Der Stadtpark, gelegenheit auch Beika-Park genannt verfügt über eine riesige bunt bepflanzte Grünfläche, die gerne und oft zum Verweilen einlädt. Relativ zentral gelegen gibt es einen kleinen Springbrunnen mit Trinkwasser, doch viel öfter wird er von Jugendlichen verwendet um sich gegenseitig nass zu spritzen, da vielen das Teichwasser doch etwas zu dreckig ist. Unter Tags findet sich im Stadtpark ein Eiswagen vor, bei dem man aber auch Crepes und ähnliches bekommt. Neben besagtem Teich und einen Fußballfeld gibt es auch eine etwas höher gelegene Stelle des Parkes, der Feuerwerkshügel genannt wird da er eben für genaudies äußerst gut geeignet ist.
Der Eiswagen ist da!
Produkt
Preis
Eis am Stiel, versch. Sorten
2
Softdrink 0,5l
2
Sodawasser 0,5l
2
Crepes mit Schokoladenfüllung
4
Crepes mit Nuss-Nougatfüllung
4
Becherkaffee
2
Alexandra
Alexandra Chevalier
58 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Ball-Outfit; siehe Link in der Signatur!
Es waren diese Tage, an denen der Feind am Himmel sein grässliches Antlitz ohne ein Anzeichen von Schwäche zeigte. Die Lebewesen flüchteten vor seinen Strahlen, versteckten sich in Häusern, unter Bäumen oder Schirmen. Selbst der Stundenplan war vor ihm geflüchtet und hatte den Schülern einen freien Nachmittag zurückgelassen. Aber er brauchte sich nicht erhoffen, dass Alix ihm deswegen friedlich gesinnt war. Sobald er seine Verteidigung fallen lassen würde, würde sie zu ihm aufsteigen und ihm den Garaus machen. Wie mit einer Nadel in einen Luftballon würde sie mit ihrer Lanze Swenebo die Sonne erstechen und ihr genüsslich dabei zuschauen, wie sie immer kleiner und kleiner werden würde. Bis es so weit war, musste sie sich jedoch bedeckt halten und warten. Für Deckung sorgten die dichten Wipfel der Bäume im hiesigen Stadtpark. Aleksandra schlüpfte heiter von Stamm zu Stamm. Ein Kichern umspielte ihre Lippen. Sie liebte es, der Übermacht entkommen zu können. Zwar taten ihr die Sonnenstrahlen selbst direkt kein Leid an, aber wo blieb der Spaß, wenn man sich just darauf verließ? Gerade für Aleksandra, die nicht so recht wusste, was sie mit der frisch gewonnenen Freizeit anfangen sollte, war ihr jeder irre Gedanke willkommen. Wenn vor ihr nur ein Meteor in den Rasen schießen würde, sie wäre überglücklich und dankbar für diese Aufregung. Stattdessen aber fielen nur unachtsame Kleinkindergesichter gen Boden, setzten sich auf und kreischten sich die Seele aus dem Leib. Dumme Bälger, konnte sich die k’Hel dabei nur denken.
Von Baum zu Baum eilend kam sie irgendwann wieder an einem Weg an, der sich quer durch den Park zog. Diesem folgten junge wie alte Menschen, Familien wie Einzelgänger. Unweit lag ein Spielplatz, von dem her tumultartige Laute herdrangen. Am Rande des sandigen Weges stand eine Bank mit einem Mädchen drauf. Unter ihrem weiten Sommerhut schaute eine helle, ungebundene Mähne hervor, die sich vom Wind tragen ließ. Jedoch war die sommerliche Brise so schwach, dass es wohl mehr an Aleksandras Fantasie lag, dass sie die Strähnen wackeln sah. Das Mädchen rührte sich nicht. Sie saß still auf der Bank und gab weder Ton noch Regung von sich. Erst als die Vampirin ihr näher kam, entdeckte sie, dass das Mädchen einen Zeichenblock und einen Bleistift vor sich hielt. Eine Künstlerin?, fragte sich Aleksandra. Was sie wohl zeichnet? Neugierig schlich die Russin näher an die Bank heran. Sobald sie einen genauen Blick auf den Block erhaschen konnte, erkannte sie, dass dieser leer war. Scheinbar suchte das fremde Mädchen nach einer Inspiration; oder sie hatte diese Krankheit, wo das Bewusstsein aussetzte und einem nur noch Speichel den Mundwinkeln herunterlief. Flott huschte Aleksandra an der Bank vorbei auf den Weg und positionierte sich gut sichtbar vor dem geistig weggetretenen Mädchen. Jetzt sah sie auch ihren Blick, der ihre Vermutung nur unterstrich. Allerdings fehlte der tropfende Speichel. Aleksandra baute sich graziös auf, schob ihre rechte Hand in ihre Mähne und die linke legte sie an ihre Hüfte, welche sie mit einer kleinen Verschiebung betonte. Alles in allem stand sie da wie ein Fotomodel, welches auf den Schnappschuss ihres Fotografen wartete. Ihr Blick war fordernd, fast schon gierig, als verlangte sie nach der Aufmerksamkeit der gesamten Welt. „Zeichne mich!“, trug sie dem fremden Mädchen dann schließlich auf. Widerworte wurden nicht geduldet.
Es verstrich eine geraume Zeit und immer noch schaute Shiina ausdruckslos in die Umgebung. Es war seltsam, aber aus irgendeinem Grund wollte ihr Kopf gerade nicht, dass sie sich künstlerisch betätigte. Nichts in der Umgebung schien den exzentrischen Kopf der Künstlerin auch nur im Entferntesten anzusprechen. Es war wie ein sich ständig wiederholender Arbeitstag. Immer das gleiche und dementsprechend unspektakulär. Es gab in den Augen der Engelin einfach nichts Sonderbares hier. Zum Beispiel einen Vogel, welcher sich in ihrer Nähe niederließ und welchen sie abzeichnen könnte. Oder so etwas wie Shikis Ding, welches in seinem Auge vorhanden war als sie ihn das erste Mal getroffen hatte. Doch nichts dergleichen erschien vor ihr, weswegen sie weiter dort saß und Tagträumte. So bemerkte sie auch eine fremde Person nicht, welche ihr ganz unauffällig auf den Zeichenblock starrte. Viel zu sehr war sie innerlich mit dem Sortieren und Zuordnen ihrer Gedanken beschäftigt. Ihre Kapazitäten waren voll und ganz ausgelastet könnte man sagen. Erst, als sich ein Mädchen in einer relativ markanten Kleidung vor ihr positionierte, kam sie teilweise wieder in das hier und jetzt zurück. Mit einer langsamen Drehung ihres Kopfes baute sie den Blickkontakt zu dem Mädchen auf. Sie empfand es als merkwürdig, dass ausgerechnet sie sich dort hinstellte wo sonst niemand war. Dazu auch noch in so einer Pose und direkt vor ihr. Wie ein Scanner gingen ihre Rot-Orangenen Augen über den Körper der Fremden. So, wie Shiina es normalerweise immer machte. Jedes einzelne Detail merkte sich die Blondine in der kurzen Zeit. Sie hatte immerhin ein meisterhaftes, photographisches Gedächtnis. Als das Mädchen weiter posierte, legte sie etwas verwirrt ihren Kopf schief. Schaute langsam nach links, dann wieder nach rechts. Dort war niemand. Für wen machte sie das? Sie verstand es nicht und deswegen dachte ihr Kopf auch nicht weiter darüber nach. Somit wurde die Fremde für das Köpfchen der Engelin uninteressant und sie wandte ihren Blick wieder der Umgebung zu. Was wohl nicht ganz so klug war. Denn die Worte "Zeichne mich!" wurden ihr kurz darauf von eben der Person zugeworfen. In kürzester Zeit drehte sich das Gesicht Shiinas wieder der besagten Unbekannten zu. Sie sollte sie zeichnen? Ihr Gehirn verneinte dies schon kurz nachdem sie anfing darüber nachzudenken. Auch wenn sich die posierende Dame wahrscheinlich für das interessanteste Geschöpf auf Gottes Erden hielt. So war sie für die exzentrische Shiina einfach nur langweilig. Weswegen sie diese Aufforderung auch ganz klar ablehnte. "...nein...", entgegnete sie nur mit ihrer sanften Stimme und schaute ihr mit regungsloser Mimik in die Augen. Nun musterte sie dieses Mädchen ein weiteres Mal. In ihrem Kopf machte es gerade "Klick". Irgendwo hatte sie sie schon einmal gesehen. Mehr fiel ihr aber im Moment nicht ein. Es war wie bei fast jedem auf der Insel. Gesehen – Ja! Kennen – Nein! "...du hast nichts Besonderes an dir...", gab die Blondine der Fremden nun zu verstehen. Nicht gerade das beste was man einer Person sagen sollte. Womöglich war das sogar sehr verletzend für das Mädchen ihr Gegenüber. Aber wenn Shiina eines nicht tat, dann Lügen und ein Blatt vor den Mund nehmen. Abgesehen davon war es nicht einmal böse von ihr gemeint. Das die Gesprächspartnerin dieses allerdings auch so sehen würde, dafür standen die Chancen nicht gerade hoch. Mit diesen Worten klappte die Künstlerin den Block wieder zu und steckte den Bleistift wieder an seinen Ursprünglichen Platz zurück. Ohne groß etwas zu machen schaute sie wieder in die Landschaft, dann, nach einer kurzen Zeitspanne wieder zurück zur Unbekannten. "...du…du bist seltsam..", sagte sie in regungsloser Mimik und schaute etwas abwesend drein und wirkte wirklich etwas zurückgeblieben. Wenn sie das nicht schon seit Anbeginn der Begegnung tat. Wenn die Person aber noch nicht vollständig davon überzeugt gewesen war, so hatte Shiina nun wohl den letzten Grundstein dafür gelegt gehabt um genau dieses zu erreichen.
Aleksandra genoss es, wie sich die Augen des blonden Mädchens an ihr labten. Sie spürte die fremden Blicke auf ihrem Körper – überall auf ihrem Körper. Sollte sie ruhig die k’Hel von oben bis unten inspizieren. Immerhin musste sie sich der Mammutaufgabe stellen, diesen gottgleich amönen Leib auf ein simples Stück Papier einzusperren. Dass dies nie im vollen Umfang möglich wäre, war Alix klar. Allerdings war sie gespannt, bis zu welchem Grad es das Mädchen konnte. An ein Gegenwort der Künstlerin dachte Aleksandra gar nicht. Ach, sie nahm es nicht mal zu einem Prozent für wahrscheinlich hin, dass das Mädchen den Auftrag ablehnen würde. Warum in alles in der Welt sollte sie das tun? Dafür gab es einfach keine logische Erklärung. Wann bekam man schon mal das schönste Motiv des Diesseits und Jenseits vor Augen? Und dann posierte es auch noch bereitwillig. Jeder Künstler, der etwas von sich hielt, würde in diesem Moment zu Stift und Papier greifen, um den Moment festzuhalten. Ebenso sollte es auch das blonde Mädchen tun. Allerdings … allerdings weigerte sie sich. Sie tat tatsächlich das, was niemand auf dieser Welt erwartet hatte. Sie schlug Aleksandras Anweisung aus. Die Vampirin blinzelte ungläubig. Scheinbar hatte sie sich verhört. Es konnte nicht anders sein. Aleksandra musste ein Blatt im Ohr haben und hatte deshalb ein Nein verstanden. Das konnte allerdings gar nicht sein, da es keinen Sinn machte, dass sie ablehnen würde. Die Russin war kurz davor, sich das endgültig einzureden, als das blonde Mädchen noch einen draufsetzte. Von jetzt auf gleich, von Null auf Unendlich, von der Hölle in den Himmel sagte dieses niedere, wertlose, dem Tode geweihte Wesen von einem Abschaum etwas, was sie nie hätte sagen dürfen. Sie sprach Aleksandra Sophia k’Hel an, die sagenhafte helenische Verkörperung des Russischen Reiches. Ihr Antlitz suchte seines Gleichen – vergebens. Niemand sonst besaß diese überwältigende Ausstrahlung und verbarg so viele ästhetische Feinheiten und Überraschungen wie sie. Da lag es auf der Hand, dass niemand so viel Besonderes an sich hatte, wie Aleksandra. NIEMAND! Also was dachte sich dieses niedere, wertlose, dem Tode geweihte Wesen von einem Abschaum, ihr, Aleksandra Sophia k’Hel, jegliche Besonderheit abzusprechen? Aleksandras Augen weiteten sich. Ihre Augäpfel machten Angst, herauszuspringen. Das rechte Ende ihrer sonst so sanften, gierigen Lippen zuckte fast schon panisch. In ihr drin schien die Zeit still zu stehen. Die Zeigen bewegten sich unmerklich und alles um sie herum fror ein. Es war ein Moment, der für Außenstehende so kurz war, für Aleksandra aber eine halbe Ewigkeit andauerte. Es war der Moment, in dem sie verarbeitete, was man ihr eben an den Kopf geworfen hatte. Die nachfolgenden Worte des blonden Mädchens verdampften wie kleine Tropfen auf einem Wüstenfelsen. „Du …“ Viel mehr konnte sie nicht ausdrücken. Ihre Lippen zitterten wie ihre Stimme. Der Schatten der k’Hel breitete sich ab diesem Moment rasend schnell aus, überdeckte den gesamten Erdboden um die beiden Mädchen herum. Als er wieder still stand, stiegen nachtschwarze Wände am Rand des Schattens empor und trafen sich in unerreichter Höhe, um die dunkle Halbkugel zu schließen. Im Inneren war es dunkler als in der finstersten Nacht. Die eigene Hand war nicht mal einen Zentimeter vor den eigenen Augen zu erkennen. Absolut kein Licht drang dort hinein. Erst die glühend roten Augen - sechs an der Zahl, drei rechts, drei links – einer augenscheinlich riesigen Bestie brachten ein gefährliches Licht ins Spiel. Ein feuchter, warmer Atem hauchte dem blonden Mädchen entgegen. Er war so schwül und durchtränkt, dass sich Tropfen auf ihrer Haut bildeten. Ein leises Quietschen war zu hören, als würde jemand langsam eine alte Tür aufmachen. Dann wurde es plötzlich wieder still. Um die roten Augen herum zog sich die Dunkelheit wieder zusammen. Zuerst gab der Boden wieder den altbekannten Rasen frei, dann lösten sich die schwarzen Wände vom Erdboden und sammelten sich in der Mitte, ehe sie wie eine Säule in den Boden schrumpften. An deren Ende stand Aleksandra, die anfangs noch so schwarz wie die Nacht war, dann aber von oben nach unten ihre natürliche Farbe zurückerlangte und von ihren Füßen langsam ihr Schatten zu passender Größe anwuchs. Aleksandra atmete schwer, hatte Mühen gehabt, die Wut wieder zurückzufahren. „Du …“, setzte sie wieder an. „Was erlaubst du dir eigentlich, so etwas zu mir zu sagen?“ Eilig stampfte sie auf das ignorante Ding zu und hielt ihre Finger vor ihre Augen. „Ich sollte dir deine Augen rausreißen und neue einsetzen, denn die da scheinen nicht mehr richtig zu funktionieren.“ Die Vampirin lehnte sich wieder zurück und ließ ihre Arme an den Seiten leblos baumeln. Ein verächtlicher Blick galt dem Mädchen auf der Bank. „Vermutlich weißt du lediglich, dass du nicht in der Lage bist, mein Wesen einzufangen. Du weißt, dass du nicht über das Talent verfügst, jemandem wie mir überhaupt im Ansatz ein anmaßendes Bild zu zeichnen.“ Aleksandra drehte sich zu, zeigte dem Feind die kalte, sibirische Schulter. „Ich verstehe. Da kann man wohl nicht helfen. Üb‘ fleißig weiter, damit du eines Tages in der Lage bist, etwas Großartiges festhalten zu können.“
Die Aussage der Blondine traf anscheinend genau den effektivsten, schwächsten und verwundbarsten Nerv welchen dieses Mädchen wohl hatte. Alles was sie auf Shiinas Worte hin tat, deutete mehr als nur eindeutig darauf hin, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Zuerst begann die Fremde nur einzelne Wörter auszuspucken, dann schien es so, als ob der ganze Körper von ihr in eine Art unkontrollierbaren Zustand fiel. Interessiert schaute die Künstlerin dem ganzen Schauspiel zu. Auch, als der Schatten wie ein Wolkenkratzer nach oben schoss und sich in einer Kuppel über ihnen herabsenkte, blieb die Siebzehnjährige still sitzen. Selbst, als es stockduster war, kam von ihr keinerlei Reaktion. Für sie war das sogar aufregend und faszinierend. Sie realisierte nicht einmal das ihr Gefahr drohte. Sie wollte sich sogar den roten Augen nähern, wurde jedoch von einem ziemlich feuchten Atem und der Dunkelheit an sich abgehalten. Egal was die Fremde mit ihrer Aktion erreichen wollte, bei der Blondine hat es auf jeden Fall nicht funktioniert. Stattdessen wollte Shiina nun etwas mehr über das Mädchen vor sich wissen. Dann wich die Dunkelheit auf einmal wieder dem zuvor normalen Umfeld. Ziemlich verwundert, aber keinesfalls ängstlich schaute sie der Unbekannten zu und beobachtete diese beim Näherkommen. Wie eine gestochene Tarantel kam sie auf die Bank, auf welcher die Künstlerin saß, zu. Von ihrer Seite aus erntete die unbekannte nur einen leicht nach links geneigten Kopf. Dieser wurde noch schiefer als die Lilahaarige plötzlich anfing über ihre Augen zu reden. Ab diesem Punkt verstand Shiina nicht mehr was die Vampirin eigentlich von ihr wollte. Sie hatte doch lediglich verweigert eine Zeichnung anzufertigen. Was hatten ihre Augen denn nun damit zu tun? Ihr Kopf verstand den Zusammenhang nicht. Gleiches traf auch auf die Laune ihrer neuen Bekanntschaft zu. Die Engelin begriff partout nicht, dass die Person vor ihr wohl sehr wütend war. Es ging einfach an ihr vorbei. Stattdessen hörte sie still dem Vortrag, welcher ihr ja nun gegeben wurde, zu und äußerte sich nicht weiter zu dem Thema. Ganz besonders der letzte Teil kümmerte sie kein bisschen. Ihre exzentrische Art und ihre Persönlichkeit machten es ihr unmöglich sich dadurch angegriffen, oder beleidigt zu fühlen. Der Themasprung von Augen zum Malen hatte sie aber trotzdem ein weiteres mal kräftig verwirrt. Irgendwie konnte sie dem Wesen vor ihrer Nase nicht richtig folgen. Zu plötzlich kam er in diesem Moment. Auch die Geste mit der sibirischen Schulter wurde von ihrem exzentrischen Gehirn überhaupt nicht erfasst. Für sie war es eher ein Beweis dafür, dass die Augen des lilahaarigen Mädchens nicht funktionierten. Immerhin stand sie ja mit dem Gesicht in die komplett andere Richtung gedreht dort und redete mit der Engelin. "...meine Augen funktionieren...", gab sie den Blick auf die Schulter ihrer Gesprächspartnerin gerichtet in ihrer sanften Stimme von sich. "...aber deine Scheinen kaputt zu sein....ich sitze hinter dir...". Das dies natürlich wieder eine von den Momenten ist wo die Unbekannte womöglich wieder ihre Zähne zusammenkniff, ließ sich nur erahnen. Doch Shiina war noch lange nicht fertig. Statt nun einfach still sitzen zu bleiben, war sie vielmehr der Meinung, das Mädchen hätte ihre Aussage vorhin nicht richtig verstanden. Vermutlich machte sie damit aber alles nur noch schlimmer. "...ich kann dich zeichnen....", wiederholte die Blondine nun ihre Aussage, "...aber du hast nichts besonders an dir...". Weiterhin starrte sie den Hinterkopf ihrer Gesprächspartnerin an. Aber da ihr mit der Zeit die Nackenmuskulatur doch ein wenig schmerzte, schaute sie wieder nach unten und links an Aleksandra vorbei in die Landschaft. Jedoch verlor sie sich nicht im Anblick. Vielmehr arbeitete ihr Kopf daran die Russin zu verstehen. Mehr als ein erneutes "...du bist seltsam..." entsprang aber trotzdem nicht ihren Lippen bevor sie erneut versuchte zur Lilahaarigen aufzusehen. Eines stand aber fest. Wenn Shiinas Gesprächspartnerin ihre Kontrolle schon vorhin kaum behalten konnte, dann würde dies eventuell nun das Fass zum Überlaufen bringen. Sie war vom Verhalten her eben eine Klasse für sich. Die Frage war nur, ob sie das nun auch vor dem Zorn der Vampirin schützen würde.
Eine Liste öffnete sich in Aleksandras Gedankenwelt. Die Überschrift war in einem blutigen Rot gekliert. Darunter standen Namen und an letzter Stelle erschien die Beschreibung eines blonden, ausdruckslosen, unfähigen Mädchens. Sie hatte Glück, dass sie sich an dieser Stelle des Parks befand mit den Schaulustigen auf dem Spielplatz. Natürlich war Aleksandras Schauspiel aufgefallen und hatte einige verunsichert, wenn nicht sogar verschreckt. Dennoch waren die beiden Mädchen nicht allein. Was die Russin allerdings verwunderte, war die Reaktion des Mädchens. Kein Stück hatte sie sich verrückt, war weder geflohen noch schrie sie um Vergebung, wie es sonst die Menschen taten. Der einzig mögliche Rückschluss war, dass es sich bei der Blondine um keinen Mensch handelte. Aber sie war diesen sehr nahe. Das schmeckte Aleksandra in den Essenzen in der Luft, welche von dem Mädchen ausströmten. Sie wirkte schmackhaft. Durch ihr jüngsten Auftreten bekam sie jedoch einen sauren Unterton. So lecker das Mädchen auch sein konnte, die Emotionen der Vampirin würden dafür sorgen, dass das Mahl einen sauren Beigeschmack haben würde. Was war sie nur? Was konnte man sein, wenn man solche Worte von sich gab? Als das Mädchen erklärte, dass Aleksandras Augen diejenigen waren, die nicht richtig funktionierten, wusste sie nicht mehr, was sie darauf sagen sollte. Meinte das Ding es etwa ernst? Aleksandra kapierte sofort, was für eine Verbindung sie zog zwischen der kalten Schulter und den Augen. Allerdings war diese vollkommen falsch. Scheinbar fehlte ihr jegliche gesellschaftliche Erfahrung, um die Bedeutung von gängigen Gesten zu verstehen. Es lag lediglich am mangelnden Respekt der Vampirin gegenüber ihrer Feindin, weshalb sie diese nicht anschaute, während sie mit ihr sprach. Das Blondchen allerdings interpretierte dieses Verhalten so, dass Aleksandra sie nicht richtig sah und sich deswegen in die falsche Richtung drehte. Noch nie hatte sie jemanden getroffen, der so falsch dachte. Das lag nicht am Raum und nicht an der Zeit. Das lag an einer zurückgebildeten Persönlichkeit. Einem Kleinkind von einem Jahr Alter konnte man so etwas eventuell zuordnen. Aleksandra wusste wahrlich nicht, was sie nun sagen sollte. Zum einen würde sie das Ding wegen ihrer verletzenden Worte zerreißen und zum anderen würde sie das Ding wegen ihrer bodenlosen Dummheit zerfetzen. Sie fragte sich, wie es etwas dergleichen geschafft hatte, so lange zu überleben. Natürlich lag es an diesem zurückgebildeten Wesen, dass sie das Besondere an Aleksandra nicht erkannte. Anders konnte es nicht sein. Ein Fakt, der ihr das Recht auf Leben entzog. Die Welt brauchte derartige Wesen nicht. Sie waren überflüssig. Aleksandra drehte ihren Blick zur Seite, dann wandte sie sich über ihre eigene Schulter. Mit eiskalter Stimme und einem Blick höchster Verachtung sprach sie: „Bist du eben erst auf die Welt gekommen? Hast du absolut keine Ahnung von Gesellschaft und anderen Wesen? Wie kann sich jemand wie du anmaßen, andere Dinge und Lebewesen einzuschätzen?“ Nun drehte sich die k’Hel gänzlich um. „Lerne erst mal das Leben kennen, bevor du andere beurteilst.“ Selten kam es vor, dass Aleksandra derartige Ratschläge an andere verteilte. Bei diesem Mädchen hier war es etwas ganz besonderes, denn sie war ganz besonders … was war sie? Dumm war keine richtige Bezeichnung. Unerfahren drückte auch nicht alles aus. Es war ein Zustand, der noch beschrieben werden musste, für den sich Denker noch zusammensetzen musste, um ihn zu deklarieren.
Immer noch schaute die Engelin zu dem ihr weiterhin abgewandten Kopf empor. Auch ein paar Momente nach ihren Kommentaren schien die Unbekannte nicht so wirklich interessiert daran zu haben, etwas an diesem Zustand zu ändern. Was die Künstlerin natürlich nicht störte. Immerhin waren ihre Augen ja kaputt. Von dem Gesichtspunkt her wohl etwas ganz normales. Doch irgendwie auch faszinierend. Nun fing dieses Mädchen wirklich noch an, das Interesse ihres Gehirns auf sich zu ziehen. Doch anstatt aufzustehen und sich vor die Vampirin zu stellen, blieb sie vorerst sitzen. Denn nun wandte die Lilahaarige ihren Kopf schräg über ihre Schulter zu Shiina hinüber. Anscheinend hatte sie doch nicht so kaputte Augen. Weiterhin mit Blickkontakt zu ihrem Kopf, erwiderte die Künstlerin mit ihren Bernsteinfarbenen Augen nur zu genau den Blick der Unbekannten. Diese hatte sich anscheinend wieder beruhigt. Ihr Schatten, welcher als Merkmal dafür diente, blieb jedenfalls normal. Stattdessen versuchte sie mit Worten auf die Siebzehnjährige einzuwirken. Mit einem erniedrigenden und zugleich herabstufenden Ton sprach sie der Engelin ins Gesicht. Mit Aussagen wie "Hast du absolut keine Ahnung von Gesellschaft und anderen Wesen?" und "Wie kann sich jemand wie du anmaßen, andere Dinge und Lebewesen einzuschätzen?“ versuchte sie ihre Verachtung auszudrücken. Natürlich hatte die Vampirin damit absolut Recht, zumindest was den ersten Punkt angeht. Shiina war nun mal so Gedankenverloren und träumerisch, das sie von dem ganzen Trubel um sie herum nicht wirklich etwas mitbekam. In Verbindung mit ihrer weltfremden Art ergab dies natürlich eine unschlagbare Kombination. So gesehen kein Wunder das Shiina Begriffe wie Hass und Verachtung fremd waren. Ihre Art ließ so etwas einfach nicht zu und sie verstand es auch nicht wenn es ihr, so wie gerade, schonend und in nettere Worte Verpackt beigebracht wurde. Als ihre Gesprächspartnerin mit ihrer Aussage abgeschlossen hatte und sich nun in Schweigen hüllte, wendete sich die Engelin von ihrem Blick ab und schaute nachdenklich in Richtung des Bodens. Sie brauchte erst einmal ein bisschen um das Gesagte richtig einzuordnen. Der Fakt, dass sie sich mit der Person vor ihr auch aktiv beschäftigte, beschleunigte den Vorgang noch einmal. Aber sie wusste nicht was sie sich dort anmaßte. Wieso durfte sie denn keine Leute - oder Dinge beurteilen? Ihr Kopf wollte es einfach nicht verstehen. "...ich weiß nicht was ich mir anmaße...", meinte die Blondine und stand ohne weitere Worte zu verlieren von der Bank auf, ihren Block unter dem rechten Arm eingeklemmt. Mit langsamen Schritten begab sie sich um die Unbekannte herum, blieb vor ihrem Gesicht stehen und betrachtete sie auf die gleiche Art und Weise wie am Anfang ihrer Begegnung. Stück für Stück scannten ihre Augen die Gesichtszüge des Mädchens ab. Dann meldete sich Shiina ein weiteres Mal zu Wort. "...wie kannst du es dir denn anmaßen...?", kam die Gegenfrage der Künstlerin welche in keinster Weise böse gemeint war. Es war vielmehr eine logische Gegenfrage für die unwissende Engelin. Allerdings wartete sie gar nicht auf eine Antwort ihres Gegenübers. Stattdessen holte sie gleich eine weitere Frage nach:"...Du...welche Farbe würdest du gerne sein?...". Natürlich kam diese Aussage mal wieder zum unpassendsten Moment und war auch total aus dem Zusammenhang gerissen. Auch wenn sie mit ihrer vorherigen Frage wohl wieder einiges an Zurechnungsfähigkeit in den Augen der Fremden dazugewonnen hatte. Allerdings hatte sich das mit den letzten Worten wohl wieder erübrigt.
Laut Aleksandras Auffassung unterstrichen die blonden Worte nur die gesamte Situation. Natürlich wusste sie nicht, was sie sich anmaßte, da sie keine Ahnung davon hatte, was sie eigentlich ausdrückte. Sie sprach einfach Worte, ohne sich über deren Mächte im Klaren zu sein. Für jemanden wie Aleksandra, die am liebsten höchste Achtsamkeit in ihre Worte legte, um eine Effektvielfalt gleich einem Regenbogen zu erschaffen, war es ein Grauen, ihrer Gegenüber beim Reden zuzuhören. Aber Aleksandra war etwas verdutzt, als das Mädchen plötzlich vor ihr stand und sie erneut so musterte wie ganz am Anfang. Man konnte am Zucken ihrer Brauen erkennen, dass sie nichts angenehmes erwartete. Recht sicher rechnete sie mit ähnlich schlechtem Mundwerk wie beim letzten Mal. Unbewusst ballte sie ihre rechte Faust. Was das Blondchen dann aber sagte, ließ sie innerlich kurz zusammenzucken. In ihrem Inneren sah sich Aleksandra bereits ausrasten und dem Ding den Hals umdrehen. In Wirklichkeit aber entspannte sich ihr untoter Körper. Für jemanden ihres Metiers war es nur logisch, dass sie über ein großes empathisches Vermögen verfügte. Sie spürte dieses Mal sehr stark, welche Emotion im Hintergrund stand, als das blonde Ding seine Worte äußerte. Sie wollte es tatsächlich wissen, ohne Vorwürfe zu formulieren. Sie war hilflos und streckte ihre Hand nach einen Ratschlag aus. Alix konnte nicht anders, als zu grinsen. Jedoch war es kein Grinsen, welches auf Gutherzigkeit basierte sondern auf Hinterhältigkeit. Jemandem seine Schwäche zu zeigen, war selten die richtige Wahl. Im Kopf der Vampirin begann, sich ein Plan zu formen; und dieser wäre auch zum Abschluss gekommen, wenn man ihr nicht plötzlich eine vollkommen zusammenhangslose Frage gestellt hätte. „Wie bitte?“, fragte sie sofort nach, ohne darüber nachzudenken. Es war eine willkürliche Reaktion, über die Aleksandra keine Kontrolle hatte. „Welche Farbe ich gerne sein würde?“ Sie blinzelte ungläubig. Wo kam diese Frage nur her, fragte sie sich. Aufgrund dieser Ratlosigkeit dauerte es etwas, bis Aleksandra sich wieder fing und ernsthaft über eine Antwort nachdachte. Lange musste sie sich jedoch nicht anstrengen. Schnell hatte sie ihre Antwort. „Ein dunkles Weinrot“, sprach sie in einem verführerischen Ton. Aleksandra ging noch weiter und griff die Frage davor auf. „Ich habe bereits einiges von dieser Welt erlebt, habe andere Wesen und ihre Emotionen kennen gelernt. Die emotionale Welt der Menschen beispielsweise ist ein Fass ohne Boden. Es gibt so viele, verschiedene Aspekte, Reaktionen, Eigenheiten, die sie unterscheiden und jedes Mahl zu einem ganz individuellen macht. Daher hat jedes etwas eigenes Besonderes.“ Eine kurze Pause. „Aber du sagst, ich hätte nichts Besonderes an mir. Woran machst du fest, ob etwas besonders ist oder nicht?“ Ihr Blick wandte sich wieder. Der verführerische schwand und der abschätzende einer grimmigen Lehrerin kehrte ein. Noch war sie mit dem Ding nicht durch und noch hatte es sich nicht aufs sichere Ufer gerettet, welches sich noch in Horizontnähe befand.
[out: Sorry das du so lange warten musstest. D: Hatte nen bisschen was um die Ohren.]
Still und starr vor der Fremden stehend, betrachtete die Blondine alles was die Vampirin tat. Wie sie sich bewegte, was ihre Hände taten, wie ihre Körperhaltung sich abwechselte. Sonderlich etwas dabei denken tat die Engelin allerdings nicht. Vielmehr beobachtete sie, wie die Unbekannte, genauso wie alle anderen, überrascht auf ihre Frage reagierte. In den Augen Shiinas komplett unverständlich. Das dies natürlich meistens im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt stand, darauf war die Blondine noch nicht gekommen. Auch die Chance darauf, dass sie es irgendwann mal einmal realisierte, war so negativ wie die Temperatur in der Antarktis. Wie ein Kleinkind das seine Mutter anstarrte, schaute sie der Fremden ins Gesicht als diese sich wieder gefangen zu haben schien. Sie war wirklich gespannt auf die Antwort und als diese nun endlich kam, nahm ihr Gehör die Aussage wie ein Staubsauger in sich auf. "...Dunkelrot...", sagte Shiina leise noch einmal und senkte ihren Kopf nachdenklich. Dabei blockierte der Hut die Sicht auf ihr Gesicht. "...Dunkelrot...", wiederholte sie noch einmal. Nun klang die Künstlerin aber eindeutig nachdenklicher. So langsam begann ihr Kopf zu arbeiten. Rot, eine kräftige Farbe welche durch seine auffallende Wirkung auch als schön und attraktiv gewertet wurde. Die Farbe setzte Kontrast, egal ob sie nun dunkel - oder hell war. In der dunklen Variante aber, ließen sich damit auf bunten Bildern ab und zu sanfte Kontraste abzeichnen. Ein Grund warum Shiina diese Farbe auch sehr mochte. Ja, der Geschmack gefiel der Engelin durchaus. Auch auf ihre Persönlichkeit gab dies durchaus Aufschluss. Die Künstlerin musste nur noch wissen in welchem Rahmen. Nach kurzer Zeit erhob die Engelin wieder ihren Kopf und man konnte ihr Gesicht wieder erkennen. "....eine schöne Farbe...." , meinte sie in ihrer sanften Art zu dem Mädchen und schaute wieder wie vorher ausdruckslos in deren Gesicht. Nach einer kurzen Pause folgte dann die nächste Aussage:"...ich mag sie...". Danach kehrte von Shiinas Seite wieder stille ein. Die Lilahaarige dagegen verfiel nun geradezu in einen Redeschwall. Sie begann von ihren Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen zu reden. Erst als die Fremde kurz vor dem Ende ihrer Erklärung war, erinnerte sich die Blondine wieder daran was vor der Frage mit der Farbe gewesen war. So fiel es ihr auch nicht sonderlich schwer das alles zuzuordnen. Ein Wunder, wenn man bedenkt, dass normalerweise wieder ein schiefer Kopf Shiinas die Folge wäre. Man konnte eindeutig erkennen wie die Augen der Engelin vor Interesse – und Begeisterung anfingen zu leuchten. In ihren Gedanken klang das alles wirklich wundervoll. Mal abgesehen davon, dass sie das Wort „Mahl“ in diesem Moment einfach als „mal“ wertete. Man musste kein Experte sein um zu bemerken, dass die Künstlerin durchaus angetan von den Erklärungen ihrer Gesprächspartnerin war. Diese jedoch schien das im ersten Moment nicht zu bemerken. Stattdessen griff die Vampirin ein noch älteres Gesprächsthema auf. Anscheinend hatte sie nach all dem ebenfalls Interesse an den Aussagen der Blondine bekommen. Nach welchen Kriterien sie Sachen als Besonders einstufte, wollte sie wissen. Etwas verdutzt über die Frage legte die Künstlerin ihren Kopf wieder einmal schräg auf die Seite. Sie wusste nicht, was sie darauf Antworten sollte. Dennoch war es ihrem vorherigen Gedankengängen zu verdanken, das ihr Verstand dieses mal kurz die Kontrolle über sie ergriff. Wobei dies nur begrenzten Einfluss auf ihre Art zu sprechen hatte. Immer noch machte sie die kleinen Pausen in ihren Sätzen. "...ich zeichne nur Tiere und Landschaften...keine Menschen...", antwortete sie in dem ihr normalen Tonfall und schaute die ihr Gegenüber stehende Person noch einmal ganz genau an. Ob diese Antwort der Unbekannten jetzt etwas bringen würde, sei einmal dahingestellt. Gelogen hatte die Engelin aber nicht. Es kam wirklich sehr selten vor, das Menschen auf ihren Leinwänden und Blöcken landeten. Noch wagte sie sich an das Manga zeichnen nicht so wirklich heran. Auch wenn ihre Bilder mit Pinsel allesamt Meisterwerke waren. Das bekam sie noch nicht auf die Reihe. Doch etwas anderes erregte die Aufmerksamkeit der Engelin. Ja, der kleine Moment der Klarheit hatte die Blondine noch auf etwas anderes aufmerksam gemacht. Sie spürte eine Aura von der Person vor ihr. Aber es war kein Dämon. Beinahe erstarrt stand sie vor dem anderen Mädchen. Innerlich darüber Rätselnd welches Wesen da genau vor ihr stand. Hätte der Wind in diesem Moment nicht geweht, hätte man davon ausgehen können Shiina wäre zu einer Statue geworden. "...du bist ein Vampir...", sagte die Siebzehnjährige plötzlich ohne jeden Zusammenhang und wirkte dabei so ruhig wie sonst auch. Das die Aktion der Fremden am Anfang ihrer Begegnung nicht ganz menschlich erschien, war der Anwenderin wohl selbst klar. Aber die genaue Bestimmung der Rasse so aus dem nichts konnte doch schon für Verwirrung sorgen. Auch der Unbekannten sollte jetzt klar sein, das sie keinen gewöhnlichen Menschen vor sich sitzen hatte.
Dieses Mädchen – dieses Ding. Aleksandra verzweifelte an ihr. Was hatte sich die k’Hel Mühe gegeben, dem Dummerchen zu erzählen, was es benötigte, um andere maßregeln zu können. Mit dem im Kopf hätte sie in der Lage sein müssen, ihr klar und deutlich ins Gesicht zu sagen, dass sie überhaupt nicht in der Lage gewesen war, Alix richtig einzuschätzen. Sie war ein törichtes, unerfahrenes Wesen. Für Aleksandra spielte es gar keine Rolle mehr, was das Blondchen zu ihrer Farbe sagte. Es war eh nur eine Hand voll Wörter, die schnell vom Wind verweht wurden. Allein den Grund für ihre Frage verstand die Vampirin nicht. Wie aus dem Nichts heraus hatte sie nach der Farbe gefragt, welche Alix gerne sein wollte. Und im Nachhinein wurde sie auch nicht schlau draus. Vollkommen sinnlose Zeitverschwendung, wie Aleksandra empfand.
Aber die Krone des Ganzen schoss wirklich die Reaktion des Blondchens auf den kleinen Vortrag der Russin ab. Da kam keine Antwort, die überhaupt im Entferntesten eine Antwort für Aleksandras Frage war. Inhalt von Frage und Antwort unterschieden sich wie Tag und Nacht. Alix wollte die Gründe ihres Verhaltens wissen und nicht was sie am liebsten zeichnete. Wer zur Hölle wollte das denn jetzt überhaupt wissen? Niemand! Aber vielleicht war es eine Ausrede. Die Möglichkeit bestand noch. Aleksandra erkannte, was noch dahinterstecken konnte. Es war die Ausrede, dass das Blondchen überhaupt nicht über die Erfahrung verfüge – und das gestand sie sich gerade ein -, um Lebewesen zu beurteilen. Wobei sie von Menschen sprach … Eine Rasse, der Aleksandra nicht angehörte. Also vielleicht war es doch keine Ausrede, aber stattdessen eine Beleidigung? Beleidigte sie Aleksandra als Mensch? Just in diesem Moment formte sich wieder etwas Wut in ihrem Herzen. Alix‘ Gemüt erwärmte sich und näherte sich langsam der Siedetemperatur. Welch Glück für das Dummerchen, dass sie ihre Vermutung bezüglich Aleksandras Rasse kundtat. Es war also doch keine Beleidigung gewesen. Aleksandras Züge beruhigten sich wieder. Fehlalarm. Dann meinte sie mit Menschen doch nur allgemein Lebewesen bis auf Tiere. Wobei für Aleksandra auch Menschen Tiere waren. Der Großteil verhielt sich zumindest so. Tiermenschen waren noch mehr Tiere. Werwölfe ohnehin. Aber zurück zur abgrundtief schlechten Antwort: Es war eine Ausrede. Wer Lebewesen nicht kannte, konnte sie nicht beurteilen. Wer nur tote Gegenstände und Tiere kannte, konnte nur diese beurteilen. Wer also nur Totes und Tierisches zeichnete, für den war ein Vampir uninteressant. Allerdings hätte sie dies ruhig schonender ausdrücken können. Dann hätte Aleksandra eine gehörige Portion Nerven gespart. Ein tiefes Seufzen.
Aleksandra wollte nicht vergessen, dass das Blondchen eine goldrichtige Vermutung abgegeben hatte. Vermutlich war sie selber nicht vollständig menschlich, weshalb sie so schnell darauf gekommen war. Ein einfacher Mensch würde seinen Gegenüber nicht ohne weiteres einen Vampir schimpfen. Da half auch nicht Aleksandras Einlage von vorhin. In welchem Märchen kämpften Vampire schon so wie sie? Der Vampir in den Geschichten der Menschen verwandelte sich in eine Fledermaus und saugte trist andere aus. Stattdessen hatte Alix ein Wesen eingesetzt, dessen Bezeichnung als Lebewesen auszudiskutieren war. Sie lächelte. Ja, Alix lächelte etwas. Kurz ließ sie ihren Kopf sinken, ehe sie ihren Blick wieder nach oben führte und ein paar verführerischer Augen in die ausdruckslosen ihrer Gegenüber blickten. „Und möchtest du gerne erleben, was es heißt, einem Vampir gegenüber zu stehen?“ Sie ging einen Schritt auf das Blondchen zu. „Die Menschen sehen in Vampiren oft nur einfache Blutsauger. Was denkst du?“ Ein weiterer Schritt folgte. „Hast du dich schon mal gefragt, wie es ist, gebissen zu werden?“ Weitere Schritte. „Willst du es gerne ausprobieren?“ Am Ende der letzten Frage stand Alix unmittelbar bei ihrem Opfer und fuhr mit ihrer rechten Hand ihren Körper hinauf über den Hals und streichelte ihre Wange. Die zweite Hand lag an ihrer Hüfte. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Nasenspitzen voneinander.
Es war eine Merkwürdige Situation in der sich die Engelin wiederfand. Kein einziges Wort fiel aus den Mündern der beiden. Es war vielmehr in ein stumpfes anstarren übergegangen. Der angespannten - bis neutrale Blick der Lilahaarigen und Shiinas unschuldigen, beinahe kindlichen Art. Sie lieferten sich einen Wettbewerb. Würde man nun die Sichtlinien der beiden Mädchen sichtbar machen, so würde es wie in diesen Zeichentrickfilmen aussehen. Zwei Energien die sich auf der Mitte trafen und darum kämpften, möglichst nah an den anderen heranzukommen. Ganz besonders die Vampirin schien dabei relativ oft die Methode zu wechseln. Erst nach einer weiteren Periode des Schweigens zeigte sich die erste Reaktion von Seiten des anderen Mädchens. Es war ein Rasches senken ihres Kopfes, welches Sekunden danach gleich wieder aufgehoben wurde. Der Blick, welcher Shiina entgegen geworfen wurde hatte sich dabei enorm verändert. So war es jetzt ein mehr verführerischer Blick, welcher auf die Engelin gerichtet war. Doch das war erst der Anfang. Auf einmal war die Vampirin wie ausgewechselt. Einem normalen Menschen wäre dies jetzt bereits sehr suspekt vorgekommen. Allein schon die Frage, welche die Lilahaarige in Richtung der Blondine warf war mehr als kritisch zu deuten und in der Tat begann auch Shiinas verstand den Ernst der Lage zu begreifen. Er schrie förmlich nach einer Reaktion der Siebzehnjährigen. Wie ein Polizeiwagen mit Martinshorn brüllte er das Gehirn der Künstlerin an als der erste Schritt in ihre Richtung gemacht wurde. Doch nichts geschah. Weiterhin verharrte die Blonde auf ihrer aktuellen Position. Keine hastigen Bewegungen, gar nichts kam von Shiinas Seite aus. Nicht mal eine Antwort erhielt die Vampirin auf ihre Frage. So sehr waren die exzentrische - und logische Seite ihres Gehirns sich gerade am bekriegen. Selbst beim zweiten Schritt passierte nichts. Der einzige Unterschied war, dieses Mal antwortete die Künstlerin. "...ich weiß nicht...", meinte die Engelin nur und schaute weiterhin tief in die Augen des Vampirs. Wie als wäre sie hypnotisiert stand sie dort. Shiinas Verstand war nun schon mit dem Knall einer Kanone vergleichbar, welche ununterbrochen auf die Mauer der exzentrischen Festung einhämmerte. So sehr wollte er die Engelin davor bewahren in die Falle dieses vermeintlich feindlichen Wesens zu geraten. Doch es hatte keinen Erfolg. Mit der buchstäblichen Macht einer Atombombe fegte ihre exzentrische Seite den kleinen Gegner vom Feld. Von außen her bemerkbar an der nun wieder locker gewordenen körperlichen Haltung der Blondine. Ihr kindlicher, naiver Blick kehrte zurück und ihr Kopf legte sich ein weiteres mal schräg zur Seite. Mittlerweile war die Lilahaarige Vampirin bereits einen weiteren Schritt auf sie zu gekommen. Mit der Frage, ob sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, wie es ist gebissen zu werden. schüttelte die Engelin nur sanft den Kopf. "...nein, habe ich nicht...", meinte sie sanft zu dem Mädchen und legte den Kopf nun wieder in eine waagerechte Position. Es war der letzte Schritt Aleksandras, welcher ihr einen fragenden Blick von Seiten Shiinas einbrachte. Insbesondere die Berührungen, welche die Lilahaarige an ihrem Körper ausführte, wusste sie nicht wirklich einzuordnen. Es war ein kribbelndes, elektrisierendes Gefühl als die Vampirin mit ihren Fingern langsam an ihrer Seite von der Hüfte aus nach oben glitt. Es war so elektrisierend das sich wirklich eine Art Gänsehaut bei der Blondine bildete. Mit einem nun fragenden Blick entgegnete sie dem verführerischen Gesichtsausdruck, welcher wenige Zentimeter vor ihren Augen seinen Platz gefunden hatte. Angst hatte die exzentrische Blondine nicht. Trotzdem war sie durchaus verwirrt. Die nun folgende, letzte Frage toppte aber alles. Ob sie es mal ausprobieren würde, gebissen zu werden. Es ließ sich in diesem Moment wirklich nur noch erahnen was nun kommen würde. Da, wo jeder andere verneint hätte. Fand das Gehirn Shiinas es für eine unglaublich wertvolle - und interessante Erfahrung. Einen kurzen Moment war sie still, dann nickte sie. "...Ja...".