Die Schule war seltsam ruhig und auch der Klassenraum lag still da. Es war kurz vor Acht und ich wunderte mich warum ich hier der einzige war. Bin ich etwa falsch? Hab ich doch später? Ich schaute mich nach meinem Platz um. Dritte Reihe von vorne, zweiter Platz von rechts. Ich setzte mich erstmal hin und holte dann meinen Stundenplan raus um nochmal alles zu überprüfen. Nö, alles richtig. Dann heißt es wohl erstmal warten. Zeit um diesen Raum mal etwas zu inspizieren. An der Tafel waren noch Reste von Kreide zu sehen. Viel entziffern konnte ich nicht. Wie zu erwarten ließen die Fenster meines Klassenraumes viel Sonne herein. Gerade blendete sie sehr, da sie noch nicht ganz aufgegangen war. Ich stand auf, trat an das Fenster und warf einen Blick nach draußen. Einige Schüler liefen noch draußen rum. Einige allein, einige Andere im Paar. Als ich sah, wie die Baumwipfel sich im Wind wogen viel mir auf, dass es hier ziemlich stickig drin war. Klar, wenn die ganzen Ferien übernicht gelüftet wurde. Das Fenster vor mir öffnete ich auf Kipp, das selbe machte ich mit einem der Fenster vorne auf Höhe des Lehrerpults. Dann kehrte ich zu meinem Sitzplatz zurück und setzte mich wieder. Jetzt müsste doch mindestens bald mal der Lehrer kommen! Ich legte mir einen Block und das benötigte Buch auf dem Tisch, dann müsste ich das später nicht mehr machen. Als ich dann noch einen Blick auf den Sitzplan warf fiel mir auf, dass ich keine der Namen auf der Liste kannte. Aleksandra und Renji saßen jeweils rechts und links neben mir. Klingt ja nicht schlecht. Ein Blick auf die Uhr bestätigte dass es jetzt 8 Uhr war.
Lethiem war zu spät aufgewacht. Er hatte die Nacht mal wieder sehr schlecht geschlafen und war erst gegen Morgen wirklich eingeschlafen um dann seinen Wecker zu überhören, weshalb die Ziffern der Digitaluhr nun schon 7:59 zeigten. "Verflucht!", rief er aus und sprang auf dei Füße, wo er einen Augenblick lang nach Balance suchte, bevor er wieder zurück auf sein bett fiel. Er rieb sich die Augen und machte einen neuerlichen versuch aufzustehen, der dieses Mal auch gelang. Innerhalb von wenigen Minuten war er angezogen und aus dem Zimmer gehechtet, nicht ohne seine Schultasche mitzunehmen. Das Frühstück musste er wohl oder übel ausfallen lassen. Auf dem Schulweg dachte er an Fion. Der Kleine war ihm die letzten tage nicht aus dem kopf gegangen. Irgendwie hatte er ihn gemieden, aber dennoch hatte es ihn jedes Mal mit Glück erfült, wenn er ihm zufällig über den Weg gelaufen war. Er wusste noch immer nicht wie er mit der Tatsache umgehen sollte, das seine ehemals bester freund einfach so aus dem Blauen heraus aufgetacht war. Wie er es geahnt hatte hatte er seit dem Treffen noch schlechter geschlafen als er es sowieso schon tat und Albträume hatten mal wieder die wenigen Stunden Schlaf durchzogen, die ihm vergönnt gewesen waren und hatten diese somit mit Unruhe erfüllt. Er hoffte, das Fion den Weg zum Klassenzimmer gefunden hatte. Er würde ihn ja wohl oder Übel heute in der Schule wiedersehen, da er herausgefunden hatte, das auch der kleine Tiermensch in die Sonnenklasse eingeteilt worden war. Lethiem wusste immer noch nicht, ob er sich darauf freute oder nicht, aber er hatte einen Entschluss gefasst: Er würde jetzt nicht mehr vor Fion und seiner Vergangenheit davon laufen. Er hatte ihm ein Versprechen gegeben und dieses würde er einhalten. Der Gedanke daran Fion gleich wieder zu sehen machte ihm irgendwie glücklich. Dieses Glücksgefühl hielt an bis zu dem Moment als er in das Klassenzimmer eintrat. Aber es war noch niemand da, außer einer seiner anderen Klassenkameraden, der hinter ihm saß. Etwas besorgt sah sich Lethiem nach hinten in den gang aus, wie um sich zu versichern, ob noch irgendjemand gerade anchkam, dann machte er sich zu seinem Platz auf und lies sich auf den Stuhl fallen. Fahrig packte er sein Heft und einen Stift aus und schlug ein wenig zeit damit tot diese möglichst parallel zueinander hinzulegen. Dann trommelte er nervös mit den Fingern auf der tischplatte herum und versuchte sich mental auf den Unterricht vorzubereiten, nach einiger Zeit musste er sich jedoch eingestehen, dass seine Gedanken abdrifteten und er auf eine sehr seltsame Art und Weiße Fions Auftauchen entgegenfieberte. Erneut hoffte er, dass der Blonde den Weg zu diesem Zimmer finden würde und ein bisschen machte er sich auch Vorwürfe, dass er nicht nachgesehen hatte, ob er ihm vielleicht den Weg hätte zeigen können. ~Wie auch immer~, versuchte er sich zu beruhigen, ~Jetzt bringt es auch nichts mehr sich vorwürfe zu machen.~
Mein Blick wanderte augenblicklich zur Tür als sie sich öffnete und jemand den Raum betrat. Es trat ein Junge zur Tür herein, der etwas älter als ich und dazu noch ziemlich gestresst aussah. Ich lächelte ihn erwartungsvoll an, doch das schien er nicht besonders wahrzunehmen. Hingegen aller westlichen Normen grüßte er nicht mal und ging stumm zu seinem Sitzplatz - direkt vor mir. Das muss dann also Lethiem sein, wenn der Sitzplan richtig ist. Ich war unschlüssig ob ich ihn nicht doch wenigstens grüßen sollte. Warum auch nicht? Vielleicht wäre das eine Chance auf eine neue Freundschaft! "Morgen! Lethiem, richtig?" Ich lehnte mich etwas nach vorne und lächelte so freundlich wie möglich. "Mein Name ist Shiki. Freut mich dich kennen zu lernen!" Der Junge schien irgendwie abgelenkt zu sein. Er machte einen nervösen Eindruck, ich hoffe doch sehr, dass das nicht wegen mir ist. "Geht's dir gut?" fragte ich nun mit leichter Sorge in der Stimme. Vielleicht sollte ich ihn lieber in Ruhe lassen? Ich lehnte mich wieder zurück und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus. Ich möchte ja nicht aufdringlich wirken. Laut der Liste waren noch 9 weitere Schüler in dieser Klasse. Langsam mache ich mir echt sorgen, wo alle abgeblieben sind. Entweder sind wir doch richtig oder Lethiem war genauso falsch hier wie ich. Da er nun auch da ist können wir ja gemeinsam warten.
Lethiem zuckte zusammen, als Shiki ihn von hinten ansprach, so tief war er in Gedanken versunken gewesen. Er hatte den anderen schon fast vergessen. "Ja, ja, richtig", meinte er gedehnt und drehte sich eher widerwillig zu dem Dunkelhaarigen um, sodass er sich auf der Lehne seines Stuhls aufstützte und den Kopf auf die verschränkten Arme legte. Erst jetzt, wo er aus seiner Gedankenwelt gerissen wurde merkte er wie hungrig und müde er eigentlich war. "Hallo Shiki", sagte er in einem Versuch freundlich zu klingen. Normalerweise hätte er sich wahrscheinlich nicht um Smalltalk bemüht, aber im Moment war er ganz froh, wenn er sich von seinen wirren Gedanken ablenken konnte. "Muss ja", antwortete er wortkarg wie immer, auf die Frage seines Gegenübers und musterte ihn mit seinen rötlich braunen Augen. Shiki schien jünger zu sein als er selbst und sah eigentlich ganz nett aus. Wahrscheinlich sah Lethiem genauso müde aus wie er sich fühlte und er wusste selbst nur zu gut, dass er alles andere als gesund aussehen konnte, auch dank der Tatsache, dass er sich nicht wirklich um seinen körperlichen Zustand-- oder seinen Zustand allgemein-- scherte, wenn es nicht gerade um Hygiene ging. Es war nicht so, dass er ungepflegt wäre, er duschte normalerweise sogar häufig zweimal täglich, auch wegen dem vielen Sport, den er trieb. Dennoch hätte ihm heute Morgen eine Dusche sehr gut getan, da ihn das Duschen entspannte und gerade war er alles andere als entspannt. Aber er hatte nunmal verschlafen. Er sah sich im Raum um, erst jetzt begann er sich zu wundern, warum noch niemand da war. Es musste schon 8 Uhr sein, wenn nicht später und dennoch saßen die beiden hier aleine rum. Am Ende hatte es einen Raumtausch gegeben oder so. "Seltsam, oder", meinte er schließlich, auch um das Gespräch aufrecht zu erhalten, "Ich dachte eigentlich ich wäre spät dran..."
Der Junge vor mir schien eindeutig in einem Konflikt mit Müdigkeit und seinen eigenen Gedanken zu stecken. Er erschrak etwas, drehte sich aber letztendlich zu mir um, sodass ich ihn mal genauer betrachten konnte. Dass er bei seiner Begrüßung nicht ganz bei der Sache war, konnte ich ihm nicht verübeln. Er scheint ja seine Gründe zu haben so aufgeregt zu sein. Sehr gesprächig schien er zwar nicht zu sein, doch es machte auch nicht den Anschein als würde er nicht mit mir reden wollen. Er sprach die seltsame Situation an und auch ich sah abwechselnd zu den beiden Türen. "Schon..." Ich seufzte und stützte mich dann mit meinen Ellenbögen auf die Tischplatte ab. "Laut des Stundenplans hat alles seine Richtigkeit. Ich würde sagen, wir warten einfach noch ein bisschen." Ich lächelte den Jungen vor mir fröhlich an. "Zur Not kann ich ja eben in ner anderen Klasse nachfragen oder so." Ich überlegte ob ich einen Gesprächsthemawechsel wagen sollte und wie. Schließlich wäre es ziemlich awkward wenn wir und jetzt nur noch anschweigen. "Bist du neu hier?" fragte ich einfach so frei heraus. Er machte zwar nicht den Anschein, jedoch denke ich dass ich genauso wenig den Anschein mache, obwohl das das erste mal ist, dass ich richtig unterricht habe.
Fion betrat den Raum mit eingezogenem Kopf. Er wäre am liebsten unsichtbar gewesen, alleine irgendwo in der Dunkelheit als Cuin. Er hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt einfach wegzulaufen, aber wohin? Er kaute wieder auf seiner Lippe herum und schmeckte den eisigen Geschmack seiner Wunde, die noch nicht ganz verheilt war. Es war seltsam doch um so näher er Lethiem kam, desto mehr konnte er eine Wärme spüren die von ihm aussging. Eine seltsame Wärme. Er versuchte Lethiem nicht anzusehen, doch er spürte wie seine Augen immer wieder nach seinen suchten, als hoffte ein kleiner Teil von ihm das Lethiem ihn sehen würde und anlächelte. Fion setzte sich auf seinen Platz, genau neben Em-em. Sein Körper versteifte sich und er traute sich nicht aufzuschauen. Still betrachtete er seine Tischplatte, als gäbe es nichts spannenderes, obwohl er sich wünschte Lethiem spüren zu können, in seiner Wärme zu versinken.
Genau als die Uhr schon kurz vor der vollendeten Stunde war, bog ich auf den Gang ein wo die Sonnenklasse nun Unterricht hatte. Nach vier Monaten - bzw. fünf Monaten hier wusste ich schon sehr genau wo ich immer hingehen musste. Wie auch immer. Da ich die Klasse nicht bis auf den Gang hörte, schloss ich mal ganz spontan darauf, dass noch nicht viele aus der Klasse anwesend zu sein schienen. Aber ich konnte mich natürlich auch täuschen. Mit einem relativ normalen Schritttempo ging ich nun den Gang entlang und blieb kurz vor der Klassenzimmertür stehen. Dann öffnete ich sie und trat ein. Ohne die Klasse im ersten Moment auch nur eines Blickes zu würdigen, ging ich vor zum Lehrerpult, legte meine Tasche darauf ab und begann meine Sachen eine nach der anderen auszupacken. Erst als ich das erledigt hatte, nahm ich den Blickkontakt mit den Leuten in der Klasse auf. Fast schon systematisch ging ich die Reihen durch. Ein bekanntes Gesicht und zwei neue. Mh......nicht gerade das was ich eine vollständige Klasse nennen würde. Aber das war ja nicht mein Problem. Die, die da waren lernten etwas, die anderen eben nicht. Spätestens wenn es in die Prüfungsphase geht, würden sei schon sehen was ihnen ihr ständiges Fehlen eingebrockt hat. "Guten Morgen.", sagte ich kurz und knapp um nicht durch und durch unhöflich den ersten Tag zu beginnen. Gleich danach kam ich jedoch gleich zur Sache. "Würden die zwei neu dazu gestoßenen Herrschaften mir ihre Namen verraten?", fragte ich und holte die Klassenliste plus Stift heraus. Der Sitzplan wurde zwar immer aktualisiert, aber im Heft der Klasse waren die Namen trotzdem nie eingetragen. Was dann immer an meiner Wenigkeit hängen blieb. Sehr glücklich war ich darüber nicht wie man sich vorstellen kann. Während ich auf eine Antwort wartete musterte ich die beiden noch einmal. Der eine, etwas älter wirkende, machte auf mich einen ziemlich aufmüpfigen Eindruck. Während der andere, welcher einfach nur auf den Tisch vor ihm starrte, sehr zurückgezogen wirkte. Mal sehen wie die beiden mit mir zurechtkommen würden. Vielleicht probieren sie ja auch mich beim Unterricht zu korrigieren. So wie gewisse andere Herren im Raum hier.....
Ivy rannte zu ihrem Klassenzimmer und die Tür war schon zu und die Lehrerin schon drin. Sie schluckte und zupfte sich ordentlich ihre Uniform noch einmal zurecht. Sie wollte ja einen guten Eindruck machen. Sie öffnete die Tür und setzte sich leise und unauffällig auf ihren Platz in der 1. Reihe. Sicherlich nicht ihr Wunschplatz aber damit würde sie schon zurecht kommen. Sie lächelte ein wenig fröhlich, doch auch unsicher die Lehrerin an, denn schließlich war sie einfach so reingeplatzt. Sie wusste ja nicht, ob der Unterricht schon angefangen hatte. Sie schaute auf die Uhr. Es war ein paar Sekunden nach 8 und sie hoffte, dass die Lehrerin nicht allzu streng war und sie nicht dafür tadelte oder so etwas in der Richtung. Sie holte ihre Materialien raus und wartete dann, was passieren würde.
Ehe Lethiem mir antworten konnte betrat ein anderer Schüler den Raum. Auch dieser junge Mann sah ziemlich mitgenommen aus. Langsam fühlte ich mich mit meiner guten Laune etwas fehl am Platz, denn anscheinend scheint heute für jeden anderen irgendwie der Wurm drin zu sein. Ein Blick auf die Klassenliste, die noch immer mit meinem Stundenplan auf meinem Tisch vor mir lag, verriet mir, dass das wohl Fion Cuin Namara sein muss. Was für ein seltsamer Name. Wie bei Lethiem auch, war ich mir gerade unsicher ob ich mir überhaupt die Mühe machen wollte, ein Gespräch anzufangen. Allerdings musste ich auch nicht weiter darüber nachdenken, denn ehe sich der Blonde hingesetzt hatte betrat eine weitere Person den Raum. Frau van Hossen, meine Lieblingslehrerin! Nein nein, ich hab nichts gegen sie. Natürlich werde ich ihr zeigen, dass ich auch ein guter Schüler sein kann anstatt nur ein Kritiker. Ich setzte ein Lächeln auf und antwortete fröhlich auf ihre Begrüßung. "Morgen!" Nein, heute war ich viel zu gut gelaunt um die anderen Mitschüler in Ruhe schmollen und die Lehrerin mit ihrer Begrüßung allein zu lassen. Zu meinem Glück erinnerte sie sich auch noch an meinen Namen, sodass nur meine beiden neuen Klassenkameraden sich vorstellen mussten. Dennoch wunderte ich mich, dass hier nicht noch mehr Schüler waren. 3 Leute im Unterricht zu haben war dann doch etwas schwach. Ich hoffte allerdings, dass meine Nachbarn noch kommen würden und natürlich, dass sie nicht totale Arschlöcher sind. Da ich für den Moment ja eh nicht gebraucht wurde, nutzte ich die Zeit und ließ Stundenplan und Klassenliste in meine Tasche verschwinden. Ich hörte wie sich die Tür erneut öffnete und ein Mädchen den Klassenraum betrat. Anscheinen nicht Alexsandra, denn sie setzte sich nach vorn. Fehlen noch 6 Schüler.
Irgendwie hatte ich es geschaffte mich die ganzen Treppen rauf zukommen ohne dabei an einem Hustenanfall zu ersticken. Vor der Tür zu meiner Klasse blieb ich kurz stehen und atmete so tief es ging durch. Das ich tatsächlich krank war wurde mir erst hier bewusst. Natürlich, sobald das Wetter wieder gut wird... Eigentlich war es wohl nicht so schlau in meinem Zustand den Unterricht zu besuchen aber nun war ich hier, also würde ich einfach in der Pause zu nem Arzt gehen und mir irgendetwas geben lassen. Mit einem recht schwächen Lächeln öffnete ich die Tür und betrat dann den Klassenraum. "Guten moor... moorgen!" krächzte ich so fröhlich es ging und musste darauf hin auch schon wieder husten, während ich so schnell wie möglich meinen Platz in der ersten Reihe ein nahm, denn immerhin war die Lehrerin schon da.