In der Cafeteria gibt es nur den nötigen Schulfraß. Hier wird den Schülern in der Mittagspause ein kleines Mittagsmenü oder diverse Snacks wie Suppen oder Sushi geboten. Am Rande der Cafeteria steht die Theke, von der aus man sich das Essen mit einem Tablett selbst abholen muss. Desweiteren finden sich in einer Ecke des Raumes zwei Automaten, an denen man sich mit Süßigkeiten oder diversen (Soft-)drinks versorgen kann.
Ich verzog bei Yuus Wortwahl leicht das Gesicht. "Verkorkst? Dies wäre nun nicht das Wort, welches ich wählen würde, aber gut, es können ja nicht alle gleich empfinden." Ich lächelte ihn wieder an. "Ja, ich kennen ihn sogar noch als Schüler. Das ist wirklich eine komische Situation, ihn nun als Lehrer zu haben." Meine Erinnerungen wanderten hin zu den gemeinsamen Nachhilfestunden mit Madara und an meine dummen Gefühle. Kurz schüttelte ich meinen Kopf, um diese Gedanken wieder loszuwerden. Das war keine gute Grundlage, um zu einem guten Unterricht beizutragen, wenn ich immer wieder daran denken müsste. Ich nahm wieder meine Gabel, mit aufgedrehten Spaghetti und aß sie, während ich auf Yuus Antwort wartete. Was wohl gerade in seinem Kopf vorging? Normalerweise war ich gut da drin in Menschen zu lesen und ungefähr zu wissen, was sie dachten, aber bei Yuu war es schon immer schwieriger gewesen. Schon als Kindergartenkind war er ruhig und verschlossen gewesen und auch wenn ich keine große Quasselstrippe war, so war er immer meine Art Ruhepol für mich gewesen. Zu mindestens bis wir uns langsam auseinander gelebt hatten. Er stimmte mir zu und bestätigte dann, dass in den letzten Wochen viel los war. Das war der zweite Werwolfangriff innerhalb eines Jahres gewesen und das machte vermutlich nicht nur mir Angst. Erst letzten August war einer gewesen. Nicht ganz so schlimm und mit nicht so vielen Opfern, aber um so Besorgnis erregender war es nun, dass sie anscheinend aggressiver wurden. Trotzdem schürte es nicht meinen Hass gegen andere Werwölfe, besonders nicht gegen meine Mitschüler. Ich bin mit allen möglichen Wesen groß geworden und wusste, dass sie alle ihre guten und natürlich auch schlechte Seiten hatten. Ich mochte sie alle und hatte keinem gegenüber Vorurteile. Mit meinen Augen fixierte ich seine Grünen und wartete auf eine weitere Antwort seinerseits, denn wie es seiner Familie und ihm ging, hatte er mir immer noch nicht verraten. Doch anstatt auf meine Frage einzugehen, wich er aus und sagte, dass er mir etwas zeigen möchte. Ich lies meine Gabel sinken und sah ihn kurz einen Moment stumm an, beobachtete sein Gesicht genau. Natürlich würde es nun ganz und gar nicht in meinen Tagesablauf, welchen ich schon Tage im Voraus geplant hatte, passen, doch ich vergaß sofort all meine Termine für die nächsten 12 Stunden.. Das lag nicht nur daran, dass ich von Natur aus ein neugieriges Mädchen war, sondern viel mehr an seiner Mimik und seinen Tonfall, welches beides bei mir eine Gänsehaut verursachte. “Natürlich möchte ich.“ Beantwortete ich dann seine Frage und wandte immer noch nicht meinen Blick von seinem Gesicht ab, aus Angst ich könnte eine Emotion darin verpassen. “Wann? Jetzt sofort?“ Ich musste die Spaghetti nicht komplett aufessen, denn ich wusste, dass es nun etwas Wichtigeres gab, und zwar etwas, was Yuu mir zeigen wollte. Auch wenn ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, was dies sein sollte.
Das Rubys Blick eindringlich war, entging dem jungen Mann nicht. Er sah ihr zurück in die Augen, doch seine Gefühle waren schon wieder verschlossen. Er hatte die Gefühle in eine Kiste gepackt, verschlossen und in die Ecke gepackt, weit von seinem Herzen entfernt. Er aß weiter seine Spaghetti und antwortete Seelenruhig. "Ich muss vorher noch ein paar Blumen besorgen, also müsse ich erst in die Stadt. Wir könnten uns Treffen oder Du kommst gleich mit." Sein Teller war geleert und seine Tasche gab das gewöhnt Ziiirp!-Geräusch von sich. Er hatte es irgendwie geahnt, das Ruby mitkommen wollte. Natürlich würde sie. Immerhin war sie ein sehr neugieriges Wesen und doch beschäftigte es Ihn, dass er wieder einmal ihre geplanten Pläne - nein Tagesablauf - durcheinander brachte. "Aber, wenn du etwas Wichtigeres vor hast." Er zuckte die Schultern und stand langsam auf. Der Stuhl quietschte über den alten Fliesenboden und sein Blick ruhte auf der Feuermähne. Wieder war sein Blick trostlos, zuckte die Schulter und wandt sich von seiner ehemaligen Freundin ab. "Ich warte draußen auf dich." Danach ließ er das Mädchen sitzen, brachte seinen Teller zur Geschirrabgabe und verschwand aus dem Speisesaal.
Er durchquerte den Weg durch den Flur, kam ins Foyer wo schon einige Schüler die Heimreise antraten. Andere hingegen hatten noch Unterricht. Yuu ging die Stufen hinunter die vom Schulgebäude auf den Gehweh führte. Der Wind strich ihm durch die Haare und ließ ihn kurz Niesen. Nachdem er sich die Mühe, einen geeigneten Baum zu finden und setzte sich im Schatten dagegen. Wenn Ruby das Schulgebäude verließ, würde sie Ihn finden.
So schnell wie seine Emotionen gekommen waren, so schnell waren sie auch wieder weg, trotzdem beobachtete ich ihn weiter. “Wofür brauchst du Bl-“ Doch ich kam noch nicht mal dazu, die Frage ganz auszusprechen, denn er sprach unbeirrt weiter. In dem einen Moment erschien es ihm noch wichtig zu sein, das er mir -was auch immer- zeigen konnte und jetzt tat er so, als wäre es so egal, wie ein Reiskorn in einem Reissack. Leise seufzte und ich sagte nichts mehr dazu. Natürlich würde ich mit gehen. Auch wenn ich es hasste, sobald meine Struktur für den Tag vorne und hinten nicht mehr aufgehen würde, so war mein Kindheitsfreund mir sehr wichtig und ich würde es ihn kauf nehmen, am Ende des Tages nicht alles geschafft zu haben, was auf meiner Liste stand. Ich sah ihm zu, wie er sein Tablett wegräumte und dann die Cafeteria verließ und verstand dabei nicht, wieso er nicht einfach auf mich wartete. Aber wer verstand schon Männer? Also tat ich es ihm gleich, räumte meine nicht ganz aufgegessene Spaghetti weg und schnappte mir meine Schultasche. Schnell nahm ich mein Bullet Journal raus und sah mir meine To-Do-Liste für heute an und dann meinen Wochenüberblick. Zum Glück hatte ich mir für heute nicht ganz so viel aufgeschrieben, ein paar Sachen würde ich noch irgendwann in den kommenden Tagen erledigen können und der Rest muss dann in einer Nachtschicht erfolgen. Ich klappte mein schwarzes Buch wieder zu, steckte es in meine Tasche und verließ dann das Schuldgebäude.
»Au! Hey!« Helena – die hinterhältige Schwester – hatte Alix direkt in ihre schwache Stelle gekniffen. Dort in der Seite war sie verwundbar, das wusste sie und trotzdem tat es die Blondine. Mit leicht zusammengekniffenen Augen strafte Alexandra ihr Geschwisterchen, beließ es aber auch dabei und lockerte ihre Züge schnell wieder auf. »Mir auf alle Fälle nicht«, gab sie posierend an. »Bei dir dagegen bin ich immer noch überrascht, dass es nicht auffällt. Beim Schminken verbrennt man immerhin kaum etwas.« Frech streckte sie Helena die Zunge raus, hakte sich im nächsten Moment jedoch schon bei ihr ein. »Aber keine Sorge, ich werde dich auch lieben, wenn du rund und fett bist. Familie bleibt immerhin Familie.« Das sollte nicht bedeuten, dass Alix nichts anderes übrigblieb, als zu ihrer Schwester zu stehen, weil sie nun mal durch ihre Gene miteinander verbunden waren. Dennoch barg die familiäre Verbindung zwischen den beiden Mädchen einen enormen Wert für Alexandra, den sie mit nichts anderem aufwiegen konnte und wollte.
»Mal schauen, was es gibt«, murmelte Alexandra vor sich hin, während sie zusammen mit Helena die Cafeteria betrat. Ihr Blick schweifte von Tisch zu Tisch und fand die Antwort auf ihre Frage sehr schnell. Spaghetti war heute im Angebot; und zwar nicht der Klassiker mit Bolognese. Cabonara war es – auch nicht unbekannt. Auf alle Fälle die italienische Richtung. Auf dem Weg zur Theke merkte Alix, dass der eine oder andere Blick zu ihr fiel. Schon im nächsten Moment wurde ihr jedoch klar, dass nicht ihr allein die Blicke galten – wenn überhaupt - sondern ihrer Schwester. »Scheinst schon ziemlich beliebt zu sein, was?«, fragte sie Helena neckisch und piekte ihr mit dem Ellbogen sachte in die Seite. Wegen ein paar Blicken war die Aussage zwar ziemlich übertrieben, doch so konnte Alix schon mal etwas nachhaken, was ihre Schwester die letzte Zeit so getrieben hatte. Vielleicht besaß sie bereits eine große Fangemeinde an sabbernden Kerlen, die gerne von Alix für ihre lüsternen Blicke auf die Nase geballert werden wollten. Nicht umsonst warf die selbstbewusste Chevalier jedem einen abwertenden Blick zu, der es wagte, Helena anzuschauen. Die brauchten alle nicht glauben, sie hätten eine Chance, an sie ranzukommen. Ihr kleines Törtchen war nicht dazu da, vernascht zu werden. Wer das wollte, musste es sich verdienen und vor allem erst mal an ihrem Leibwächter vorbei.
An der Theke griffen die beiden Chevalier-Schwestern schnell ein Tablett ab. Ohne etwas zu verschütten oder durch die Gegend fliegen zu lassen, wirbelte Alix herum und spähte durch die Reihen der langen Tafeln. Viele Plätze waren noch frei, teils zwischen Gruppen und teils neben einsamen Einzelgängern. »Na, haste einen Wunsch, wo es hingehen soll? Ein Platz am Fenster oder lieber neben deinem heimlichen Schwarm?« Wieder schaute sie ihre Schwester mit einem frechen und hinterhältigen Blick an.
Das freche Grinsen war Helena förmlich auf das Gesicht geschrieben, als ihre Schwester unter der fiesen Attacke in ihre Seite kurz zusammenzuckte. Triumph! Zumindest ein kurzzeitiger. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Eine kleine Rache für den Weitsprung, welchen sie eben gerade abfedern musste. Doch unter den Geschwistern blieb einfach nie etwas unbeantwortet. „Ich habe halt meine Tricks…“, entgegnete die Blondine beiläufig und grinste dabei ein kleines bisschen. Die rausgestreckte Zunge ihrer Schwester spielte da natürlich auch ihren Teil mit rein. Wobei Alix natürlich recht hatte. Beim Schminken verbrannte man nicht viel, außer vielleicht sein Taschengeld. Die Preise für Produkte aller Art konnten sich schon sehen lassen. Aber wissen, wie viel sie insgesamt schon für sowas ausgegeben hatte, wollte sie nicht. Aber das alleine reichte natürlich nicht für eine gute Figur. Da musste man doch mehr ansetzen als nur Nagelfeile und Pinsel. Zumindest auf ihre Familie konnte sich die Pariserin ohne Zweifel verlassen. „Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann.“, erwiderte sie freudenstrahlend und hatte eigentlich keine andere Antwort erwartet. Alles andere hätte sie, ehrlich gesagt, auch nur für einen Scherz gehalten.
Nun aber ging es erst einmal ab in die Cafeteria. Wo man eben noch über Speckröllchen und Familienbeziehungen gesprochen hatte, war es nun an der Zeit Taten sprechen zu lassen und der Sünde eine Form zu geben und dieses Mal kam sie in Form von Nudeln. Zumindest waren das Helenas letzte Erinnerungen als sie gestern auf den Speiseplan geschaut hatte. „Irgendetwas mit Nudeln.“, gab sie ihrer blonden Schwester als Information mit, während sie beide nebeneinander die Cafeteria betraten. Wie viel Aufmerksamkeit die beiden Schwestern dabei erhaschten, das fiel der Gesträhnten gar nicht auf. Sie war eigentlich vielmehr damit beschäftigt sich nach ihrem Spiegel umzuschauen, im Moment aber noch ohne Erfolg. Der kleine Stupser von Alix holte ihre Aufmerksamkeit allerdings wieder zurück zu ihr. „Ach, nicht doch.“, verneinte die Blondine, mit der freien Hand leicht abwinkend, sofort den Fakt, dass ihre Schwester sie als beliebt deklarierte. Sie war hier auf der Insel bestimmt alles, aber nicht beliebt. Zumindest hatte sie noch nicht das Gefühl gehabt, das es so wäre. Bei der Frage war sowieso Vorsicht geboten. Sie kannte Alix nur zu gut; bei sowas war Feingefühl gefragt. Immerhin wusste sie ganz genau wie protektionistisch sie vorging. „Das ist bestimmt, weil du jetzt auch hier bist. Du bist immerhin neu und auch ein ganz schöner Blickfang, mich kennen die doch schon.“, schob sie den Ball zurück und letzteres sagte sie selbstredend etwas leiser zu ihrer Schwester. Was ja nicht unbedingt falsch war. Oder, um es anders zu sagen, sie waren beide nicht gerade hässlich. Eher das Gegenteil war der Fall. Selbst in der Schule hatten sehr viele Leute Interesse an Alix gehabt, wäre da nicht die Gefahr der Notaufnahme gewesen. Aber das war ein Thema für später.
Das Essen wollte geholt werden und die beiden Blondinen meisterten dies mit einer professionellen Art und Weise, wie man das nur nach mehreren Jahren Schulkantine machen konnte. Übung macht eben den Meister…Helenas Gedanken schweiften kurz ab. Ein schelmisches Grinsen legte sich auf ihre Lippen. Dann verschwand es wieder und das sehr sympathische Lächeln kehrte zurück, während sie sich neben ihre Schwester stellte. „Wie wäre es mit dem Tisch da hinten?“, und mit einem leichten Nicken deutete sie auf einen der Fensterplätze, welche noch Unterbesetzt waren. „Das mit dem Schwarm sollte ich doch lieber dich fragen, so wie du dich umschaust.“, scherzte sie genauso hinterhältig zurück und umging die Aussage damit für’s erste. Erstmal den Platz in Beschlag nehmen! „Ahh~“, stieß Helena ihre Erleichterung aus, als sei ihr Tablett auf dem Tisch abgestellt hatte und sich ebenfalls mit ihrem Hintern auf dem Stuhl niederließ. Obwohl sie das Thema jetzt nicht mehr losließ. „Obwohl…ein paar Leute hier interessieren mich schon, muss ich sagen.“, setzte sie wieder an und hielt danach kurz inne. Leute waren natürlich in ihrem Falle nichts anderes als Jungs. Normalerweise hätte sie das auch nicht umschrieben, aber hier haben die Tische Ohren, in vielerlei Hinsicht. „Aber das ist bis jetzt rein optisch.“, setzte sie nach. Ob zu zur Beruhigung von Alix oder ihrer eigenen, das stand offen.
Ich wollte eigentlich schon aufstehen und die Cafeteria endlich verlassen. Der Tisch wurde mir eindeutig zu voll und ich brauchte eindeutig wieder Zeit für mich. Doch dann fing das Mädchen wieder anzureden. Keine Ahnung, wer sie gefragt hatte, warum ihr sozialer Kontakt so schwerfällt. Ich auf jeden Fall nicht und doch beantwortete sie diese ungestellte Frage. Ich versuchte sie einfach zu ignorieren. Was sollte ich auch dazu sagen? Es war offensichtlich das sie keine Ahnung, von gepflegten Unterhaltungen hatte, da war mir der Grund dafür ziemlich egal. Trotzdem versuchte ich ruhig zu bleiben und mir meine genervte Stimmung nicht zu sehr anmerken zu lassen. “Ich bin Lavi und nicht neu hier.“ Um nicht ganz so unhöflich zu wirken, nannte ich auch meinen Namen. Im nächsten Moment stand Momoi dann auf und ich atmete schon erleichtert auf, weil ich davon ausging, dass ich sie nun los war. Ich sah zu @Cyril van Nykvist und @Lyall rüber und verdrehte meine Augen, um ihnen zu zeigen, was ich von diesem Mädchen hielt, doch dann kam sie auch schon wieder zu unserem Tisch und stellte mir ein Getränk und Schokolade hin. Irritiert sah ich sie an. “Ist dir eigentlich bewusst, wie viel Zucker in Schokolade enthalten ist?“ Ich mochte Schokolade, das war nicht mein Problem, aber die Unmengen an Zucker waren es und wer weiß, wie lange es schon in diesem Automaten lag, bis sie es rausgeholt hatte. Skeptisch inspizierte ich die Verpackung und ließ das Getränk erst mal links liegen. Natürlich war es von irgendeiner billigen No-Name Marke, trotzdem warf ich es nicht gleich weg. Wenn sie mir schon Essen und Trinken kauft, ohne dass ich etwas sagen muss... vielleicht, würde sie allgemein alles tun... Ich sah das Mädchen erneut an. Optisch würde sie für meine Mama auf keinen Fall als Schwiegertochter infrage kommen. Allein schon wegen ihrer Hörner, aber vielleicht konnte man die ja einfach absägen? Durch Momois nächste Frage wurde ich komplett aus meinen Gedanken gerissen und brauchte erst einmal meine Zeit um zu begreifen, was ihre Frage nun bedeutete. Ich sah mit geschockten Augen zu den beiden Jungs rüber. Die und schwul? Mit dem Rothaarigen hatte ich mich vorhin doch noch so gut verstanden. Er konnte auf keinen Fall schwul sein! In mir zog sich alles zusammen und meine Alarmglocken schrillten. Vielleicht war er nur so nett zu mir gewesen, weil sie noch einen dritten Mann für ihre ekeligen Späße haben wollten...
Während sich der Teller Nudeln immer weiter leerte, beobachtete Cyril den angewierten Blick des Blonden mit einem leichten Schmunzeln. Bereits als dieser ihm im Klassenzimmer unterschiedliche Arten von Desinfektionsmitteln angeboten hatte konnte man erahnen, dass er was das Thema Sauberkeit und Hygiene anging anders dachte als die meisten. Doch dass er auch beim Essen so wählerisch war, hätte der Schwarzhaarige nicht gedacht. Und immerhin hatte er sich ja nicht freiwillig ausgesucht, nur die Nudeln zu essen. Doch was solls, darüber jetzt eine Diskussion anzuzetteln wäre mehr als nur unnötig und damit machte man sich nicht grade Freunde. Und da ihm sein Sitznachbar eigentlich sympathisch war, wollte er es sich nicht direkt mit ihm verspaßen. Der Unterhaltung ihrer beiden Tischnachbarn lauschend, wanderte Cyrils Hand unter dem Tisch zu der seines Liebsten, nachdem die Gabel ihren Platz auf dem noch halbvollen Teller gefunden hatte. Auch wenn er sich mühe gab, nicht so anhänglich zu sein – in der Gegenwart des Rothaarigen gelang ihm das nur selten. Bei der Vorstellungsrunde mischte er sich dann allerdings doch mit ein. „Cyril“, sagte er lächelnd in die Richtung des Mädchens. „Wenn du neu hier bist, können wir dich ja etwas rumführen? Sofern das noch niemand gemacht hat“, wurde noch schnell hinterher geworfen, ehe der Desinfektionsfreaks murrend seinen Namen, gefolgt von einer pampigen Bemerkung einwarf. Demnach zu urteilen würde dieser bei der kleinen Führung wohl nicht mitkommen. War zwar schade, aber im Endeffekt sein eigenes Problem – manche wollten wohl einfach alleine sein.
Cyril guckte nicht schlecht, als das Mädchen mit den Hörnern kurz vom Tisch verschwand und dem Grummel anschließend etwas Süßes und einen Tee hinstellte. Er konnte sich ein leises Glucksen nicht verkneifen und musste grinsen. „Du kannst auch nicht einfach mal danke sagen, oder?“ Der Schwarzhaarige klang bei seiner Aussage keinesfalls vorwurfsvoll - er fand es einfach faszinierend, dass manche Leute ein Talent dafür besaßen, sich alles schlecht zu reden. Oder hatte der Blonde einfach nur einen schlechten Tag? Was auch immer von beidem stimmen würde – er müsste definitiv etwas lockerer werden und nicht nur schwarzsehen. Vielleicht konnte man ihn da ja irgendwie in die richtige Richtung schubsen? „Was isst du denn sonst gerne? Vielleicht lässt sich in der Stadt ja was auftreiben.“ Mit einem kurzen Blick auf die Nudeln deutete der Schwarzhaarige an, dass er auch noch etwas anderes zu Essen vertragen könnte. Das Essen hier war nun wirklich nichts, um das man sich schlagen würde. Natürlich gab es auch schlimmeres, aber man musste deswegen ja nicht hungern.
Nachdem Momoi es sich wieder bequem gemacht hatte, warf sie eine Frage in die Richtung der zwei Wölfe, welche ihn kurz stutzen ließ. Cyril brauchte einen Moment, nickte dann aber lächelnd. „Jupp, wir sind zusammen.“ Sein Blick wanderte zu dem Blonden, welcher von der Frage nicht besonders angetan zu sein schien. Er war offenbar nicht nur ein Grummel, sondern hatte auch noch ein Problem mit Schwulen. Ganz toll. Vielleicht war er doch nicht die Art von Person, mit der man sich anfreunden möchte. Auch wenn es schade drum war, denn von Lavinia würde er wegen seinem Aufräumwahn sicherlich nicht geärgert werden. Dennoch zog er eine Augenbraue hoch und sah ihm nicht sonderlich begeistert in die Augen. „Problem damit?“
Während die beiden Mädchen auf dem Weg waren zur Cafeteria zu gelangen, frage Lucina die Schwarzhaarige wie sie die beiden Unterrichtsstunden so fand. Lydia musste kurz überlegen, denn sie hatte viel Neues gelernt und es war alles irgendwie interessant gewesen. „Hm… Ich muss sagen, ich fand beide Unterrichtsstunden sehr interessant. Es gab viele neue Dinge, die ich gelernt habe und ich freue mich auch schon auf den Nachmittag und du? “, sagte die Schwarzhaarige sehr begeistert. „Stimmt es, dass wir Sport am Nachmittag haben?“, fragte die Irin ihre Freundin ein wenig verunsichert, da sie sich nicht sicher war. Sie fragte lieber einmal mehr nach, als einmal zu wenig und dann würde es falsch sein. Die beiden kamen nach kurzer Zeit im Speisesaal an. Lydia roch schon zuvor das Essen, doch der Raum war vollkommen mit diesem Geruch erfüllt. Lucina ging gleich darauf schon zur Theke und die Schwarzhaarige folgte ihr und nahm auch dasselbe wie ihre Freundin. Als beide ihr Essen aufgeladen hatten, sagte Lucina, dass sie sich ans Fenster setzen sollte. Lydia nickte zustimmend mit einem freundlichen Gesichtsausdruck und folgte ihr zu dem Platz und setzte sich dann neben die Orangehaarige. Der Platz war schön. Man sah hinaus zu Bäumen, Wiesen und Blumen. Wenn man genau auf den Baum sah, dann konnte man sogar Vögel sehen. Einfach eine wunderschöne Aussicht. Lydia wurde aus ihre Gedanken gerissen, als Lucina ihr einen guten Appetit wünschte und sofort anfing mit dem Essen. „Ähm ja, guten Appetit“, sagte die Schwarzhaarige ein wenig noch irritiert und fing jedoch auch danach mit dem Essen an.
Als Oliver den ersten Bissen zu sich nahm, merkte er schon, dass die Qualität des Essens zu wünschen übrig ließ. Es war jetzt nicht unbedingt schlecht oder so, aber es war auch nicht so gut, dass Olli nochmals einen Nachschlag haben wollte. Er war von seiner Familie besseres Essen gewohnt, aber wenn er sich hier anpassen wollte, dann musste er auch dieses Essen ertragen. Somit beschloss der Braunhaarige das Essen fertig zu essen, auch wenn es ihm nicht unbedingt schmeckte.
Währenddessen ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Er bemerkte, dass sich langsam aber sicher der Saal füllte. Wahrscheinlich hatten einige Lehrer die Unterrichtszeit überschritten und sie kamen deswegen alle ein wenig später an. Dies hasste Oliver, denn wenn es klingelte passte sowieso niemand mehr auf, wieso musste man dann noch überziehen und die Schüler unnötig ärgern? Vielleicht waren aber auch die Lehrer Sadisten und es gefiel ihnen die Schüler zu quälen? Ein breites Lächeln machte sich auf dem Gesicht des Amerikaners breit. Er fand diesen Gedankengang doch irgendwie lustig. Irgendwie waren doch alle Lehrer auf eine Art und Weise sadistisch, denn sie nahmen gerne jemanden dran, wenn sie eine Antwort haben wollen oder veranstalteten Präsentationen und genossen die Show. Für Olli war der Fall klar. Alle Lehrer waren nun Sadisten in seinen Augen.
Nun sah er sich weiter im Raum um und versuchte Schüler seiner Klasse zu erkennen, jedoch tat er sich schwer damit, denn die Gesichter hatte er sich offensichtlich nicht gemerkt. Nun ja, morgen wäre ja auch noch ein Tag, um dies zu tun oder? Falls er es machen würde, denn unbedingt Interesse hatte er an den anderen Schülern nicht. Immerhin redeten sie zu viel für seinen Geschmack. Die einzige Person in seiner Klasse, die nicht viel sprach, war der blonde Junge der weiter hinten saß. Er war auch ziemlich klug, fand Oliver. Aber der Junge war nicht anwesend. War vielleicht besser so, denn wie sollte sich der Braunhaarige mit anderen Personen anfreunden? Er wusste doch nicht was er sagen sollte geschweige denn, wie er den Anfang machen sollte. Vielleicht war es doch besser, wenn er für sich bleiben würde. Naja, was die Zukunft noch bringen würde, würde Oliver schon noch sehen.
Mittlerweile war er mit seinem Essen fertig, deswegen trank er noch sein Getränk aus. Danach stand er auf und versorgte sein Tablett. Während er es abgab, überlegte er wo er als nächstes hingehen könnte. Spontan entschied er sich für die Stadt, denn er musste schon auf Erkundungstour gehen.
»Ich schaue nur nach potentiellen Problemfällen. Ich merke mir die Nasen derer, die dir nachgaffen, thehe«, kommentierte Alexandra keck und folgte ihrer Schwester zum vorgeschlagenen Tisch. Er stand direkt am Fenster, sodass man während des Essens den Blick durch die Gegend vor dem Gebäude werfen konnte. Doch dafür würde Alexandra wohl kaum Zeit haben. Helena war immerhin da. Die Chevalier warf ihre Haare über die Schulter nach hinten und fühlte kurz die Wurzel des Pferdeschwanzes, ehe sie ihre Hände links und rechts vom Tablett ablegte. Da sich diese Pose allerdings irgendwie seltsam anfühlte, stemmte sie nur einen Augenblick später die Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn in die zusammengelegten Hände. Ihr Blick lag prüfend auf Helena. »Klingt nicht so, als hätte dich schon einer umgehauen.« Oder flachgelegt, ergänzte sich Alexandra in Gedanken. »Auf mich wirken die hier alle ziemlich strange, fast als wären wir in einem Kuriositätenladen oder als würde jeder was aushecken. Dann stecken die auch noch kunterbunt die Schüler in eine Klasse. Ich glaube, die eine war so gar deutlich jünger als ich. Seltsames System. Und seltsam verhalten tun sie sich auch alle.« Vermutlich wäre Alexandra schlauer gewesen, wenn sie den Unterricht nicht verpennt hätte. So aber zweifelte sie die Glaubwürdigkeit dieser Schule weiterhin an.
Alexandra nahm ihre Gabel in die Hand und stopfte sie ein Mal mittig in den Berg aus Spaghetti. Im Uhrzeigersinn drehte sie ihr Werkzeug, bis der – gefühlt – halbe Teller drumgewickelt war. Nun musste sie den Koloss nur noch zwischen ihre Kiefer zwängen müssen, was ohne 360°-Bolognese-Bart nicht möglich war. Doch sie schaffte es, alles unterzubringen. »Irgewaff waff igg u’gbegifft wiffen muff?«, fragte sie ihre Schwester und kaute gleichzeitig auf ihrem Essen herum. Gerade so bekam sie den Mund zu und hatte alle Probleme, zu überleben. Ein wenig dauerte es, dann hatte sie das Problem endlich kleingekaut und war auch wieder in der Lage, verständliche Worte hervorzubringen.