war, während sie flach auf dem Bett der Kabine lag. Nun war es also so weit. Zum ersten Mal in ihrem Leben würde Jubilee in Kontakt mit anderen magischen Wesen treten. Sie glaubte nicht daran, dass es einen Unterschied machen würde. Nichts schaffte es dies zu tun. Und dennoch hatte sie es nicht geschafft den Wunsch ihres Vaters von sich zu stoßen. Es war nun zwar schon einige Monate her aber dennoch erinnerte sich Jubilee an den Blick ihres Vaters als wäre es erst gestern gewesen. Das gesamte Szenario kreiste fast schon omnipotent vor ihrem inneren Auge immer wieder hin und her und her und hin. Jubilee wusste bereits, dass sie eine schlechte Tochter war. Für welches Elternteil war es denn schon angenehm zu sehen wie das eigene Kind immer mehr und mehr des Lebens müde wurde? Er hatte bereits so viele Dinge versucht um seine Tochter wieder glücklich zu machen...aber nichts hatte funktioniert. All die Psychotherapien, Medikationen und Arztbesuche, die sich Jubilee angetan hatte, waren letzten Endes erfolglos. Die letzte Hoffnung ihres Vaters lag nun auf Isola. Auf Shima no Koji. Doch Jubilee war weit weniger optimistisch. Nein...dieser Ort würde nichts an ihrem kranken Hirn ändern. Sie war kaputt. Irreparabel. Dessen war sie sich nur all zu bewusst.
Ein weiteres mal erklang das Schiffshorn und brachte Jubilee endlich aus ihren Gedanken. Ein weiterer trübsinniger Seufzer entglitt der Kehle des Mädchens, ehe sie sich endlich vom Bett aufraffte und wortlos damit anfing ihren Koffer unter dem Bett hervor zu kramen. Den Griff des Rollkoffers in der Hand, lag der Blick des Mädchens nun mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Überdruss auf der Kabinentür. "Okay...Routine. Denk an deine Routine. Du schaffst das, Jubilee", der Halb-Engel klatschte sich ein paar mal sanft mit beiden Händen an die Wangen, als wolle sie aufwachen. Ja...sie war wieder bereit ihre Routine aufrecht zu erhalten. Mit einem mal verschwand jeder Trübsal aus dem Gesicht des Mädchens und wich einem strahlendem Lächeln. nichts weiter als Routine. Routine. Routine...
Jubilee verließ mit den anderen Passagieren das Schiff und betrat zum ersten mal seit vielen Tagen Land. Die Sonne stach die Augen des Mädchens, was nicht verwunderlich war. Immerhin befand sie sich die ganze Schiffahrt über quasi nur in ihrer Kabine. Jubilees aufmerksamer Blick flog über die gesamte Umgebung, als sie den Anlegesteg entlang lief. das war also Isola? Es wirkte fast wie ein Urlaubsparadies wie man es aus dem Fernsehen gewohnt war. Auf den ersten Blick eine wirklich schöne Insel. Mal sehen wie lange das nun anhielt. "Okay. Dann wollen wir mal...uhm...", Jubilee wischte mit ihrer rechten Hand ein mal kurz über die Luft vor ihrem Gesicht, woraufhin ein kleines, holografisches Interface erschien. Der junge Halb-Engel hatte sich einige Informationen betreffend des Prozederes notiert. Anscheinend würde für sie extra eine Lehrerin kommen um sie am Hafen aufzusammeln. Leider hatte sie keine Bilder von der Lehrkraft parat...das versprach direkt schon einmal etwas kompliziert zu werden. Besonders dahingehend, dass alle Lehr-und Erziehungskräfte über die psychische Verfassung des Mädchens in Kenntnis gesetzt worden sind. Etwas, was ihr von Anfang an absolut nicht gefallen hatte. Je weniger Personen von ihrer Gefühlswelt wussten, desto besser...aber hier waren ihr die Hände gebunden.
"Huh. Okay. Und jetzt?", Jubilee legte ihre Hand über die Augen um die Sonne zu blockieren, während sie sich umsah. Bisher konnte sie niemanden erkennen. Sie hingegen stach aufgrund des holografischen Interfaces vor ihr definitiv aus der Masse hervor.
Der Wind war ganz angenehm. So unbeschwerlich und ganz ohne Sorge. Als dieser auf meine Haut traf, durch meine Haare fuhr und ich nicht gerade erpicht darauf war, mir eben jene wieder zu richten, bemerkte ich doch wie kühl dieser war. Eine einzelne Haarsträhne löste sich aus dem gesamten Gebilde meiner Haare und lief mir herab auf die Nase, mitten in mein Gesicht. Etwas tollpatschig fuchtelte ich, nun wie eine gestörte Frau, mit meiner Hand vor meinem Gesicht herum um das Haar wieder an seine ursprüngliche Position zu schieben. Während ich also nun so vor mich herlief und beinahe schon den Grund für mein Ziel vergessen hatte, blieb ich doch kurz stehen und lies den Wind noch ein weiteres Mal auf mich wirken. Kühl, beherrscht und beruhigend. So könnte ich dann also doch den ganzen Tag hier am Hafen stehen. Der Gesang der Möwen, sofern man dies so nennen könnte, war ein typisches Merkmal eines so belebten Hafens , wie den von Isola. Auch ich erinnerte mich immer noch ganz gut daran wie ich das erste Mal hier war. Es war kurz nachdem ich erschienen war. Das Meer zog mich her. Oder war es doch eher der Zug der Windböen, welche mich herbrachten. Ach ich weiß es einfach nicht mehr. Und trotz all des Smoks, des teils üblen Geruchs und des ständigen Lärmes, gehört eben jener Hafen zu einen meiner liebsten Orte auf der Insel. Seltsam. Für eine Frau. Jubilee Taylor. Stimmt. Ich sollte eine neue Schülerin abholen und sie direkt zum neuen Wohnheim bringen. Ich hatte doch echt vergangenen Mittwoch zugestimmt, dass ich dies übernehmen kann. Warum auch immer. Manchmal wusste ich einfach nicht was ich tue und ich weiß auch nicht ob ich ganz der Person entspreche die ich einst war, aber zum größten Teil versuche ich auch nicht jene zu sein. Das Schiff war bereits am Ausladen und die ersten Passagiere kamen auch schon von Bord. Mensch, das waren aber viele. Und sie alle sehen irgendwie seltsam aus. Irgendwie nicht wie die Isolaner. Einer meiner Schüler hatte mir einmal gesagt, dass als er im Urlaub war, sich oft daneben benommen hat, weil er nicht wusste wie man sich in dem Land zu verhalten habe. Nannte man soetwas nicht Sklave? Hm. Ich glaube schon. Obwohl ich mir doch etwas unsicher bin, glaube ich. Aber, ich glaube auch das es richtig ist. "MAAAN, bin ich kompliziert!", rief ich doch etwas zu laut aus. Das darauf folgende Gelächter war kaum zu überhören und die ersten zeigten schon mit dem Finger auf mich. Beschämt und mit rot angelaufenen Wangen rieb ich mich am Hinterkopf und senkte meinen Kopf etwas als ich dann weiter lief. Da stieß mich jemand von der Seite an und meinte recht lautstark, dass ich nicht die einzige auf der Insel bin, die so kompliziert ist. Ich hatte mich nicht getraut hoch zu schauen, aber die Stimme hatte einen zischenden Klang. Als ich dann die Schritte entfernten und nur noch meine Schritte deutlich zu hören waren, sah ich auf und folgte dem Mann der mir gerade zu sprach. Er hatte Schuppen und einen Drachenschweif gehabt. Ich schmunzelte und lief noch roter an als ich verstand, dass dies wohl mehr als eine kleine Bemerkung war. Hatte dieser Mann versucht mit mir zu flirten? Oh, ich bin so aufgeschmissen, was solche Dinge angeht.. Mitten in der Masse konnte ich kaum die neue Schülerin ausmachen. Mir wurde gesagt ich soll nach Jubilee Taylor fragen. Bei dieser Menschenmasse konnte ich nur raten wen ich zuerst fragen müsste. "JUBILEE TAYLOR! HALLO!", rief ich vom Rand der Masse. Sofort trafen mich die ersten Blicke, aber sie schienen nicht gewillt zu sein darauf zu antworten. Ich ignorierte diese und rief ein weiteres Mal. Dieses Mal mit mehr Inhalt als den reinen Namen. "ICH BIN DIE LEHRERIN, DIE DICH ABHOLEN SOLL!", rief ich ein weiteres Mal. Dabei streckte ich meine Hand in die Höhe und winkte in die Menschenmasse. Hoffentlich erkennt sie mich.
Langsam neigte sich meine Reise zu meinem neuen Arbeitsplatz ihrem Ende zu. In der Ferne konnte man schon die Insel erkennen auf der ich in Zukunft arbeiten würde. Hier würde ich demnächst unterrichten. Mittlerweile war es sogar so warm das ich meine Jacke, die ich in Deutschland noch gebraucht hatte, ausziehen konnte. Eine kühle Brise fuhr mir durchs Haar und ließ es wie eine Fahne im Wind wehen während ich am Bug des Schiffes stand und langsam sogar schon der Hafen in Sichtweite kam. Ich sollte wohl so langsam meinen Koffer aus meiner Kabine holen. dachte ich mir gerade, da ertönte auch schon das Schiffshorn und kündigte unsere baldige Ankunft an. Ich machte mich also auf den Weg zu meiner Kabine und holte meinen Koffer. Auf dem Weg dorthin kamen mir schon die ersten entgegen die sich wieder mit ihren Koffern auf den Weg an Deck machten. Darunter waren schon ein paar komische Gestalten. Menschen mit Schuppen, Federn oder Fell. Mir kam sogar jemand mit Tentakeln entgegen. Das normalste was ich zu sehen bekam war ein Mädchen mit grünen Haaren. Wobei ihre gelben Augen mir verrieten das sie dennoch kein gewöhnlicher Mensch war. Aber das störte mich nicht weiter, immerhin würde ich demnächst jeden Tag mit Vampiren, Dämonen, Magiern und anderen übernatürlichen und magischen Wesen zu tun haben. Jetzt jedenfalls war es Zeit das Schiff zu verlassen und mich zu meinem neuen Zuhause zu begeben. Nachdem ich das Schiff nun verlassen hatte stellte ich mich erst einmal etwas abseits der Masse hin um mir einen besseren Überblick verschaffen zu können wo ich hin musste. Plötzlich fing neben mir jemand an zu rufen und ich zuckte etwas erschrocken zusammen. Die Person neben mir, eine junge Frau mit schwarzen Haaren, die ungefähr meine Größe hatte, schien hier auf eine Jubilee Taylor zu warten. Als sie dann ein zweites Mal in die Menschenmenge rief erfuhr ich auch gleich das diese Person wohl von nun an eine meiner Kolleginnen sein würde. Das traf sich ja gut, so könnte ich sie gleich mal fragen wo ich nun hin musste, beziehungsweise könnte sie mir hier alles zeigen. "Entschuldigen sie. Ich bin zwar nicht Jubilee Taylor, aber könnte ich sie ebenfalls begleiten?" fragte ich die junge Dame mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. "Mein Name ist Mitsuki Mikoto und ich bin ab heute ihre Kollegin an der hiesigen Schule." stellte ich mich ihr nun vor und begründete auch gleich mit warum ich sie begleiten wollte.
Jubilee war gerade kurz davor mit ihren Kräften die nächstbeste Funkverbindung in Anspruch zu nehmen um sich telefonisch bei der Schule zu melden und sie über ihr Ankommen zu informieren, da erregte eine recht laute Stimme die Aufmerksamkeit des Mädchens. Schlagartig verfiel der Engel in eine Art Schockstarre. Es war ihr allgemein unangenehm wenn andere Personen zu ihr Kontakt aufnahmen. Daher reagierte sie sensibel wenn sie unerwartet ihren Namen hörte. Besonders dann wenn man dabei so laut war. Dieser eingeschüchterte Zustand hielt nur wenige Sekunden, ehe sie sich wieder entspannte und in der Menschenmenge eine hoch gestreckte, herumwedelnde Hand ausmachen konnte. Etwas, was Jubilee dann doch etwas beruhigte. Es schüchterte sie zwar ein nun eine ihrer Lehrkräfte kennen zu lernen, doch alleine hier herum zu stehen und nicht zu wissen wie es weiterging war noch um einiges schlimmer.
"Okay...dann wollen wir mal..", seufzte der Engel leise in sich hinein ehe sie wieder das süßeste Lächeln aufsetzte, welches man sich vorstellen konnte und damit anfing energisch mit ihrem Koffer in die Richtung der Hand loszugehen, während das holografische Interface ihr folgte und sich dabei an ihre rechte Körperseite ausrichtete. Als sich die Menschenmenge lichtete, fand Jubilee dann sogar zwei Frauen vor, welche wohl miteinander zu tun hatten. Etwas verwirrend, wenn sie daran dachte, dass lediglich von einer Lehrkraft die Rede war.
"Hallo! ich bin Jubilee Taylor!", stellte das Mädchen sich vor und verbeugte sich ein mal kurz vor den beiden Frauen. "Ich bin etwas überrascht. Ich habe gelesen, dass mich nur eine Lehrkraft abholen sollte. Aber so lerne ich direkt zwei meiner zukünftigen Lehrer kennen! Es freut mich sehr ihre Bekanntschaft zu machen!", Jubilee war wie ausgetauscht. Die letzten Stunden, die sie in ihrem Trübsal und ihrer Melancholie verbracht hatte, waren wie restlos weggeblasen. Es schien sogar fast so als wäre der junge Engel die glücklichste Person der Welt. Etwas, was eigentlich vom derzeitigen Standpunkt aus gesehen absolut unnötig war. Allein aufgrund ihrer Symptome und vor allen Dingen ihrer Medikation war es immerhin mehr als wichtig, dass ihre zukünftigen Aufsicht- und Lehrkräfte von ihrer Diagnose vorzeitig aufgeklärt worden sind. Von daher würde dieses Schauspiel wohl kaum funktionieren. Dennoch hielt Jubilee an ihrer Routine fest und hoffte einfach darauf, dass die beiden Frauen möglichst professionell damit umgehen und nun nicht zu viel darauf eingehen würden.
Statt sich zu entschuldigen nörgelte er nur selbst rum, dass ich ja hätte selbst besser aufpassen können. Was glaubte er eigentlich mit wem er hier sprach? Ich konnte sein Leben an der Schule zur Hölle machen wenn ich wollte. Andererseits sagte er gleichzeitig, dass meine Augen schön waren. Nun gut, ich liebte Komplimente und damit verzieh ich ihm seinen kleinen Ausreißer. Immerhin setzte er sich jetzt auch langsam mal in Bewegung und kam hinter mir her, jedoch nur um mich dann zu überholen. Ich grinste. Noch breiter, als er erklärte wieso er überhaupt mit mir zu Fuß ging. Natürlich. Ich glaubte ihm zwar kein Stück, aber ich fand es niedlich, dass er glaubte mich beschützen zu müssen und anscheinend auch machen wollte. Definitiv Pluspunkt für ihn. Ein kleiner jedenfalls. „Also gut, pass auf, ich hab da so einiges gehört und anscheinend werden wir umgesiedelt.“, ich zeigte ihm kurz auf der Inselkarte wo wir jetzt hin mussten. Sichtlich genervt. Nicht wegen ihm, sondern wegen der Tatsache, dass wir wieder hier hin mussten und alles so weiter ging wie bisher. Hätte diese Anstalt hier nicht einfach schließen können? Dann fiel mir etwas ein: wenn wir umziehen würden, dann würde es auch sicherlich neue Zimmereinteilungen geben, vor allem nachdem einige sich verabschiedet haben. Ich wollte auf keinen Fall mein Zimmer mit irgendwelchen nichtsnutzen teilen, die mir auch noch auf die Nerven gingen anstatt einfach zu tun was ich ihnen sagte. Am besten das Zimmer mit niemandem teilen. Ich wusste ja auch noch gar nicht wirklich wer überhaupt noch da war. Wahrscheinlich die üblichen Katastrophen. Ich schüttelte mich kurz. „Können wir uns vielleicht ein wenig beeilen?“, ich versuchte es jetzt einfach auf die sanfte Art, vielleicht rannte er dann mit meinem Koffer schon mal vor und blockierte den Eingang für mich. Unwahrscheinlich, aber man durfte ja noch hoffen.
Kaum hatte ich meinen Satz beendet, oder auch meine lautstarke Ansage - wenn man es so sehen möchte, kam mir schon eine freundliche Stimme entgegen. Im ersten Augenblick als ich zu dieser drehte, erkannte ich eine braunhaarige, hochgewachsene Frau mit einem recht kurvigen Vorbau. Ungeachtet wie viel Zeit ich damit verbrachte ihre Brust zu mustern, schaute ich blitzschnell hoch, errötet, aber fokusiert. "Damit habe ich auch nicht so schnell gerechnet, glaube ich.", sagte ich mit einer recht unsicheren Stimme. Es war eine Notlüge. Etwas, dass mir trotz meiner Errötung nicht peinlich war. Und es war auch nie so gewesen. Ich habe eines Tages in Bücher über das Reich Babyloniens und Assyrien geforscht. In verschiedenen Versionen ist mein Name als Heldin und weise Herrscherin hervorgegangen. Doch ließen mich die Bilder, welche ich bei meiner Erscheinung zu Gesicht bekam, nie los. Der Dolch zwischen meinen Rippen, geschlagen wie ein Pflock in das Herz eines Vampieres. Mein eigenes Blut, das Öl eines jeden Organismus, welches den Boden zu meinen Füßen verfärbte und meine Hand wie die einer Mörderin aussehen lies. Im Hintergrund der Person, die mir diesen Stoß versetzte, ein jubelndes Publikum. Brennende Fackeln und Werkzeuge aller Art in ihren Händen. Parolen wie Hexe, Mörderin, Diebin und Giftschlange haben den Raum erfüllt. Und doch hat sich mehr als ein Mal dieser Satz verfestigt wie ein Brandmal auf der Haut eines Viehs: "Das ist der Wille des Volkes." Zurück im Geschehen lächelte ich mein Gegenüber etwas beruhigend an und nickte kurz auf ihre Anfrage. "Ich soll hier zwar eine Schülerin abholen, aber ich denke, dass eine Person mehr oder weniger nicht schaden wird.", belächelte ich die Aussage meinerseits. Ein Problem mit mehreren Leuten hatte ich nicht wirklich, aber als ich dann auf das kleine Mädchen vor mir schaute, welche sich dann als Jubilee Taylor identifizierte war ich überrascht wie ich sie nur übersehen konnte. Stand sie die ganze Zeit vor mir? Oder war ich so in Gedanken versunken gewesen, dass ich sie kaum bemerkt habe? Ich schüttelte meine Verwirrung ab und machte ein weiterhin positives Gesicht zum Spiel. "Ich heiße Semiramis und bin die Lehrerin die dich abholen soll, Jubilee. Es freut mich sehr.", das letztere galt beiden Personen und ich drehte mich dann mal in die Richtung um in die wir nun hätten gehen müssen. "Ach, beovr ich es vergesse. Hat jemand fragen von euch?"
Interessanterweise starrte mir meine neue Kollegin erst mal eine Weile auf den Busen ehe sie mir antwortete. Es sah schon unheimlich süß aus wie die schwarzhaarige Dame rot anlief. Sie erklärte mir das sie eigentlich hier war um eine Schülerin abzuholen, sie sich aber sicher war das eine Person mehr nicht schaden würde. Im nächsten Moment kam auch schon im nächsten Moment die Schülerin hinzu wegen der meine Kollegin eigentlich hier war. Ein junges Mädchen mit grünen Haaren gesellte sich zu uns und stellte sich als Jubilee Taylor vor und war sichtlich irritiert das sie es hier mit zwei Lehrerinnen zu tun bekam. Doch noch bevor ich ihr erklären konnte weshalb hier plötzlich zwei Lehrerinnen auf sie warteten fiel mir etwas auf. Ein Mädchen mit grünen Haaren? Irgendwie kam mir die kleine Bekannt vor. "Sag mal, bist du mir nicht eben schon im Schiff entgegen gekommen?" fragte ich die junge Dame ehe ich mich daran machte mich ihr nun auch vorzustellen. "Ich bin Mitsuki Mikoto. Und wie bereits angedeutet bin ich auch gerade erst hier angekommen und werde demnächst deine Lehrerin sein." erklärte ich freundlich lächelnd. Nun meldete sich auch meine Kollegin wieder zu Wort und stellte sich als Semiramis vor. Semiramis? Irgendwoher kannte ich diesen Namen. Aber woher? Ich kam einfach nicht drauf. Aber egal, jetzt sollte es jedenfalls erst mal zum Wohnheim gehen. Allerdings nicht bevor Semi-chan uns noch einmal frage ob wir Fragen hatten. "Also ich habe keine Fragen. Zumindest noch nicht." antwortete ich ehe ich mir meinen Koffer schnappte um zu signalisieren das ich bereit war den Hafen zu verlassen und mich von der Schwarzhaarigen führen zu lassen.
Jubilee entglitt ein beschämtes Lachen als sie die Frage von Frau Mikoto hörte. Unbewusst wanderte ihre rechte Hand an das holografische Interface, welches unweit von ihr schwebte und und wischte an dessen Oberfläche hin und her, woraufhin es sich immer wieder vor- und zurückblätterte. Der junge Engel suchte immer irgendwie - sei es nun bewusst oder unbewusst - Kontakt zu ihrem ganzen technischen Schnickschnack, wenn sie nervös war.
"Uhm...das ist möglich. Verzeihen sie, Misses Mikoto, ich achte nur sehr selten auf Menschen in meiner Umgebung wenn es keinen guten Grund gibt, haha", Erklärte Jubilee die Situation. Normalerweise hatte sie damit aber auch nie Probleme. Sie versuchte ohnehin so wenig Kontakt wie möglich von sich aus zuzulassen. Sich die Gesichter anderer Menschen zu merken, oder sie überhaupt erst genauer anzusehen, war daher für sie eine ziemliche Zeitverschwendung. In den meisten Fällen hat man mit den ganzen Fremden Gesichtern so oder so nichts zu tun. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass Jubilee aufgrund der ständigen Reizüberflutung in ihrem Kopf so oder so froh war, wenn sie möglichst wenig von ihrer Umwelt mitbekam. Dafür war meist schlicht und ergreifend einfach kein Platz.
"Trotzdem freut es mich sehr sie Beiden kennen zu lernen Misses Mikoto und Misses Semiramis!", Jubilee verbeugte sich leicht und schloss mit einer letzten Handbewegung das Hologramm neben ihr, ehe sie wieder zu einem breiten, zufriedenen Lächeln griff. Es war ungewohnt für sie mit anderen Personen zu reden. In den letzten Jahren hatte sie sich derart zurückgezogen, dass die einzigen Menschen mit denen sie Kontakt pflegte ihr Vater, ihr Psychologe sowie ihre behandelnden Ärzte waren. Diese kannte sie jedoch schon seit Jahren. Immerhin hatte sie nichts von ihrer Höflichkeit Fremden gegenüber verloren. Auch wenn sie vielleicht etwas zu sehr übersteuerte...Künstlerfehler. "M-mh, nein. Ich habe zur Zeit keine Fragen", kopfschüttelnd griff Jubilee nun ebenfalls wieder zu ihrem Rollkoffer und zog diesen an ihren Körper. Wenn sie sich recht erinnerte, war ihr erster Stop die Unterkunft der Schüler, wo sie sich im Zimmer der Heimleiterin zu melden hatte. Davon, dass es dort derzeit von anderen Schülern nur wimmelte, wusste sie jedoch nichts. Wie sollte sie auch damit rechnen, dass ausgerechnet heute allen Schülern von Shima no Koji neue Zimmer zugeteilt wurden? Unwissend wartete der Engel nun einfach darauf, dass Frau Semiramis die kleine Karawane in Bewegung setzen würde. Wenn es nach ihr ginge, könnte es nun auch jederzeit losgehen.