Der Magieraum der Schule ist vermutlich der einzige, der sich nicht in das Gesamtbild des Gebäudes einfügt. Die Wände sind bis zu einem sehr großen Teil mit Holz verkleidet und auch das Mobiliar erinnert an bereits vergangene Zeiten, wurden jedoch all die Jahre über ordentlich gepflegt und wirken insgesamt sehr edel. Das Magiezimmer ist sehr oft abgedunkelt und wenn man gerade nichts von der Tafel abschreiben muss sind einige Kerzen und mysteriös schwebende, leuchtende Kugeln die einzige Lichtquelle. Damit auch wirklich jeder Schüler ein freies Sichtfeld auf das, was vor ihm gezaubert wird hat, sind die Stühle an beiden Seiten nur zu zwei Reihen angeordnet. In der Mitte befindet sich eine Art Gang, an dem man genug Platz für seine kleinen Experimente hat.
Joyce hatte, vielleicht durch das Dasein als halber Seehund, einen ausgezeichneten Orientierungssinn. Es reichte ihm, eine Karte zu sehen, um zu wissen, wo er längs musste. Und mit den Räumen verhielt es sich ähnlich, er hatte sich die Übersicht angesehen und ging nun zielstrebig auf den Raum zu. Die Hände in den Hosentaschen und wie üblich mit dem krummen Kreuz schlich er mehr durch die Gänge. Er hatte sich noch seine Schuluniform angezogen, nur die Schuhe hatte er irgendwie... wegrationalisiert. Er wollte den Boden unter seinen Füßen spüren, wo er hinging merkte er so nun mal am besten. Schuhe waren irgendwie einegend; vielleicht lag das daran, dass er von Natur aus eher dazu gemacht war, Flossen zu haben. Joyce hatte schon manchmal drüber nachgedacht, warum er so gerne barfuß ging. War es vielleicht wirklich, weil er eigentlich eine Robbe war und Flossen bevorzugte? Oder war es einfach... er hielt eben einfach nichts davon, nicht den Grund unter sich zu fühlen. Das war doch alles essentiell für ihn. Er hatte 5 Sinne und er brauchte jeden einzelnen um zu schreiben, um zu malen, um überhaupt zu existieren. Was war das für ein Leben, wenn einer dieser Sinne ausfiel? Der Schwarzhaarige fand sich schließlich vor der Tür wieder und nahm die Fingerkuppe zwischen die Zähne. Das würde seine erste Unterrichtsstunde werden.... unter seinem Arm klemmten seine Skizzenmappe, ein Block und daran eingeklemmt ein Kugelschreiber und ein Bleistift. Er sah an der Tür hoch und sinnierte einen Moment. Das war seine erste Stunde an einer Schule und es würde Magie sein. Magie... auf einer Insel wie Irland umgab ihn das jeden Moment, er selbst war ein magisches Wesen. Zum Teil Fisch, zum Teil Fischfresser, zum Teil Mensch. Aber er hatte nie gezaubert... was würden sie hier lernen? Zauberei? Vielleicht die alten Sprüche, die das kleine Volk von Tir na nÓg den Menschen gelehrt hatte und welche die Menschen zum großen Teil vergessen hatten. Der Ire grinste und trat schließlich ein. Außer ihm war nur ein Mädchen schon im Raum und er sah sich mit einem Blick, den Außenstehende als gelangweilt einstufen würden, um, bevor er sich auf seinen Platz setzte und zwar in typischer Haltung: mit den Fußsohlen auf der Sitzfläche, die Knie an den Körper gezogen, die schwarzen Augen mit dieser Mischung aus Leere und Wissen auf seine Umgebung gerichtet. Auch auf das Mädchen. Er sah sie eine Weile einfach nur an, ohne sie zu begrüßen, sich zu erkunden, sonst was. Er sah sie einfach nur an. Dann, ohne Vorwarnung, griff er sich sein Skizzenbuch und seinen Bleistift und begann, sie zu zeichnen. Schnell hatte er ihre Umrisse auf das Papier gebannt, so realistisch wie möglich. Immer wieder sah er auf, seine Hand bewegte sich fast von selbst, als er Schatten und Details begann einzuzeichnen. Er hatte bisher kein Wort gesagt und konzentrierte sich auf sein Bild, er wollte es so perfekt wie möglich haben.
Nachdem ich eine weile in den Gängen umher irrte fand ich endlich den Raum in dem meine erste Unterrichtsstunde stattfinden sollte. Zwei meiner neuen Mittschüler waren bereits da. Ein Junge und ein Mädchen. "Guten Morgen." begrüßte ich die beiden lächelnd. "Ich bin Evangeline Usagi. Ich bin noch neu hier und bin gestern erst angekommen. Das Mädchen war echt hübsch. Sie hatte wunderschönes langes violettes Haar und ebenso schöne blaue Augen. Obwohl sie saß konnte ich erkennen das sie fast 30 Zentimeter größer war als ich. Was ich ebenfalls sofort bemerkte war ihr üppiger Vorbau. Warum kann ich nicht auch einen größeren Busen haben? fragte ich mich wie so oft wenn ich Mädchen wie sie ansah. Ich wäre ja schon zufrieden wenn ich nur ein viertel der Größe ihres Busens hätte. Aber leider war ich ja genauso flach wie meine Schwester Itsuka. Der Junge der noch anwesend war sah aus als müsste er jeden Tag hungern. Er war zwar extrem groß aber auch ziemlich dünn. Ein Strich in der Landschaft wie man so schön sagt. Die ganze Zeit starrte er immer wieder zu dem Mädchen und zeichnete. Ob er auch Mangas zeichnet? fragte ich mich und schaute ihm gespannt zu. Sein Bild schaute ich jedoch nicht an. Ich selbst zeichne ja auch und kann es überhaupt nicht leiden wenn jemand ein Bild anschaut das ich noch nicht fertig gezeichnet habe.
Wir rannten geradzu zum Schulhaus und mir wurde beinah schlecht, weil es wirklich nicht lange her war, dass ich was gegessen hatte. Wie es Takeru ging, wusste ich nicht, da mein Blick nach vorn gerichtet war. Es verging sicher mindestens fünf Minuten bis wir endlich im Schulhaus waren und ich atmete heftig ein und aus. "Uahh..!! Wir sollten besser auf die Uhr achten..", jammerte ich Takeru an, den ich bis jetzt nicht losgelassen hatte. "Denkst du es hat schon angefangen?" Fragend blinzelte ich zu ihm hoch und lief währenddessen den Gang entlang, die Treppe hoch und dann Richtung Magiezimmer. Woher ich wusste was wir für ein Fach hatten? Ich hatte den Stundenplan, welcher ich vor ein paar Tagen abfotografiert hatte, tatsächlich während dem Rennen am Handy studiert. Vielleicht würden wir heute etwas spezifischer an den Unterricht rangehen. Vor der Türe hielt ich kurz an und zupfte meine Bluse und meinen Rock zurecht, die bestimmt vollgeschwitzt waren. Hoffentlich müffle ich nicht schon.., dachte ich mir besorgt und blinzelte noch einmal in das hübsche Gesicht meines Freundes. Ahh.. Ich biss mir kurz in die Unterlippe und beugte mich einfach kurz zu ihm hinauf. Meine heissen.. Lippen berührten sacht seine und ich schloss meine Augen. Der Kuss der folgte war zärtlich, aber auch kurz. Es war eigentlich ein "Guten Morgen, Takeru!" Kuss, den er als mein Freund sichtlich verdient hatte! Ich bewegte mich wieder zurück und lächelte mit geröteten Wangen. "Koomm.!" Erst jetzt öffnete ich die schwere Tür und trat in das dunkle Magiezimmer ein, welches erstaunlicherweise erst von ein paar Mitschülern besetzt wurde. Zwei davon kannte ich nicht, die Dritte schien mir bekannt zu sein. Trotz allem begrüsste ich sie alle recht herzlich, aber leider auch stotternd: "G-guten Morgen zu..zusammen!" Ohne weiteres huschte ich zu meinem hinteren Platz und setzte mich schonmal hin. Der einzige Junge, mit Ausnahme von Takeru, sass da und.. sah so aus als würde er die Violetthaarige abzeichnen. Ob er das gut konnte? Interessiert versuchte ich einen Blick auf sein Bild zu haschen, aber er war viel zu weit entfernt. Mennooo..
Dank Mitsuki kam der Engel dann schliesslich auch noch dazu, tatsächlich Sport am Morgen zu betreiben. Die beiden waren den gesamten Weg zur Schule gerannt (etwas ganz neues) und währendessen fragte sich der Engel ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre, einfach früher loszugehen. "Das nächste Mal gehen wir aber ne Viertelstunde früher los!", sagte er laut zu Mitsuki, die vor ihm lief, und deren Hand er immernoch hielt. "Wahrscheinlich schon, aber wir sind sicher nicht die einzigen Zuspätkommer.", antwortete der Blondschopf seiner Freundin und spürte schon langsam, wie seine Kondition nachliess. Zum Glück waren sie aber nach etwa 5-10 Minuten Rennen beim Schulhaus angekommen und liefen über die Treppen nach oben. "Magie?", fragte der Engel verwundert, als Mitsuki vor dem ungewohnten Zimmer stehen blieb. "Muss ich mich da auch in die letzt-..", wollte er fragen, da er mal wieder keine Ahnung hatte, doch Mitsuki drückte ohne Vorwarnung (!) ihre Lippen auf die seinen und raubte ihn einen kurzen, aber zärtlichen Kuss. Sofort vergass der Engel alles was um ihn rum passierte, schloss seine Augen ebenfalls und legte seine beiden Hände auf die Wangen seiner Freundin; erwiderte ihren Kuss, allerdings etwas länger als zuvor. Man konnte wohl anhand des Kusses deutlich merken, dass Takeru etwas aus der Puste war. "Ich würd' jetzt lieber irgendwohin mit ihr verschwinden..", ging es dem Engel durch den Kopf, der wohl gerade von schmutzigen Gedanken geprägt wurde, als Mitsuki die Tür zum Magiezimmer öffnete. Es waren ein paar Schüler anwesend, unter ihnen auch das Mädchen, auf wessen Tisch Takeru letztens gelandet war. "Da haben wir ja nochmal Glück gehabt - kein Lehrer da?", fragte er kurz in den Raum, trat dann ein und begrüsste seine Klasse ebenso. "Guten Morgen!" Da Mitsuki als auch Cynthia an ihren gewohnten Platz sassen pflanzte sich auch Takeru auf jenen in der letzten Reihe, neben Cynthia, und hinter Mitsuki hin. Dass noch kein Lehrer anwesend war, war reines Glück! So hatte Takeru wenigstens noch Zeit zum Verschnaufen, bevor es mit dem Unterricht losging. Kurz lächelte er zu Cynthia, ehe er sich auf seinem Stuhl etwas zurücklehnte und die beiden anderen Schüler kurz musterten. Auch sie mussten neu sein. Der Junge unter ihnen war etwas seltsam, er trug keine Schuhe und sass nicht wirklich so da, als würde er in einem Klassenzimmer hocken.
Etwas spät kam sie in den Unterricht, einige Schüler saßen schon da, aber alle waren es nicht. Sie ging direkt auf den Lehrerpult zu und setzte sich auf dem dahinter stehenden Tisch. Die Verspätung der zwei anderen Schüler hatte sie nicht mitbekommen. Hatten die beiden noch einmal Glück. Auf dem hinweg zur Schule hatte ie mit ihrem Kollegen Slevin die Zeit etwas vergessen, aber das war ja nicht so problematisch. Magie stand nun an mit seiner Klasse. „Ich bin Haruna Hinamori eure Magielehrerin, ich glaub ich unterrichte euch noch in einem anderen Fach, aber das ist jetzt nicht so wichtig.“ Sie kramte einige Sachen zusammen und begann zu kontrollieren wer in der Klasse alles anwesend war. Nachdem sie dies beendet hatte schaute sie sich kurz in der Klasse um. „Magie also … Wo meint ihr befindet sich Magie. Meint ihr Magie ist etwas natürliches oder doch eher etwas abnormales was sich vielleicht nur im Weltall abspielst.“ Etwas fragend schaute sie die Schüler an. Da es die erste Stunde mit ihnen war konnte sie nicht einschätzen wer überhaupt interessiert war oder nicht.
Es war nächster Morgen. Ich hatte doch tatsächlich die erste Nacht auf dieser Insel überstanden gehabt. Ich hatte wirklich in diesem Bett geschlafen gehabt. In diesem unbequem und dreckigen Bett. Wäre ich nicht zu müde gewesen hätte ich es wahrscheinlich noch mal ganz neu bezogen gehabt. Aber Naja es war nur eine Nacht, die nächste wird bestimmt besser. Immer positiv denken! Ich hatte mir die Schuluniform angezogen gehabt, das Frühstück im Speisesaal übersprungen da dies wahrscheinlich nicht besser schmeckt als gestern und war sofort zum Unterrichtsraum gegangen. Und obwohl ich rechtzeitig aufgestanden war, kam ich zu spät. Vor der Tür blieb ich noch mal kurz stehen, zuppelte noch mal die Klamotten zurecht, öffnete sie dann und versuchte meinen lässigsten Gang aller Zeiten. Meine Hände in die Hosentasche gesteckt, die Hose an sich hing auf halb acht und meine Boxershorts blitzte heraus. Breitbeinig und leicht in der Knie wollte ich zu meinem Platz gehen, doch ich stolperte über einen Tischbein. Keine Ahnung wie ich das schaffte aber ich lag im nächsten Moment auf dem Boden. Auf dem dreckigen und schmutzigen Boden. Und dabei flog ich auch so schön auf die Nase. Auf meine wunderschöne Nase! Langsam rappelte ich mich auf, blieb aber vorerst auf meinem Popo sitzen, was wahrscheinlich nun etwas Mädchenhaft aussah aber ich hatte nun wichtigere sie Kopf. Zum Beispiel meine Nase. Was wenn die nun gebrochen war? Ich würde für immer mit einer krüppel Nase rum laufen müssen! Die Tränen musste ich wirklich sehr zurück halten. Das war doch heute schon ein verdammter scheiß Tag! Ich will wieder nach Hause! Keine Ahnung wie lange ich dort nun auf dem Boden saß aber irgendwann rappelte ich mich wieder auf, immerhin war ich ein ganzer Kerl! Und setzte mich auf meinen Platz. “Sorry, das ich zu spät bin.” meinte ich nur neben bei zur Lehrerin.
Ich sah ein, ich musste zu spät dran sein. Aber ich sah nicht ein, sich völlig normal auf den Platz zu setzen, nach dem ich mich entschuldigt hätte. Nein wirklich, das wäre zu einfach! Vor mir lief Lavi, der mal wieder aussah, als hätte er sich in die Hosen geschissen (wieso denn so breitbeinig?) und krabbelte unter ein paar Tischen der ersten Reihe hindurch auf meinen Platz, neben einen neuen, düster aussehenden Schüler. "Anwesend", flötete ich leise und stellte fest, dass ich mir nicht die Mühe gemacht hatte, Schulsachen mitzunehmen. Shit. Ich drehte mich also zu meinem schwarznestigen Klassenkameraden und pumpte ihn an: "Ey alter, kannst du mir mal n Blatt und 'n Stift geben?" Mir lief es plötzlich eiskalt den Rücken herunter, da ich mich dran erinnerte, dass ja Takeru auch schon da sein musste. Und da er in der letzten Reihe saß, hatte er mich sicher beobachten können (sollte er mich überhaupt bemerkt haben). Gratulation, Misu. Das war ja mal wieder ein wunderbar reizender Auftritt gewesen. Ich drehte mich trotz aller Warnung mit dem Oberkörper nach hinten und sah ihn da sitzen. Schnell blickte ich zu einem anderen Punkt im Raum und sah Lavi & winkte ihm, bevor ich wieder nach vorne schaute. Die Frage der Lehrerin hatte ich nicht wirklich verstanden, darum antwortete ich auch nicht - aber mich direkt hatte sie auch nicht angesprochen, alles okay also. Ich holte das Croissant raus, das ich mit aus der Caféteria geholt hatte und begann zu mampfen.
Einige Minuten nachdem ich den Raum betreten hatten kamen noch zwei weitere Schüler. Ein Mädchen und ein Junge. Sie schienen den ganzen Weg hierher gerannt zu sein, denn sie waren ziemlich außer Atem und sahen etwas verschwitzt aus. Das Mädchen hatte wie ich glänzende blonde Haare. Allerdings waren ihre nur brustlang. Ihre Augen schimmerten in einem wunderschönen goldton sodass man glauben könnte sie wären aus reinem Gold. Sie sah wirklich hübsch aus. Ich hoffte das ich sie mal genauer kennen lernen könnte. Gerade als ich den Jungen anschaute kam auch schon die Lehrerin rein. Sie hatte ebenfalls blonde Haare und trug ein merkwürdiges Kleid das irgendwie an ein Magical Girl-Kostüm erinnerte. Sie entschuldigte sich für ihre verspätung und stellte sich kurz als unsere Magielehrerin Haruna Hinamori vor. Sie stellte auch gleich die erste Frage an uns doch bevor ich antworten konnte kam noch ein Junge ins Zimmer. Er entschuldigte sich für die Verspätung und setzte sich hin. Plötzlich hörte man auch die Stimme eines Mädchens das neben dem zeichnen Jungen saß. Wo kommt die denn plötzlich her? fragte ich mich verwundert, schaute dann aber gleich wieder zur Lehrerin. Ich war mir zwar nicht sicher ob meine Antwort richtig war doch trotzdem versuchte ich die Frage zu beantworten und meldete mich. "Ich glaube Magie ist etwas natürliches, das jeder mit etwas übung verwenden kann." antwortete ich zaghaft und schaute mich kurz um, da es mir etwas peinlich war das ich mir nicht sicher war. Das gerade ich, die Eismagie beherrscht und einen eigenen Zauber entwickelt hatte, mir bei dieser Frage nicht sicher war. Ich hofft inständig das die Antwort richtig war.
In Gedanken versunken schwebte ich durch die blühende Welt der Erinnerungen. Es war alles so klar, als ob es eben gerade erst passiert war, dabei war manches schon Jahre zurück. Daran erinnerte ich mich, aber was die Nacht war, wusste ich nicht mehr. Das hatte ich bisher nur ein einziges mal gehabt. Als Kurya und ich zusammen einmal aßen, zur Feier meines Geburtstages. Aber naja, schnell aktivierte ich wieder die Tasten-sperre des Handys und steckte es weg. Als ich wieder hoch sah, konnte ich einen seltsamen Jungen ausmachen. Die Tatsache, dass er da auf seinem Stuhl "saß" wie ein Affe auf dem Klo, ignorierte ich genauso wie er Barfuß war. Es gab schon sehr skurrile Menschen. Dem einzigen dem ich an ihm gerade Aufmerksamkeit schenkte, war der Zeichenblock. Er zeichnete mich also gerade. Sofort musste ich wieder zurückdenken, denn nun fiel mir sofort Shin und sein Hobby ein. Der Brillenträger zeichnete ziemlich gerne, es war immer eine Freude, ein gemaltes Bild von ihm zu sehen. Ich versuchte freundlich zu lächeln als ich diesen merkwürdigen Zeichner ansah, aber die Kopfschmerzen und die sowieso schlechte Laune verhinderten dies. "Zeigst du mir das Bild wenn es fertig ist?", brummte ich ihn unbeabsichtigt an. Aber wenigstens schwieg er. Jedes noch so schwache Geräusch brannte in meinem Kopf umher, weswegen ich ihm dann doch noch ein kurzes schwaches Lächeln schenkte. Es verging nicht viel Zeit, da ging die Tür des Zimmers ein weiteres mal auf. Ich betete innerlich schon, dass es wieder jemand stilles war, wie mein Zeichner gerade. Allem Anschein nach wurde ich jedoch nicht erhört und die neue Person machte den Mund auf. Sonst würde ich sie natürlich freundlich willkommen heißen und lächeln und immer nett klingen, aber Alkohol oh Alkohol, du versaust mir echt den ganzen Tag. Das einzige, was das Mädchen von mir bekam, war ein genervter Blick bevor ich dann wieder aus dem Fenster sah. Wäre sie genauso stumm geblieben wie der zeichnende Schuhlose vor mir, hätte sie bestimmt ein lächeln bekommen. Ich hoffte ja inständig, dass meine Gebete nun doch erhört wurden und ich doch noch etwas Ruhe bekam, aber als ich dies dachte flog auch schon die Tür auf und gleich zwei Schüler kamen hinein. Es war der Blonde Idiot der mir fast in der letzten Stunde auf die Hände getreten wäre - Nagut, getreten kann man nicht sagen, eher auf sie hinauf teleportiert - und seine ebenso Blonde Freundin. Da ja nichts passiert war gestern, versuchte ich so freundlich wie nur möglich zu den beiden zu sein. Sie kannten mich ja schon länger als die anderen hier in diesem Raum. Als Takeru sich dann auf dem Platz neben mir niederließ, sah ich ihn an und schenkte ihm doch tatsächlich ein schwaches Lächeln. "Guten Morgen ihr zwei. Schlecht geschlafen oder wieso kommt ihr immer so spät?" Auch wenn ich es schaffte, ihnen ein Lächeln zu schenken, dass gewohnte Niveau von der Freundlichkeit in meiner Stimme konnte ich jedoch nicht abliefern. Jeder andere sagte bei so einem Kater ja immer irgendwas wie "Das war das letzte mal!" oder "Nie wieder Alkohol!". Ich konnte nur schmunzeln über diesen Gedankengang. Der Kodex der Victarius verbietet es, dass man sich selbst oder andere Clanmitglieder anlog, also war ich ehrlich zu mir. Ich würde wieder trinken, egal wie schlimm die Kopfschmerzen doch wären, ich würde trinken. Aller spätestens würde ich wieder Alkohol konsumieren, sollte Faiza wieder feiern wollen. Für einen Moment schien es, als sei mir jetzt doch ein entspannender Moment der Ruhe gegönnt, da schepperte laut die Schulglocke als Zeichen der Unterricht hatte begonnen. Instinktiv fasste ich mir mit beiden Händen die Stirn an und versuchte vergeblich die Kopfschmerzen wegzumassieren. Die Lehrerin war ja eh nicht da, könnte sie da nicht einfach wieder schlafen gehen? Angezogen diesmal in ihrem eigenem Bett ohne ihre Zimmergenossin? Anscheinend nicht, denn gerade jetzt kam die Lehrerin hereingestürmt. Ich sah sie leicht skeptisch an, könnte man sie doch für eine Schülerin halten. Sie erinnerte mich an meinen Klassenlehrer, dieser Slevin Baylon, welcher rauchend letzte Stunde hier war. Sie waren alle beide so blutjung. Aber diese Lehrerin hielt wohl nicht viel von Zeitverschwendung, sie stellte sich kurz und knapp vor und begann auch schon direkt mit ihrem Unterricht. Gefiel mir. Auf ihre Frage hin, erhob ich meine Hand um deutlich zu machen, dass ich etwas sagen wollte, aber bevor es dazu kam, ging die Tür auf und die Zuspätkommer traten ein. Unter anderem auch unsere Klassensprecherin, welche das vorbildliche Bild von ihr wieder präsentierte. Kein Schulzeug dabei, nichts. Naja, wenigstens ihre Kleidung. Als sich der Tumult dann wieder gelegt hatte, wollte ich erneut die Frage der Lehrerin beantworten, aber dann nahm mir die Zwergin vor mir das Wort weg. Einen weiteren Todesblick schenkte ich ihr umgehend. Normalerweise war ich ja immer total freundlich, lieb, nett und höflich zu allen, aber heute nicht. Mir tat der Schädel so sehr weh, als ob ich in einem Kampf das Bokken dagegen bekommen hätte. Nein, noch schlimmer. Und in so einer Laune sollte man mich nicht unbedingt auch noch nerven, dass könnte schlecht ausgehen. Nun aber beantwortete ich diese verdammte Frage. "So abnormal Magie doch erscheint, sie ist absolut normal. Denn Magie ist eine der Grundenergien die diese Welt durchfluteten." Nachdem ich dann in einem, nicht unbedingt glücklichem Tonfall, diese Antwort gegeben hatte sah ich wieder aus dem Fenster hinaus. Mein Kopf tat immer noch wie verrückt weh und so wie es aussah, würde er noch bei weitem mehr beansprucht werden als ich gedacht hatte. Na das konnte ja ein Spaß werden..
Joyce war wieder völlig in seiner kleinen Welt versunken. Der erste Bleistiftstrich war kaum aufs Papier gesetzt gewesen, da hatte er sich schon in dieses Labyrinth zurückgezogen, das andere seinen Verstand nannten. Twoface war schon von einigen Jahren aufgefallen, dass sein Verstand eher Lewis Carolls Wunderland als einem menschlichen Geist glich. Er entdeckte, so oft er sich dahin zurückzog, immer wieder etwas Neues, immer wieder präsentierte ihm sein Kopf eine neue Verrücktheit. Er fühlte sich wohl in seiner Welt, dort gab es ja auch alles, was er brauchte. Und es gab sie... es gab dort noch seine geliebte Mutter. Er konnte sie nicht sehen, aber er hörte ihre Stimme in seinem Kopf. Sie sprach immer noch zu ihm, ganz genau so, wie sie es früher immer getan hatte. Die Realität, die Joyce sich selbst schuf, war um so vieles angenehmer... Realität, das war schon ein kurioser Begriff. Was war real? Was war Fantasie? Was von allem, was Joyce sah und hörte, existierte wirklich? War das Mädchen, dass er gerade auf Papier bannte, wirklich real? Oder existierte sie nur, weil er es so wollte? Das konnte der Ire schon lange nicht mehr richtig auseinander halten. Gekonnt und mit leichter Hand setzte er den letzten Schatten und betrachtete sich sein Werk zufrieden. Ja, es war ihm gelungen, es war ein sehr schönes Portrait von seiner Klassenkameradin. Er schlug das Blatt herum und sah schließlich auf. Mittlerweile hatte die Klasse sich gefüllt, er sah viele neue Gesichter... und es machte ihn nervös. So viele neue Leute... sofort ging seine Hand in seine Hosentasche und umfasste dort die kleine Taschenuhr. Er dachte an seinen Vater, seinen Onkel und an seine Mutter, er murmelte immer wieder dasselbe. „Fremde sind nichts Schlechtes... Fremde sind nichts Schlechtes... Fremde sind nichts Schlechtes“ Er hatte Angst vor Fremden, Angst vor Veränderung, obwohl man gar nicht sagen konnte, dass er es fürchtete. Es verunsicherte ihn nur so, und die Unsicherheit brachte Angst, Scheu mit sich. Andere in seinem Alter gingen aus, machten immer wieder neue Bekanntschaften... Er schloss sich ein, verbrachte die Zeit in sich gekehrt. Nur seine Bilder und Gedichte drückten aus, was in ihm vorging. Nachdem er noch ein paar Mal durchgeatmet hatte, sah er noch einmal auf und betrachtete sich seine Klassenkameraden noch einmal. Wieder einmal zog er seine Schlüsse für sich durch lautes Denken. „Zwei Jungen, dein Alter, blonde Haare, grüne Haare; ruhig, aufgeregt; erwachsen, kindisch. Childish you're yourself every now and then... but your'nt vociferous tedious. Also sind wir drei, jeder wie er ist“ Er redete nur mit sich selbst, nicht besonders laut, eher in leisem Tonfall. „Vier Mädchen, zwei blond, gezeichnet hast du violett, schwarzhaarig“ Er warf einen Seitenblick auf das Mädchen neben ihm. Hatte sie ihm etwas gesagt? Sie hatte jedenfalls einen Ausdruck in den Augen, der ihm seltsam vertraut vorkam... es war tief in ihren Augen vergraben, was er sah. Sicher starrte Joyce einen Moment lang ziemlich, doch das er sich nun abwandte, lag nicht daran, dass es ihm unangenehm wurde: Er begann wieder, zu zeichnen. Dieses Mal das Mädchen neben sich mit den so vertrauten Augen. „Haruna Hinamori eure Magielehrerin, ich glaub, ich unterrichte euch noch in einem anderen Fach, aber das ist jetzt nicht so wichtig.“, raunte er dann wieder, als es sein Bewusstsein tangierte, dass eine Frau vorn saß. Twoface sah nicht nach vorn – aber die Frage hatte er gehört. Während seine Finger förmlich über das Blatt flogen und das Portrait seiner Nachbarin immer mehr Gestalt annahm, formte sich in seinem Kopf eine Antwort. Er zeigte nicht auf, wie das schon andere getan hatten, er sprach einfach frei heraus. „Magie hält unsere Welt in ihren Fugen, ohne Magie würden wir nicht existieren. Magie ist das siebte Element. Manche können sie sehen, andere nicht, manche können sie benutzen, andere nicht. Wäre Magie unnatürlich, wären wir alle unnatürlich, wäre es dann nicht die Welt selbst? Und was wäre dann noch natürlich? Dann wäre das Natürliche widernatürlich, wenn alles Unnatürliche natürlich wäre und damit wäre die Magie doch wieder natürlich“ Er nickte, wie um seine Ausführung zu bestätigen. „Magie ist uralt, das hat uns das Volk von Tir na nÓg gelehrt. Éire lebt von dem Zauber, der sie umhüllt. Und wir leben vom Zauber der See. Wie sonst soll man sich erklären, dass ein Seehund zum Menschen wird und der Mensch das Seehundfell anlegen kann, wie es ihm beliebt?“ Die ersten Selkies waren Seehunde gewesen, die Menschen werden wollen und deren Wille so stark war, dass es ihnen letztlich gewährt wurde. Twoface hatte nicht einmal aufgesehen, als er gesprochen hatte, sein Blick war starr auf das Papier vor ihm gerichtet. Das Portrait seiner Mitschülerin war nun beinahe fertig, er arbeitete nur noch an Details. Wie zum Beispiel diese Tiefe in den Augen, die er kannte.
