Ein grosser, in einer Glaskuppel geschützter Garten stellt sich insbesondere für den Heilkundeunterricht zur Verfügung. Neben dem alltäglichen Grünzeug finden sich hier sogar längst vergessene Kräuter, die von hoher Seltenheit und kaum bekannt sind. Zu hinterst stehen 10 Tische und dazugehörige Stühle auf denen man arbeiten kann. Außerdem blühen hier auch die buntesten Blumen, die ebenso selten anzutreffen sind.
Es gefiel mir ganz und gar nicht, als er aufstand und vor mir stand, da er ein gutes Stück größer war, was aber natürlich nichts an meiner Selbstsicherheit änderte. Bevor ich irgendetwas dazu sagen konnte, dass er mich als Stalkerin bezeichnete, drohte er schon damit mich aus dem Fenster zuschmeißen. Ich konnte gerade noch ironisch auflachen, als er mich packte und tatsächlich raus schmiss. Wahrscheinlich konnte man meinen Angstschrei über die ganze Schule hören. Erst als ich auf meinen Füßen stand, wurde mir klar das Cruel mich aufgefangen hatte. Mit geweiteten Augen sah ich ihn an und schubste ihn dann grob nach hinten “Was geht in deinem kranken Kopf vor?!” Ich verschränkte mein Arme vor der Brust und versuchte das Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Mit schnellen Schritten brachte ich so viel Abstand wie möglich zwischen ihm und mir. “Schön das du reden willst. Red mit irgendeiner Blume oder so.”, meinte ich pampig, sah ihn dabei nicht an, sondern suchte den Ausgang. Wer weiß was er als nächstes vorhatte. “Oh Gott, glaubst du wirklich ich verfolge dich? Leidest du an Paranoia oder was?” Ich holte tief Luft um mich etwas zu beruhigen, was aber nicht sonderlich viel brachte und während ich durch diesen Garten stapfte, stolperte ich mehr mals über irgendwelche Wurzeln, was mich noch aggressiver stimmte. “Maaaan, wo ist dieser verkackte Ausgang?!” Ich kickte in meiner Wut ein paar Blumen kaputt und lies mich dann auf den Boden fallen, drehte mich zu Cruel um und sah ihn an. Noch einmal holte ich tief Luft. "Du solltest dir mal andere Methoden ausdenken, um Menschen zum reden zubringen."
Autsch, da heulten die Hunde. Der Schrei hatte es in sich und ich verlor für einen Moment lang ein wenig die Besinnung. Nicht genug, um umzufallen, oder so. "Nicht viel", antwortete ich ehrlich und hob die Brauen, als sie noch viel ängstlicher als vorher reagierte. Dabei musste ich eigentlich Angst haben. Wer hatte nicht Angst, wenn er anonyme Nachrichten bekam, wo immer wieder derselbe Name auftauchte, dann noch eine Irre auftauchte, die behauptete, sie würde diese Person kennen und dann auch - zufällig! - immer in der Nähe war. Wie in einem Horrorfilm. "Das ist hier aber der Kräutergarten.", erwiderte ich irgendwie belustigt auf ihr Gezeter. Blumen fand man hier wohl kaum. "Kann gut sein..", murmelte ich und folgte sie. Wenn ich sie schonmal fern von aktivem Getümmel erwischen konnte, und dann ein wenig foltern und ausquetschen konnte, sollte sie auch nicht wieder so schnell entwischen..! Begeistert sah ich, wie sie den Schnittlauch umkickte und klatschte fröhlich in die Hände. "Yippieh.", meinte ich grinsend und zeigte nach oben. "Man kommt nur durch die Kuppel wieder raus." Dass das gelogen war, würde sie eh nicht herausfinden, von daher~ "Aber das ist die schnellste und effektivste.", erklärte ich und lächelte wieder zum sterben freundlich. "Love, ist dein Nachname eigentlich eine schlechte Fälschung von Courtney Love? Oder bist du mit ihr verwandt?", meinte ich zum Einstieg. Gleich am Anfang Angst einjagen war zu einfach, und ich wollte sie ja irgendwie loswerden. Jetzt erwartete sie vermutlich noch Ungehobeltheit. Nach einem einfachen Gespräch würde sie das umso mehr erschrecken!
Schlimm genug das er mir hinter lief, er machte sich auch noch über mich lustig. Er legte es wahrscheinlich drauf an, eine geschellt zu bekommen, vielleicht stand er auf Schläge. Als er mir sagte, man käme nur durch die Kuppel wieder raus, war ich ziemlich verunsichert. Er lügt… oder? Ich wusste es nicht und konnte aber auch keinen anderen Ausgang, als die kleine Luke, durch welche wir auch gekommen war, entdecken. Es störte mich, dass er sich nicht auch setzte, also sah ich ihn erst wartend an, nicht wirklich davon ausgehend das er wusste, was ich wollte. “Die effektivste?” Ich hob eine Augenbraue an und fühlte mich heraus gefordert. Aus mir würde er nichts Wissens Wertes heraus bekommen. “Oh, natürlich ist das ein schlechter Abklatsch. Weißt du, sie war mein erstes Stalking Opfer und ich war so bessen von ihr, das ich gleich meinen Nachnamen ändern lies.” Ausdruckslos sah ich ihn an. “Und Cruel ist dann wohl ein billiger Abklatsch von Cruella de Vill, hm?” Ich lächelte zuckersüß, setzte mich in den Schneidersitz, stellte meinen einen Ellenbogen auf meinem Bein ab und stütze dann mein Kopf darauf ab. Ich wusste wirklich nicht ob er ernsthaft glaubte, etwas aus mir raus zu bekommen oder ob er sich aus all dem hier nur ein Spaß erlaubte. Ich hatte keine Ahnung wer er war, also warum glaubte er, dass er etwas von mir erfahren würde? Vielleicht war naiv aber das konnte ich mir nicht wirklich vorstellen. Aus meiner Rocktasche kramte ich eine Packung Kaugummi hervor und steckte mir eins in den Mund und auch wenn es sich der Höflichkeit gehörte, ihm auch eins anzubieten, steckte ich es Wortlos wieder zurück. "Schönes Wetter heute." sagte ich, um das Thema zuwechseln und sah wieder hoch zur Kuppel.
"Denke schon.", meinte ich belustigt und grinste vor mich hin. Meine Hände hingen gefaltet vor meine Bauch, wo ich sie hängen ließ. Irgendwie war sie mir ruhiger in Erinnerung gewesen - also vor einem oder zwei Tagen. So gefiel mir das schon viel besser. Sie schien sich in die Enge gedrängt zu fühlen, oder was auch immer, oder war vielleicht tatsächlich einfach nur wütend, aber diese Reaktion gefiel mir. "Du bist ja gar nicht langweilig", stellte ich harmlos fest und setzte mich im Schneidersitz vor ihr hin. "Keine Ahnung, wer das sein soll, aber ich denke nicht.", ich rupfte ein bisschen Thymian aus und schmiss es in ihre Richtung, ohne sie natürlich zu treffen. Kräuter flogen leider nicht sehr weit. "Wow, das heißt also, du stalkst öfter Leute." Und auch Courtney Love. Sie musste aaalt sein. Ich nahm nun dieselbe Pose wie sie ein und hob provozierend eine Braue, wartete ab. Hm. Da nahm sie sich einen Kaugummi und gab mir keinen ab. Etwas enttäuscht war ich schon, aber niemand gab so schnell seinem Entführer 'nen Kaugummi. Allerdings war das doch etwas provokant! Und das musste ich irgendwie toppen. "Also weisst du, wenn ich einen Kaugummi wollte, so würde ich ihn mir auch aus deinem Mund holen.", meinte ich charmant, "Sehr schönes Wetter.", stimmte ich gleich darauf freudig zu. Verdammt stur war das Mädchen mit dem seltsamen Namen! Aber das konnte man durch ein wenig Einschüchtern ja noch ändern.~
Entsetzt sah ich ihn an. “Hattest du keine Kindheit oder was?” Jeder wusste wer Cruella de Vill ist! Wie konnte man die nicht kennen? Darauf das ich, ja gar nicht so langweilig war, wollte ich mir arrogant durch die Haare streichen, was jedoch daran scheiterte, das sie nicht offen waren, also klopfte ich mir selber auf die Schulter. Seine erbärmliche Kräuterattacke ignorierte ich einfach mal. “Ja, natürlich stalke ich öfters Andere, du bist da nichts besonders.” Als er dann die selbe Pose einnahm wie ich, fühlte ich mich ziemlich provoziert, bückte mich mit meinem Oberkörper nach vorne und stieß seinen Arm weg, auf welchem sein Kopf lag. “Bäh, ihh! Wie ekelig bist du eigentlich?”, angewidert sah ich ihn an und rutschte weiter nach hinten. Sicherheitsabstand war immer gut. “Kommst du näher als diese Linie.”, mit meinem Finger zog ich eine Linie durch die Erde. “Dann spuck ich dir das Kaugummi ins Gesicht.” Vorsichtig tastete ich meinen Haare ab, um zu fühlen ob sie noch in Ordnung war. Nachdem Höllenflug musste sie grausam aussehen, doch ich hatte keinen Spiegel dabei und sie nun einfach zu öffnen, wollte ich nicht und eigentlich hatte ich nun andere Problem. "In welche Klasse gehst du?", fragte ich ihn dann. Mal sehn, ob er mir was von sich erzählen würde oder ob er dicht macht. Interessiert sah ich ihn an und stütze meinen Kopf wieder auf meine Hand.
"Woher soll ich das wissen?", fragte ich ernsthaft. Das musste sie doch ahnen können. Wenn ich doch so sehr aussah wie ...wer auch immer, mich aber an nichts erinnern konnte, dann wohl auch kaum an meine Kindheit. Ich wusste nicht einmal, wie meine Mutter aussah - nicht, dass das wichtig wäre. Sie war ein bisschen zu wütend und genervt, denn ich sah keinen Grund darin, so zu sein. Aber vielleicht regte sie lediglich das gute Wetter auf. Soll vorkommen. "Das ist ziemlich gruselig.", stellte ich fest. Also die Stalkerei. Die sollte sie lieber sein lassen. Aber stattdessen fand sie mich eklig. Sah ich nicht wirklich ein. Meine Hände stemmte ich nach hinten und streckte nun die Beine aus, sodass sie die Linie längst überschritten. Kümmerte mich nicht wirklich, wo ich nun hindurfte, oder wohin nicht. Ich trieb es sogar so weit, dass ich mich hinhockte, direkt vor ihr, gegen ihre Wange mit meinem Zeigefinger stupste und "Spuck, spuck." Begeistert grinste ich dabei und drückte nun ihre Wange mit Daumen und Zeigefinger ein wenig zusammen. Vermutlich würde ich es noch aus der Schussbahn schaffen, wenn sie wirklich spuckte. "Sternenklasse.", antwortete ich brav, denn immerhin hat sie nett gefragt, "Fällt dir denn nichts Besseres ein, das du mich fragen könntest?"
Ob er wohl wirklich dachte ich sei eine Stalkerin... Gut möglich aber hoffentlich nicht. Nicht das dieses Gerücht die Runde macht und ich keine Freunden mehr finde! Er überschritt die Linie. Was fiel ihm eigentlich ein?! Und da dies natürlich nicht schlimm genug war, krabbelte er mir mit seinen Fingern im Gesicht rum aber das würde ich mir bestimmt nicht gefallen lassen. Ich griff mit meinen Händen nach seinem Gesicht, zog es zu mir und küsste ihn. "Natürlich fällt mir besseres ein." Ich lies von ihm ab, das Kaugummi hatte er nun, und stand auf. "Aber du weißt wahrscheinlich selber nichts über dich, also was bringt es mir, hm?" Kurz lächelte ich Cruel an, dann drehte ich mich um und sah den Ausgang. Wie konnte ich ihn übersehen haben? So schnell wie möglich ging ich dahin, bedacht darauf es nicht wie eine Flucht aussehen zulassen, auch wenn es eine war, denn ich hatte Angst vor seiner Reaktion. Er war unberechenbar. Vielleicht schmeißt er mich wieder irgendwo raus und fängt mich diesmal nicht auf. Oh mein Gott, ich muss um mein Leben fürchten! Meine Schritte verschnellerten sich und die letzten paar Meter rannte ich. Die Angst war wohl doch größer als mein Stolz. "Byee~", rief ich ihm noch fröhlich zu und drückte die Türklinke runter, doch die Tür ging nicht auf. Warum ging die Tür nicht auf?! Nervös rüttelte ich dran, doch das änderte nichts an der Tatsache, das diese Tür verschlossen blieb. Peinlicher gehts nicht.
Hey, das ging ja wohl ein wenig zu schnell. Und war auch eher so meine Art und Weise, mit den Menschen umzugehen. Ich spürte ihre Zunge, dann den Kaugummi, vermutlich noch für einen Moment ihre Zähne. Ihre Hände, die sich fest in meine Wangen pressten. Das Gefühl eines Deja Vu's. So viele Dinge auf einmal, die mir ein großes Schwindelgefühl in den Kopf setzten und ein heftiges Stechen auslösten. Meine Sicht verschwand für ein paar Momente und ich sah vor meinen Augen das Gesicht von Sky, irgendwie verändert, jünger und lebendiger. Ein Lächeln, dann nichts. Und als ich wieder in der Gegenwart ankam, stand sie vor der Tür des Gartenhauses und bekam sie nicht auf. Ich kaute lustlos auf meinem neugewonnenen Kaugummi [-yeah, Kaugummi!] herum und betrachtete sie wortlos. 'Aber du weisst wahrscheinlich selbst nichts über dich..' Vorsichtig raffte ich mich auf, denn das Schwindelgefühl konnte ja wiederkommen. Mit ein paar Schritten war ich hinter ihr und nahm ihr den Fluchtweg, indem ich eine Hand neben ihrem Kopf an der Glastür abstützte. "Und du weisst alles, oder wie soll ich das verstehen?", zischte ich leise. Der Kräutergarten war totenstill, jetzt, wo niemand redete und man hörte nichtmal die leichte Brise von draußen wehen. Komplette Windstille, und ich dachte schon fast, jemand hätte die Zeit angehalten. "Dann erzähl mir du doch, wer ich bin. Aber rück wenigstens mit annehmbaren Fakten raus, anstatt nur Psychoscheiße abzuziehen." Den Kaugummi spuckte ich aus, zur Seite.
Ich drehte mich zu ihm um, hob meinen Kopf und sah ihn mit meinem sturen Blick an. Mein Atem ging flach und ich versuchte mir meine Unruhe nicht anmerken zulassen. Ich war stark und bereute den Kuss von eben gerade nicht, auch wenn er nun nicht mehr die beste Laune hatte. “Über dich, Cruel, weiß ich gar nichts, außer das du ein arrogantes Arschloch bist.” meinte ich und wollte ihm nicht so nah sein, doch ich hatte Angst mich zu bewegen. “Aber ich weiß was über Mason Blue. Keine Ahnung ob dich das interessiert.” Eigentlich wollte ich nicht über Mason reden, vor allem nicht wenn Cruel immer noch genau so aus sah wie er und mein Körper immer noch schrie, das er es war. Unruhig fing ich wieder an auf meiner Unterlippe zu knabbern. Gerne hätte ich auf meinem Kaugummi, welches er einfach ausgespuckt hatte, herumgekaut aber ich war ja selber Schuld. “Mason Blue hatte in einer Band, sie hieß The Ape, gespielt gehabt, er war Gitarrist und Songschreiber und er hat sich nach einem Unfall das Leben genommen.” Ich hatte meine Augen nicht von ihm abgewandt gehabt, auch wenn das erzählen über Mason doch ziemlich weh tat. Mehr als ich eigentlich gedacht hätte. Und wenn er jetzt irgendeinen blöden Spruch bringt, dann würde ich ihm eine reinhauen, weil er es wirklich nicht anders verdienen würden. “Bist du nun zufrieden?”, fragte ich ihn. “Könntest du nun etwas weiter von mir weggehen?” Vorsichtig versuchte ich seinen Arm wegzuschieben, was aber nichts wirklich brachte.
So wie ihr sturer Blick sich in mich bohrte, schaute ich mit leerem Blick zurück. Die Augen groß und glasig, so wie es sich für einen Kerl eigentlich nicht gehörte. Eine Strähne kitzelte in meinem Gesicht, sicher schon die zehntausendste. "Vielen Dank!", meinte ich lächelnd, "Immer gut, wenn man keinen Plan hat, aber trotzdem andere als Arschlöcher abstempelt. Gratulation, also das macht dich selbst zu einem.", ich nahm mit meiner freien Hand ihre und schüttelte diese überschwänglich. Aber mir war das egal; also wie sie mich nannte. Der Titel 'Arschloch' gab ich mir mittlerweile schon selbst, denn im Grunde war ich das. Nichts war mir lieber als ich selbst.
Ich hörte zu, was sie über 'Mason Blue' zu sagen hatte, der ja so viel besser war, weil er in einer Band spielte, und bla. Langsam fand ich es gar nicht mehr so abwegig, dass wir eine Person waren - nicht, dass ich irgendwelche Erinnerungen daran hätte; aber im Prinzip konnte ich der Engel jeder Person sein, ohne es zu wissen. Doch warum sollte sich mein altes Ich und das Neue so sehr unterscheiden? Ich ließ mich nicht von ihr wegschieben, beziehungsweise achtete nicht wirklich darauf, wie sie meinen Arm berührte. "Und was macht dich so sicher?", fragte ich ein wenig überheblich, "Wenn ich das Arschloch und er der sentimentale Selbstmörder mimt, wo gibt es dann die Verbindung?", fragte ich und richtete mich gerade auf, ließ den aufgestützten Arm fallen. "Was suchst du überhaupt nach einem Kerl, der nicht stark genug ist, einfach weiterzuleben und die Leute im Stich lässt, die ihn vielleicht leiden konnten. Und wenn die Antwort nicht mindestens 'um ihm eine fest reinzuschlagen' ist, bin ich enttäuscht, denn dann bist du doch so charakterlos, wie ich dich eingeschätzt habe." Mein Lächeln war eiskalt; sie konnte wohl kaum erwarten, dass so etwas wie Tod eines Menschens mich berührte. Als Todesengel erlebte man es selbst nicht, sondern nur bei anderen. Ich wusste nicht, wie das bei den anderen war, aber mich berührte es nicht, egal wer starb.