Dass Caiwen wohl eine Nachricht von Levi bekommen hatte, entlockte Mike ein Schmunzeln und kurz darauf ein leicht angesäuertes und leises Schnauben. Sein Kumpel könnte ihm ruhig auch ein Lebenszeichen senden. Ein Thumbs-Up Smiley würde es ja schon tun, es musste keine ausführliche Berichterstattung seines Zustands sein. Mike spielte kurz mit dem Gedanken Levi selbst anzutexten, doch da er nun wusste, dass es dem Deppen gut ging, ließ er es bleiben. Er war noch nie einer der anhänglichen Sorte gewesen und wollte jetzt auch nicht dazu konvertieren. Caiwen bekam als Reaktion auf Levis Nachricht ein knappes „Gut“ und damit war die Sache gegessen. Genauso gegessen wie das Frühstück, das Caiwen freundlicherweise für ihn wegräumte. Moment, Moment … das sollte doch seine Aufgabe sein, nicht andersherum. Er war schließlich der Kerl. Bevor er die Möglichkeit hatte ihr die Tabletts abzunehmen, wies sie ihn mit einer etwas unklaren Aussage ab, die Mikes matschiges, verkatertes Hirn nicht sofort entschlüsseln konnte. „Ähh …? Äh … danke“, faselte er, während sie bereits in Richtung Teller- und Besteckrückgabe unterwegs war. Smooth, wie immer. Frustriert raufte er sich ausführlich die Haare in Caiwens Abwesenheit und ließ seine Stirn auf die kühle Tischplatte sinken. Caiwen war zwar nicht lange weggewesen, doch in dieser kurzen Zeit wäre er tatsächlich fast eingedöst.
Mit Mühe richtete Mike seinen Oberkörper wieder auf und reichte der Schwarzhaarigen mit einem Hauch von Verwunderung, jedoch ohne einen Moment des Zögerns, sein entsperrtes Handy. Etwas sagte ihm einfach, dass sie nicht in seinen privaten Nachrichten und Fotoalben, die sowieso nicht sonderlich spannend waren, herumspionieren würde. Abwartend musterte er sie beim Tippen und schaffte es erst eins und eins zusammenzuzählen, als sie ihm das Gerät zurückgab. Es mochte das normalste der Welt sein, dass Mitschüler und Freunde (waren sie Freunde?) gegenseitig Nummern austauschten, doch für Mike war dieser Moment nach wie vor ein kleines Highlight. Besonders dann, wenn die Nummer zu einem Mädchen gehörte. Sein Magen drehte sich auf eine ungewohnte Art und Weise, als er das kleine Sternchen neben ihrem Namen las. Sein Joghurt hatte definitiv zu lange an der warmen Luft gestanden. „Ja, klar, cool. Mach ich … Ich schreib dir später, damit du auch meine Nummer hast und so.“ Er steckte das Handy und das Sternchen wieder weg und nahm einen tiefen Atemzug. Dass Caiwen sich nun verabschiedete, kam ihm ganz gelegen. Er fühlte sich schwummrig und obwohl das Frühstück mit Caiwen ziemlich lustig war, hatten die Joghurtsuppe und die Milch nicht zu seinem allgemeinen Wohlbefinden beigetragen. „Jap, später ist gut. Ich glaub ich muss mich noch ne Runde hinlegen und aufräumen bevor … ugh.“ Stöhnend fuhr Mike sich mit beiden Händen übers Gesicht, bevor er sich mit einem wiederkehrenden Lächeln an Caiwen wandte. „Viel Spaß und … bis dann. Wir sehen uns.“ Er hob zum Abschied die Hand und schaute ihr hinterher, wie sie motiviert nach draußen flitzte. Mit einem zehntel ihrer Energie wäre er schon mehr als zufrieden. Während Mike sich auf sein Zimmer schleppte, bimmelte sein Handy ein paar Mal. Die Nachrichten glichen allerdings Romanen, sodass er sie erst später in seinem Zimmer, beziehungsweise Bett, beantwortete.

Tbc: Mikes Zimmer | Nr. 206

Der Morgen war schwer. Die Nacht zuvor war ebenso eine schwere und besonders träge Zeit für den weißhaarigen Isolaner. Er hatte es nicht vorgehabt, jedoch hatte ihn der, nun schon zwei Tage Abend die Beine ziemlich weggerissen. So gab es für ihn nichts anderes als im Zimmer zu bleiben und den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen, sich gelegentlich mal zu duschen und was zu essen. Einen Tag lang grübelte er über die Nacht und den Abend als er Vivian so nah gekommen war, so dass sich ihre beiden Lippen aufeinander drückten. Noch ganz verzaubert von dem Gedanken lief ihm die Röte bis über die Stirn weg.
Auf seinem Weg zum Speisesaal versuchte er etwas weniger in diese Gedankenfalle zu steuern und legte sich seinen Fokus zielgerecht auf die Schule. Heute war es dann auch wieder soweit. Der Wecker prügelte ihn regelrecht aus dem Bett und das kalte Wasser, welches er sich Literweise in sein Gesicht geworfen hat, half nicht besonders. Gewünscht hätte er sich das dennoch. Aber die strenge Kühle verhalf nur zu weiterer Erschöpfung des Jungen und so schlenderte er über die Fluren umher, bis er den Speisesaal betrat.
Langsam aber sicher füllte sich der Raum. Viele bekannte Gesichter und Freunde waren schon hier, aber Arata - der doch schon ziemlich gesellig war, suchte sich nach erfolgreicher Auswahl seiner Speisen, einen einsameren Platz ind er Ecke des Raumes. Irgendwie war ihm einfach nicht nach Geselligkeit und verübeln konnte man es ihm nicht. Er zeigte sich immer offen und freundlich allen anderen gegenüber ohne dabei auf sich achten zu wollen, so dass dieser ruhige Moment ihm schon sehr zusagte. Er schob den Stuhl, schrill kratzend, über den Boden und setzte sich. Wie auf einem Hüpfsack näherte er sich dem Tisch.
Vor sich gab es auf einem Teller einen ganzen Berg zu essen. Drei Scheiben Speck, zwei gekochte Eier, zwei Scheiben Toast mit Erdbeermarmelade und ein halbes Liter Glas Milch. Daneben stand noch ein Apfel, welcher sich jedoch wie immer nur als Deko entpuppen sollte, da er wie auch heute vergessen würde, diesen zu essen.