Den ganzen Nachmittag haben fleißige Schülerinnen und Schüler der Shima no Koji Oberschule damit verbracht, aus der sonst recht tristen Sporthalle einen atemberaubenden Ballsaal zu zaubern: Betritt vom reichlich mit Fackeln beleuchteten Sportplatz aus die Sporthalle durch die große Doppel-, oder durch eine der Nebentüren, so fällt sofort auf, dass Sportunterricht am heutigen Abend wohl nicht an der Tagesordnung steht. Jegliche Utensilien vom Sportunterricht wurden verräumt, stattdessen entfaltet sich ein riesiger Saal mit einer erhöhten Bühne am Ende der Sporthalle. An der Decke schweben vereinzelnte glitzernde Luftballone, die Wände sind mit unzähligen Girlanden und Lichterketten dekoriert worden. Im vorderen Bereich des Ballsaals sind elegant dekorierte, runde Stehtische angebracht, die bereits mit Sekt- und Weinflaschen, sowie Gläsern und Blumen gedeckt sind. Gegenüber dieser Tische am Rande der Sporthalle gibt es eine Bar zur Selbstbedienung, bei der man sich an weiteren analkoholischen und alkoholischen Getränke bedienen kann. In der hinteren Hälfte des Saals befindet sich die große Freifläche zum Tanzen, die erhöhte Bühne, sowie der heiß begehrte DJ-Pult der Schule. Je nach Programmpunkt werden die Lichtverhältnisse dazu angepasst, man kann sich jedoch sicher sein, dass der Ballsaal wohl über den Ballabend hinweg wohl stets etwas abgedunkelt sein wird. Ohne dies würde die gigantische Discokugel über der Tanzfläche ja gar nicht zur Geltung kommen!
Es war einiges passiert, seitdem die Rede endlich beendet war und die Moderation einer Lehrkraft nun den Rest des Abends weiter erläuterte. Zwar hatte Vivian ihren Kindheitsfreund zu einem Tanz aufgefordert als die Band schon spielte, aber diese Erklärung konnte sie ebenfalls noch abwarten. Arata machte nicht den Eindruck, als ob er ihre erste Aufforderung mitbekommen hatte. Mit übereinander gefalteten Händen nahm die Blondine neben dem Weißhaarigen ihren Platz ein und richtete ihre Aufmerksamkeit empor auf die Bühne. Es war eine komplett neue Erfahrung, neben dem eigentlichen Fest noch eine dauerhafte Begleitung über den Abend zu haben. Ganz zu schweigen von musikalischer Begleitung, welche von ihren Mitschülern ausgesucht und abgespielt wurde. Ihre Erinnerungen an die Feste vor zehn Jahren kamen der Engelin ein kleines bisschen wie eine Geburtstagsfeier im engsten Freundeskreis vor. In ihrem Falle würde man damit kaum über vier Leute hinauskommen, wenn überhaupt. Hier und Jetzt allerdings war es eine ganz andere Atmosphäre … und die Blondine genoss es. Auch wenn ihr die Mundwinkel langsam ein bisschen schmerzten. Ein stetiges Lächeln auf den Lippen zu tragen forderte letzten Endes auch von ihr einen Tribut. Aber für dieses Spektakel hier, so war sie sich sicher, war es das Wert.
Als wäre es ein festes Programm, bewegte sich die junge Frau direkt nach den Ankündigungen vor Arata und somit direkt in sein Blickfeld. Ein direkter Blick, der jedoch eine sanfte Wärme vermittelte, ruhte auf dem Gesicht des Weißhaarigen. „Ich würde mich freuen…“, und es folgte ein Knicks mit dem Blick nach unten gerichtet, „…wenn Du mir diesen Tanz schenken würdest.“. Ihr Blick erhob sich und der kleine Moment der Demut war vorbei. Da stand sie nun, die Hände übereinander und vor der Hüfte stillstehend fixiert. Keine Unachtsamkeit war in ihrem Auftreten auszumachen. Etikette war schließlich eines von Vivians Steckenpferden. Man konnte sie wohl wirklich zurück in das 18. Jahrhundert stecken und hätte eine wohlerzogene junge Dame gehabt. Allerdings wohl keine Eigenschaft die sich in der heutigen Zeit großartiger Beliebtheit erfreute, vielleicht sogar in Verständnislosigkeit mündete. Nicht, dass es sie großartig aus der Bahn warf. Sie folgte ihrem Weg, unermüdlich und unbeugsam wie eh und je.
„Das heißt, wenn Du nicht noch etwas anderes zu tun gedenkst.“, setzte sie nach einer kleinen Zeitperiode der Stille nach und neigte ihren Blick auf die Ecke mit der Bar, wo sich die ganzen Freunde von ihm eingefunden hatten. Vielleicht - so ihr Gedanke – war das auch eher sein Interesse. In diesem Falle, so stand es schon jetzt geschrieben, würde sie sich das Feuer außerhalb anschauen gehen. Auch wenn sie von Feuer generellen Abstand hielt. Es waren die Erfahrungen der Angriffe, welche sich dort in ihrer Psyche niederschlugen. Sie fühlte sich ja auch schon in der Anwesenheit zu vieler Fackeln ein bisschen Unwohl. Hoffentlich, so betete sie innerlich, würde es beim großen Mittsommerfeuer nicht so schlimm sein. Dennoch, ein wenig gekränkt würde selbst sie sich fühlen. Immerhin wäre dies die zweite Frage in einem kurzen Abstand mit keiner Antwort. Indirekt kam die Blondine nicht drumherum sich Gedanken zu machen. Ob sie etwas getan hatte, womit sie den Weißhaarigen erzürnt hatte? Sie dachte kurz nach, kam allerdings auf kein Ergebnis. „Habe ich Dich durch irgendetwas erzürnt?“, kam das erst gedankliche Interesse an die Oberfläche und endete in einer der üblichen Verbeugungen. „Wenn dem so ist, dann bitte ich vielmals um Verzeihung.“. Von außen gesehen konnte man dabei glatt meinen, Vivian kämpfte buchstäblich um die Erlaubnis eines Tanzes. Arata der Unbeugsame, beliebtester Tanzpartner auf dem Ball. Wahrscheinlich war er wohl einfach zu gut für die junge Frau vor ihm. So - oder so ähnlich – konnte man es aufspannen. Wobei dazu eine Menge Fantasie notwendig war und die meisten Jugendlichen waren sowieso eher mit sich selbst beschäftigt. Dieses kleine Drama würde also nicht einen Weg in die Gerüchteküche der Schule finden. Da hatte aber jemand Glück gehabt … vermutlich.
Kurz noch schaute er auf die Bühne, drehte seinen Kopf für einen unscheinbaren Momemt in eine Richtung und als wäre sie schon immer dort gewesen, so stand Vivian direkt vor seiner Nase. Panik. Panik, nur keine Panik. Gedanklich schossen ihm diese Worte und der folgende Effekt ebenfalls durch den Kopf. Es war nicht schwer auf ihre Frage zu anworten. WIrklich nicht. Ja - einfach und schlicht. So muss es nur aus dem Mund des immer wieder eingeschüchterten Weißhaarigen herauskommen. Es war keine Angst. Keine die man im direktesten Sinne mit Furcht asoziieren konnte. Die Freundschaft und das zugleich große Risiko, ihr zu gestehen und ihr bei diesem Tanz noch näher zu kommen. DIese Dinge waren es, die eine Art von Angst aufstiegen ließen. Kühl und gelassen spielte er diesen Moment herunter. Nicht aus Arroganz. Einfach cool bleiben. "Ich..", noch bevor er direkt etwas sagen konnte, so warf sich Vivian wohl wieder etwas vor. Was auch immer es war - Arata schien der Auslöser dessen zu sein. Hat er sich denn etwa schon daneben benommen? Er schaute kurz auf seine Hand, welche locker in der Hosentasche hing - ein Bier? Er würde sich am liebsten Schütteln. Dennoch so elegant und anmutig sich Vivian vor ihm präsentierte, wäre dies sicher ein sehr unpassender Moment. "Sehr gerne, Vivian.", entgegnete er ihr und bot seine Hand ganz förmlich der Dame entgegen. "Zu dem würde es mir nie in den Sinn kommen, dass Du mich auf irgendeine Art und Weise verärgerst.", versicherte er ihr. Es schien schon fast, dass allein von der Art und Weise sich nun zu präsentieren Arata wie ausgetauscht war. Er hielt die Hand, wie zu alten Zeiten der Dame entgegen und seine Ausprache war deutlicher und voller Charme. Einen Aufriss hier zu starten, das wäre etwas - aber dieser Tanz, der gehörte jetzt nur ganz allein ihr und ihm. Das würde sicherlich einer der schönsten Momente für Arata sein.
Saiyana konnte es immer noch nicht wirklich glauben, dass Matt einen Panda einfach so streicheln konnte. Doch dann kam ihr in den Sinn, dass der Panda vielleicht wegen ihren Ohren und so Angst vor ihr haben würde? Und dann kam die bittere Wahrheit. Sie konnte den Panda ja gar nicht streicheln. Für einen Moment hatte Matt sie so fasziniert und in eine andere Welt geschleppt, dass sie ihren Fluch komplett vergessen hatte. Sie würde niemals einen Panda streicheln können! Sie schaute kurz zu Boden und musste schlucken. Ich kann den Panda ja gar nicht berühren... sagt sie leise und wollte eigentlich nicht die Stimmung verderben. Sie versuchte es einfach zu überspielen und trank noch schnell einen Schluck von ihrem Wein. Dann sah sie ihn unschuldig an. Ich hab noch nie Alkohol getrunken! Sagte sie und meinte es auch ernst. Sie wollte es nicht so rüber kommen lassen, als wäre das was schlechtes, dennoch konnte sie Matt nicht in dem Glauben lassen, dass sie schon dem Alkohol verfallen wäre.
Nach der Rede schaute Sai zu Matt und nickte leicht. Ja lass uns langsam gehen. sagte sie lächelnd und nahm dann vorsichtig ihr Glas. Sie war nicht wirklich sehr geschickt, deswegen würde es sicherlich bald passieren, dass ihr ein Missgeschick passiert. Sie konzentrierte sich wirklich darauf nichts zu verschütten und auch nicht zu stolpern.
Matthew
Matthew Mason
98 Charakterbogen Aufenthaltsort: Zimmer Nr. 204 Aktuelles Outfit: Knielange Bluejeans, schwarzes T-Shirt und dunkle Sneakers
In Momenten wie diesen vergaß der Rothaarige, dass Saiyana ja den Fluch hatte, dass man sie nicht berühren konnte, da sie sonst Schmerzen hatte. Die beiden malten sich schon aus, dass sie zusammen wieder etwas unternehmen konnten und der Engländer war richtig glücklich darüber. Er freute sich darüber, dass Sai so motiviert war und auch gerne was Neues ausprobieren wollte. Doch seine Freude darüber schien nur vor kurzer Dauer zu sein, denn Saiyana holte ihn zurück auf den Boden. „Stimmt ja“, sagte er ein wenig traurig. Doch dann kam ihm wieder ein positiver Gedanke. „Ach, irgendwie schaffen wir das schon. Ich glaube fest daran“, sagte er schließlich und versuchte wieder positive Stimmung zu verbreiten. Seiner Meinung nach musste Sai nicht die Motivation verlieren, denn irgendeine Lösung würde man immer finden können. Immerhin konnten die beiden heute eingehakt miteinander zum Ball gehen. Wer hätte gedacht, dass dies heute funktionieren würde? Matthew war richtig überrascht und sehr glücklich darüber.
Zum Thema Alkohol war er von der Antwort von Sai überrascht. Sie hatte noch nie Alkohol getrunken? Das konnte der Rothaarige irgendwie kaum glauben. „Was, echt? Auch nicht zum Beispiel im Essen bei einer Sauce oder so?“, fragte er dann vorsichtig. Zwar würde man davon nicht alkoholisiert werden, aber der Geschmack würde sie so dann doch kennen. Auf jeden Fall würde der Engländer heute aufpassen, dass Saiyana nicht zu viel trinken würde. Falls sie doch zu viel erwischen würde, würde er sie sicher in ihr Zimmer bringen, damit sie sich erholen konnte. „Ich pass auf dich auf, dass du nicht zu viel trinkst. Wenn du keine Erfahrungen mit Alkohol hast, weißt du selbst nicht genau, wann es zu viel ist“, erklärte Matthew zuerst einmal. Anschließend dachte er darüber nach, was er ihr noch dazu sagen konnte. „Falls du merkst, dass du dich anders fühlst oder immer mehr Alkohol trinken willst, dann trinke lieber ein paar Gläser Wasser“, erklärte er ihr, damit sie ein wenig bescheid wusste. Ob Sai dies auch einhalten würde, wusste der Rothaarige zu diesem Zeitpunkt nicht. Doch wenn sie dies auch nicht machen würde, wäre es nicht weiter tragisch, da er auch ein Auge auf ihr Trinkverhalten werfen würde.
Saiyana wollte unbedingt ein Los bei der Tombola kaufen. Sie schien irgendwie sehr enthusiastisch darüber zu sein. Ein sanftes Lächeln formte sich auf den Lippen des Engländers. Es freute ihn wirklich, dass sie so viel Spaß hier auf dem Ball hatte und dies obwohl viele Leute da waren. Der Tag konnte in seinen Augen einfach nicht mehr besser werden. Nachdem sich Sai ihr Glas geschnappt hatte, nahm auch Matthew seines und ging dann mit ihr zu dem Tisch, an dem die Lose verkauft wurden. Noch war nicht sehr viel los, was für Saiyana gut war. Dort angekommen holte der Rothaarige schon seine Geldtasche heraus. „Wenn du willst, kannst du dir eines für dich und eines für mich aussuchen. Ich zahle“, sagte er und lächelte Sai freundlich an. Anschließend fing er an das Geld aus seiner Geldtasche heraus zu suchen, denn er wollte möglichst genau zahlen.
Beruhigt durch die Worte des Weißhaarigen, welcher ihr dann doch sehr deutlich sagte wie falsch ihre Annahme doch war, legte die Engelin ihre Hand in die Seine. Zeit war in diesem Moment nicht relevant. Alles was zählte war der Kontakt zwischen ihr und ihm. Mit einem kleinen Nicken, einem – erneuten – höflichen Knicks ihrem neuen Tanzpartner gegenüber, machten sich die beiden auf den Weg. Blond und Weiß, so bewegten sich die zwei Köpfe indirekt und dennoch zielstrebig durch die Menge an Schülern zu ihrem prädestinierten Ziel: Der Tanzfläche. So wie es der Zufall wollte, vollzog sich dabei ebenfalls ein Wechsel der Musik. Einen kurzen Moment standen die Beiden dort, während langsam aber sicher der klang von Violinen und Geigen den Raum erfüllte. Vivian war schon vorher nicht die kommunikativste gewesen, aber jetzt war sie es noch weniger. Mit einem leicht erhobenen Kopf versuchte sie den Blick von Arata zu treffen. Doch auf diesen Erfolg wollte die Engelin nicht warten. Es war im gleichen Moment, wo ihre rechte Hand langsam seine linke in Beschlag nahm. Anstatt einen zielstrebigen Start des gemeinsamen Tanzes anzustreben, räumte sie dem Weißhaarigen noch einen kleinen Augenblick ein die Szenerie zu erfassen.
Da standen sich die beiden jungen Erwachsenen gegenüber. Wie zwei Puzzleteile, die sich nicht direkt miteinanderverbinden ließen, jedoch auf dem Tisch unweigerlich zusammen lagen. Arata der rebellisch und – wenn man es denn so ausdrücken wollte – etwas verschroben öfters einen sehr bleibenden Eindruck bei vielen Erziehern hinterließ und sie, das steife und mit Porzellanmaske benetzte Mädchen, zumindest wenn man es auf ihre Verhaltensweise bezog. Wie ein Spiel aus Schwarz und Weiß trafen diese Kontraste hier aufeinander und – für diesen einen Moment – taten sich zusammen. Langsam erhob Vivian ihre rechte Hand und fing mit der Bewegung an. Ob Arata tanzen konnte, das Rätsel stellte sich ihr immer wieder in den letzten Tagen und jetzt würde auch die Blondine wohl endlich ihre Antworten bekommen. Langsam und flüssig übergreifend wurde der erste Schritt getan, dann der Zweite. Schön langsam und der Musik folgend, ihrem Rhythmus lauschend fand sich die Engelin in einer Harmonie der Bewegungen wieder. Der Blick ihrer türkis-blauen Augen stets fokussiert auf den Weißhaarigen, während sie ihn in eine leichte und sanfte Drehung führte. Die führende Rolle haltend, aber jederzeit bereit diese auch abzugeben, leitete sie Arata in eine leichte Drehung. Auch wenn der Tanz mit Ophaniel wirklich schön war, so tat es gut nicht die ganze Zeit nach unten schauen zu müssen. Wobei sie sich nicht sicher war, ob sie dem jungen Mann vor sich nicht zu sehr mit ihren Blicken in Bedrängnis brachte. Jedoch auch hier lag die Überraschung in den Dingen, welche man nicht selbst bemerken konnte. Sanft und geradezu fröhlich hatte sich das Lächeln auf ihren Lippen eingebrannt, die Porzellanmaske für den Moment – und den Ball – verformt. „Ich kann mich nicht daran erinnern…“, durchbrach sie mit ihrem allseits bekannten Tonfall die Stille, „… das wir schon einmal einen Tanz miteinander teilten.“. Und sie ging auch nicht davon aus es in irgendeiner Form vergessen zu haben. „Ich bin dem jedoch auch zukünftig nicht Abgeneigt, will ich damit sagen.“, setzte sie noch nach und leitete die beiden mit einer weiteren Drehung zurück zum Ausgangsort des Tanzes. Zugegeben: Irgendwie fühlte sich die Blondine etwas unwohl. Allerdings nicht im negativen Sinne. Es war irgendwie … bedrückend und angenehm zugleich. Als ob die Definition davon genau so schwer zu finden war wie eine Vereinigung aus Feuer und Wasser. Ein merkwürdiges Gefühl in so vielen Ebenen und je mehr sie daran dachte, desto unergründlicher wurde das ganze für sie. Zurück allerdings blieb dabei eine kleine, doch eindeutig für Vivian spürbare Wärme. „Merkwürdig …“, setzten ihre Lippen an und ihre Blicke wandten sich zum ersten Mal von seinem Gesicht ab und schauten auf seinen Oberkörper. Von allen Orten hatte Vivian am wenigsten hier damit gerechnet, dass sie sich erneut mit Fragen über ihr eigenes empfinden stellen musste. Aber es war doch etwas Positives, oder? Immerhin war sie ihrem Ziel damit etwas näher gekommen. Zumindest glaubte die junge Frau daran…
Sichtlich verdattert hatte sich Ivy von Leviathan verabschiedet und war nach draußen gestiefelt. Auch Mike folgte kurzerhand, ließ es sich aber nicht nehmen, den Engel einen ratlosen Blick zuzuwerfen. „Ich weiß, was du getan hast.“, flüsterte er nur leise vor sich hin. Etwas, das wohl niemand verstehen würde, aber wenn sein Kumpel gut im Lippenlesen war, stand die Chance nicht so schlecht, ihm einen kleinen Schrecken einzujagen. Dieser kleine Wicht aber auch! A propos kleiner Wicht. „Ophaniel!“ Lange stand Leviathan tatsächlich nicht alleine rum, da hatte er schon einen halben Koala auf seinem Rücken kleben. „Ach, stimmt ja.“ Etwas verpeilt klatschte sich der größere Engel gegen die Stirn. „Ich wollte euch ja eigentlich was zu trinken bringen, dir Orangensaft, den anderen das härtere Zeug, also irgendwann kriegst du auch noch das härtere Zeug aber dieser Tag ist nicht heute, aber dann war da Jul und dann war da Ivy und überhaupt“, rechtfertigte er sich in einem Redefluss intensiver Geschwindigkeit, als der Kleine vorschlug, zuerst etwas zu trinken, dann zu tanzen. Und ihm dabei liebevoll mit den Füßen in die Seiten stieß. „Alle Mann festhalten, hier kommt der Wirbelwind Number Oooo-„, gerade, als sich der Schwarzhaarige zum Losstarten positionierte, etwas in die Knie ging, die kurzen Beine des kurzen Engels festhielt und sein Ziel – die Bar – anvisierte, stand ihm plötzlich jemand im Weg. Lydia. Ja, klar, Mike war ja weg. Kriegte Levi jetzt eigentlich immer die ab, die Mike gerade nicht brauchte? „Heeey!“, begrüßte er das Mädchen langgezogen und hob dann doch etwas verwundert eine Augenbraue. Mit Lydia hatte er wirklich nicht viel zu tun. Am ehesten blieb sie ihm im Gedächtnis als Mitbewohnerin von Käddi. Bei dem Gedanken an sie musste der Engel kurz seufzen und richtete sich schließlich wieder aus. „Wirbelwind Number One kann im Moment nicht starten. Unüberwindbares Hindernis.“, sagte er zu Ophaniel, der immer noch auf seinem Rücken hing und dem es wahrscheinlich noch viel mehr störte, jetzt nicht Vollgas geben zu können. „Was gibt’s?“, fragte er sie. Nicht das höflichste, das er heute Abend losgeworden war, aber immerhin klang er dabei noch halbwegs freundlich. „Willst du auch zur Bar? Wir wollten uns gerade noch was holen.“ Mit einem Kopfnicken deutete er in Richtung Bar und stiefelte anschließend mit Ophaniel auf dem Rücken los. Während er dem Kleinen dort angekommen ein Glas Orangensaft über die Schulter nach hinten reichte, grabschte er selbst nach einem Bier und öffnete es mit einem emotionalen Zischen. Seine Augen trafen Lydias. „Oh, sorry. Was trinkst du?“, fragte er sie, als im selben Moment ein lautes Mikrofonklopfen zu vernehmen war. Levis Blick glitt Richtung Bühne, direkt an Jul vorbei, die schon wieder anderweitig beschäftigt war. Sie schien jemanden zu suchen. „Was, der Vogel moderiert den Abend?“ Dem Engel klappte die Kinnlade herunter, als er den Worten seines Jetzt-Lehrers zuhörte. Das Feuer würde demnächst entfacht werden, Essen gab es auch bald und Tombola-Lose konnten ergattert werden. „Alter, Ophi, lass uns so ein Los kaufen, vielleicht gewinnen wir ein Auto.“ Realitätsnähe konnte man dem Schüler nicht unbedingt vorwerfen. So schnell konnte man gar nicht sehen, stand der Große mit dem kleinen Engel am Rücken schon beim Tombola-Tisch. „Also wie groß ist die Chance, dass ich ein Auto gewinne?“, wollte er wissen und kramte aus seiner Geldbörse, die er in der Hosentasche verstaut hatte, all seine Geldscheine hervor. „Ich nehm alle!“ Schnell hatte er das Geld mit einem Handschlag auf den Stehtisch gehauen, bevor überhaupt eine Antwort seitens der Damen gekommen war. „Oh… oke, na dann halt 2, einmal für mich und einmal für den kleinen Scheißer da hinten.“, bestellte er sich die Lose, bezahlte den Preis für beide und reichte dann eines der Lose nach hinten. Sobald Ophaniel danach greifen wollte, zog er sie immer wieder zurück. „Hehe, nur ein Scherz, sind beide meine.“, grinste er sich ins Fäustchen. Die beinahe tötenden Blicke der Tomboladamen waren dann aber doch angsteinflößend genug gewesen. „Is‘ ja gut, war ja nur ein Scherz.“, sagte er genervt und gab dem kleinen Engel dann schließlich doch ein Los ab. War es natürlich nicht.
So wie es aussah, wollte Leviathan mit Ophaniel auf seinem Rücken gerade irgendwo hingehen, als sich die Irin zu ihnen gesellte. Leviathan begrüßte sie auch, jedoch klang es eher so, als ob er sich fragte, was sie hier machen würde. Gut, Lydia konnte es nachvollziehen, denn die beiden hatten so gut wie gar nichts miteinander zu tun und plötzlich stand sie da. Doch sie hatte eine Mission von Mike aufgetragen bekommen und diese wollte sie ja auch erfüllen. Leviathan fragte die Schwarzhaarige, was es geben würde und bevor sie noch antworten konnte, fragte er, ob sie auch zur Bar gehen wollte. „Wenn ich darf, dann würde ich gerne mitkommen“, sagte sie und lächelte freundlich. Anschließend folgte sie den beiden zur Bar.
An der Bar angekommen, schien es so, als ob Lydia für Leviathan Luft war. Ob er sie überhaupt nicht ausstehen konnte? Die Wölfin konnte sein Verhalten überhaupt nicht einschätzen, aber eventuell war er einfach nur so zu Leuten, die er kaum kannte. Gerade als die Irin Leviathan antworten wollte, fing jemand an beim Mikrofon zu klopfen. Na toll, die Mission stand wohl unter keinem guten Stern. Aber davon ließ sich die Schwarzhaarige nicht abbringen, denn der Ehrgeiz hatte sie gepackt. Trotzdem hörte sie zuerst einmal der Anmoderation zu. Es gab eine Tombola? Sowas hatte die Schwarzhaarige noch nie gemacht. Sie wollte sich heute unbedingt noch ein Los kaufen. Leviathan machte sich gleich mit Ophaniel auf den Weg zum Tombolastand. Ob Lydia mitgehen durfte? Sie war sich unsicher, doch sie wollte sich sowieso ein Los kaufen und sie musste sich ja auch noch mit Leviathan unterhalten. Also beschloss sie den beiden zu folgen. Der Weg war nicht sehr weit und auch Lydia holte ihre Geldtasche heraus, um ein Los zu kaufen.
Als alle ihre Lose hatten, wandte sich die Irin Leviathan zu. „Mike hat mich um einen Gefallen gebeten“, fing die Schwarzhaarige an zu reden. Sie wollte ihn direkt darauf ansprechen, denn geschickte Fragen stellen, konnte sie einfach nicht so gut. „Er wollte wissen, worüber du und Ivy die ganze Zeit geredet habt, denn er hatte das Gefühl, dass es gegen ihn beziehungsweise gegen ihn und mich gehen würde“, erklärte die Wölfin ganz ruhig und sah Leviathan bestimmt an. Sie wusste nicht, ob dies eine gute Taktik war, aber sie fand Ehrlichkeit besser. Ob er überhaupt ihr die Wahrheit sagen würde, wusste sie nicht, doch sie wartete gespannt seine Antwort ab.
Luana hatte sich echt bemüht den Hausmeister nicht mit Onkel anzusprechen. Aber vermutlich war es dem Blauhaarigen egal, wenn damit Fragen aufgeworfen wurden. Trotzdem hielt es die Nixe für eine gute Idee, zumindest wenn so viele Ohren an einem Ort waren. Dass sie sich kannten, konnte man trotzdem nicht leugnen. Lag auch nicht in ihrem ermessen. Daher beantwortete sie auch brav die Frage ihrer Ballbegleitung. »Wir kennen uns schon eine Weile.«, gab sie ihm mit einem Lächeln bekannt. Die Zeitspanne zog sich bereits über Jahre. Auch wenn der Kontakt nicht immer regelmäßig herrschte, verlor man sich trotzdem nicht aus den Augen und darüber war die Meerjungfrau wirklich froh. Ihre Eltern befürworteten diesen Umstand ebenfalls, zumal sich die gesamte Familie mit Avon verstand. Einen weiteren Nix als ihren Vater und Bruder zu kennen, der keinen Verwandtschaftsgrad aufwies, war schon irgendwie cool. Bevor Luana jedoch zu weiteren Ausführungen ansetzen konnte, wurde das Bild eingefordert, worauf sie sogar bestanden hatte. Ciarán war Gentleman genug um ihr das Getränk ungefragt abzunehmen. Tja, wenn er damit nicht die perfekte Ballbegleitung darstellte, wusste sie auch nicht weiter. Und Avon konnte sich ganz gewiss nicht beschweren. Sie warf ihm noch einen mahnenden Blick zu, ehe sie sich der Gruppe zuwandte und das Foto schnell mit ihrem Handy knipste. Zuerst die Arbeit dann das Spiel, so ging immerhin ein Sprichwort. Die Langhaarige betrachtete noch kurz in ihrer Galerie die bereits geschossenen Bilder und war zufrieden. Immerhin waren genug gemacht worden und man konnte jetzt endlich den Abend ohne Verpflichtungen genießen. Zumindest hatte Luana keine Verpflichtungen was den Abend anbelangte. Wieder bei der Gruppe wurde River abermals in Beschlag genommen, schließlich wollte Lyall noch an ihren Haren rumfummeln. So zumindest hatte es die Nixe vorhin aufgenommen, daher gesellte sie sich wieder zu ihrer Ballbegleitung und nahm ihm dankend das beinahe leere Glas aus der Hand. Die Gruppe hatte sich zumindest nach dem Foto ein wenig geschmälert. Ciaráns Zwilling und der Liebling von Lyall hatten sich nach draußen verzogen. Die Anmoderation war anscheinend nicht so wichtig, Luana hörte allerdings auch nur mit einem Ohr zu, da der Blondschopf sie abermals am Rücken berührte. Anscheinend mochte er das Spiel mit der Gefahr. Sollte sie jedoch nicht weiter stören, es bescherte ihr allerdings eine gewisse Röte in den Wangen. An solche Berührungen sollte sie sich allmählich gewöhnen. Denn wenn der Fluch nicht wäre, würde sie den Blondschopf garantiert unter die Sorte der Tatschfreudigen einstufen. Ein leises Lachen konnte sie sich bei dem Gedanken nicht verkneifen. Essen und Nachschub für ihr Glas besorgen, klang gut. Und da River sowieso belagert beziehungsweise gut versorgt war, konnte man sich getrost ein paar Minuten von der Gruppe entfernen. »Klingt gut, lass uns mal gucken, was das Buffet so hergibt, bevor die Grillerei losgeht.«, ließ die Langhaarige verlauten. »Entweder sind die Anderen dann noch da oder eben nicht. Wir werden sie sonst schon finden.«, grinste die Meerjungfrau und stieß den Blondschopf sachte in die Seite um ihn zum Gehen zu bewegen.
Die Reaktion des Arztes überraschte Jacob kein bisschen. Viel eher bewunderte er es, dass seinem Gegenüber nur ein kleines Lachen über die Lippen kam – das breite Grinsen sei mal dahin gestellt, das konnte er ihm leider nicht verübeln – und er nicht in schallendes Gelächter ausbrach. Dafür hatte er sich auf jeden Fall einige Pluspunkte verdient, wobei Riley ihm ohnehin nicht ganz unsympathisch war. Sonst wäre er wohl nicht mit dieser peinlichen Geschichte rausgerückt. Trotz allem lächelte er beschämt und versuchte, so gut es ging über sich selbst zu lachen. War halt einfach eine ungünstige Situation gewesen in die – wie er vermutete – Madara ihn gebracht hatte. Zum Glück war er nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Den Rest müsste sein Wingman nun wohl für ihn erledigen, welcher ihn noch einmal zurückhielt, bevor er den Kids ihre Komplimente verteilen konnte. Essen gehen. Klar, als wäre er da nicht schon selbst drauf gekommen. Gemeinsam zu kochen hatten sie ja schon erfolglos versucht, das gescheiterte Picknick, irgendwas kam eben immer dazwischen. Doch es schien an der Zeit, das Ganze einfach nochmal von vorne anzugehen. So zu tun, als hätte es die in der Vergangenheit missglückten Dates nie gegeben. Mit etwas Glück ging Roxanne ihr nächstes Treffen ja genauso an, vielleicht hatten sie dann endlich mal Erfolg. Doch ehe er weiter darüber grübeln konnte, schenkte der Arzt ihm einen Anblick, den er so schnell wohl nicht vergessen würde. Augen! Der Kerl hatte tatsächlich normale Augen hinter dem Drahtgestell auf seiner Nase. Als hätte der Vampir gerade einen Geist gesehen hing sein Blick wie gebannt dort, wo normalerweise zwei dunkel gefärbte Scheiben die Sicht versperrten. Mittlerweile war er fast davon ausgegangen, dass Riley nur zwei leere Augenhöhlen besaß. Oder er dort total entstellt war, weshalb er sich hinter der Sonnenbrille versteckte. Sein Gedankenspiel ging sogar schon einmal so weit, dass er an irgendwelche alienartige Auswüchse dachte, doch das wurde schnell wieder verworfen – zu absurd. Nein, Riley hatte zwei gesunde Glubscher, wie jeder andere (sorry Vinny) auch. Mit einem leichten Schmunzeln schüttelte er kurz den Kopf, um diese Phantasien endgültig abzuschütteln und richtete seine Aufmerksamkeit wieder dem Gesagten zu. Film gucken, noch einmal gemeinsam Kochen, über Motorräder quatschen. Wurde so notiert, zumindest auf einem gedanklichen Notizblock. Eigentlich war das ja nichts Neues, dennoch gab ihm die erneute Erwähnung den nötigen Arschtritt, um das Ganze auch wirklich durchzuziehen. Zumindest war er davon aktuell fest überzeugt, hoffentlich änderte sich das nicht so schnell. Sonst müsste der Opa Arzt wohl doch nochmal ran. War Riley tatsächlich schon so alt? Nicht schlecht. Er kam nicht umhin, den Blondschopf dabei genauer zu mustern, um eventuelle Falten zu entdecken. Mit Glück setzten bei ihm die nötigen Vampirgene ja auch noch rechtzeitig ein und er sah mit achtzig Jahren nicht aus wie ein knitteriges Küchentuch, doch davon müsste er sich wohl überraschen lassen. Den weisen Worten weiterhin lauschend nickte er hier und da aufmerksam, hob bei der Erwähnung des Urlaubs jedoch skeptisch eine Augenbraue. Das meinte er doch jetzt nicht wirklich ernst, oder? Prüfend untersuchte er die Mimik seines Gegenübers nach möglichen Anzeichen eines Scherzes, war sich jedoch nicht vollkommen sicher. Klar stand jedenfalls, dass das höchstens etwas war, womit er frühestens in einigen Monaten ankam. Wenn er auch das nötige Kleingeld dafür hatte.
Nachdem die Kinder fertig versorgt waren ging es daran, seiner bildhübschen Begleitung den Vorschlag für ein gemeinsames Los zu machen. Und zu seiner Freude schien diese Idee bei ihr gut anzukommen, sodass sie nicht lange zögerten, bevor die Anderen noch alles leer kauften. Riley bekam von dem Duo noch ein knappes „Bis gleich“, dann stürzten sie sich ins Getümmel. Oder eher gesagt in die kurze Schlange vor dem Stehtisch, wo er nach kurzem Anstehen tatsächlich noch ein Los für beide ergattern konnte. Selbstverständlich bezahlte er für sie, so hatte er das nötige Kleingeld wenigstens nicht umsonst mitgenommen. Den kleinen Zettel sicher im Portmonee verstauend ließ er seinen Blick kurz durch den Saal schweifen, um sicher zu gehen, dass noch niemand in die Ecken gekotzt hatte. Dem war zum Glück nicht so. Vielleicht konnte er es dann ja doch wagen und sich selbst ein Gläschen gönnen? Zumindest ein kleines. Mehr war bei seiner niedrigen Toleranzschwelle ohnehin nicht zuzumuten, sonst könnte er seinen Job direkt an den Nagel hängen. Doch ein kleines Tröpfchen, so zur Entspannung … es war einfach zu verlockend. Und Riley würde sich über ein kleines Mitbringsel sicherlich auch freuen. So führte sie ihr nächster Weg nicht wie zuvor besprochen zurück zum Ausgangspunkt, sondern zur Bar. Die Wahl seines Getränks fiel nicht schwer, ein Bier musste reichen, für den Brillenträger griff er sich auch noch eins. Roxanne schien mit ihrer Auswahl noch etwas zu brauchen, weshalb er die Chance nutzte, sich eventuell noch den einen oder anderen Tipp ergattern zu können, sodass er schon einmal alleine zurückging. Dem Arzt das Bierglas zur Begrüßung in die Hand drückend stellte er seins erst einmal auf dem Tisch ab – man musste ja nicht direkt übertreiben. „Wo ist eigentlich deine Begleitung für heute?“, fragte er ihn, nun doch neugierig geworden. Wobei er sich die Antwort irgendwie schon denken konnte, oder sagen wir eher, er erhoffte sie sich. Denn allzu viel Auswahl gab es dann doch nicht und die einzige andere Dame, welche er heute in seiner Nähe gesehen hatte war in seinen Augen die wohl gruseligste Begleitung, die man sich hätte aussuchen können. Für so lebensmüde hielt er Riley dann doch nicht.