Den ganzen Nachmittag haben fleißige Schülerinnen und Schüler der Shima no Koji Oberschule damit verbracht, aus der sonst recht tristen Sporthalle einen atemberaubenden Ballsaal zu zaubern: Betritt vom reichlich mit Fackeln beleuchteten Sportplatz aus die Sporthalle durch die große Doppel-, oder durch eine der Nebentüren, so fällt sofort auf, dass Sportunterricht am heutigen Abend wohl nicht an der Tagesordnung steht. Jegliche Utensilien vom Sportunterricht wurden verräumt, stattdessen entfaltet sich ein riesiger Saal mit einer erhöhten Bühne am Ende der Sporthalle. An der Decke schweben vereinzelnte glitzernde Luftballone, die Wände sind mit unzähligen Girlanden und Lichterketten dekoriert worden. Im vorderen Bereich des Ballsaals sind elegant dekorierte, runde Stehtische angebracht, die bereits mit Sekt- und Weinflaschen, sowie Gläsern und Blumen gedeckt sind. Gegenüber dieser Tische am Rande der Sporthalle gibt es eine Bar zur Selbstbedienung, bei der man sich an weiteren analkoholischen und alkoholischen Getränke bedienen kann. In der hinteren Hälfte des Saals befindet sich die große Freifläche zum Tanzen, die erhöhte Bühne, sowie der heiß begehrte DJ-Pult der Schule. Je nach Programmpunkt werden die Lichtverhältnisse dazu angepasst, man kann sich jedoch sicher sein, dass der Ballsaal wohl über den Ballabend hinweg wohl stets etwas abgedunkelt sein wird. Ohne dies würde die gigantische Discokugel über der Tanzfläche ja gar nicht zur Geltung kommen!
Etwas abgelenkt von der Tatsache, dass anscheinend nicht jeder Dämon sich in einen Yokai verwandeln konnte, hatte Joaquin sich dazu hinreißen lassen, seinen Gedanken hinterherzuhängen, anstatt sich auf das Geschehen vor ihm zu konzentrieren. Dass das rothaarige Mädchen genervt davon war, dass er ihre Hörner antippte wäre zugegeben in jedem Fall an ihm vorbeigezogen, aber eher weniger die Tatsache, dass sie von der Menge verschluckt wurde und verschwand. Verwirrt drehte JJ sich einmal im Kreis, bevor er von einem tanzenden Pärchen weg gedrängt wurde. Eigentlich hatte er noch etwas erwidern wollen und weiter mit dem Ami reden wollen, aber immer mehr Menschen drängten sich zwischen ihn und die Snack-bar, und so kam es, dass Joaquin einige Zeit brauchte, sich durch die Menge zurück zu seinen neuen Freunden zu kämpfen. Als er endlich wieder das dichte schwarze Haar von Oliver erspähte, war er erleichtert, dass er nicht wieder den ganzen Abend von vorne starten musste. Allerdings hatte sich erneut ein Mädel zu dem Ami gesellt – diesmal nicht rothaarig, sondern weiß. Joaquin hatte gehört, dass es ein neuer Trend sei, sich die Haare weiß zu färben, aber irgendetwas sagte ihm, dass es sich bei ihrer Haarfarbe nicht um eine künstliche handelte. Was Joaquin jedoch kurz innehalten ließ, sich wieder an dem Gespräch zu beteiligen, war der kurze Moment, als er in ihre Augen blickte. Ein hasiges Fiepen entkam seiner Kehle, dass in der Musik zum Glück weitestgehend unterging und mit einem aufgeregten Schnüffeln versuchte er, ihren Geruch auszumachen. Irgendetwas sagte ihm, dass sie eher ein Jäger war als ein Gejagter, wie er… nicht, dass er rassistisch sein wollte, aber als Hase hatte einen gewissen Überlebensinstinkt den sie anscheinend auslöste. Und sein heißester Tipp war der, dass es an ihrer Rasse lag. Er trieb sich eine gewisse Zeit hinter Oliver herum, blieb aus seinem Blickfeld und wollte am liebsten einfach nach draußen gehen, wo er Futter schnüffeln konnte, aber gleichzeitig wollte er nicht unhöflich sein. Zumal ihm das Mädchen nichts getan hatte. Er wusste selbst nicht, warum sich ein kleines bisschen Angstschweiß bildete und er sich am liebsten in Wildschweinurin wälzen wollte, um sie als potentiellen Angreifer von seiner Fährte abzuwenden. So oder so schien sie von den Fetzen, die er von den Beiden über die Musik hinweg wahrnehmen konnte, nicht aggressiv zu sein.
Typisch er ignorierte er also kurzerhand, dass die beiden tanzen gehen wollten, weil Joaquin sich endlich dazu durchringen konnte, sich zu den beiden zu gesellen und ein breites Lächeln aufzusetzen. "Sorry, ich wurde von euch… dir, getrennt. Aber hier bin ich wieder", erklärte er mit einer wegwerfenden Handbewegung über die Schulter. Er hatte gehört, dass das Mädel einen guten Geruchssinn hatte und wunderte sich, ob er für sie einladender riechen würde, als ein nasser Hund. Vor Nervosität, die rein auf seinen Instinkten beruhte, fing er an, die Schnittblumen aus der Tischdekoration zu ziehen und eine Blume nach der anderen vom Stängel bis zur Blüte weg zuknabbern. Er selbst bemerkte kaum, was er tat, sah aber immer wieder nervös zwischen Oliver und der Neuen hin und her, während er ihnen beim Tanzen zusah und froh war, das nicht selbst tun zu müssen... War sie wirklich die Neue? War er nicht der Neue? Dann wiederum war er ja zuerst dagewesen, also… nö. Sie war die Neue. Dafür war sie allerdings schon mehr involviert als er selbst, und das verunsicherte ihn ein ganz kleines bisschen.
Noch als die beiden auf dem Weg zur Tanzfläche waren kam ein weiterer Schwarzhaariger zum Tisch und setzt sich, entschuldigend und mit einer Handbewegung an den Tisch. Lili konnte ihn nicht richtig zuordnen. Seinem Geruch nach zu urteilen war er weder Mensch noch Tier. Doch mit einem kurzen schweifenden Blick als die beiden die Tanzfläche erreichten beobachtete sie wie der Neuzugang anfing die Schnittblumen vom Tisch abzumümmeln. Kurz hob sie eine Augenbraue und wunderte sich sehr über das Verhalten und schüttelte kurz den Kopf. Sachen gibt’s. Auch schien auch eine Art Nervosität in seinem Körper hauszuhalten. Also beschloss sie das er war mehr Tier als Mensch, aber keines was sie sonderlich interessierte. Eher sollte grade ihr Interesse seinem Tanzpartner gebühren.
Er stammte also aus einer reichen Familie. Nicht sonderlich merkbar, aber tanzen hatte man ihm beigebracht. Nahezu Perfekt führte er sie über die Tanzfläche. Sie ergänzte ihr Schritte und passte sich seiner Geschwindigkeit an. “Was würde ich den gerne wissen wollen...hm...also mir scheint es das du definitiv nicht von hier kommst, also stellt sich mir die Frage welches dein Heimatland ist.” Ihre Formulierung erübrigte zwar keinen sonderlichen Sinn, doch war sie zufrieden. Etwas Interesse und Zurückhaltung. Mal sehen ob er darauf anspringt. Grade als ihr Gesicht Richtung dem Blumenknabbernden Jungen drehen konnte sie ein leichtes hungriges Grinsen nicht unterdrücken. Ein kurzer Feixender unauffälliger Blick. Das sollte eigentlich reichen nicht gestört zu werden und ihr Plan zu unterbrechen. Sie wartete als noch kurz die Antwort von Oliver ab und konzentrierte sich darauf sein Gesicht nicht außer Augen zu lassen. Würde sie nicht auf Frauen stehen wäre er eher ein Kandidat für sie gewesen. Nicht so wie diese Golf Spielenden Schnösel die ihr Vater ihr vorgeschlagen hatte. Schritt nach Schritt. Alles nach Rhythmus. Die Musik umspielte die beiden Tanzenden und Lili ignorierte das weitere Geschehen um die beiden herum.
Jetzt brachte sie Vincent mit ihrer eigentlich ernst gemeinten Kritik auch noch zum Lachen! Offenbar hatte der Heimleiter gerade mehr Spaß an diesem Spielchen als Wasabi, denn ihr verging allmählich die Laune daran. „Der schlechteste Tipp-Geber von Isola“, warf sie naserümpfend zurück und hätte sich dabei ein bisschen Unterstützung von Chloe gewünscht. Dass die Ärztin dabei gute Intentionen verfolgte, war für die Grünhaarige nicht ersichtlich. Sie nahm einen Schluck Sekt aus ihrem frisch nachgefüllten Glas — das Prickeln auf der Zunge war einfach der beste Part vom Alkoholtrinken — und verschluckte sich beinahe an dem Getränk, als Vincent ihren verzweifelten Rateversuch als korrekt deklarierte. Hustend klopfte sie sich auf die Brust, bis sie wieder Luft zum Sprechen hatte. „Ich weiß, dass ihr kein Paar seid. Sonst hättest du nicht zwei Begleitungen“, kombinierte sie und hielt dabei zwei Finger hoch. Jedenfalls fände sie es merkwürdig eine dritte Person dabei zu haben, hätte sie ein richtiges Date. Aber da Vincents Liebesleben sie nicht die Bohne interessierte, machte Wasabi sich dahingehend keine weiteren Gedanken. Der nächste Tipp war zumindest ein wenig brauchbarer als die Vorherigen. Dennoch… groß war ebenfalls Definitionssache. Bevor sie sich weiter Gedanken machen konnte, bekamen sie Gesellschaft, die auch genauso schnell wieder abdampfte, wie sie gekommen war. Etwas perplex über diesen Auftritt aus heiterem Himmel schaute Wasabi dem Blauhaarigen hinterher, wie er langsam in der Menge verschwand, die meisten Schüler aber um mindestens einen Kopf überragte. Als hätte ihr jemanden einen Stromschlag verpasst, drehte sie sich wieder zu Vincent und Chloe um und machte dabei sogar einen kleinen, freudigen Hüpfer, der ihr fast wieder den Sekt kostete. „Ich hab’s! Es ist Avon. Oder? Hab ich recht? Er muss es sein!“ Voller Erwartung blickte sie erst zu Chloe und erhoffte sich ein bekräftigendes Nicken oder eine ähnliche Geste. Bestimmt war ihre Freundin schon längst darauf gekommen und hatte ihr bloß den Vortritt gelassen. Als Wasabi dies realisierte, schenkte sie Chloe ein flüchtiges, dankbares Lächeln. Dann wandte sie sich an Vincent, der das Rätsel nun schlussendlich auflösen musste. „Hab ich gewonnen?“ Sie hatten zwar um nichts gewettet — mit ihren zig falschen Antworten wäre Wasabi sowieso längst ausgeschieden — aber sie hoffte dennoch inständig, dass Avon die richtige Antwort sein würde. Läge sie schon wieder falsch, würde ihr das vollkommen den Wind aus den Segeln nehmen.
Während die beiden auf dem Weg zur Tanzfläche waren, kam plötzlich JJ daher. Er entschuldigte sich und erklärte, dass er wohl von ihnen getrennt wurde. „Gut, dass du wieder da bist JJ. Hab mir schon Sorgen gemacht“, sagte der Amerikaner zu Joaquin. „Das ist Liliana und ich geh jetzt kurz mit ihr ein Tänzchen wagen“, erklärte er noch kurz, ehe er sich dann mit Liliana auf den Weg zur Tanzfläche machte.
Beim Tanzen blendete Oliver seine Umgebung so gut es ging aus, doch bei einer Drehung konnte er direkt zum Tisch sehen, an dem JJ saß. Er fing an die Schnittblumen, die eigentlich als Dekoration dienten, zu essen. Der Schwarzhaarige musste kurz grinsen. Da hatte wohl jemand großen Hunger. Oliver wollte nach dem Tanzen den Vorschlag machen, dass sie sich ja alle drei nach draußen verpflanzen könnten, um dort etwas zu essen. Somit musste auch JJ nicht weiter die Schnittblumen essen. Wobei sich hier noch bei Oli die Frage aufdrängte, warum gerade die Schnittblumen, aber gut, das könnte er ja später noch fragen. Auf die Frage des Dämons hin, überlegte die Vampirin erst einmal laut, anschließend wollte sie wissen, welches Land sein Heimatland war. „Stimmt, von hier komme ich nicht, sondern aus Amerika. Wieso interessiert dich das so sehr?“, fragte der Schwarzhaarige das Mädchen. War es so etwas Besonderes, wenn man aus einem anderen Land kam? Er würde es sicherlich in einigen Minuten wissen. „Ich werfe jetzt mal die Frage an dich zurück, woher kommst du denn ursprünglich?“, fragte er sie danach noch und konzentrierte sich weiterhin auf seine Bewegungen. Es hieß immer, dass Frauen multitalente waren, aber Oliver tanzte mit Liliana und redete mit ihr gleichzeitig. Für ihn war nun klar, dass auch Männer ein Multitalent sein konnten.
Vincent, Montag 22.06.2015 mit Chloe und Wasabi, kurz mit Avon
Das Grinsen nahm auch nicht ab, als mich Wasabi als schlechtesten Tipp-Geber von Isola bezeichnete. Immerhin konnte ich mir damit den ersten Platz sichern. Darauf sollte ich zwar nicht unbedingt stolz sein, aber es gab weitaus schlimmeres. So oft kam es auch nicht vor, dass man ein Ratespiel mit mir veranstalten wollte. Ich war auch nicht dafür ausgelegt, wie die Grünhaarige nun bestätigen konnte. Ob mich das allerdings sympathisch machte, wagte ich zu bezweifeln. Die Hausmeisterin war von mir nicht so begeistert, entnahm ich zumindest ihrem Gesichtsausdruck. Ich konnte es ihr auch nicht weiter verübeln. Dass ich allerdings genau dann ihren Rateversuch als richtig bestätigte, als sie zu trinken begann, konnte ich nicht ahnen. Zum Glück fing sich die Hausmeisterin relativ schnell und ich musste sie nicht vor einem Erstickungstod retten. Mein Zusatz, dass Riley und ich kein Paar waren, hätte ich mir auch schenken können. Denn Sherlock Wasabi war bereits von selbst drauf gekommen, dass man als Paar keine weitere Ballbegleitung benötigte. Wir hätten aber auch eine offene Beziehung führen können, lag schließlich auch im Bereich des Möglichen. Bevor jedoch mein toller Tipp verwertet werden konnte, kam bereits meine zweite Ballbegleitung zu unserem Stehtisch und brachte mir ein Steak mit Tomatensalat. Beinahe fing ich an zu sabbern, hatte aber gerade noch so genügend Contenance. Allerdings ließ es sich Avon nicht nehmen den Mädels noch ein Kompliment zu ihren Outfits zu machen. Typisch Blaubeere. »Was für ein Service. Danke.«, grinste ich meine Ballbegleitung 2.0 an und klopfte ihm vor seinem Abrauschen noch freundschaftlich auf die Schulter. Es war ein kurzer Besuch, allerdings mit sehr viel Liebe. Avon hatte mir extra ein Steak mit meinem heißgeliebten Tomatensalat gebraucht. Am liebsten hätte ich mich sofort darüber hergemacht, jedoch verbot es mir meine gute Erziehung. Erst als Wasabi wieder ihr Ratespiel fortführte, konnte ich mich vom Anblick des Steaks lösen. Das einzige Wort was zählte war Avon. Mehr hatte ich auch gar nicht mitbekommen. Aber die Grünhaarige macht es mir recht einfach zu wissen, wovon sie gesprochen hatte. »Avon ist korrekt.«, bestätigte ich ihr. Sie schien sich wirklich darüber zu freuen, was mir ein Grinsen entlockte. »Damit haben wir eine Gewinnern.«, verkündete ich ebenfalls und hatte somit auch ihre Frage beantwortet. Allerdings konnte ich mit keinem Preis aufwarten. »Als Preis kann ich dir nur ein wenig Tomatensalat oder etwas von meinem Steak anbieten.«, sprach ich die Grünhaarige an, während ich wehmütig meinen Teller begutachtete. »Allerdings kann ich Chloe, dann auch nicht zuschauen lassen. Also wenn ihr wollt, können wir gerne teilen.« Das war doch eine sehr nette Geste von mir. Normalerweise teilte ich mein Essen nicht, dass wussten die Jungs. Aber die Damenwelt war eine andere Story. Irgendwo konnte man garantiert noch zwei Bestecksets auftreiben. Es bestand allerdings noch die Möglichkeit unsere Unterhaltung draußen beim Grillgut weiterzuführen.
Innerlich stimmte ich Luana voll und ganz zu. Tote sollte es heute Abend wirklich nicht geben. Ich verschonte auch gern Insekten, wenn ich konnte. Für Spinnen würde ich im Zweifel Ausnahmen machen, weil ich wusste, dass viele Menschen Angst vor ihnen hatten - obwohl die Spinnen wohl mehr Angst vor den Menschen hatten. Aber das war ja auch jetzt kein Thema. Luana argumentierte jedenfalls für Damians Fristeinhaltung, sollte er erst kurz vor Mitternacht antworten. Ich überlegte gerade ihm noch eine SMS zu schreiben und ihn zu bitten mir am besten bis halb zwölf zu antworten, da machte sich bereits mein Handy bemerkbar und kündigte eine Nachricht an. "Scheint so, als hätte er nicht vor uns hetzen zu lassen.", bemerkte ich halblaut und zog das Handy hervor, um mir die Nachricht anzusehen. "Okay, das Doppeldate ist sicher. Ich soll dich von Helena grüßen.", gab ich weiter und lächelte sie kurz an, ehe ich Dae noch kurz bezüglich des Treffpunktes antwortete, ehe ich das Handy auch schon wieder einsteckte. Für einen kurzen Moment schwirrten mir noch ein paar Dinge durch den Kopf, die ich ihm hätte schreiben können, um ihn zu necken, seufzte dann aber nur und schenkte Lu wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Entschuldige, ich habe nur noch schnell den Treffpunkt festgelegt.", erklärte ich kurz und leerte mein Glas. Luanas Bemerkung bedarf keiner verbalen Entgegnung mehr, weshalb ich ihr ein amüsiertes Lächeln schenkte. Stahlkappen. Sie war so leicht, ich glaubte, es würde mir kaum auffallen, wenn sie mir wirklich auf die Füße trat. Naja, zumindest ging ich davon aus, dass sie leicht war. Immerhin war sie viel kleiner als ich und sehr schlank. Auf dem Weg zur Tanzfläche äußerte sie Bedenken bezüglich ihres Outfits, weshalb ich sie noch einmal kurz musterte. Rein theoretisch würde ich sie ja eigentlich nur an der Hand und an der Hüfte berühren. Und wenn ich mich nicht so sehr nach Nähe sehnen würde, würde ich auch vernünftigerweise genau das tun. Allerdings reizte mich die Vorstellung eine Hand auf ihren Rücken zu legen und enger mit ihr zu tanzen. Eigentlich reichte es da auch aus, dass ich Handschuhe trug. Andererseits... "Wenn es dir nichts ausmacht, gebe ich dir mein Jacket.", entgegnete ich und zog mir das besagte Kleidungsstück aus, ehe ich es ihr hinhielt, sodass sie nur noch mit den Armen hineinschlüpfen musste. Es war wahrscheinlich dem inneren Höhlenmenschen geschuldet, dass mich der Anblick beruhigte. Erstens war damit deutlich, dass sie mit einem anderen Jungen da war und zweitens war damit ein Großteil ihrer Reize bedeckt, sodass sie garantiert auch niemand angaffen konnte - reichte ja schon, dass ich das kaum lassen konnte. Abgesehen davon wusste ich, dass ich mich glücklich schätzen konnte, dass sie so viel Rücksicht auf meinen Fluch nahm. Und dass es sie offenbar nicht so sehr störte. Zumindest jetzt noch nicht. Auch wenn ich mir nicht sicher war, was genau das zwischen uns eigentlich war. Aber das konnte ich später noch herausfinden. Jetzt half ich ihr erst einmal die Ärmel meines Jacketts hochzukrempeln, damit sie ihr nicht über die Hände rutschten.
Mit Yoshi zu tanzen stellte sich als überraschend einfach heraus. Er passte sich gut an, weshalb es mir leichter fiel die richtigen Schritte zu machen und ihm nicht auf die Füße zu treten. Naja, zumindest, bis er den Mund öffnete, um mich abzulenken. Noch während er seine Frage stellte, landete mein Fuß auf seinen Zehen, weshalb ich hastig einen kleinen Schritt zurück machte. "Oh, entschuldige!", entgegnete ich hastig und sah an uns hinab, damit ich meine Füße richtig platzieren konnte, ehe ich wieder zu ihm hoch sah. "Und- ähm... Naja, etwas anderes habe ich einfach nicht gelernt.", erklärte ich zögerlich, "Meine Mutter... Sie..." Um ihm nicht nochmal auf die Füße zu treten, unterbrach ich mich selbst und sah kurz hinab auf meine eigenen Füße, ehe ich wieder hoch sah, aber ehe ich wirklich weitersprechen konnte, bot er an mit mir Tanzen zu üben, ehe er mich mir ein paar Komplimenten überschüttete - und einem Satz, den ich nicht verstand. Sweetheart? Das klang nach etwas Nettem. Dass er mir obendrein sogar noch durch die Haare strich machte mich etwas nervös, weshalb ich ihm prompt ein weiteres Mal auf die Zehen trat. "E-entschuldige.", murmelte ich und stieg hastig wieder herunter. Meine Wangen brannten vor Scham. Schließlich kam das Thema wieder zurück zum Tanzen und er stellte eine Frage nach der anderen, die mich wieder dahin führten, wo ich mich unterbrochen hatte. Etwas errötet vor Verlegenheit lächelte ich schräg. "Eine Romantikerin würde ich mich jetzt nicht nennen.", antwortete ich zuallererst zaghaft, "Es ist nur so, dass... Meine Mutter sagte immer, man müsse keine anderen Tänze können. Deshalb hat sie mir nur klassische Tänze beigebracht." Mal abgesehen davon, dass ich nicht einmal wusste, ob es noch andere Tänze gab. Allerdings bedeutete die Definition klassisch ja, dass es auch unklassische Tänze gab, was eigentlich bedeutete, dass es sehr wohl noch andere Arten gab. Solche Gedanken erinnerte mich immer wieder daran, wie wenig ich von der Welt wusste. "Was... Was gibt es denn noch so für Tänze?", fragte ich vorsichtig, "Vielleicht gibt es ja welche, die mir mehr gefallen als klassische. Faszinierend finde ich die nämlich nicht so. Eher... schwierig." Wie um den Standpunkt zu verdeutlichen, landete mein Fuß erneut auf seinen Zehen. "Tut mir leid.", murmelte ich und stieg abermals hinunter. Hoffentlich brach ich ihm heute Abend nicht noch einen einen seiner Zehen.
Jedes Mal, wenn die süße, zierliche Gestalt von River auf seine Füße trat, kam der Weißschopf nicht drumherum, etwas zu lachen. Denn jedes Mal entschuldigte sie sich, wie ein halbverschrecktes Reh, mit solchen konnte man dann auch durchaus ihren Blick vergleichen. Es war einfach herzallerliebst. Aufmerksam wollte er ihr lauschen, wo sie etwas von ihrer Mutter erzählen wollte, doch stoppte sie, als sie abermals auf seinen Fuß trat. Ein wenig belustig blickte er sie an, bevor er ruhig meinte: ,,Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, Riff. Alles ist gut. Ich spüre es kaum~" Hoffentlich wurde ihr das helfen, ihren Drang sich zu entschuldigen zu beseitigen. Es nervte ihn nicht, wusste er einfach, dass River ein liebes Wesen war. Doch gab es ja Leute, denen permanente Entschuldigungen auf den Nerv gingen. Ihm persönlich nur, wenn sie nicht aufrichtig waren. Dann konnte man diese auch gleich lassen. Aber bei der Kleineren war er es sich sicher, es war ehrlich gemeint. ,,Na, es ist doch alles gut! Kopf hoch und lächel!", grinste der Geist sie motivierend an, wo er sah, wie errötet ihre Wangen waren, wie eine Tomate. Strich er kurz über eine, dabei feststellend, wie glühend diese waren. Aber er kannte sie so, erahnte er nicht, dass diese Röte explizit durch ihn verursacht wurde und nicht, weil er annahm, sie war bei jedem so. Jetzt hörte er ihr erstmal zu, wo sie mehr von sich erzählte, betrachtete er sie dabei ruhig und interessiert. ,,Achso? Nun, sicher gibt es Familien, wo nur gewisse Tänze relevant sind. Vielleicht war da bei Dir einfach so?", lächelte er etwas. Sein erster Gedanke, dass River's Mutter sicher nur einen beherrscht hatte und daher so tat, nur dieser sei wichtig, sprach er mal nicht aus. Er wäre selbst ziemlich angepisst, würde plötzlich jemand seine Mutter bezeichnen - nun ja, wenn er eine hätte. Bei seiner leiblichen Mutter wäre ihm das an einem Ohr rein und am anderen wieder raus gegangen, bei seiner Ziehmutter, von seinem damaligen besten Freund die leibliche, da wäre seine Faust geflogen, hätte jemand diese beleidigt. Hatte er sie damals eh oft geprügelt, soweit er sich erinnern konnte - aber genug der Nostalgie, galt die Aufmerksamkeit des Ryder der Kleineren.
,,Was es alles für Tänze gibt? Uff. Es gibt einen Haufen!", begann er, bevor er einige anfing aufzuzählen: ,,Samba, Tangoo, Disco, Ballett, Squaredance. . . es gibt sicher hunderte. Fast jede Kultur hat seine eigenen Tänze - sicher gibt es auch noch weitere, welche nicht bekannt sind. Aber es gibt richtig tolle. Und richtig individuelle. Ob ganz langsame oder welche, wo die Paare förmlich über den Boden fegen - es gibt so viel und großartige!" Grinste er sie vom Thema gefesselt an. ,,Zwar bin ich kein so begabter und vielseitiger Tänzer, aber ein paar kann ich etwas und es macht echt Spaß. Wenn Du magst, werde ich Dir noch weitere zeigen - egal ob heute oder später. Solange kannst Du ja bei Anderen zugucken und fragen, ich muss nämlich gleich an den DJ-Pult. Aber he - ich lege dann schnelleres auf, dann lernst Du sicher direkt neue Move's kennen!" Ihr zuwinkernd, drehte er sie noch einmal, wo er sie nur halb drehte, sie dann, wo sie mit dem Rücken zu ihm stand, sie zu sich zog und so von hinten leicht umarmte. ,,He", nach vorne deutend, zeigte er auf den Stand, wo die Tombolalose verkauft wurden. ,,Das Lied ist gleich vorbei, dann muss ich los. Wollen wir uns davor noch Lose kaufen, bevor alle weg sind?" Mit dem Kopf über ihre Schulter zu ihr blickend, betrachtete er sie fragend, während der andere Arm noch um sie lag und er ganz normal und entspannt sie und sich leicht zur Musik mitbewegte.
Sabi schien wohl langsam sauer zu werden, da Vincent ihr keine guten Tipps gab. Gut, es war schon irgendwie verständlich, weil man ja nicht ewig überlegen wollte. Aber, wenn die Grünhaarige dann an die Antwort kommen würde, dann wäre sie sicher glücklich darüber. Jedenfalls schätzte die Schwarzhaarige ihre Freundin so ein. Deshalb sagte sie auch nichts, damit sie dann selbst darauf kommen konnte, ohne dass ihr jemand etwas einsagte. Es schien auch geklappt zu haben, denn sie kam später auf Avon. Dabei freute sie sich so sehr, dass sie auf den Hausmeister gekommen ist, dass Sabi schon fast das Glas ausgeschüttet hatte. Unbewusst ging Chloe einen Schritt zurück, um dem Sekt zu entkommen, falls er verschüttet werden würde. Doch Wasabi war dieses Mal geschickt und verschüttete nichts. Somit trat die Griechin auch wieder einen Schritt näher an die anderen heran. Chloe lächelte ihre Freundin an, denn sie hatte das Raten echt gut gemacht. Vincent bestätigte anschließend noch, dass es sich bei seiner anderen Ballbegleitung um Avon handelte. Die Grünhaarige wollte anschließend unbedingt wissen, was sie nun gewinnen hatte. Vincent bot ihr als Preis etwas von seinem Teller an, den er zuvor von Vincent bekommen hatte. Er würde wohl auch mit Chloe teilen, damit sie nicht zuschauen musste. Gerade in diesem Moment knurrte der Magen der Schwarzhaarigen wohl sehr lautstark. Es konnten sicher nicht die am Nebentisch hören, aber Vincent und Sabi könnten es gehört haben. Chloe fiel ein, dass sie heute ja noch gar nichts zu Mittag gegessen hatte und wahrscheinlich deshalb auch so einen großen Hunger hatte. „Da ich dir wahrscheinlich den Teller leer essen würde, ist das wohl keine so gute Idee“, sagte Chloe lächelnd und ein wenig verlegen wegen des knurrenden Magens zu Vincent. „Aber wir könnten auch einfach mal raus gehen. Dort wird ja gerade gegrillt. Dann müssen wir beide auch Vincent nichts wegessen“, schlug die Griechin vor.
Ihr Grinsen, als Vincent die Antwort bestätigte, wurde so breit und fröhlich, dass sie die prompt dazu die Augen zusammenkniff und sich ein freudiges auf und ab Hüpfen verkneifen musste. Wasabi freute sich zwar riesig darüber, richtig gelegen zu haben, doch sie hatte immer noch ihr Sektglas in der Hand und wollte einen weiteren Unfall vermeiden. Außerdem war sie keine acht Jahre mehr alt. Ein wenig Kindlichkeit durfte sie beibehalten, jedoch in gewissen Grenzen. „Ich wuuusste es!“, bekräftigte sie noch einmal ihre eigene Antwort und trank einen kleinen Belohnungsschluck ihres Sektes. Dabei wunderte Wasabi sich beiläufig, warum der Heimleiter mit zwei seiner Kollegen, aber ganz ohne weibliche Begleitung zum Ball gekommen war. Er war schließlich so erwachsen und... alt, da fiel es der Hausmeisterin schwer zu glauben, dass er keine feste Freundin oder Frau hatte. Dann wiederum war das sicherlich kein Thema, das sie genauer hinterfragen sollte. Immerhin hatte Wasabi selbst keine romantische Begleitung, weshalb sie nicht das Recht hatte, jemanden deswegen ins Kreuzverhör zu nehmen. Der Preis sorgte bei der Grünhaarigen hingegen für weniger Begeisterung als die Auflösung des Ratespiels. Wollte Vincent wirklich seinen kleinen Teller mit ihnen teilen? Die Geste mochte nett sein, doch Wasabi konnte Chloe in diesem Punkt nur zustimmen: „Von der kleinen Portion werden wir alle nicht satt!“ Was der knurrende Magen der Schwarzhaarigen nochmals betonte. Und mehr als die Knusperflocken hatte Wasabi den ganzen Abend nicht gegessen. Es grenzte an ein Wunder, dass ihr eigener Magen noch keinen Radau gemacht hatte. „Grillen klingt gut. Es riecht schon so—“ Wasabi nahm einen tiefen Atemzug — es roch eindeutig nach gegrilltem Fleisch und Gemüse und das schon seit einer Weile. Das kleine Rätsel hatte sie bisher nur davon abgehalten, dem Geruch die Beachtung zu schenken, die er verdient hatte. Bevor sie nach draußen aufbrechen konnten, wollte Wasabi der Bar allerdings noch einen kurzen Besuch abstatten. „Kann ich noch schnell ein Glas Wasser holen? Ihr könnt schon rausgehen. Ich komm gleich nach. Okay?“ Nicht, dass sie die Erlaubnis ihrer Kollegin brauchte, um ihr Getränk nachzufüllen, doch die Frage kam ihr einfach aus Gewohnheit über die Lippen. Sie wartete daher auch nicht auf eine Antwort, sondern sprintete hüpfend in Richtung Theke, um bei Chloe und Vincent nicht den Anschluss zu verlieren. Möglicherweise warteten die beiden auch auf sie, aber die paar Meter durch die Halle und nach draußen zum Grill würde Wasabi im Zweifelsfall auch allein schaffen. So viel Kompetenz durfte man ihr ruhig zutrauen.
