Nicht viele Schülerinnen und Schüler der Shima no Koji sind sich der Existenz des Pavillons am Rande des Sportplatzes bewusst. Vorhalten kann man das fehlende Wissen darüber jedoch niemanden, muss man sich doch erstmal durch reichlich Gebüsch hindurchkämpfen, um den ... doch recht unspektakulären Pavillon zu finden. Am heutigen Abend hat sich aber wohl jeemand dazu erbarmt, auch dem hölzernen Etwas ein paar Lichterketten umzuhängen und so kann es der ein oder anderen Person vielleicht auch von Weitem doch ins Auge fallen. Viel zu tun oder zu sehen gibt es hier allerdings nicht. Aber wer weiß schon, welche Geschichten hier heute noch geschrieben werden?
Verlegen hoben sich meine Mundwinkel ein wenig, als Luana die Meinung äußerte, es sei zu nett von mir die Kinder auf meine Füße steigen zu lassen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich alle meine Familienmitglieder liebte - auch jene, die ziemlich anstrengend waren - musste ich doch zugeben, dass die Kleinen immerhin auf Geheimwaffen hatten, mit denen sie die jüngeren von uns Dabhaidhs spielend leicht um den Finger wickelten. "Versuch du mal in so einem Moment einer zuckersüßen 6 Jährigen die Bitte auszuschlagen, wenn sie dich mit großen runden Augen anschaut, als würde die Welt untergehen, wenn du nein sagst.", merkte ich an, wartete mit einer längeren Erklärung aber, bis wir auf dem Weg nach draußen waren und etwas mehr Platz zum Atmen hatten. Auf Luanas Frage zum Essen glitt mein Blick hinüber zum Buffett. "Vom Grill, vielleicht, ja. Damian schlug vor, wir können für alle vier etwas mitbringen." Ob die beiden also einfach noch nichts gegessen hatten oder ziemlich großen Appetit hatten konnte ich nicht sagen. Aber ein Mann in Damians Größe konnte sicher beachtliche Mengen verdrücken. Mein eigener Magen fühlte sich langsam etwas leer an, obwohl ich nicht gerade wenig Snacks gegessen hatte. Aber das war schon einige Stunden her und dank des fluchbedingten hohen Energieverbrauchs in den letzten Stunden fühlte ich mich ein bisschen wie ausgelaugt. Etwas nahrhafteres vom Grill wäre jetzt besser als Snacks. Schließlich gelangten wir draußen an, wo ich das vorige Thema nochmal aufgriff, um Luana noch eine kleine Anekdote aus meiner Heimat zu erzählen. "Meine Cousine Sinéad hat vor ein paar Jahren den Fehler gemacht einer unserer jüngsten Mädchen zu verraten, dass ein Welpenblick unter Umständen Wunder bewirkt und sie damit fast alles kriegt, was sie will. Die Kleine hat das den anderen erzählt." Ich seufzte schwer bei den Gedanken an die muntere Bande und vermisste das alltägliche Chaos auf dem Anwesen irgendwie. "Meine Tante Mór, Sinéads Mutter, hat ihr zur Strafe fünf Jahre ihre Lieblings-Süßspeise verboten. Um sie zu ärgern gibt sich jeder Mühe sie ganz genüsslich vor ihren Augen zu essen, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Die Kleinen tanzen seit dem vielen auf der Nase rum. Erst vorgestern hat Aoibheann..." Ich unterbrach abrupt meinen Redefluss, als ich bemerkte, dass ich wie ein Wasserfall redete und dabei war ziemlich auszuschweifen. Mittlerweile hatten wir den Grill schon hinter uns gelassen und waren auf dem Weg zum Pavillon. "Vielleicht erzähle ich dir das später.", setzte ich nach und fühlte mich etwas egoistisch, weil ich so viel redete. Ehe ich mich versah brach ein Gähnen aus mir heraus, das ich hastig hinter meiner Hand verbergen wollte. Die Flaschen waren dabei irgendwie Hilfe und Hindernis zugleich.
Schließlich erreichten wir den Pavillon. Hel und Dae waren bereits da und hielten Teller mit Essen in den Händen. Damian, warum habt ihr nicht selbst für alle vier Essen mitgenommen?, fragte ich mich resigniert und hob eine Hand mit Flaschen, um die Aufmerksamkeit der beiden auf mich zu ziehen. "Hey, Zwilling!", rief ich noch aus einigen Metern Entfernung herüber, "Sei mal so nett und nimm uns was ab, sonst kriegst du nichts zu trinken ab." Als wir nahe genug waren, schenkte ich Helena ein freundliches Lächeln. "Hallo Hel." Hoffentlich nahm sie es mir nicht übel, dass ich ungefragt ihren Spitznamen benutzte. Sobald alles abgestellt war, setzte ich mich im Pavillon einfach auf den Boden. Ich hätte für Lu ja meine Jacke auf den Boden gelegt, damit sie sich darauf setzen konnte, aber da sie die noch trug, beließ ich es dabei. Ich hatte wenig Interesse daran auch noch mein Hemd auszuziehen. "Wie war eure Nacht bisher?", fragte ich die beiden anderen blonden und sah zwischen Dae und Hel hin und her. Ein hübsches Paar, fand ich. Wenn die beiden es denn schafften zusammen zu kommen. Sie passten zusammen.
Eindringlich hatte Helena die Beiden nochmals darauf hingewiesen doch einen Arzt aufzusuchen. Immerhin wollte man heute keine Tode verzeichnen. Schon gar nicht, wenn es sich dabei nicht um eine Alkleiche handelte. Ob es jetzt die richtige Entscheidung gewesen war, die Beiden sich selbst zu überlassen, würde sich in den nächsten Tagen herausstellen. Immerhin sah man sich immer zwei Mal, möglicherweise vielleicht sogar noch später auf dem Ball. Zwar war der Italiener nicht erpicht darauf ein weiteres Treffen mit den Beiden einzuleiten, aber er würde auch nicht die Beine in die Hand nehmen und einen Sprint einlegen. Flüchten war nicht so sein Stil. Mit einem kurzen Drücken von Helenas Hand, quittierte er ihre Danksagung. Er wollte auch nicht weiter darüber nachdenken, zumal sie gerade unterwegs waren zu ihrem Doppeldate. Das konnte man wohl als eine perfekte Fügung des Schicksals bezeichnen, immerhin kamen sie so auf andere Gedanken. Den Weg bis zum Pavillon bestritten die Beiden jedenfalls nicht schweigend. Helena hatte ihre Stimme bereits nach ein paar Metern wieder gefunden und ließ das Thema von vorhin auch gekonnt auf sich beruhen. Das war eben seine Freundin. Ein missbilligendes Schnauben kam ihm über die Lippen als Lyall kurz erwähnt wurde. Noch so eine Aktion und er musste den Wolf echt eine Schmieren. Cyril durfte seine Erziehung nicht so schleifen lassen, sonst fühlte sich das Mischwesen dazu genötigt einzugreifen. Das Helena, zusätzlich zu ihrem Teller, noch seinen Schaffen sollte, ließ den Blondschopf auflachen. Es war ja schon niedlich, dass sie sich ein solches Szenario überhaupt vorstellen konnte. »Sonst muss ich halt zum Kannibalen werden.«, grinste der Blondschopf und biss demonstrativ seine Zähne ein paar Mal zusammen. Helena kurz zu beißen, verkniff er sich an dieser Stelle, ebenso, dass der Ciarán beauftragt hatte Essen mitzubringen. Allerdings ließ sich Gegrilltes auch gut kalt essen, somit würden die Mägen bis auf den letzten Rest gefüllt werden. Und da kam der Pavillon bereits in Sicht. Konnte man in der Dunkelheit auch ganz gut erkennen mit den ganzen Lichterketten. Wobei auch noch ein wenig Licht vom Lagerfeuer den Ort beleuchtete. »Paar Sitzgelegenheiten wären zwar nicht schlecht gewesen, aber ich will mich ja nicht beschweren.«, kommentierte Damian und betrat den Pavillon, während er Helenas Hand losließ. Gekonnt lässig positionierte er seinen Hintern an dem Geländer um sich dagegen zu lehnen. Stabil genug war es anscheinend, da er kein Splittern des Holzes hören konnte. Als Helena sich ebenfalls positioniert hatte, konnte das Festmahl beginnen. Kaum, dass Damian einen Teil des Tellers geleert hatte, konnte er die Stimme seines Zwillings hören, der sich gebührend bemerkbar machte. Ein Grinsen trat auf seine Lippen, erstarb allerdings wieder, als er ihm helfen sollte. Mit einem Murren stellte er seinen Teller auf das Geländer des Pavillons und trat seinem Homie entgegen. »Hallo ihr Zwei.«, grüßte er und nahm seinen Zwilling die Hälfte der Flaschen ab. Genügend zu trinken sollten sie nun auch haben, neben dem Essen natürlich. »Verdursten und verhungern können wir schon mal nicht.«, gab er noch einen unnötigen Kommentar ab, ehe er sich der Frage seines Zwillings widmete und Luana kurz musterte, die in Kiris Jackett beinahe unterging. Süß. Da fiel sein Blick kurz zu Helena, die sein Jackett abgelehnt hatte. Vielleicht bekam er später noch die Chance dazu seine Freundin in seinen Klamotten zu sehen. Die Vorstellung gefiel ihm. »Unser Abend, war bis auf eine kleine Ausnahme, recht erfolgreich. Eurer?«, antwortete er knapp und gab die Frage gleich zurück. Für weitere Ausführungen war Helena zuständig. Oder aber Ciarán konnte genügend springen lassen, um weitere Details zu erfahren. Ein kurzes Schmunzeln ließ sich Damian nicht nehmen, als sich sein Ebenbild kurzerhand auf den Boden setzte. So konnte man es natürlich auch machen, war zwar weniger elegant, aber das war auch nicht Kiris Spezialität. Dafür gab es Damian. Entsprach zwar nicht unbedingt der Wahrheit, aber solange man es für sich behielt, konnte niemand das Gegenteil behaupten.
„Zum Kannibalen!?“, und ein gespielt schockiertes Gesicht verdrängte für einen kurzen Moment die Fröhlichkeit. „Also … das würde ich nie im Leben übers Herz bringen können.“, setzte sie nach und erwiderte sein Schauspiel mit einem leichten Kichern. „Als Schutzengel kann und darf ich das nicht zulassen. Da nehme ich lieber noch einmal den Weg zum Grill in Kauf!“, betonte sie wie bei einer heldenhaften Ansprache, wobei sie ebenfalls kurz ihren Finger erhob. Alles natürlich, während sie sich unweigerlich weiter auf den Pavillon zu bewegten. Auf den ersten Blick sogar ein sehr schöner Ort. Die Lichterketten, welche mit ihrem leichten Licht die Umgebung in ein warmes Ambiente hüllten. Das Feuer, welches selbst auf diese Entfernung mit seinem orangen Schimmern das weiße Holz des Pavillons in einen angenehmen Teint tauchte. Selbst wenn sie nur zu zweit gewesen wären, allein beim langsamen drauf zu laufen spürte Helana deutlich, wie sich ihr Herzschlag beruhigte. Es sprach sie unglaublich an. Allein die Vorstellung hier, abseits von allem Trubel, eine Situation der Zweisamkeit zu haben, beflügelte ihre Fantasie. Es fiel ihr schwer sich dabei nicht für die vorherige Auswahl der Location ein bisschen zu schämen. Aber, zu ihrer eigenen Verteidigung, sie wusste von diesem Ort auch zu diesem Zeitpunkt nichts.
„Ach, das wird schon. Anlehnen reicht ja.“, kommentierte sie beim erklimmen der kleinen Stufen in den Treffpunkt hinein, während ihre Augen kurz an der Decke des hölzernen Konstrukts entlangwanderten. Es war zwar nicht viel, aber trotzdem im Nahen betrachten umso schöner. „Außerdem könne wir uns ja im Zweifelsfall auf die Stufen setzen.“, schlug sie mit einem wiederkehrenden Blick zu Damian vor, ehe sie sich neben ihm an dem Geländer positionierte. Zwar wäre sie in diesem Moment schon gerne ein wenig anhänglicher gewesen, aber wenn man auch noch essen wollte, dann war das schlichte nah Beieinandersein wohl das maximum. Sie musste sich also mit ein paar Blicken zufriedengeben, welche ab und an das Gesicht ihres Freundes streiften. Genauso wie sie ihm, immer mal wieder, ein Lächeln schenkte. Ja, auch beim Kauen, so komisch das vielleicht auch aussehen würde. Wobei die Pariserin nicht wie ein Pferd den Kiefer bewegte. Ihre Happen waren relativ klein. Aber das war auch eine ihrer Essgewohnheiten. Langsam und dafür genussvoll. Selbst wenn das Fleisch sich in eine Portion griechischer Art verwandelt hatte und somit lauwarm war. „Für die aktuelle Temperatur, ganz gut.“, lästerte sie deswegen leicht in seine Richtung, ehe das gemeinsame Speisen erneut unterbrochen wurde. Dieses Mal aber durch eine eindeutig bessere – und auch sehr erwünschte – Art und Weise. Damian sah das bei dem zweiten Kommentar seines Kollegen wohl anders, aber man musste tun, was man(n) tun musste. Solidarisch allerdings stellte auch sie ihren Teller auf dem Geländer ab, ehe die Französin mit einem anfänglichen Winken das andere Pärchen, schon bevor sie überhaupt richtig in Reichweite waren, begrüßte. „Na, Ciarán? Alles in Ordnung bei dir?“, kam die höfliche Erwiderung seine Begrüßung, während auch sie ihre Mundwinkel etwas weiter nach oben wandern ließ. Aber die Prioritäten der jungen Dame waren in diesem Moment trotzdem deutlich anders angesetzt. Schon direkt nach der Antwort des Neuankömmlings huschte ihre Wenigkeit gleich weiter zu seiner Begleitung. „Luuu!“, begrüßte sie fast schon in einem Anflug überschwänglicher Euphorie ihre gute Freundin. Die neben ihrem Kleid allerdings noch mit einer Jacke bekleidet war, die ganz offensichtlich nicht ihre eigene zu sein schien. Was Helena auch unbewusst leicht grinsen ließ, als ihre Gedanken in diesem Punkt etwas weiter voranschritten. Trotzdem täuschte es nicht über die ausgefallene Art ihrer Garderobe hinweg, was wirklich gut Aussah. „Ich muss dir schon sagen, dass ich gerade ein bisschen dazu verleitet war, eher dir zu verfallen.“, flüsterte sie mit einem frechen Unterton und begleitete sie in die heutige Doppeldate-Location hinein, wo auch die Nixe dann alles abstellen konnte. Erst dann fing sie sich die Umarmung, sowie die zwei für Helena typischen Wangenschmatzer ein. Typisch Französisch eben. „Es tut so gut dich zu sehen. Obwohl mich euer Vorschlag doch dezent überrascht hat.“, fing sie wieder an und verfing sich mit ihren Blicken wieder an dem Kleid ihrer Freundin. Ehe sie sich letzten Endes doch davon lösen konnte. Allem Anschein nach war es wohl der Plan gewesen sich auf dem Boden des Pavillons niederzulassen. So viel zu der Idee mit den Treppenstufen. Wobei dort, wenn sie kurz dorthin schaute, kaum Platz für alle vier gewesen wäre. Sich gegenüber zu sitzen war in ihrem empfinden sowieso angenehmer.
Also setzte auch die Engelin sich letzten Endes neben Damian auf den Boden. Die Beine seitlich angewinkelt, sowie ihren Oberkörper – wenn möglich – an den Seinen gelehnt. Noch keine wirklich bedeutende Geste, aber zumindest schon einmal ein Statement für nicht vorherrschende Abneigung. „Ach, ein bisschen.“, versuchte sie ein bisschen seine Neugier zu fördern und lächelte dabei unschuldig in die Gesichter der anderen Beiden. „Wir haben Lyall getroffen, der sein Fleisch mit uns geteilt hat, durften lange am Grill anstehen und haben letzten Endes noch unser Essen kalt werden lassen.“, sie lachte leicht auf, „Deine ganz normale Feier eben, da kommt man auch nicht wirklich zum Essen.“. Normalerweise ging es ja auch eher ums Trinken. Das war schon in ihrer Heimat der Fall gewesen. Sich etwas antrinken, mit den Leuten Feiern und am Ende nach Hause gehen … oder eben nicht. Je nachdem wie Mann oder Frau es wollten. „Getrunken haben wir aber noch nicht wirklich viel, ihr seid also unsere Lebensrettung, wenn ich das mal so sagen darf.“. Das sie den wichtigsten Teil des Balls gerade noch verschwieg, hatte natürlich seine Gründe. Damian sollte ja auch noch etwas zu erzählen haben und vielleicht wollte er - so wie sie - ja noch nicht mit barer Münze herausrücken. Vielleicht aber sollten es die Beiden auch einfach hier und jetzt vor ihnen Demonstrieren, wäre vermutlich eindrucksvoller. Könnte aber als Angeben interpretiert werden. Wobei, war das falsch? Vermutlich nicht. Eventuell stachelte es die beiden auch ein bisschen an. Denn, wenn Helena eines wusste, dann das Lu nicht einfach jede Jacke überzog. Nein, ganz und gar nicht.
Ob Luana einem 6-jährigen Kind einen Wunsch abschlagen konnte? Diese Frage konnte sie nicht beantworten, bislang war sie noch nicht in eine solche Situation gekommen. Lag wohl auch daran, dass der Kontakt zu ihrer Verwandtschaft nur sporadisch war. Mit einer so großen Verwandtschaft wie der Blondschopf konnte nicht jeder aufwarten. Daher schmunzelte sie einfach vor sich hin und stellte sich Ciarán in besagter Situation vor, wie er versuchte hart zu bleiben, aber kläglich scheiterte. Als hätte die Nixe die SMS von Damian selbst gelesen, bestätigte ihre Ballbegleitung, dass eben dieser sogar selbiges vorgeschlagen hatte. Vielleicht konnte sie ja doch Gedanken lesen, halt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Was natürlich totaler Unsinn war. Daher war es also beschlossene Sache, dass sie dem Grillplatz noch einen kurzen Besuch abstatteten. Hoffentlich konnte sie noch genügend Grillgut erhaschen, um alle hungrigen Mägen zu füllen. Zwar war sie selbst nicht unbedingt kurz vorm Verhungern, aber sich ab und zu mal ein Stück Fleisch in den Mund zu schieben, war auf alle Fälle drin. Der Weg zum Grill wurde von ihrer Ballbegleitung verbal begleitet, während sie aufmerksam zuhörte. Ein Grinsen legte sich auf ihre Lippen, wenn sie Ciarán dabei beobachtete, wenn er über seine Familie sprach. Man konnte ihn ganz bestimmt als Familienmensch einordnen, was keinesfalls schlecht war. Mit seiner Schwester verstand er sich ja auch ausgesprochen gut, was sie bereits wusste. Allerdings schien der Blondschopf sich selbst zu stoppen. »Vielleicht..oder sicher?«, konnte sie sich die neckende Frage nicht verkneifen und beließ es dabei, da sie den Grill bereits erreicht hatten.
Nach der ausführlichen Bestellung, die zu ihrer vollen Zufriedenheit erfüllt wurde, schlug das Pärchen den Weg zum Pavillon ein. Der Pavillon lag ein wenig versteckt, allerdings wurde man, wenn man bereits den richtigen Weg eingeschlagen hatte, von einem schummrig erleuchtenden Eckchen begrüßt. Sehr romantisch. So romantisch, dass Ciarán es gar nicht mehr aushielt und gleich von weitem seinem Zwilling zurief. Ein kurzes Auflachen seitens von Luana war zu vernehmen. Erst nachdem sie den Pavillon erreicht hatten, war die Nixe ebenfalls so höflich und grüßte sie die Zwei. Bei Helena viel die Begrüßung allerdings freundschaftlicher aus. Die Wangenküsse und die Umarmung wurden von der Langhaarigen erwidert, ehe sie noch ein kurzes Statement zur vorigen Aussage von Helena erwiderte. »Wolltest du etwa Ciarán verfallen?«, ein kurzes Kichern folgte, als man sich wieder voneinander löste. Anscheinend war es doch die richtige Entscheidung gewesen sich für dieses Outfit zu entscheiden. Allerdings stach Helena mit ihrer Kleiderwahl ebenso heraus, ein weißes Kleid war Luanas meerblauen Augen heute noch gar nicht untergekommen. Aber vielleicht war sie auch einfach nur blind. »Ich frag mich noch immer, wie du in solchen Schuhen laufen kannst. Und der Herr hat mich eigentlich auch vor vollendete Tatsachen gestellt, was das Treffen anging. War also auch überrascht.«, kommentierte sie die Absätze ihrer Freundin und haute ihre Ballbegleitung zugleich ein wenig in die Pfanne. Ein bisschen Spaß musste sein. Wenn alle weiblichen Wesen auf hochhackigen Schuhen laufen konnten, dann ging diese Fähigkeit an ihr vorüber. Wahrscheinlich befand sie sich zu dieser Zeit auf dem Klo. Die Frage von Ciarán nach ihrem bisherigen Abend wurde von seinem Zwilling eher mau beantwortet. War wohl kein Typ der vielen Worte, oder aber er behielt noch etwas in der Hinterhand. Man konnte nie wissen und so gut kannte sie den Blondschopf auch gar nicht. Da waren Helenas Ausführung wesentlich aufschlussreicher, während nun alle am Boden Platz genommen hatten. Die Getränke, sowie die Teller mit dem Grillgut waren für jeden gut erreichbar in der Mitte abgestellt. Wo man auch schon beim Thema trinken war. Eigentlich konnte die Langhaarige Helena nur beipflichten. Bislang hatte man sich wirklich brav zurückgehalten. »Ich seh' gerade, dass wir keinen Wein mitgenommen haben. Ich hoffe, der Sekt tuts auch?«, grinste die Nixe zu Helena, die sich anscheinend sehr wohl in Damians Nähe fühlte. Zwischen die Beiden passte nicht einmal mehr ein Blatt Papier, daher war sie gespannt darauf, was man noch aus der Blondine rausbekommen würde. »Wir haben uns Lose von der Tombola gekauft und ein wenig getanzt. Ebenfalls der ganz normale Ballwahnsinn.«, beantwortete sie die Gegenfrage. Ciarán konnte ebenfalls noch seine Sicht der Dinge ergänzen. Immerhin war er vermutlich der gesprächigere Part. Zumindest in dieser Konstellation. Unter Freundinnen war es eine ganz andere Sache. Da ging es ja um den neuesten Klatsch und Tratsch.
Die Blondine schien von seinem Kannibalismus nicht so angetan zu sein, was ihm ein Grinsen entlockte. Selbst der nochmalige Gang zum Grill würde ihn nicht davon abhalten ein wenig zu knabbern, wenn er wollte. Immerhin musste er seinem Freund ja zeigen, was er verpasste. Auch wenn er nichts für seinen Fluch konnte, außer sich bei seinen Eltern beschweren. Half zwar nicht, aber das war auch nicht Damians Problem. Der Italiener verzichtete auf eine verbale Erwiderung und schenkte Helena nur sein Augenbrauengewackel. Das war vollkommen ausreichend.
Nachdem man den Boden als Sitzgelegenheit auserkoren hatte, wurden die Speisen und Getränke in die Mitte gestellt. Somit konnte jeder zugreifen. Während Helena sich gegen Damian lehnte, stützte sich das Mischwesen mit einer Hand - hinter ihrem Rücken - am Boden ab. Und wenn er Lust hatte, konnte er seinen Schutzengel auch begrapschen. Vielleicht nicht gerade wenn sie trank. Schließlich wollte er einen Fleck auf ihrem wunderschönen weißen Kleid nicht riskieren. Es war zwar verlockend ein wenig Wasser auszuschütten, damit ihre Garderobe durchsichtig wurde, aber das ging auch anders. Irgendwie waren seine Gedanken ein wenig versaut, wenn er weiter darüber nachdachte, daher schob er seine unanständigen Gedanken ein wenig nach hinten. Möglicherweise lief ja später noch mehr. Die Nacht war ja noch jung. Kurz ließ er seine goldenen Irden auch über die Garderobe von Luana gleiten und musste ein wenig Schmunzeln, als er sie in der Jacke von Kiri betrachtete. Ganz der Gentleman. Oder es war eine reine Vorsichtsmaßnahme, immerhin wusste die Rosahaarige ja über den Fluch Bescheid. Möglicherweise war sie also darauf bedacht es Ciarán so angenehm wie möglich zu machen ohne ihn in Versuchung zu führen. Wobei es Damian seinem Zwilling an seinem Blick ansehen konnte, das es eigentlich keinen Unterschied machte. Zu gerne würde er seine Angebetete ebenfalls berühren. Er kannte Ciarán einfach zu gut, daher ließ er es sich auch nicht nehmen ein wenig an Helena rumzufummeln, während die Gespräche weitergingen. Es gab wirklich eine Menge zu bereden. Während der Schulzeit hatte man einfach genug mit Aufgaben zu tun, als sich für etliche Stunden zum Quatschen zu treffen. Zumal hier auch noch ein wenig Alkohol mit einfloss, zwar nicht für das Mischwesen selbst, aber so war es auch gut. Er brauchte keinen Alkohol um ein loses Mundwerk zu Tage zu befördern, dazu reichten die Vorlagen, die er immer wieder zugeworfen bekam. Wie ein Hund seinen Knochen. Das Essen vom Grill wurde auch nicht verschmäht, wäre doch wirklich schade darum gewesen. Kalt schmeckte es auch noch gut. Wenn er allerdings die Fähigkeit besessen hätte Feuer zu erzeugen, hätte er seiner Freundin auch das Essen gewärmt. So musste sich Helena mit kaltem Fleisch zufrieden geben, was sie anscheinend auch nicht zu stören schien.
Mit Damian, Ciaran und Luana, nach dem Doppeldate nur noch mit Damian.
„Alles kein Problem.“, winkte sie leicht ab und schenkte ihrer Freundin dabei ein beruhigendes Lächeln, „Es ist ja nicht so, als ob Franzosen wie Vampire sind und ohne Wein sterben.“. Wobei der Gedanke in diesem Moment eigentlich in die andere Richtung gehen würde. Ein ganzes Leben auf Isola ohne einen einzigen Tropfen Wein? Nein danke, dass war nicht drin. Lieber würde sich die Pariserin in Salzwasser ertränken. Zumindest in einem schnellen durchgehen ihrer möglichen Alternativen. Klang zwar drastisch, aber durchaus plausibel … irgendwie. Glücklicherweise eine Idee, welche den Kopf der Engelin nie verlassen würde. Man musste eben wissen, wann man lieber schweigen sollte. Stattdessen übte sie sich in einem leichten Zucken ihrer Mundwinkel und lachte. „Aber es wäre besser diese Art der Forschung auf sich beruhen zu lassen, wir wollen ja niemanden beunruhigen, nicht wahr?“, und ein minimal böses Grinsen streifte kurz die Mundwinkel der Französin, bevor sie sich weiter daran übte keine Luft zwischen sich und Damian zu lassen. In einem angenehmen, nicht aufdringlichen Wege. Keiner mochte anhängliche Leute, welche einen dann voll und ganz in Beschlag nahmen. Grazil und immer mal wieder mit leichten Bewegungen folgten doch ab und an ein paar leichte Kuschelversuche. Zu mehr wollte sie sich allerdings nun nicht hinreißen lassen. Das Doppeldate hatte immerhin gerade erst begonnen und war somit noch in den Kinderschuhen. Was später passieren würde, das war wiederum eine ganz andere Geschichte.
Den Anfang zu diesem möglichen Ausgang des Abends wollte Helena trotzdem schon einmal legen. Mit ein bisschen Smalltalk über Sekt, Wein und den Ballabend hatte es ja schon gut angefangen, aber letzten Endes brauchte es auch neue, interessantere Themen. Sachen wo sowohl Mann als auch Frau einiges zu überlegen und tratschen hatten. Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, welche die kommunikative junge Frau gerne einmal an sich nahm. Ein paar Anstöße hier, ein bisschen Halbwissen dort, so lief es eigentlich ganz gut. Das sie dabei nicht wirklich ihre Finger von Damian lassen konnte, war zu diesem Zeitpunkt wohl auch kein großartiges Geheimnis mehr. Selbst ein introvertiertes Katzenwesen wäre wohl in der Lage gewesen die Zeichen zu deuten. Also machte sich Helena auch keinerlei Mühe es großartig zu verbergen. Am Ende kam man noch auf die Gedanken, dass sie sich auf irgendeine Art und Weise davor zieren würde. Eine Gerüchteküche, die sie nicht unterstützen, geschweige denn weiter anfeuern wollte. Wobei die Schule Isolas nicht so wirklich für diesen Tratsch bekannt war. Irgendwie war es ein bisschen seltsam, wenn sie es so direkt mit ihrer ursprünglichen Heimat verglich. Es war eine ganz angenehme Abwechslung mal nicht im alten Gruppenzwang gehalten zu werden, jedes Mal einen Drahtseilakt vollführen zu müssen. Doch so schön das schwelgen in Erinnerungen auch war, hier und jetzt hatte es gerade nicht zu suchen. Also gab sich sie sich einen schnellen Ruck und stieg kurz darauf auch wieder voll mit ins Geschehen ein. Was umso deutlicher an ihren hin - und herschauenden Augen bemerkbar wurde. Sie war ein Meister darin ihre Audienz mit dem Gefühl zu versorgen, dass sie einzig und allein den Moment ihnen schenken würde. Was den Abend und den generellen Verlauf wohl nicht zu bremsen schien, eher das Gegenteil war der Fall. Ganz besonders Damian profilierte sich exzellent in manchen Momenten, aber das konnte natürlich auch an ihrer Voreingenommenheit liegen, sie war ja immerhin ein frisch gebackener Schutzengel.
Doch wie so alles im Leben, löste sich auch diese gute und vor allem unterhaltsame Gesellschaft langsam auf. Die Minuten rasselten wie Erbsen durch ein kleines Röhrchen und ehe man sich versah, waren ganze Stunden im Schlund des Nichts verschwunden. Ungefähr so ähnlich wie das Essen, welches die anderen Beiden mitgebracht hatten. Mit einem freudigen Abschied trennten sich die zwei Gruppen voneinander und Ciaran und Luana verschwanden in Richtung des Ballsaals. Eine französische Engelin, sowie einen italienischen Riesen im sanften Licht des Pavillons zurücklassend. „Sehr erfolgreich, würde ich sagen.“, lächelte sie noch einmal kräftig winkend dem sich entfernenden Pärchen zu und schaute dann zufrieden in das Gesicht ihres Freundes und verblieb dort auch für ein paar Sekunden, ehe sie sich letzten Endes wieder an seine Seite hängte und zum Geländer des hiesigen kleinen Gebäudes führte, wo sie sich letzten Endes mit dem Rücken zur Freifläche drehte, um direkt vor Damian zu stehen. „Weißt du …“, begann sie entschuldigenden Tones und wanderte kurz mit ihren Blicken seitlich an seinem Kopf vorbei. „Wenn mir jetzt kalt wäre, nachdem ich ein paar Stunden hier draußen verbracht habe. Würdest du das Angebot deiner Jacke noch einmal erneuern?“. Ein Grinsen legte sich auf ihre Lippen, bevor ihre Hände sich wieder empor an seinen Nacken wanderten. Mit ein paar kleinen Unterschieden also die gleiche Position wie zuvor an der Stillen Ecke des Ballsaals. „Aber sei vorsichtig. Jeder weiß, dass das nur ein Vorwand ist, um dein Jackett vollständig in meinen Besitz zu bringen. Oder denkst du Ciaran wird sein Oberteil je wiedersehen?“. Natürlich war das ein Witz. Dieses Klischee galt nur für Pullover. Ihr wisst schon, diese viel zu großen Pullover, die man dann immer „von seinem Freund“ hat. Ist mittlerweile sogar eine eigener Modetrend geworden. Für Helena gänzlich unverständlich, aber egal. Wenn sie was mitgehen ließ dann würde das wirklich sein Jackett sein … und der Inhalt des Jacketts. Es war immer einfacher alles auf einmal mitgehen zu lassen, so gab es keine Zeugen.
Laut Helena war es kein Weltuntergang, dass sie ohne Wein aufgekreuzt waren. Ein kleiner Kieselstein fiel Luana vom Herzen, allerdings hätte Kiri sonst noch eine Runde gehen können. Der Blondschopf wäre sicher so zuvorkommen gewesen, auch ohne Aufforderung, den Weg in den Ballsaal zum flüssigem Gold noch einmal anzutreten.
Luana konnte sich ein wissendes Grinsen nicht verkneifen, als sie Helena mit Damian beobachtete. Da hatte wohl jemand Nägel mit Köpfen gemacht, was sich auch im weiteren Verlauf der Gespräche herausgestellt hatte. Es freute die Langhaarige ungemein, dass es bei ihrer Freundin so gut lief. Immerhin war der Ball doch die perfekte Gelegenheit. Daher konnte man es den Beiden gar nicht verübeln, dass kein Blatt Papier mehr zwischen sie passte. Luana konnte nicht leugnen, dass da auch etwas zwischen ihr und Kiri war, aber aufgrund des Fluchs würde es wohl noch ein weiter Weg werden, bis da überhaupt etwas laufen würde. Ein jämmerliches Seufzen konnte sie sich daher auch nicht verkneifen. Zum Glück wurde nicht weiter nachgefragt und die Meerjungfrau ließ sich zu keinem weiteren Seufzen hinreißen. Viel lieber beteiligte sie sich an den Gesprächen. Immerhin hatte sie sich mit Damian bislang noch nicht wirklich unterhalten. Sie konnte es aber auch gut verstehen, dass Ciarán und die Wölfe mit ihm befreundet waren. Es wurde garantiert nicht langweilig. Zumal sich die Jungs auch wirklich nichts schenkten, wenn es darum ging, einen blöden Spruch rauszuhauen. Das Lachen konnte man sicher auch noch bis zur Feuerstelle hören. Die Sprüche passten aber manchmal wie die Faust aufs Auge. Auch die beiden Damen waren ganz gewiss nicht auf dem Mund gefallen und konnten den Männern Paroli bieten.
Die Zeit stand trotzdem nicht still und so vergingen die Minuten, bis hin zu Stunden. Das hieß wohl Abschied nehmen. Luana und ihre Ballbegleitung hatten ja schließlich noch ihre Lose, wo es galt die Preise abzuholen. Die Nixe war wirklich schon sehr gespannt darauf, was es an Preise zu gewinnen gab. Vielleicht waren auch ein paar Scherzpreise dabei. Eine Packung Kaugummi oder so ein Kram. Gegen eine Packung Kaugummi hatte die Langhaarige auch nichts einzuwenden. Daher verabschiedenden sie sich gebührend von Helena und Damian.
Die Gespräche wurden zum Glück nicht einseitig geführt. Aber das war bei Helena und Ciarán sowieso kein Problem. Mit Luana konnte sich der Blondschopf ebenfalls unterhalten. Ansonsten wäre es sowieso ein wenig awkward gewesen. Gott sei Dank blieben diese Momente aus. Zu den Gesprächen folgte hin und wieder auch ein Lachen. Ob man diese Lachattacken bis zum Grill hören konnte? Damian wollte es gar nicht so genau wissen. Da sein Zwilling mit seiner Begleitung allerdings Lose gekauft hatten, verabschiedete sich das Gespann. Nach einer gebührenden Verabschiedung, konnten Damian und Helena den Pavillon ihr Eigen nennen. Immerhin hatte sich bislang auch noch kein anderer Schüler hierher verirrt. Lag wohl wirklich daran, dass man schon von diesem Ort wissen musste, oder aber das Lachen hatte die anderen Ballgänger abgeschreckt.
Damian ließ sich von Helena mitziehen, als diese an das Geländer lehnte. Der blonde Riese stützte seine Hände links und rechts an dem Geländer ab. Sein Gesicht brachte er näher an das von Helena und nickte zustimmend, als Helena das Treffen als vollen Erfolg verbuchte. Konnte man ganz gewiss nicht abstreiten. Der Italiener wäre abermals zu so einem Doppeldate bereit, sollte es sich nochmal ergeben. Ein Grinsen legte sich auf die Lippen des Mischwesens, als er Helenas Worte erfasste. Sie wollte ihm also sein Jackett streitig machen. Der sogenannte Boyfriend-Style also. Der Italiener hatte absolut nichts dagegen. »Könnte ich es mir für einen solchen Anlass wieder ausborgen? Oder müsste ich mich in Unkosten stürzen, weil ich mir ein Neues besorgen muss?«, stellte er ihr grinsend die Frage, bevor er kurz ihre Lippen zu einem Kuss einfing, ehe er sich von ihr löste. Immerhin musste er ja irgendwie das Jackett ausziehen. Und weiterhin an seiner Freundin zu hängen, würde dieses Vorhaben nicht wirklich vorantreiben. Mit einer geschmeidigen Bewegung war sein Jackett auch schon ausgezogen. Wie es sich gehörte, hielt er der Französin sein Jackett so hin, dass sie nur mehr ihre Arme in die Ärmel stecken musste. »Ich denke, dass Kiri seine Jacke wieder zurückbekommt.«, antwortete er Helena nach einer kurzen denkerischen Pause. Irgendwie schätzte er die Rosahaarige nicht so ein, dass sie ihm die Jacke nicht wieder zurückgab. Vielleicht traute sie sich allerdings Ciarán zu fragen, ob sie die Jacke behalten durfte. »Was meinst du? Du kennst Luana schließlich besser. Wäre sie dazu fähig Ciarán seiner Jacke zu berauben?«, gab er die Frage wieder an Helena zurück, als er sie mit seinem Jackett begutachtete. An so einen Anblick konnte er sich sicher gewöhnen. Welcher Kerl mochte es nicht, die Freundin in seinen Sachen zu sehen. Hatte doch einen gewissen Charme.
Mit Damian „Hehe, wer weiß?“, kicherte die Engelin leicht geheimnisvoll in sein Gesicht und bemühte sich dabei so unschuldig wie möglich zu schauen. „Vielleicht bin ich ja so gnädig. Kommt darauf an wie gut es mir gefällt.“, und weiter kam sie auch nicht in ihrer Ausführung. Aber wer unterbrach nicht gerne seinen Redefluss, wenn es gerade etwas eindeutig Schöneres und eindeutig Sinnvolleres mit den Lippen zu tun gab. Mal ganz abgesehen davon, dass sie Damian nicht in den Mund hineinreden wollte. Das passte nur zu eindeutig betrunkeneren Individuen. Ob sei das allerdings schon einmal geschafft hatte, dazu wird an dieser Stelle erst einmal kein Kommentar abgegeben. Die Gedanken waren während dem kurzen Moment der Sinnlichkeit sowieso woanders gelandet. Auch Helena konnte sich nicht vor ein paar gedanklichen Szenarien schützen. Was wohl auch der Grund für ein leicht enttäuschtes Seufzen war, als sich die beiden Körper wieder voneinander trennten. Irgendwie erwischte sich die Pariserin innerlich schon viel zu oft bei dem Gedanken, dass ein Kuss allein schon lange nicht mehr ausreichte. Es hatte Suchtpotential … ein enormes Suchtpotential. Aber was sein musste, das musste eben sein. Und so beobachtete sie den großen Mann vor sich mit beinahe schon hingebungsvoller Präzision, ein leichtes Grinsen auf ihren Lippen haltend. Aber wer konnte bei so einer Aktion schon sein Augenmerk abwenden? Niemand! Also, niemand der ein Interesse an Jungs vorweisen konnte. Besonders als daraufhin die einladende Geste eines Gentlemans folgte, war die junge Dame ja quasi gezwungen in Aktion zu treten.
„Ich hoffe du hast dir das gut überlegt.“, deutete sie leicht frech an und drehte sich mit dem Rücken zu dem ihr entgegengehaltenen Jackett. Vorsichtig fummelten sich ihre Arme in den vorgewärmten Stoff, bis Damian schließlich ganz seine Hände von dem schwarzen Stoff nehmen konnte. Das die Größe dabei nicht so wirklich passte, sollte hier niemanden verwundern. Ganz im Gegenteil. Es ermutigte Helena noch einmal zusätzlich ihr Gesicht in die Nähe des Stoffes zu bringen, um den Geruch des Riesen mal anders wahrzunehmen. Besonders, bevor sich ihr und sein Parfüm großartig vermischen würden. Aber sie wollte sich ja auch nicht undankbar präsentieren. Auch wenn es höflich war, eine Selbstverständlichkeit war es nicht. Ein solides „Danke.“ war also mehr als angebracht an diesem Punkt, bevor sich ihr nun neu verhüllter Körper wieder an seine Seite schmiegte. Sie wollte das Ganze natürlich noch etwas weiter ausnutzen. Auch wenn der Ort und die Begebenheit nicht ganz Ideal zum Kuscheln waren. Sie tat es so gut sie konnte. Ganz getreu nach dem Motto: Wenn er nun nichts mehr hatte was ihn warmhielt, könnte sie das doch einfach machen. Eine kleine Gegenleistung für diese durchaus liebenswerte Investition. Manchmal brauchte eben auch ein Schutzengel Schutz; und sei es nur vor der Kälte. Und hätte ihr Freund die Stille nicht erneut unterbrochen, so wäre es wohl noch ein paar Minuten einfach so weitergegangen. Die Französin hatte keinerlei Problem damit einfach nur hier zu stehen und den Nachthimmel, sowie das leichte Antlitz des Feuers zu beobachten und nebenbei die Nähe zu ihrem Geliebten zu genießen. Da änderte selbst ihre leichte Müdigkeit nichts dran, welche sich seit einer Stunde immer weiter ausbaute. Noch allerdings hatte die Engelin keinerlei Problem damit sich wach zu halten. „Oh, ich denke Lu ist zu so manch einer Sache fähig.“, spielte sie das ganze indirekt geheimnisvoll auf und kicherte entspannt. Es war immerhin auch eine valide Taktik den Pullover – oder das Jackett – mitzunehmen um sicherzustellen, dass besagter Partner des Abends sich auf jeden Fall noch einmal bei einem selbst melden. Die kleinen indirekten Tricks, wenn man unbedingt Kontakt aufbauen wollte. „Sie könnte das Jackett durchaus auch ungefragt behalten. Genauso wie ich es tun würde, damit ich dich wie von selbst erneut in die Fänge meiner Arme locken kann.“, und ein leicht amüsiertes Lachen erklang leise aus ihrem Mund, während ihre Augen kurz den Blickkontakt zu ihm suchten. „Aber um ehrlich zu sein …“, begann sie ihre eigentliche Erklärung und machte eine kleine Pause, „… Ich glaube nicht, dass es schon soweit ist. Vielleicht beim nächsten Ereignis der Beiden.“. Und damit konnte alles gemeint sein. Entweder ein simples Date, oder ein weiteres offizielles Ereignis, welches diese Art von Interaktion ermöglichte. „Ist immer schwierig zu sagen.“. Und selbst wenn sie es genaustens wüsste, so wären ihre Lippen vermutlich versiegelt. Immerhin wusste Helena wie gut sich Damian und Ciaran kannten, da käme es irgendwie einem Hochverrat gleich, wenn sie alles von Lu plötzlich ausplaudern würde. Also, wenn sie es könnte. Momentan wusste es die Pariserin aber einfach nicht besser. Unwissenheit konnte eben durchaus ein Segen sein, manchmal zumindest. „Aber so lange es uns nicht so großartig betrifft, finde ich wir können das Ergebnis abwarten.“, ein glucksen stieg ihre Kehle empor, „Ich meine, du wirst es sicherlich als einer das erste Erfahren, genauso wie ich.“. Und selbst wenn nicht, war es kein Weltuntergang. Sie würden es Beide sicherlich gut überstehen. Helena hatte besseres vor als sich nun durchweg Gedanken um Ciarans Jackett zu machen. Sie hatte ein eigenes ergattert, das war viel interessanter. „Bis dahin allerdings, übe ich mich gerne darin, die Mietgebühr für das Jackett abzubezahlen.“, und bevor auch nur ein Moment lang reagiert werden konnte, stand sie wieder direkt vor ihrem abendlichen Date. Ihr Gesicht fröhlich und mit einem liebenswürdigen Ausdruck gesegnet. „Wird wohl ein bisschen meines Schutzengel Gehalts kosten, denke ich.“.
Selbst wenn die Blondine sein Jackett behalten würde, konnte man es kaum als Tragödie bezeichnen. Geld für ein neues Jackett würde er wohl irgendwie auftreiben können, oder Helena musste mit einem legeren gekleideten Jungen auf einem solchen Event auftauchen. Grinsend betrachtete er die Französin. Irgendwie hatte er sich diesen Ausgang des Balls gar nicht auszumalen gewagt. Es wäre immerhin möglich gewesen, dass die Anziehung nur von seiner Seite aus gegangen war und Helena kein wirkliches Interesse an ihm hegte. Zumindest was das Interesse als Paar anbelangte. Aber heute wurde er eines besseren belehrt. Selbst war die Frau.
»Ich steh zu meinem Wort.«, kommentierte der Italiener, als er ihr bereits sein Jackett hinhielt. Nur Sekunden später schmiegte es sich an die nackte Haut der Französin. Die Entscheidung war eindeutig richtig gewesen, immerhin konnte er es, als ihr Freund, nicht verantworten, dass sie fror. Das besagten die guten Manieren. Und außerdem war Helena jetzt dafür zuständig dafür Sorge zu tragen, dass der Italiener nicht erfror, was sie auch sogleich in die Tat umsetzte und sich wieder an ihn schmiegte. Wie so oft an diesem Tag konnte er sich auch jetzt ein breites Grinsen nicht verkneifen. Der heutige Abend konnte wirklich nicht besser laufen. Und die traute Zweisamkeit nach dem Abgang von Ciarán und Luana wurde gut genutzt. »Das Problem mit in die Fänge locken, haben wir hoffentlich nicht. Also ich komm dich auch freiwillig besuchen.«, kommentierte er mit wackelnden Augenbrauen, als seine goldenen Irden kurz den Blick von Helena streiften. Damian war ganz der Meinung von seinem Schutzengel, was die Sache zwischen Ciarán und Luana anging. Es war halt auch nicht so einfach, wenn man den Fluch von seinem Zwilling miteinberechnete. Als Segen konnte man es wahrlich nicht bezeichnen. Allerdings schien es nicht unmöglich zu sein, eine normale Beziehung zu führen. Immerhin war die Familie um Kiri nicht gerade klein. Somit musste genügend Körperkontakt zwischen den einzelnen Partnern vorherrschen. Genau wie Helena schon sagte, hieß es erst einmal abwarten, man saß ohnehin an der Quelle. »Wir werden es wohl früh genug erfahren. Hast wohl Recht.«, antwortete er ihr. Was den Rest der Konversation anbelangte, konnte er sich wohl nicht gegen die Mietgebühr zur Wehr setzen. »Ich denke, das können wir beide verschmerzen.«, grinste der Italiener und leckte sich anzüglich über die Lippen.