Das Krankenzimmer ist ziemlich schlicht gestaltet. Hier und da hängen die üblichen Poster, die nunmal in einem Krankenzimmer hängen sollten. Zwei Betten, die durch Vorhänge voneinander getrennt sind befinden sich in diesen Raum. Diese sind besonders weich... und kuschelig... und verführen schlimmstenfalls zum Schlafen. Ein kleiner, chaotischer Pult, auf dem der Schularzt mit einem Computer arbeiten kann befindet sich neben den Betten. Desweiteren finden sich im ganzen Raum verteilt Medizinschränke und diverse Utensilien wie eine Waage oder ein Messgerät. An einem runden Tisch hat man die Möglichkeit, wichtige Gespräche die die Gesundheit betreffen zu führen. Der Geruch des Raumes ist wegen der vielen Desinfektionsmittel stets ein chemischer.
Mit gerunzelter Stirn schielte ich zu dem kleinen Jungen, welcher sich interessiert mit ans Bett stellte. Ist heut ein Bring-dein-Kind-mit-zur-Arbeit-Tag, oder wieso lungert der hier so rum? dachte ich genervt, während ich ihm noch ein paar abneigende Blicke zuwarf, die sofort unterbrochen wurden, als sich auch die gute Dame vorstellte. "Juliet, sie müssen mein Bein retten, oke?!", wimmernd ergiff ich ihren Arm und durchbohrte sie nur gerade so mit meinen wehleidenden Blicken. Dass ich gerade ernsthaft davon ausging, man müsse mir mein Bein abhacken, amüsierte sie anscheinend. Der Junge hingegen blickte genauso geschockt drein wie ich. "AMPUTIERT nicht ambodiert, du sch-.. Schlaumeier.", entgegnete ich seiner Frage, wobei ich gerade so noch die Kurve kratzte und ihn nicht mit den schlimmsten scheiß-Schimpfwörtern belegte. Wäre nicht die beste Idee gewesen ihn vor seiner Mutter zu beleidigen. Diese fing nämlich gerade an meinen Fuß abtasten zu wollen. Wie in Zeitlupe sah ich ihre Griffel auf meinen Knöchel zu rasen. Ursprünglich konnte man mir ja nicht gerade nachsagen, ich hätte Berührungsängste, doch vor ihrer Untersuchung hatte ich ein wenig Bammel. Schweißgebadet krallte ich mich am Bettlaken fest. 1 - tiiiief ein atmen - 2 - und wieder aus - 3 -.. "AHHH!!", unterbrach ich meine Gedankenkette, als Juliet mich berührte. Nur ganz leicht, doch ich erschrak. Würde ein Nichtsahnender am Krankenzimmer vorbeischleichen, so würde er auch meinen ich bekäme gerade ein Kind. Ich hatte nunmal schon immer ein lautes Organ, ups. "Sie haben verdammt kalte Hände wissen Sie das.... grrr.", rechtfertigte ich meinen Aufschrei und legte mich nun zurück. Gleich wurde es ernst. Ich biss mir auf die Unterlippe, kniff angespannt meine Augen zusammen und wartete gespannt auf meine Folter. "Wenigstens das! Können Sie sich vorstellen, wie das aussehen würde, wenn ich nur noch ein Bein hätte? Das wäre.. nicht mehr attraktiv, verstehen sie mich?! Da schaut mir ja kein Junge mehr nach.. .. Und außerdem hab ich mal gehört, dass das verdammt blutig sein soll, wie ekelig!!", antwortete ich ihr mehr oder weniger erleichtert. Wenigstens hätte ich noch neun Schwänze gehabt, die Levi ja ziemlich geil fand. Etwas beruhigt entspannte sich auch meine Gesichtsmuskulatur, welche jedoch wieder wild zu zucken begann, als die Frau meinen Knöchel hin- und her drehte. "Da, .. ghnhhh, ja genau da!", winselte ich, löste eine Hand vom Laken und streckte blind einen Finger mehr in Richtung Juliet, als auf die betroffene Stelle, die gerade mein Außenband abtastete. "..sobald ich wieder richtig gehen kann, tret ich der doofen Kuh sowas von in den Arsch!!", brummelte ich, hoffend darauf, dass das Kind auch schön alle Schimpfwörter mit aufschnappen würde. Irgendjemand muss es ihm ja beibringen. Wen gäbe es da besseres als mich? Richtig, keinen.
Die junge Frau, die auf einem Wolf ins Krankenzimmer geritten kam, war alles andere als freundlich und zudem auch noch übertrieben hysterisch. "SAGTE ICH DOCH!", entgegnete Noah mindestens genauso schnippisch, wie der sterbende Schwan, der vor ihm im Bett saß und folglich das ganze Schulgebäude zusammen schrie, als die Mutter des Jungen ihre Fuß abtastete. Die Augen des kleine Vampirs wurden immer größer als er seine Mutter und ihre Patientin beobachtete. Das war keine gute erste Bekanntschaft am Arbeitsplatz von Juliet - keineswegs. Demotiviert wie nie zuvor ließ Noah seine Schultern hängen, drehte sich wieder um und blickte zu seinem Rucksack. Erst, als die junge Frau ein Schimpfwort nach dem anderen heraus spuckte, spitzte der Kleine wieder seine Ohren, machte sich aber nicht die Mühe, sich wieder umzudrehen. "Mamaa, ich geh raus spielen", sagte er leise und wusste zugleich gar nicht, ob sie es überhaupt verstanden hatte. Der Satz hörte sich genauso an wie früher in Verona. Als er nach draußen ging, um wirklich zu spielen. Mit anderen Kindern. So gerne dachte er an diese Zeit zurück und in Momenten wie diesen wünschte er sich auch nichts sehnlicher, als in das Umland von Verona zurückzukehren, wo sein Vater und auch seine Freunde von früher wohnten. Er musste das Beste aus der Situation machen, und das würde er bestimmt nicht erreichen, wenn er bei seiner Mutter, der Krankenschwester, bleiben und ihr bei der Arbeit zusehen würde. "Ich bin am Nachmittag wieder da", versicherte er ihr eher nebenbei und packte sich seinen Rucksack, nachdem er das Skateboard aus den Gurten befreit hatte, trat durch die Krankenzimmer tür nach draußen auf den Gang, wo er sich erstmal auf sein Board stellte und kräftig Schwung holend die Gänge der Schule entlang düste und dabei einen Ausgang suchte.
Ich war wirklich vorsichtig gewesen, weder wendete ich viel kraft auf noch drückte ich meine Nägel in ihre Haut und doch zuckte ich schon ordentlich zusammen, als das Mädchen plötzlich sehr... sehr laut aufschrie. "W-Was...?" Leicht überfordert sah ich Kaede an als sie mir dann sagte, ich hätte kalte Hände. "Achso... Entschuldigung, da hätte ich Sie vielleicht vorwarnen sollen." Ich sah wieder zu ihrem Fuß runter und konzentrierte mich dann wieder darauf, bei welcher Bewegung sie richtige Schmerzen verkündete. "Mhm, oke." Ich stand von dem Bett auf, auf welchem sie lag und ging rüber zu dem Schrank, im selben Moment wo auch Noah sich in Bewegung setzt. Zu erst dachte ich mir gar nichts dabei, doch dann hörte ich wie er sagte, er würde raus gehen. Schnell drehte ich mich um und noch ehe ich mich versehen hatte stand er schon mit seinem Rucksack an der Tür und versicherte mir noch, dass er am Nachmittag wieder da sein würde. Sprachlos blieb ich zurück und blickte an die Tür, wo mein Sohn gerade nach draußen verschwunden war. Er konnte doch nicht so einfach gehen.... Er kannte sich doch noch gar nicht hier Haus, wo will er den hin? Er kennt hier doch noch überhaupt niemanden... Nervös fuhr ich mir über meinen Zopf. Am liebsten wäre ich nun natürlich hinter her gelaufen aber ich musste hier bleiben, immer war das hier mein Job und mir war irgendwo auch klar gewesen, dass Noah wohl nicht den ganzen Tag hier bleiben würde. Er war schon acht, ihm würde schon nichts passieren. "Ehm... also wie es mir scheint ist Ihr Fuß auch nicht gebrochen." Richtete ich dann meine Aufmerksamkeit wieder dem Mädchen zu und holte aus dem Schrank einem, Verband, eine Kompress und eine Creme, dann ging ich wieder rüber zu ihrem Bett. "Ich verbinde ihn dir jetzt, damit dein Gelenk eine gewisse Stabilität hat." erklärte ich ihr und machte etwas von der Creme auf die Kompresse drauf. "Die Creme ist nun etwas kalt aber sie wird deine Schmerzen lindern." Ich lächelte sie an und legte sie dann auf die Stelle wo das Mädchen die meisten Beschwerden hatte, dann lies ich sie ihr Bein hoch heben und wickelte erst eine weiße Mullbinde um die Kompresse herum, damit diese fixiert war und dann wickelte ich eine fester Fixierungsbinde, mit einem leichten Zug von ihrem Fuß bis übers Gelenk hoch. "Wenn es zu eng wird, sagen Sie bitte rechtzeitig bescheid." Als ich fertig mit dem Verband war stand ich wieder auf und lächelte das Mädchen freundlich an. "So, dann hätten wir es schon geschafft. Sobald der Verband drückt oder juckt oder deine Zehen anfangen zu kribbeln darfst du ihn sofort abmachen." Erklärte ich ihr. "Du darfst deinen Fuß so weit belasten wie es deine Schmerzen zulassen aber gut wäre es wenn du ihn regelmäßig hoch legst und ihn ab und zu kühlen würdest." Ich ging zu dem unordentlichen Schreibtisch rüber und schaute leicht drüber was ich dort auf den ersten Blick finden würde. "Möchten Sie für den restlichen Schultag krank geschrieben werde und brauchen Sie Gehstützen?" Ich sah sie fragend an "Was für Fächer haben Sie denn diese Woche noch? Wenn Sie eine Befreiung für Sport oder Kampf brauchen, dann darf ich nur eine bis zum nächsten Tag ausstellen ansonsten müssten Sie noch mal vorbei kommen, wenn der Arzt Dienst hat."
"AHHH! Das tut verdammt weh..", jammerte ich weiter, während ich eines meiner Augen öffnete und neugierig zu der Dame spitze, welche gerade dabei war meinen Fuß weiter zu inspizieren. Nicht gebrochen, puh~, erleichtert löste ich meinen krampfhaften Griff und rappelte mich mühsam auf, als sie mich von meiner Ungewissheit erlöste. "Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen.. könnte mir gar nichts vorstellen wie....", seufzte ich, stoppte jedoch mein Gebrabbel, da Juliet anscheinend nicht sonderlich interessiert an meinen pubertären Problemen alá 'Jungs-finden-Krüppel-Mädchen-nicht-sexy'-Problemen wirkte. Ja, ok, danke für die Aufmunterung!!~ führte ich meinen inneren Monolog mit gehobener Braue weiter. Da hätte ich mir wohl jemanden anderen suchen müssen, den ich die Ohren hätte voll heulen können, doch sogar das kleine Balg hatte bereits die Biege gemacht. "Wann kann ich denn wieder normal laufen? Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich nicht getraut aufzutreten, da ich dachte er wäre gebrochen oder so.. nicht, dass da etwas abbricht, wenn Sie verstehen was ich meine...", fragte ich an Juliet gewandt. Mein Puls normalisierte sich langsam aber sicher wieder und auch meine Hysterie verebbte, als sie begann meinen Knöchel zu verbinden. "Gnhh, .. das tut gut", entgegnete ich mit einer vergleichsweise entspannten Stimme, als das kühle Gel meine Haut berührte."Ich danke Ihnen echt, ohne Sie wäre ich.. gestorben!", übertrieb ich mal wieder maßlos, aber dennoch mit einer Stimme, in der ein Unterton mitschwang, der vor Dankbarkeit nur so strotze. "Die Leute hier können echt froh sein, jemanden wie Sie hier zu haben.", verpackte ich weiterhin arschkriechende Komplimente an Juliet. Glatt, dass ich nicht auf meiner eigenen Schleimspur ausgerutscht wäre, aber mit solchen Leuten sollte man es sich nicht verspaßen. Die sind für einen selbst überlebensnotwendig. Zumindest, wenn man eine unschöne Bekanntschaft mit einem stinkenden Hund macht, welcher einem gleich das Bein 'bricht'. Selten hatte ich so ein seltsames Wesen wie Ivy getroffen. Noch nie hatte ich jemanden gesehen, der Verbrennungen bekam, wenn man ihn berührte. Wie belastend das für sie sein muss. Auch wenn ich sauer war, die Tatsache, dass mein Knöchel 'nur' geprellt war, beruhigte mein erhitztes Gemüht einwenig. Immerhin war sie ein interessantes Mädchen, doch vorerst wäre sie wohl nicht allzu gut auf mich zu sprechen. "Nein, nein, Sie machen das super, genau richtig!", sagte ich zufrieden, entsetzt folgte aber gleich ein "...oh shit.....", als die Schulglocke ertönte. Ich hatte die Uhrzeit total aus dem Auge verloren. Die erste richtige Unterrichtseinheit am allerersten Schultag zu verpassen, das konnte ich nun wirklich nicht bringen, vorallem, da ich die ersten beiden Stunden sowieso schon frei hatte. Hibbelig lauschte ich noch den Worten Juliet's, und war erleichtert, als diese mit dem Anlegen des Stützverbandes endlich zum Ende kam und ich mich schon bereit machte zur Tür hinaus zu humpeln. "Nein, Krankmeldung brauche ich nicht, ist schon ok. Ja, Gehstützen, wieso eigentlich nicht. Haben Sie die auch in pink?", plapperte ich hektisch unter Zeitdruck. Immerhin musste ich das Klassenzimmer noch finden. "... ach vergessen Sie's, die gehen auch! Ich leih' mir die hier eben aus, ich bring sie Ihnen auch wieder zurück, versprochen!!", meinte ich gelassen und schnappte mir wie selbstverständlich die einzigen Krücken, die mir auf die Schnelle ins Auge stachen. War zugegebenerweise nicht mein stylischtes Accessories, aber sie erfüllten ihren Zweck ganz gut. So war ich zumindest schneller und auch sicherer unterwegs. "Tschau, Doc, wir sehen uns!", hörte man mich nur noch leise murmeln, als ich aus dem Zimmer stiefelte, total verpeilt, dass ich gar nicht bemerkte, dass Juliet gar keine Ärztin war.
Ohne lange Umwege zu gehen, machte sich Reisen auf den Weg zur Krankenstation. Ihre Gedanken waren gefüllt von Sorgen und einem Hauch Angst. Wenn das was sie vorhin erlebt hatte wirklich eine Herzattacke war, dann war das schlimmste eingetroffen, was hätte eintreffen können. Sie hatte es damals zwar gehört und bewusst mitbekommen, dass die Ärzte davon sprachen, dass der Herzfehler ihrer Mutter auch in Reisen vorhanden sein könnte, hätte aber nie damit gerechnet, dass sie tatsächlich ebenfalls darunter litt. Bei ihrer Mutter war dieser angeborene Herzfehler immerhin schon seit der Kindheit bemerkbar gewesen. Reisen hingegen hatte jedoch noch nie Probleme gehabt. Zumindest bis heute. Dieses Thema beschäftigte das Hasenmädchen so sehr, dass sie ihr die Verbrennung an ihrer Hand eigentlich sogar völlig egal war. "Hallo? Ich habe ein Problem", kündigte sich das Mädchen an, als sie an die Tür des Krankenzimmers klopfte und dieses anschließend betrat. Reisen war noch nie hier gewesen...gesundheitlich war sie immer top fit gewesen. Natürlich hatte sie sich ab und zu kleinere Verletzungen zugezogen, jedoch noch nie einen Grund gesehen wegen Diesen das Krankenzimmer aufzusuchen. Der Blick des Hasenmädchens wanderte durch den Raum, bis er schlussendlich an Frau Sheenan hängen blieb. "Es gab vorhin eine Auseinandersetzung und dabei habe ich mir die rechte Handinnenfläche relativ ungünstig verbrannt", erklärte das Hasenmädchen als sie auf Juliet zuging und ihr ihre rechte Hand präsentierte. Die Verbrennung zog sich nahezu über die gesamte Handinnenfläche bis über ihre Finger und war nichts was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Große Schmerzen hatte Reisen jedoch trotzdem nicht. Immerhin hatte sie ein enormes Potential was offensive Magiearten anging. Und wenn man diese praktizierte, dann konnte es immer mal wieder zu derartigen Verletzungen kommen. Besonders in ihrer Kindheit hatte sie sich oft sehr schlimm verletzt. Nichtsdestotrotz war es etwas peinlich nun immer noch mit solchen Verletzungen anzukommen. Eigentlich war es sehr lange her, seit sie sich beim wirken ihrer eigenen Magie verletzt hatte. So dumme Fehler beging sie schon lange nicht mehr. Wenn doch nur dieser Anfall vorhin nicht gewesen wäre...!
Nachdem Kaede wieder gegangen war hatte ich den Bericht über sie in den Computer eingetippt. Ich war nicht gerade so gut in diesen Neumodischensachen, wie Patientenakten im Pc und deswegen hatte es doch recht lange gedauert, bis ich es feritg gebracht hatte aber dann war ich auch ziemlich stolz auf mich gewesen. Da es dann wieder ruhig wurde, fing ich an auf dem Schreibtisch erst mal wieder Ordnung herzustellen, die ganzen Blätter zu sortieren und wegzuheften, die Kaffee- und Tassenflecken zu beseitigen und den Mülleimer aus zu leeren. Hoffentlich hatten die Ärzte hier kein Problem mit Ordnung und Sauberkeit. Es verging noch eine gewisse Zeit in der ich mich noch mehr mit meinem neuen Arbeitsplatz auseinandersetzte und erkundete, als dann pünktlich zur Pausenklingel auch schon ein neues Mädchen herein trat. Ich stand sofort von meinem Stuhl auf und kam ihr entgegen. Das Mädchen zeigte mir gleich ihre rechte Hand und erklärte wage was passiert sei. Ein erster Blick darauf verriet mir, dass es nicht einfach eine leichte Verbrennung sei. "Bist du direkt nachdem Vorfall hier her gekommen oder ist dazwischen schon etwas Zeit vergangen?" fragte ich sie in einem ruhigen Ton. "Hast du deine Hand schon unter Wasser gehalten, zum kühlen?" Ich fasste vorsichtig den Arm von den Mädchen an und zog sie sanft etwas weiter ins Licht. "Mein Name ist im übrigen Juliet und deiner?" Ich sah kurz von ihrer verbrannten Handinnenfläche auf und schaute ihr in die Augen, um zuerkennen wie schlimm sie es selber empfand, da ihre Worte doch sehr ruhig gewirkt hatten. "Wenn du die Verbrennung noch nicht gekühlt hast, dann sollten wir das schnell tun um keine Überhitzung zu riskieren." Meine Worte waren immer noch ruhig und in einem sanften Ton um ihr keine Panik zumachen, falls sie die noch nicht hatte. Ich deutete zu dem Waschbecken an der Wand rüber.
Auf die Frage der Krankenschwester hin schüttelte Reisen erst ein mal nur mit dem Kopf. Auch wenn ihre rechte Hand ziemlich zugerichtet war, war dies nichts wofür sie einfach den Unterricht verlassen würde. Natürlich nahm das Hasenmädchen jede Chance wahr ihre Unterrichtszeit zu prellen, jedoch wäre dies nichts weiter als ein Zeichen von Schwäche gewesen. Ohne so etwas zu zeigen würde ihr niemals im Traum einfallen. "Nein. Ich habe die letzte Unterrichtseinheit ganz normal durchgezogen. Gekühlt habe ich die Hand kurz danach unter Wasser...aber bin dann wieder normal zum Unterricht gegangen", erklärte Reisen ohne große Begeisterung. Eigentlich war sie nur hier um sich irgend eine Salbe abzuholen. Dann, wenn die Verbrennung halbwegs verheilt war, würde sie ihr Wissen über Heilmagie einsetzen um dafür zu sorgen, dass sich das Gewebe schlussendlich wieder erholen würde. Das Hasenmädchen hatte kein Interesse mit irgendwelchen Verbrennungsnarben leben zu müssen. Zwar hatte sie nicht all zu viel Ahnung von Heilmagie, aber um verheilte Narben und Verbrennungen verschwinden zu lassen, reichte es gerade noch. "Reisen. Und...brauchen wir nicht. Wie gesagt, als es zu der Verletzung kam, habe ich die Hand etwas unter laufendem Wasser abgekühlt. Ich denke das reicht fürs erste. Eigentlich bin ich eher hier um eine Salbe und einen Verband oder so etwas zu bekommen...das ist nicht meine erste Verbrennung. Sie müssen sich keine Sorgen machen", stellte sich das Hasenmädchen knapp vor und erklärte die Sachlage etwas genauer. Es war zwar nett, dass sich Juliet so um Reisen bemühte, doch dies war wirklich nicht notwendig. Immerhin hatte sie es hier nicht mit einem kreischenden Nervenbündel zu tun, welche sich einbildete wegen einer Verbrennung im sterben zu liegen.
Ich hörte zu wie mir das Mädchen auf meine gestellte Fragen antwortete und nickte dabei. Okay, das sie schon gekühlt hatte war schon mal gut. Jedoch war sie mit der Verbrennung noch ne ganze Weile rum gelaufen. Ich schaute mir ihre Handinnenfläche wieder genauer an aber es waren keine Verschmutzungen zu sehn. "Okay, dann setzt dich doch bitte hier mal auf den Stuhl" Ich deutete auf den Stuhl der vor einem Tisch stand und lies dann ihren Arm los. Während sich Reisen hoffentlich setzte, ging ich an eins der Regale um mein Material zur Behandlung zu holen. Eine einfache Mullbinde und Creme, dann desinfizierte ich mir noch meine Hände und setzte ich mich ihr gegenüber und nah mir mit einer Hand wieder hier Handgelenk und legte ihren Handrücken auf der Tischplatte ab. "Also, ich trage dann jetzt erst mal eine Creme auf, da ist ein Antibiotikum drin, was verhindern soll dass sich die Verbrennung entzündet." erklärte ich dem verletzten Mädchen mit meiner ruhigen aber freundlichen Stimme während ich vorsichtig die Handinnenfläche mit der Salbe eincremte. "Und gleichzeitig schützt es auch davor, das der Verband nicht anklebt" Ich nahm die weiße Binde und fing an sie locker um ihre Hand und ein stück vom Arm zu wickeln. "Wasch die Verbrennung am besten regelmäßig mit lauwarmen Wasser aus, ich gebe dir die Salbe mit, trag sie einfach noch zwei, drei Tage auf und dann sollte es reichen." Ich fixzierte die Binde und lächelte Reisen dann an. "Aber das weißt du ja sicherlich alles schon, wenn es nicht deine erste Verbrennung ist" Ich stand von dem Stuhl auf, lies die Creme auf dem Tisch liegen und legte dazu noch ein paar Schmerztabletten. "Falls du Schmerzen hast. Wenn die Verbrennung sich entzünden sollte, schmerzhafter wird oder sonst etwas ist, dann komm bitte so früh wie möglich wieder, ansonsten wäre es schön, wenn du einfach ein einer Woche wieder kommst, damit ich es mir noch mal anschaue."
Auf Juliets Bitte hin, nahm Reisen wortlos auf dem Stuhl Platz, auf welchen die Krankenschwester soeben gedeutet hatte. Wie es nicht anders zu erwarten war, war das Hasenmädchen sehr damit beschäftigt darüber nachzudenken wie sie den wirklichen Grund ihrer Anwesenheit ansprechen sollte. Während Juliet den Arm des Mädchens eincremte, hörte diese ihren Ausführungen nicht wirklich zu. Reisen wusste immerhin genau warum man eine Verbrennung eincremte und und in welchen Abständen sie den Verband abnehmen sollte um die Wunde auszuwaschen und neu einzucremen. "Frau Juliet? Könnten sie noch einen Moment Platz nehmen? Ich bin in erster Linie nicht wegen meiner Verbrennung hier und...würde noch gerne über etwas anderes sprechen", erklärte Reisen ohne ihren Blick vom Tisch zu erheben. Vermutlich wäre es besser wenn sie nicht groß um den heißen Brei reden und einfach die Situation so erklären würde. Juliet schien kompetent genug zu sein um ihr die Wahrheit anzuvertrauen zu können. Außerdem fiel Reisen nun ohnehin nicht ein wie sie sich genauer über ihren vorigen Anfall schlau machen könnte, ohne, dass es auffallen würde, dass sie von sich selbst sprach. "Ich habe diese Verbrennung weil es vorhin zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung gekommen ist. Zum Anfang der letzten Unterrichtseinheit habe ich sehr große Schmerzen im Brustbereich bekommen. Der Schmerz war sehr stechend und wurde immer stärker, je tiefer ich einatmete. Nachdem diese Schmerzen nach einigen Momenten nicht verschwunden waren, bin ich auf die Toilette gegangen. Ich...habe es einfach nicht gerne wenn andere Leute sehen, dass ich Schmerzen habe oder sonstige Schwächen zeige", Reisen atmete ein mal tief ein. Es war ihr anzusehen, dass sie sich sehr schwer tat so offen über das vorhin geschehene zu sprechen. Immerhin sprach sie hier gerade mit einer völlig fremden Person über etwas, was am besten niemand über sie wusste. Zumindest wenn es nach Reisen ging. "Auf der Toilette bin ich zusammengebrochen. Ich wurde nicht bewusstlos oder sonst etwas aber mein ganzer Körper wurde völlig taub und als die Brustschmerzen immer stärker wurden, zogen sie auch noch wie verrückt in meinen linken Arm. Als dann noch eine andere Person, die ich nicht besonders leiden kann dazu kam, fühlte ich mich provoziert und wollte sie mittels Magie angreifen. Jedoch hatte ich solche Schmerzen, dass mein Zauber völlig daneben ging. Sie selbst war unverletzt, aber ich habe mir dabei diese Verbrennung zugezogen", gab das Hasenmädchen zu. Juliet würde den Ausraster des Mädchens bestimmt keinem Lehrer oder einer anderen Aufsichtsperson mitteilen...immerhin wurde ja niemand außer sie selbst verletzt. Das war wohl Strafe genug. zumindest hoffte sie das. "Meine...Mutter hatte einen angeborenen Herzfehler...sie ist vor vielen Jahren an einer Herzattacke gestorben. Sie war davor oft in Krankenhäusern und war auch sehr besorgt über mich. Einige Ärzte haben mich ebenfalls untersucht aber nie Auffälligkeiten gefunden. Auch wenn sie oft davon sprachen, dass ich eventuell irgendwann die gleichen Probleme wie meine Mutter haben könnte. Nur war es so, dass...meine Mutter diese Herzprobleme schon immer hatte...ich hatte mein ganzes Leben aber nie Probleme gehabt. Kann...es sein, dass ich auch einen Herzfehler habe der nun einfach...naja...später auftritt als bei meiner Mutter? Ich habe so etwas bisher noch nie gehabt...aber es kam einfach so plötzlich. So in der Art war es auch ab und zu bei meiner Mutter. K...können sie mir helfen?", fragte das Hasenmädchen und erhob endlich ihren Kopf. Der Blick des Mädchens strahlte bei weitem nicht mehr ihre typische Selbstsicherheit aus. Viel mehr waren ihre Augen nun von versteckter Angst und Verletzlichkeit gebeutelt. Sie hatte einfach unfassbare Angst davor, dass sie wie ihre Mutter enden musste. Sie wollte nicht krank sein...sie wollte nicht ihr Leben lang von anderen Leuten abhängig sein! Gerade für Personen wie sie war dies ein Todesurteil. Denn wer würde sich schon über ein gehässiges, arrogantes Biest wie sie kümmern? Niemand. Nicht einmal ihr Vater. Von eben diesem würde sie allerhöchstens nur noch weiter erniedrigt werden. Reisen hatte es doch gesehen wie ihr Vater mit ihrer Mutter umgesprungen war... Wenn sie wirklich wie ihre Mutter einen Herzfehler hatte, konnte sie sich genau so gut auch umbringen. Das würde ihr wenigstens die ganze Erniedrigung sparen...
Ich ging eigentlich davon aus, das Reisen nun gehen würde und bereitete mich schon wieder seelisch darauf meinen Bericht in dieses komplizierte Computerprogramm einzutragen, doch dann bittete sie mich auf einmal darum das ich noch ein platzen nehmen soll. Natürlich kam ich der sofort nach und setzte mich wieder auf den Stuhl ihr gegenüber. Die Stimmung war plötzlich von angenehm zu ziemlich angespannt umgeschlagen, allein schon weil Reisens Stimme nun viel ernster klang. "Natürlich doch. Du darfst mir alles erzählen und natürlich wird alles was du mir hier sagst auch zwischen uns bleiben." Ich nickte ihr zu und schaute ihr ins Gesicht als sie dann anfing zu erzählen. Reisen hatte eine Menge zu erzählen und es war leider keine schöne Märchengeschichte. Während ich ihr zuhörte versuchte ich meine Mine bei zu behalten, zwar freundlich aber auch nicht zu fröhlich, doch das was sie mir erzählte brachte mich schon etwas ins grübeln. Nachdem das Mädchen mir gegenüber dann fertig mit erzählen war, lies ich kurz einen Moment der Stille einkommen, nicht weil ich nicht wusste was ich sagen sollte, eher um auch ihr eine kurze Pause zu gönnen. "Es ist erst mal sehr gut, das du damit sofort zu mir gekommen bist und es nicht aus Angst verdrängst oder verschweigst." Ich lächelte Reisen anmerkenden an. "Aber was du mir hier schilderst, klingt leider nach keiner Kleinigkeit und deswegen möchte ich dies auch nicht einfach herunter spielen, besonders wenn deine Mutter auch ein Problem mit ihrem Herzen hatte." Langsam stand ich von meinem Stuhl dann wieder auf und ging zu dem großen Schreibtisch rüber. "Jedoch bin ich nur eine Krankenschwester und deswegen möchte ich es mir nicht erlauben irgendwelche Diagnosen oder Behauptungen zustellen." Ich holte einen Block aus einer der Schubladen raus und fing an die dort angegebenen Felder auszufüllen. "Soweit ich weiß haben wir hier in der Schule bzw. im Waisenhaus auch nicht Möglichkeiten größere Untersuchungen durch zufürhen und da alle Ärzte derzeit außerhalb Unterwegs sind, würde ich dich gerne ans Krankenhaus überweisen." Den ausgefüllten Überweisungsschein riss ich vom Block ab und reichte ihn Reisen rüber. "Damit möchte ich dir jetzt keine Angst einjagen aber es ist wohl der beste Weg zur Zeit um heraus zufinden, was genau mit deinem Herzen ist. Wenn du nicht alleine gehen willst und von deinen Freunden keiner Zeit hat, dann komme ich gerne mit."