Der kleine und bislang verlassene Spielplatz besitzt eine Schaukel, einen Sandkasten der grässlich nach verfaulten Eiern stinkt, eine Rutsche und zwei Bänken. Der Rasen sieht etwas fahl aus und man sieht dass ihm Wasser fehlt... Wenn allerdings die Sonne scheint, erscheint der alte Spielplatz relativ freundlich.
Matheo
Mathéo Tristam
309 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: grüne Haremshose mit orientalischem Muster, schwarzes Leinenhemd, kein Stirnband, Augenklappe
Das Kichern war wohl das Schönste, was ihm an diesem Tag widerfahren war. Für den Moment strahlte sie schon fast, ein Anblick, der ihn für den Bruchteil einer Sekunde fing. Die Sache mit dem tauben Arm winkte er ab. Wenn er taub werden sollte, würde er sicher nicht mehr in der Luft stecken, sondern hätte kürzlich den Untergrund geküsst. Nicht auszudenken, in was das Schwert gefahren wäre. Und dann sprudelte sie plötzlich wie ein kleiner Wasserfall. Mathéo staunte ein wenig, dass sie so viel an einem Stück sagen konnte. War so schnell ihr Eisberg gebrochen, dass sie frei redete? Wäre viel zu absurd, wenn er Recht behalten würde, also musste der Gedanke verbannt werden. Viel mehr interessierte ihn, wie sie von sich selber sprach. Bis eben noch war sie schweigsam und nun erfuhr er erste Infos zu ihrem Wesen. Und dann diese direkte Art. Ja, der erste Schein schien wirklich zu trügen. Bin mal gespannt, was sich da noch so heraus kitzeln lässt. Wenn er all das offen gesagt hätte, würde jetzt ein hinterhältiges Kichern kommen gepaart mit jagdversonnenen Augen. „Aber gut zu wissen, bin ich wenigstens nicht der einzige Neue hier.“ Aus ihrer Aussage schloss er auch, dass sie ebenso im Waisenhaus wohnte. Andernfalls hätte sie es verneint und nicht von „hier“ geredet. Ja, Mathéo war sich sehr sicher, dass sie im Trakt der Mädchen wohnte, der angeblich eine Etage unter seiner eigenen war. Ob die dort auch zu zweit auf einem Zimmer wohnten? Sicher bekamen sie es bei stürmischen Nächten mit der Angst zu tun. Perfekter Zeitpunkt, um die starke Schulter zum greifen hinzuhalten. Höhöhö. Mathéos Gedanken schweiften für einen Moment ab, ehe er von Yuis Frage zurückgeholt wurde ins Reich der lebenden Kreaturen. Damit umgehen? Sofort blickte er auf sein Schwert und endlich nahm er den Arm wieder herunter. Auch wenn er nicht taub geworden war, kam er sich mit der Zeit blöd vor, diese Pose innehalten zu müssen. „Ach, Quark, ich sammel die Dinger nur. Das einzige, was ich mit ihnen kann, ist: Gurken schnippeln. Ich bin total ungeschickt mit scharfem Zeug, musst du wissen.“ Wie ein Unschuldslamm grinste er sie an, als könnte er für nichts etwas und besonders nichts für seine Unfähigkeit im Umgang mit Waffen. Dabei log er sogar. Mathéo machte eine kurze Bewegung mit der Hand und täuschte ein Versehen vor. Kurz glitt die Tsuka aus seiner Hand und das Katana drohte, herunterzufallen. Groß wurden seine Augen und der Mund machte sich bereit, das „Huch!“ auszuspucken. Sein Blick verfolgte sogar für wenige Hundertstel die Fallbahn des Schwertes, ehe seine Finger wieder sicher danach griffen. Er lachte auf. „Ach, nur Scherz. Ich sammle wirklich, aber ich trainiere auch den Umgang mit ihnen. Von daher: Jopp, ich kann was damit.“ Wie schon im Park griff Mathéo auch jetzt wieder in sein Hüfttäschchen. Ein kleines, rotes Kügelchen wurde heraus gekramt und zwischen Daumen wie Zeigefinger massiert. Allmählich verlor es seine starre Form und schien sich breitkneten zu lassen. Gleich einem Pizzateig wurde es immer flacher und breiter, bis es zauberhafterweise die rechteckige Form eines Lappen annahm – oder in diesem Fall: eines Tuches. Prompt begann er, die Klinge abzustreichen. Stets auf derselben Bahn in derselben Richtung wie bei der Vermeidung von Wirbeln beim Sandharken. „Frag mich aber nicht, ob ich dir was vorzeigen könnte. Sonst komm‘ ich mir noch wie so ein Möchtegern-Poser vor, der unbedingt ‘ne dicke Show abliefern will, um dich abschleppen zu können. Ne, ne, nicht mit mir.“ Ja, schon fast kindisch streckte er ihr keck die Zunge raus. Oft genug hatte er so was erlebt gehabt, als er in Newcastle upon Tyne unterwegs war. Kerle baggerten Mädels an und um diese zu überzeugen, formierten sie irgendwelche frühpubertären Faxen. Es gab sogar Vorfälle, wo andere dabei verletzt wurde, weil Strohköpfe es übertrieben. Der Streit um den Obermacker: Ein Wettkampf, dem Mathéo noch nie beigetreten war. Er war immer der Außeneinsteiger. Plötzlich konnte man ihn sehen und dann war er schon wieder weg. Wohl eher diese Geheimnistuerei brachte ihm seinen Reiz ein. Aber na ja, ihm blieb damals halt nichts anderes übrig. „Hast du ‘nen Freund?“, fragte er gerade heraus. Warum ihm diese Frage gerade in den Sinn kam, wusste er nicht, aber die Stille wollte er auch nicht haben. Immerhin hatte sie eben angefangen gehabt, etwas mehr zu sagen. Das musste er ausnutzen, solange sie flüssig war. Flüssig? Kann man das so nennen? … Hm … Ach, egal …
„Aber gut zu wissen, bin ich wenigstens nicht der einzige Neue hier.“ Oh ja.., fügte sie in Gedanken noch an, die Klinge ins Visier nehmend. Sie hatte nie den Umgang mit ihnen erlernt, hätte aber mit Sicherheit nichts dagegen gehabt, hätte man es ihr beigebracht, aber im Grunde genommen war sie selbst schuld daran. Sie hatte den Wunsch nie geäußert, denn die Umstände, welche sie Yuu machte, reichten – er brauchte keine weiteren Probleme. Obwohl er stets sagte, dass er es tat, weil es für ihn selbstverständlich war, sich um sie zu kümmern, denn er liebte sie, wie ein Vater das eigene Kind lieben konnte – dabei war sie nicht mal sein Fleisch und Blut. Da war es wieder. Dieses unbarmherzige Gefühl von Leere. Das schwarze Seidentuch, das sich zuvor auf ihre Erinnerungen gelegt hatte, verschwand und löste den Fluss an negativen Emotionen wieder. Äußerlich blieb sie unverändert. Das Mienenspiel blieb. Ihr Gesicht war eine undurchdringbare Mauer, die nichts verriet. Endlich nahm er seinen Arm runter. Die Statue wurde lebendig. Gurken schnippeln? Na immerhin mehr als ich. Sein schuldloses Grinsen kam glaubhaft rüber, weshalb sie ihm seine Aussage, so blauäugig wie sie nun einmal war, glaubte. Erst als das Geschick Mathéos Leib verließ und das Sammlerstück zu Boden fallen drohte, sprang auch sie unterbewusst auf, das Saya in der Hand. Als er die Klinge jedoch fing und das Lachen begann, wanderte lediglich eine ihrer Brauen in die Höhe. Sie konnte es nicht belächeln, dass er sie angelogen hatte, selbst wenn es nur dem Spaß diente. Unehrlichkeiten empfand sie als unhöflich, besonders, weil sie auf Wahrheiten vertrauen musste, aber das konnte er ja nicht wissen. Aber fühlte man sich nicht schlecht, wenn man jemanden belog? War es nicht eine Last? Neugierig verfolgte sie mit den unterschiedlich farbigen Okularen das Kramen in seiner Hüfttasche, bis er etwas Kleines und rundes herausgefischt hatte. Ein Bonbon? Falsch Gedacht. Je länger der Rotschopf das rote Kügelchen massierte, umso größer wurde es, bis es schließlich die Form eines Lappens annahm. Die Sorgfalt und Zärtlichkeit mit welcher er das Katana begann zu säubern überraschte die Arisako eher weniger, viel unerwarteter war seine Bitte, wenn man es denn so nennen konnte, ihn nicht danach zu fragen ob er ihr etwas zeigen konnte. Normalerweise stürzte sich die männliche Spezies auf das weibliche Geschlecht um ihnen auf irgendeine Art und Weise zu imponieren. Es war ihr auch lieber so. Die schwerlastenden Ketten ihrer Schweigsamkeit wurden gebrochen in dem sie sachte den Kopf schüttelte. „Keine Angst, das hatte ich nicht vor.“ Den Kopf schief gelegt, lächelte sie flüchtig, bevor der alteingesessene Ausdruck wieder seinen rechtmäßigen Platz einnahm. Vorsichtig schob sie sich an ihm vorbei, gab ihm Aussicht auf ihren Rücken, den Spielplatz betrachtend. Ob sie einen Freund hatte? Die zierlichen Hände hinter dem Rücken ineinander gefaltet, hüllte sie sich in geheimnisvolles Schweigen, dabei zurückdenkend. Aber sie sah nur.. das Gesicht von ihrem Vormund. Das war’s. Damit hatte sie auch alles und jeden gesehen, der ihr im Leben je wichtig war und als Freund oder mehr bezeichnet werden konnte. „Ob ich einen Freund habe?“, nachdenklich wiederholte sie seine Frage, bevor sie erneut ihr Haupt schüttelte. „Nein“, antwortete sie nach langem Überlegen, einen Blick über die Schulter zu ihm werfend, „Soweit ich zurückdenken kann, hatte ich nie einen Freund, geschweige denn Freunde. Einzig Himura-san blieb mir.“, ein bebendes Zittern ging durch ihr Votum ließ nicht nur ihre Worte desolat klingen, nein selbst die Welt um sie herum schien an Farben verloren zu haben – für sie zumindest. Ein bedrücktes Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie ihre Schultern hängen ließ und ihren Blick wieder nach vorn wandte. Sie hatte mehr erzählt, als gefragt war, aber der Gedanke an ihren Vater ließen sie weich werden und die Grenzen für einen Herzschlag lang in Vergessenheit geraten. Wenn ich so darüber nachdenke.. hat es mich nie gestört nur Himura-san an meiner Seite zu haben. Yui hatte demnach keinen Grund um Traurig zu sein, dennoch bedrückte es die Schülerin schon – im Vergleich zu ihr hatten andere Teenager in ihrem Alter schon an die zig Freundschaften gehabt. Mathéo wahrscheinlich auch. „Und du? Hast du eine Freundin?“, gab sie die Frage an ihn zurück, noch immer mit dem Rücken zu ihm stehend, die Hände hingegen lösten sich voneinander, ehe sie die Arme von sich gestreckt hielt. Der Wind unter ihnen war ihr Antrieb, er gab ihr das Gefühl frei zu sein, auch wenn die bittere Erkenntnis, dass sie es nie sein würde, sie jedes Mal zurück auf den Boden der Tatsachen holte.
Matheo
Mathéo Tristam
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War es nun eine seiner Erwartungen gewesen, dass sie Single war oder eine Hoffnung? Wie sie vor ihm stand – zugegeben: Sein Blick wanderte ihre Kehrseite zu allererst hungrig herab – musste er die Situation nutzen, um über genau das nachzudenken. Was für ein Mädchen wäre sie geworden, wenn sie bereits einen Freund hätte? Sicher, sie hätte mehr Erfahrung im Miteinander und vermutlich hätte Mathéo sie nicht einsam auf diesem Spielplatz gefunden. Aber … Himura-san?, fragte er sich. Ihre Stimme zitterte. Sie hatte keinerlei Stabilität intus und schien sich ihren Gefühlen ergeben zu müssen. Nach diesen Worten: Yui schien so schwach. Hm. Vermutlich ein Anvertrauter. Ihr Freund kann er nicht sein. Sie sagt doch selber, dass sie weder Freund noch Freunde je hatte und ihren Vater nennt sie sicher nicht beim Namen. Nein, er muss irgendwas anderes für sie bedeuten, nur was? Mathéo rätselte in Gedanken, was es mit diesem Himura auf sich hatte, dass er die Zeit vergaß, in welcher Yui ihre Haltung änderte und ihm selber eine Frage stellte. „Huh?“, musste er stutzen. Zwar wollte er schon nachhaken, was sie eben gesagt hatte, doch dann kamen ihre Worte wie ein Backflash in seinem Hirn an. „‘Ne Freundin? Uhm.“ Fragend schaute er in ihren Nacken. Eigentlich war die Frage total einfach, doch für den Moment musste er mit dem Blackout klarkommen, welches sich erzeugt hatte. Ja, ne, eine Freundin? Mal ehrlich: Hatte ich je wirklich eine Freundin? Mathéo dachte an seine stürmische Zeit in Newcastle zurück. Sicher war ihm seine Aktivität mit Mädels, aber wirklich gebunden war er … nie gewesen. Nein, da war nie ein Versprechen gewesen, für sich da zu sein. Er war immerhin nur einen Abend da und dann wieder weg, mehr konnte er keiner schenken, aber er hatte es auch damals nie verurteilt. Es drängte ihn nie danach, mehr zu haben oder geben zu können. Warum auch? Es waren alles nur Menschen – alles keine reinblütigen Dämonen, wie er es war. Und ob er je jemanden für sich akzeptieren würde, dessen Blut nicht genauso famos war wie sein eigenes? „Wenn ich ehrlich bin … nein. Wobei ich gestehen muss, mir noch nie ‘nen Kopf drüber gemacht zu haben.“ Eine kurze Pause musste er einlegen, denn seine eigenen Worte beschäftigten ihn. Sicher, erfahren hatte er schon einiges zum Thema. Er war ja nicht weltabgewandt, was die Psychologie und Lebensart anging. Für ihn war es ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem der Kerl die Katze war und das Mädel die Maus. Und wenn die Maus gefangen war, suchte sich die Katze einen neuen Happen. Bei diesem Beispiel passte die Überlegung eine Beziehung gar nicht hinein, denn welche Katze konnte sich ein Leben lang von einer einzigen Maus ernähren? Vor allem sollte er dieses Beispiel nicht mit Yui teilen, denn sie sah nicht danach aus, seine Überlegung zu teilen. Also anstatt seine jüngste aufgekommene Frage zu stellen, wich er auf die davor zurück. „Was für eine Art … Mensch … war Himura-san denn?“ Ja, er haperte wirklich stark, diesen Satz zu formulieren. Eben noch wollte er von „Wesen“ reden, doch dann fiel ihm auf, wie suspekt das klingen würden, wenn er es so sehr verallgemeinerte. Mathéo ging davon aus, dass auch Yui ein Mensch war. Ihre mangelnde Überraschung bezüglich seiner Knetkugel verdrängte er; jeder normale Mensch hätte doch stutzen müssen, oder?
Und doch habe ich einen Freund, der stets an meiner Seite ist. Die Einsamkeit.. Sie hatte ihren Blick angehoben und fixierte die Sonne, bevor sich ihre rechte Hand schützend gegen ihre Stirn presste. Der hellste Stern im Universum war für viele ein Hoffnungsschimmer, doch für sie nicht – hatte sie denn jemals Hoffnung gehabt? War diese nicht schon vor etlichen Jahren gestorben, als sie ihre Erinnerungen verlor? Ein tiefes Ein- und Ausatmen folgte, um die negative Last von sich los zu schütteln, bevor sich die Schwarzhaarige leichtfüßig zu ihrem Gesprächspartner drehte. Sein zögern und stutzen, tat sie als Reaktion auf seine gedankliche Rückkehr ab, schließlich kannte sie das von sich selbst. Ihre Gedanken wichen häufig von Ort und Stelle, schwebten in höheren Ebenen, während sie einfach nur… da war? Umso überraschender empfand sie seine Antwort. Er hatte keine? Vielleicht habe ich ihn falsch eingeschätzt. Denn zugegebenermaßen hätte sie damit gerechnet, dass Mathéo längst in festen Händen wäre, zumindest wäre es das gewesen, was sie erwarten würde. Oder er war einer der Schürzenjäger, die allen Frauen, die nicht bei drei auf den Bäumen waren, unter den Rock schauen wollten. Wie auch immer, es spielte keine Rolle. Für einen Wimpernschlag verfinsterte sich das engelsgleiche Gesicht der jungen Frau, als er etwas über Yuu wissen wollte – dabei war es sein gutes Recht zu fragen, schließlich hatte sie ihn ja erwähnt. Die grauen Wolken, jene ihr Miene verfinsterten, zogen wieder rasch von dannen, ehe die Hände vor der Brust ineinander gefaltet wurden und sie ihre Augen schloss. „Ein Mensch… ?, ein kurzes Auflachen war die Folge, bevor sie die Lider wieder aufschlugen und das Gesicht des Jungen fixierten. War er so naiv? Oder ging er einfach nur davon aus, dass er und sie einfach langweilige Geschöpfe waren? „Er ist ein Dämon“, kam es forsch von ihr, als wäre es etwas, dass man einfach daher sagen konnte. Es war Alltag, zumindest für sie. Sie war schon häufig „unnormalen“ Kreaturen begegnet, weshalb es für sie nichts Neues war und selbst wenn sie ihren Vormund vor dem Burschen geoutet hätte – es wäre unwichtig, solange er keine Bedrohung für diesen darstellte. Sicher Yui würde eingreifen – oder wohl eher „es“ – doch auch der Vater wüsste sich zu wehren. „.. sonst hätte er mich nicht überlebt“, ergänzte sie ihren vorangegangene Satz und gab ihm mehr Preis als ihr lieb war, aber Yui schätze ihn auch nicht als 0815-Person ein, allein sein Kaubononförmiges Tüchlein war ein Beweis dafür. Die Arisako kam zurück zu seiner Frage, er wollte ja wissen was für eine Art „Mensch“ er war, seine Wesenszüge, welche sie in ihrem Köpfchen bereits vor sich sah. Ein leises Seufzen entfloh ihr, bevor sie das Lächeln begann, doch dieses Mal war es ehrlich. „Er war ein ruhiger, herzlicher und fürsorglicher Mann. Er war und ist, die einzige Person welche mir blieb. Mein geliebter.. Vormund…“, ihr Satz oder Vortrag, wie man’s nimmt, war nicht vollendet, doch sie brach ab – hätte sie weiter geredet, hätte sie ihre Fassung verloren. Sie wollte ihr Versprechen halten, dass sie ihm damals gab – sie würde nicht mehr Weinen. Die Hände lösten sich voneinander, die Arme wurden hängen gelassen, bevor ihr stechender Blick etwas Ernstes annahm. Sie wusste, dass er kein Mensch war, dass er es jedoch nicht zugegeben hatte, störte sie auch nicht, doch bevor er daran denken konnte irgendetwas zu verschweigen, machte sie schon einen Schritt nachvorne – rein metaphorisch gesehen – und hakte nach. „Und ich liege vermutlich mit der Annahme, dass du auch kein… Mensch bist, richtig?“ Sie wollte Antworten, Antworten auf die Fragen in ihrem Kopf – zumindest auf jene, die er beantworten konnte..
Matheo
Mathéo Tristam
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Zugegeben: Mathéo war mit der Erwartung nach Isola gekommen, Unmenschen anzutreffen, aber trotzdem überraschte ihn diese direkte Art, mit welcher Yui ihm sagte, dass ihr Vormund ein Dämon war bzw. ist. Mathéo blickte nachdenklich. Geschockt war er nicht – warum auch? Ihn beschäftigte tatsächlich diese Direktheit, mit der Yui ihm die Tatsachen darlegte. Er wollte schon schließen, dass diese Insel ausgeschlossen von Nichtmenschen bewohnt wurde, doch sein Misstrauen hielt ihn abermals von ab, einem Glauben nachzugeben. Nur … sonst hätte er sie nicht überlebt? Was ist sie denn? Und er lauschte ihren Worten weiter aufmerksam. Ihren Blick mied er nicht, er zeigte nur wenig Regung drauf, sondern verharrte in der Pose des treuen Zuhörers. Tot konnte er schon mal nicht sein, sonst hätte sie nicht gesagt, dass er ihn als Einziger noch geblieben war. Nur: Wenn sie ihn so lieb hatte, warum war sie dann hier und nicht bei ihm? Für Mathéo hörte sich das stark nach einer liebesartigen Beziehung zwischen Vaterrolle und Tochterrolle. Er musste sie in einer schweren Zeit aufgenommen und Kraft geschenkt haben. Bei Menschen war es jedenfalls im Regelfall so, dass Kinder mit schlechten Erfahrungen und ohne Eltern besonders enge Verbindungen zu ihren neuen Vormündern schließen konnten, wenn die Erwachsenen richtig zum Kind aufschließen konnten. Öfter kam es vor, dass sich das Kind total verschloss, aber hatte man das Siegel erst gebrochen, griff es fest zu. In Yuis Fall griff sie sehr nach ihrem Himura, denn er gab ihr wohl das, was ihr so sehr fehlte: Liebe? Alles nur Hypothesen, welche sich in Mathéos Kopf abspielten, aber endlich konnte er schauen, wie sehr man die Psyche eines Menschen auf die eines Nichtmenschen übertragen konnte. Wenn Himura-san ein Dämon ist und er nur deswegen sie überleben konnte, ja, dann musste Yui ebenso einer sein, wenn nicht was grausameres. Doch er ging stark von der ersten Variante aus. Sein eigenes Empfinden leitete ihn, denn er selbst würde sich einem anderen Dämon eher anschließen denn einer fremden Rasse. Dass ihn sein Dämonenstolz dabei trügen konnte, missachtete er; blind schaute er daran vorbei. Himura-san … In Gedanken ging Mathéo den Namen mehrmals durch, um seine stärksten Assoziationen zu finden. Er erzeugte in ihm selbst die Vorstellung eines großen, eher korpulenten Mannes mit einem nie endenden Grinsen, das jedes Kind erfreuen würde. Eine sehr sympathische Ausstrahlung sah er und trotzdem eine Bedrücktheit, Sorge. Sicher die Sorge um Yui. Wohl ein sehr verlässlicher Dämon … und Vormund. Doch die Frage, warum die beiden sich getrennt hatten, wollte ihn nicht verlassen. Mathéo wollte schon wieder in Yuis Privatsphäre stochern. Die Neugier führte ihn, das Schicksal eines anderen Dämons zu erfahren. Wie gut, dass sie die Handlung der Unterhaltung ergriff und eine Frage an ihn wandte, so konnte er sich von den eigenen Gedankengängen erholen und einfach von sich quatschen, bis ihm die Waage wieder ein Gleichgewicht anzeigen würde. Die Ruhe blieb ihm im Gesicht und in seinen Gliedern. Erwartungsgemäß – musste man schon sagen – fragte Yui zwar nicht nach Mathéo Vormund, aber nach seiner selbst. Was war er denn? „Jupp. Ich bin auch ein Dämon. Mein Clan stammt allerdings aus Europa. Also wenn ich deinen Namen richtig begutachte, solltest du eher aus dem Raum hier in Asien stammen, eh? Sicher sagt dir der Name Tristam nichts. Mathéo überlegte kurz, was er machen oder auch sagen sollte. Ihm gefiel diese ernste Lage nicht, auch wenn er selber die Schuld trug, dass es so weit gekommen war. Allein sein Einhaken in ihr Leben hatte dafür gesorgt. Sin Mund verzog sich ein wenig, das Grübeln konnte man ihm ansehen. Erst mit den aufzuckenden Brauen sollte Yui wissen, dass ihm ein Gedanke kam. Er lehnte sich ein wenig zurück, mied jedoch die Lehne der Bank. Die Beine waren noch relativ breit voneinander am Boden befestigt. Allgemein war sein Sitz sehr stabil. Mit der linken Hand streifte er kurz über seinen Schenkel, als wollte er den Staub wegwischen, ehe er drauf klopfte und gleichzeitig zu Yui sprach. „Magst du dich nicht wieder setzen?“ Wie höflich er dabei klingen musste, schon fast nicht seine Art. Lag sicherlich an der Situation, dass er sich etwas verlor oder er war zu sehr davon gefangen, diese neue Region kennen zu lernen und schien sich selber erst in eigene Kenntnis setzen zu müssen.
Der Gedanke, dass ihr Vormund durch ihre Hand hätte sterben können, weil sie ihren Dämon nicht unter Kontrolle hatte, widerte sie an. Sie widerte sich an. Ihr Griff – hatte sie doch mittlerweile die Arme verschränkt – um den eigenen Oberarm festigte sich drastisch – wäre ihr ach so geliebtes zweites Bewusstsein aktiv, hätte sie darum flehen müssen, dass sie sich nicht den Arm breche. Erst als seine Stimme in der Luft hallte, wurde Yui aus ihrer Wut wachgerüttelt. Es brachte doch nichts sich selbst für etwas zu verdammen, wenn man die eigene Bestie nicht kontrollieren konnte. Nicht mal ihren Eltern konnte sie die Schuld geben und das nicht nur, weil sie sie nicht kannte. Viel mehr, weil sie ihnen ihr Leben verdankte, denn ohne sie wäre die Arisako nicht hier. Ich frag‘ mich was sie dazu brachte… Sie dachte nicht häufig über ihre leiblichen Eltern nach – warum auch? Die Erinnerungen an sie waren schon vor Ewigkeiten verblasst – mehr als ein verschwommenes Bild, dem es an Details fehlte, blieb ihr nicht. Schon öfters hatte sich die Schwarzhaarige dazu gezwungen die Bilder in ihrem Geiste wieder gestochen scharf zu sehen, doch das erhoffte Ergebnis blieb jedes Mal aus. Dann kam ihr geliebter Freund zurück: der Blackout. Und das war ihre große Angst. Der Mischling fürchtete sich nicht davor zu vergessen, nein, viel mehr hatte sie Angst aus den Erinnerungen der anderen zu verschwinden. Als hätte es sie nie gelebt. „Richtig“, bestätigte sie seine Aussage, dass ihr sein Name wohl nichts sagen würde, „der Tristam-Clan ist mir fremd.“ Dass es sich bei Mathéo um einen Dämon handelte, hatte sie bereits erwartet und nun wurde ihre Vermutung bestätigt. Damit erstarb auch der Glaube, dass er sein rechtes Augenlicht verloren haben musste. Es musste irgendetwas anderes sein. Etwas, das niemand sehen durfte, aus welchen Gründen auch immer. Eigentlich wollte die Kleine bereits nachfragen, doch der Gedanke, dass es ihm unangenehm sein konnte, versiegelte ihr die Lippen. Sie kannte so etwas ja – nicht umsonst verbarg die Mischlingsdame ihr linkes Auge. „Ich weiß nicht“, antwortete sie ehrlich auf seine Frage, unterbewusst eine theatralische Pause einlegend. „… vielleicht liegen meine Wurzeln in Asien, aber ich selbst komme aus Amerika..“ Ihre eigenen Worte brachten sie ins Grübeln. Woher kam sie? Wer war sie überhaupt? Mathéos Angebot, ehe Frage, ließ sie fürs Erste außer Acht. Nachdenklich stütze sie den Kopf auf die rechte Hand, während die linke dem dazugehörigen Arm als Stütze diente. Ich sollte Himura-san vielleicht nach Antworten fragen.. In dem Moment, in welchem ihr klar wurde, das sie ungewollt für einen längeren Augenblick stumm verharrte, horchte das junge Mädchen auf, des Dämons Worte im Kopf resümieren lassend. Setzen, er hatte gefragt ob sie sich denn nicht wieder setzen wolle. Wollte sie denn das? Selbst bei dieser leichten Frage war sich die baldige Schülerin unschlüssig, weshalb sie einfach nachgab und sich zu ihm auf die Bank gesellte. Wie höflich er dabei klang, fiel ihr zwar auf, jedoch ließ sie es unkommentiert – vielleicht zeigte er sein wahres Gesicht. Eines hatte die Halbdämonin nämlich gelernt: Viele Menschen verbargen ihr wahres Ich hinter einer Maske, welche sie vor seelischem Schmerz schützen sollte. Für die ersten Sekunden die sie sich gesetzt hatte, wirkte sie etwas angespannt und dem war auch so. Jeder Muskel in ihrem Körper hatte sich bis zum Zerreißen gespannt, bevor sie sich selbst in Gedanken Mut zu sprach – denn Grund für Anspannung gab es nicht. Nicht ihren Augen. Nicht in diesem Augenblick. Nicht hier. Yui bettete ihre Hände in ihrem Schoß, bevor sie sich etwas seitlich setzte, um ihren Gesprächspartner ins Gesicht sehen zu können. „Uhm…“, verließ es etwas gedämpft ihren Mund. Auf ihrer Zunge brannte eine Frage, während die Neugier ihr Inneres förmlich zerriss. In Gedanken abwägend ob sie es denn wagen konnte, strich sie beiläufig den schwarzen Rock glatt, bevor ihr ein Geistesblitz kam. Wenn sie wissen wollte, was sich unter der geheimnisvollen Augenklappe, die an das Zeitalter der Piraten erinnerte, befand – sollte sie ihm auch verraten, was sich unter ihrem dichten Pony verbarg. „… darf ich fragen was sich unter deinem Accessoire versteckt? Aber..“, ihre Stimme ebbte ab – sie kam ihm zuvor. Flink strich sie sich den Haarpony zurück, doch noch konnte er nicht sehen, was sich dahinter verbarg, denn das Lid bewahrte das Schandmal, wie sie es manchmal bezeichnete, vor dem Anblick des Rotschopfes. „Um es fair zu halten, zeige ich dir was ich verstecke, ‘kay?“ Die Zeit zu Antworten ließ sie dem Tristam gar nicht. Geleitet von ihrer kindlichen Neugier und dem Kribbeln im Bauch etwas Neues zu erfahren, öffnete sie das linke Auge, welches augenscheinlich ganz normal erschien – sah man von den unterschiedlichen Farben ab. Wahrscheinlich viel dem Jungen nicht einmal auf und das würde es auf diese Distanz auch nicht, der rote Schimmer, jener sich in das blau-violett mischte, war nicht kräftig genug, um ihn einfach so zu erkennen – entweder nahm man es genauer unter die Lupe oder wartete ab, bis das Chaos selbst sich wieder, und damit auch die glühendrote schlitzartige Pupille, meldete. Hoffentlich denkt er nicht, dass ich ihn auf den Arm nehme.. Unmut loderte auf, weshalb sie für einen Sekundenbruchteil den Blick von ihm nahm um durchzuatmen und dann endlich auch eine Erklärung zu liefern. „Bevor du denkst, ich würde dir gerade etwas zeigen, was eigentlich keinen Sinn hat, möchte ich sagen: Dass man es auf den ersten Blick nicht sieht, aber das zeigt, dass ich von einem Dämon abstamme.. zumindest zum Teil. Deutlich wird es.. wenn „es“ sich meldet.“ Wen oder was sie mit „es“ meinte, behielt sie für sich. Mathéo war an der Reihe, er sollte sein Geheimnis lüften, falls nicht würde sie es auch akzeptieren, doch sie hoffte einfach darauf, dass er der Fairness halber das Piraten-Accessoire abnehmen würde. Für sie.
Matheo
Mathéo Tristam
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Selbst als Amerikanerin konnte sie nicht von ihm gehört haben. Die Tristams waren ein sehr treues Stämmchen, was ihre Heimat anbelangte. Seit Anbeginn ihrer Existenz lebten sie schon auf der Insel. Dass sie nicht die ganze Zeit im Norden Englands zu finden waren, kann sein, aber die Insel eben, um die es geht, war stets ihr Zuhause. Yuis Eltern oder Großeltern schienen übergewandert zu sein. Dabei war ihr Name unverfälscht aus Asien. Wenn einer ihrer Vorfahren übergewandert war, hatte er keine Mühe gescheut, den eigenen Familiennamen am Leben zu halten. Es sei denn, Yuis Eltern waren selbst er über den Ozean gewandert ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Amerika … gerade durch die Medien hatte Mathéo viel mitbekommen, doch wenn er Yui so ansah, war es schwer, das geprägte Bild auf sie anzuwenden. Ausnahmen bestätigten bekanntlich die Regel. Aber besonders jetzt, wenn er sie ansah, wurde es merkwürdig. Sie schien mit sich zu hapern, denn ein gewisser Zwang war in ihrem Kopf zu spüren. Ihr Blick verriet ihre Neigung, nur wusste Mathéo nicht, in welcher Farbe sie getaucht war. Irgendetwas schien sich anzubahnen und als sie wie ein schüchternes Mädchen anfing, ihn was zu fragen, musste er leicht grinsen aus Belustigung. Doch was sie dann fragte, hatte er nicht erwartet – besonders, weil er es nicht erwarten wollte. Accessoire? Ach, die Augenklappe. Das Grinsen verschwand von seinem Gesicht. Die Brauen kamen sich einen kleinen Deut näher, denn der Missmut stieg in ihm auf. Für Yui sollte es nach einem unwissenden Blick ausschauen, der nach Klärung rief. Und die junge Dame war noch lange nicht fertig. Sofort hakte sie in ihre eigene Frage ein, denn sie wollte ihm vorher einen Ausgleich bringen. Über ihr verdecktes Auge hatte er nie nachgedacht. Erst jetzt, wo sie es ansprach, fragte er sich, ob es nur der Frisur wegen war, dass es nicht erkennbar getragen wurde. Wollte sie etwa andeuten, ein ähnliches Geheimnis mit sich herumzutragen wie auch der Tristam? Vorsichtig tasteten seine Augen ihre Hände entlang – zart und zerbrechlich. Das Auge war geschlossen, welches eben verdeckt war. Wenn es eh nicht geöffnet war, musste es durchgängig von ihrem Haar bedeckt sein, andernfalls wäre es fragwürdig, dass es sich zur Ruhe betten würde. Verständlich, wer eh die ganze Zeit kein Licht bekam, der begann irgendwann, sich zur Ruhe zu legen. So schien ihr Auge sich nicht durchgängig offen zu halten, da es vor lauter Verdruss nicht mehr ins Dunkle starren wollte. So oder so in etwa konnte es sein. Erst als sie sich ihre Lider bewegten, kam es zur Reaktion. Ein kleines Zucken schoss durch Mathéos rechtes Augenlid, als er sah, was ihm geboten wurde. Yuis Augen unterschieden sich wie erwartet voneinander. Ebenso verflucht? Es erstaunte ihn wirklich, sodass er ihr näher rückte, um ihr Auge besser inspizieren zu können. Wie einen Schatz umschaute er sie behütet. Doch seine Meine veränderte sich nicht. Er lachte nicht darüber noch freute er sich, dass sie ihm ihr Geheimnis anvertraute. Dabei fragte er sich sogar, ob sie ein gleiches Unbehagen fühlte wie er. Nach ihrer folgenden Rechtfertigung stutze der Tristam prompt zurück. Zumindest zum Teil? Sein Gemüt ebbte noch weiter ab. Also ist sie kein reiner Dämon. Vermutlich halb Mensch und halb Dämon? Möglicherweise ein Grund, weshalb sie bei jemand anderem wohnte und nicht bei ihren Eltern. Ein unreines Wesen. Kein wirklich er Dämon, nicht mal im Ansatz. Mathéos Abscheu gegenüber unreinem Blut machte sich bemerkbar. Er wollte sie als Wesen nicht verwerten, sich aber selber Dämonen zu nennen, konnte und wollte er nicht tolerieren. Allein durch ihre seichten Worte reagierte er nicht arg, ihre Ausstrahlung, wenn man es so wollte, besänftigte ihn ebenso. Aber … ein Halbdämon? Auch noch einer von der unkontrollierten Sorte. Diese Wesen hatten zwar dämonisches Blut in den Adern, konnten diese „Seite“ jedoch nicht durchgängig beherrschen. So etwas hatte Mathéo sogar selbst einst erlebt, als er einem solchen Wesen beiwohnte. Es geriet in Hysterie und veränderte sein Äußeres bruchteilig. Dabei verlor es seine Beherrschung – es wurde zur Bestie. Das, als was man Dämonen früher fürchtete, schien in diesem Wesen neu aufgeblüht zu sein. Also überlebte der alte, verachtende Trieb doch weiter. Nur … Yui wirkte nicht so wie dieser Halbdämon damals. Ihre Worte sprachen von einem Ausraster, davon, wenn „es“ sich meldete, aber Mathéo konnte es sich schlicht nicht vorstellen. Nun, das sollte ihn vorerst nicht bedrücken, denn er hatte eine Antwort abzugeben oder eben eine Tat. Yui hatte ihm ihr Geheimnis anvertraut, damit sie auch seines erfahren durfte. Aber wollte Mathéo sein Auge lüften? Yui wirkte passioniert, voller Neugier. Die Neigung, ihr beizugeben, war vorhanden, dennoch nicht ausreichend. „Tut mir Leid, dass du mir dein Geheimnis umsonst gezeigt hast“, antwortete er kühl, senkte seinen Kopf und mied ihren Blick. „Aber ich habe nicht vor, meine Augenklappe zu lüften. Mehr sagte er dazu nicht. Ganz beschreiben konnte er seine Gefühlswelt in dem Moment selber nicht. Es mischte sich Ärgernis mit Scham und Gleichgültigkeit zusammen. Am Kragen wurden alle drei von einem schlechten Gewissen gepackt, welches nicht durch Mitgefühl entstand, sondern durch ein unterfüttertes Verlangen, als hätte er es ihr eigentlich zeigen wollen. Die Neigung, ja, sie wollte kleinbeigeben. Nur Mathéos Verstand hielt wacker dagegen.
Etwas überrumpelt schreckte die Kleine zurück, bevor sie sich wieder entspannte und die Begutachtung über sich ergehen ließ. Sie hatte nichts zu befürchten – er würde ihr nichts tun. Nachdem Mathéo wieder Distanz annahm, schwenkte sie ihren Blick gen Himmel. Dass er ihr sein Geheimnis nicht zeigen wollte, störte sie nicht im Geringsten. Was ging es sie schon an? Mehr als eine Fremde war sie für ihn nicht. Warum entschuldigt er sich? Nachdenklich legte sie ihre glatte Stirn in Falten, sah nur flüchtig in das Gesicht des Jungen, bevor sie ihre Hände auf ihrem Schoss bettete um weiterhin in den Himmel zu starren. „Nein, kam es in Begleitung von einem Windhauch von ihr, „entschuldige dich nicht.“ Yui mochte es nicht, wenn sich jemand für etwas entschuldigte, obgleich er nichts getan hatte. Außerdem gehörte sie zu der Art von Personen, welche die Schuld stets bei sich suchten, als bei anderen. Denn sie war es nicht anders gewohnt – auch wenn es in dieser Situation wohl offensichtlich war, dass sie daran Schuld trug. Schließlich war stocherte sie in seiner Privatsphäre herum. „Ich hätte nicht fragen dürfen.“ Die melodische Stimme ebbte ab, während sie sich von der hiesigen Welt verabschiedete. In ihrer Gedankenwelt formte sie bereits die Informationen, welche sie über den Rothaarigen besaß, trug sie zusammen, um sie am Ende des Tages bereit zu haben, wenn es galt, dem morgigen Ich zu erzähle, was sie heute erlebt und gesehen hatte. „Ist der Himmel nicht faszinierend?“ Eine Frage ohne Kontext, die lediglich dem Redefluss dienen sollte – doch insgeheim war sie wirklich begeistert von ihm. Stets sah sie zu ihm hinauf, wenn sie glaubte im nächsten Moment weinen zu müssen und er zügelte ihre bitteren Tränen. Er war somit ihr halt.
Out; nix großes - aber mehr will g'rad auch nicht. Sry.
Matheo
Mathéo Tristam
309 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: grüne Haremshose mit orientalischem Muster, schwarzes Leinenhemd, kein Stirnband, Augenklappe
Der Tristam hatte rätseln wollen, wie ihre Reaktion sein würde, wenn er ihre Bitte ablehnt. Seine Entschuldigung winkte sie sofort ab, dabei meinte er es ernster als ein höfliches Nachdrücken. Von den Menschen hatte er gelernt, dass es viele Wesen gab, die sich gar als unwillkürliche Reaktion entschuldigten. Ihr Gefühl betrog sie schnell und sagte ihnen, dass die Schuld auf ihren Schultern lastete. Drum versuchten sie streng, dies auf der Stelle wieder gutzumachen. Mathéo, der mehr von sich überzeugt war als von den anderen und selten auf das fremde Wohl aus war, hatte sich nicht entschuldigt, um sie zu besänftigen, sondern weil es ihm schon fast selber leid tat. Er musste sich gestehen, das kurze Lächeln, welches sie vorhin gezeigt hatte, hatte ihn angegriffen – auf eine bestechend mitreißende Art und Weise. Sicher, wenn er ihr sein Auge gezeigt hätte, hätte sie eine Verwandtschaft gefühlt und erneut wäre eine Emotion über ihr Gesicht gehuscht. Ebenso sicher war, dass er dies gerne gesehen hätte, selbst wenn nur aus beobachtender verhaltenswissenschaftlicher Art. Nur – zu schnell wechselte sie das Thema, als das er sich hätte erklären können. Der Himmel. Mathéo schaute wie Yui auch gen Blau über ihren Köpfen. Die Wolken hatten sich stark zurückgezogen, der Himmel zeigte sich in seiner Reinheit. Aber faszinierend? Er war so karg. Zwar für den Sonnenanbeter und seine Frau ein schöner Moment, doch für jemanden wie Mathéo, der die Aufregung liebte und die Wolken eher herbeisehnte, hielt sich die Faszination in Grenzen. Dazu arbeitete sein Hirn an einer Technik, dieses Thema wieder zurückzulenken. Er brauchte nur die richtigen Worte. Yuis Frage zu kommentieren, war er schier nicht in der Lage, daher trat eine kurze Stille ein. „Faszination, wie er strahlt? Beneidest du ihn grad darum, dass er so strahlen kann und du nicht?“ Mathéo schaute Yui nachhaltig grinsend an, als würde er ihre Antwort schon wissen. Nur kurze Zeit gab er ihr, kurz etwas zu sagen, denn er wollte schon fortfahren. „Du hättest sicher auch gestrahlt, wenn ich dir mein Geheimnis gezeigt hätte, egal ob vor Freude, Erstaunen oder was auch immer – aber du hättest es getan.“ Eindringlich schaute er sie mit einem selbstgefälligen Grinsen an. „Und genau dieses Strahlen hab ich mir vorenthalten. Also wenn, dann habe ich mich bei mir selber entschuldigt, dass ich das nicht sehen durfte.“ Mathéo schwenkte seinen Blick wieder von ihr ab und schaute visionär gen Himmel, den Yui eben noch preisen wollte. Ein Wesen weiblicher Natur zu umgarnen, gehörte bei ihm zur guten Etikette. Es war Standard, obgleich sie dann zu viel hineininterpretierte oder nicht – Mathéos Regel war es, sich ein Mädel warm zu halten für den Fall der Fälle. Und doch – belogen hatte er sie gerade nicht.
Die junge Frau schenkte Mathéo keinen einzigen Blick, während er sprach – viel zu groß war die Angst, das einstig gegebene Versprechen zu brechen, weshalb sie starr in das blau des unendlich weiten Himmels sah. Wenn er mir sein Auge nicht zeigen will, sollte er das Thema ruhen lassen. Oder soll ich weiter nachhaken? Obwohl er schon lange fertig war, gesagt hatte, was es zu sagen gab, schwieg sie, hüllte sich im Schweigen. Ihr Geist war abwesend, weshalb sie nicht reagierte, auch wenn sie kurzzeitig doch an Ort und Stelle zu sein schien. Wie als hätte sich ein Tuch vollkommener Dunkelheit, von pechschwarzer Seide, auf ihre Sinne gelegt, doch dieses Mal holten sie keine Bilder, Szenen, Erinnerungen ein, welche man umgangssprachlich „Tagträume“ nannte. Erst mit dem Rauschen der Baumkronen kehrte auch wieder Leben in die Halbdämonin. „Nicht jedes Lächeln ist ein Strahlen“, antwortete sie – wie er das verstehen würde, war ihr egal, doch sie wusste was sie meinte und er würde es vielleicht verstehen. Es gab genug Wesen, welche gelernt hatten ihr Leid hinter einem falschen Lächeln, das täuschend echt wirkte, zu vergeben – Yui wäre gerne selbst eines dieser Wesen, damit sie ihre Mitmenschen nicht mit ihren Sorgen belasten würde. Viel mehr würde sie sich lächeln sehen, doch sie gehörte leider nicht zu dieser Gruppe. „Eigentlich beneide ich den Himmel sogar..“, lachte sie kurz auf, sich durch die schwarze Mähne fahrend. Doch sie hatte die Wahrheit gesprochen, denn er war überall – er war der Ort der Freiheit und genau diese wollte die Waise auch, doch bekam sie nicht. Im selben Augenblick legte sie ihr Augenmerk wieder auf den Rotschopf. Das rubinrote Okular hatte etwas Träumerisches angenommen, während sie sich nichts weiter Wünschte, als die Ketten des Vergessens, die sie zu tragen hatte, endlich lösen zu können, um zu sein wie früher. Aber… wäre das wirklich besser? Wer wäre sie geworden, wenn sie nicht tagtäglich mit der Barriere, die ihr alle 13 Stunden die Erinnerungen raubte, zu kämpfen hatte? Wäre sie dann so geworden, wie sie heute war? Mit einem leisen Seufzend verdrängte sie die Fragen in die tiefen ihres Gedächtnisses, bevor sie sich zu seiner Behauptung äußerte. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wie kannst du dir so sicher sein, dass ich es getan hätte?“ Die Schwarzhaarige wusste nicht, was ihm die Sicherheit gab, dass sie gestrahlt hätte, wie er es sagte – war es seine Menschenkenntnis? Oder war besaß er nur ein übermäßiges Maß an Selbstbewusstsein, was ihn glauben ließ, dass er recht hatte? Die Arisako vermutete noch ersteres, aber der erste Eindruck war stets anders, als der, den man bekam, wenn man sich länger kannte. Dass Mathéo sich bei sich selbst entschuldigt hatte, tat sie ab, als wäre es nichts, bevor sie mit sich selbst kämpfte. Sie wollte ihm eine Frage stellen, die vielleicht doch mehr von ihrem „Problem“ preisgeben würde, als ihr lieb war. Es dauerte etwas, bis sie sich entschieden hatte – sie tat es. „Was würdest du tun, wenn dein Gedächtnis nur über 13 Stunden reichen würde? Ich habe schon häufig darüber nachgedacht, kam aber zu keinem richtigen Ergebnis…“, stumm biss sich Yui auf die Unterlippe. Als Strafe dafür, dass sie gerade eine Unwahrheit ausgesprochen hatte? Wer wusste das schon… Fest stand jedoch, dass sie schon häufig zu einem Ergebnis gekommen war…