Der asphaltierte Hauptplatz befindet sich inmitten der Stadt im Herzen des Baradori Viertels, ist sehr groß und belebt und ausserdem der ideale Treffpunkt für Jugendliche. Die vereinzelten, umliegenden Straßen sind allesamt mit dem Hauptplatz verbunden, an dem jedoch striktes Fahrverbot herrscht. In der Mitte des Platzes steht ein kleiner Brunnen mit Sitzflächen, etwas am Rande des Platzes außerdem eine Reiterstatue, die bestimmt schon seit vielen Jahrhunderten hier steht. Überall am Platz verteilt gibt es Bänke, vereinzelt mit schattenspendenden Bäumen, auf dem sich gerne Leute hinsetzen um das rege Treiben zu beobachten. Nicht unbedingt am Platz selbst, am Rande jedoch, wo die Straßen beginnen herrscht stets ein Gedrängel - also seid vorsichtig, rempelt nicht zu viel und nehmt euch vor Taschendieben in Acht!
Als Yui ihre Hand diesmal ergriff, erschrak Hayumi wenigstens nicht. Besonders wohl war es ihr zwar nicht, aber sie ließ sie gewähren. "Was 'n an ner Straße gruslig? Nur weils bisschen dunkel is oder wat?" Nachdem sie sich so langsam von der Stadt entfernten, richtete die Dämonin den Blick auf die Hand, die mit der des anderen Mädchens verschlungen war. Seit sie ihre ehemalige Weggefährtin töten musste, welche sie fast bis zur fähre begleitet hatte, hatte sie niemanden mehr beachtet, als irgendwie nötig. Geschweige denn berührt. Und wenn das Mädel auch 'n Engel is? Naja, die Kleene wird mich jedenfalls net angreifen... Langsam realisierte Hayumi, dass sie nicht die Berührung selbst störte sondern, dass das Mädchen ihre Hand blockierte. "Hopp!" rief sie, und kaum einen Herzschlag später warf sie Yui auf ihrem Rücken. Um sich so Effizient wie möglich zu bewegen, entfernte sie sämtliche Materie aus den Körperteilen die sie Momentan nicht nutzte und machte ihren Rücken weich wie ein Kissen. So war ihr Gesicht komplett durchsichtig, als sie sich zu dem Mädchen auf ihrem Rücken umdrehte. "Alles klar da oben, oder willste wieder runter da?" grinste Hayumi breit.
Was an einer Straße gruslig ist? Das sie dunkle Ecken hatte in denen alles Mögliche lauern konnte reichte doch wohl um gruselig zu sein, oder etwa nicht? "Ja, dunkel ist gruslig. Und wenn man alleine ist ist es noch grusliger" meinte Yui ehe sie plötzlich hochgehoben und von Hayumi auf den Rücken genommen wurde. Auf Hayumis Rücken war es richtig angenehm und Yui gefiel es auch getragen zu werden, da sie onehin bereits etwas erschöpft war und der Weg zum Waisenhaus noch sehr weit und steil zu sein schien. Außerdem fühlte sie sich so viel sicberer. "Danke Hayu, das ist voll nett von dir, jetzt kann ich auch viel weiter gucken" sagte sie, und hielt sich mit den Händen an ihrem Hals fest. Der Größenunterschied zwischen den Beiden war ja schon enorm. Aber Hayumi war bestimmt auch schon älter als Yui. "Du Hayu sag mal, bin ich eh nicht zu schwer? Es ist noch total weit" fragte Yui die Dämonin.
Wie Yui Angst vor der Dunkelheit haben konnte, war Hayumi ein Rätsel. Sie war jedoch froh, dass Yui kein Problem damit hatte, getragen zu werden. Allerdings war es schwer zu erklären, weswegen es für die Dämonin keinen Unterschied machte, ob Sie das andere Mädchen trug oder nicht. "Du bist ja net schwer!" Grinste Sie "außerdem, kann ich ja jetze, wo wa außer stadt sin, einfach durchsichtisch werden und mit da Kraft die ich so spar, meine Beine stärker machen! Wolln wa ma n' Gang zulegen?" Endete Hayumi, und begann schon das Tempo leicht zu erhöhen. Die Erklärung war zwar ziemlich dürftig gewesen, jedoch wahrscheinlich besser als nichts. Nachdem Sie einen weiteren Teil des Weges zurück gelegt hatten drehte Hayumi sich nochmal zu Yui um. "Samma wo gehstn' du zur Schule? Die aufer Insel is doch erst ab 14 oder nich?"
Hayumi erklärte, dass sie durchsichtig stärker war und so schneller laufen konnte. Dann fragte sie, ob sie einen Zahn zulegen konnte und rauschte auch schon loß. Yui misste sich ordentlich festhalten um nicht runter zu fallen. "Hayu, das macht ja richtig Spaß!" meinte sie. Die Tatsache, dass Hayumi nun vollkommen durchsichtig war störte Yui nicht, da Hayumi so nett zu ihr war. Sonst hätte sie von so einer Erscheinung bestimmt Angst bekommen. Nachdem die Beiden so einen großen Teil der Strecke zurückgelegt hatten blieb Hayumi stehen um Yui einige Fragen zu stellen. "Schule? Na hier. Ich bin 14 oder so." sicher war sich Yui dabei allerdings nicht. Als man sie damals gefunden und aufgenommen hatte wurden ihr Alter und ihr Geburtsdatum geschätzt. Yui war auch viel langsamer gealtert als die anderen Kinder aber in Menschenjahren würde sie wohl bestimmt schon 14 sein. "Du Hayu sag mal wie alt bist du eigentlich?" wollte Yui dann wissen. Als Dämon konnte es ja sein, dass sie bereits uralt war.
Es freute sie, dass Yui Spaß daran hatte getragen zu werden, doch das sie 14 war hätte Hayumi wirklich nicht gedacht. Eher hätte sie sie auf die hälfte geschätzt, da sie sich auch nicht wie die 14-jährigen verhielt die Hayumi kannte. "Bin 16 glaub ich. Hab mein halbes Leben inner Unterwelt gelebt, da rechnet man Zeit n' bisschen anders. Aber wenn mein Bruder halb so gut Rechnen konnte wie er getan hat, ham wa da neun Jahre gelebt. Wenn de auch nich so genau weist, wie alt de bist, feierste dann Geburtstag?" Sie selbst hatte nur ihren 15. gefeiert, da sich in der Unterwelt keiner dafür interessierte und sie da zum ersten mal Menschliche "Freunde" hatte. Als jedoch ihre Gedanken zu ihrem Bruder schweiften, wurde sie ein wenig traurig. Er war bevor er gefasst wurde nur noch ein Schatten seiner selbst, jedoch waren sie vier Jahre gemeinsam durch die irdische Welt gereist und irgendwie vermisste sie ihn. Hayumi hatte das Bedürfnis ihre Begleiterin nach ihrer Familie zu fragen, jedoch waren sie auf dem Weg in ein Waisenhaus, weswegen es ihr irgendwie überflüssig erschien.
Hayumi war also 16. Yui musste lachen. "Hayu ich hab geglaubt du bist viel älter" meinte sie. Bei Dämonen verging die Zeit schließlich bestimmt auch anders als bei Menschen. "Geburtstag? Habe ich noch nie gefeiert." sagte Yui. In dem Waisenhaus aus dem sie kam hatte sie keine Freunde mit denen sie hätte feiern können. Außerdem war ihr genauer Geburtstag ja unbekannt. Unter einer solchen Feier konnte Yui sich absolut nichts vorstellen. "Du Hayu, sag mal macht sowas Spaß und was macht man da?" wollte Yui wissen und inspizierte mit einem kurzen Blick schnell den restlichen Weg zum Waisenhaus der durch einen düsteren Wald zu gehen schien. Alleine nei dem Gedanken da durch zu müssen bekam Yui Gänsehaut und klammerte sich noch fester an Hayumi um ja nicht von ihrem Rücken herunter zu rutschen.
"Wat? Seh ich so alt aus?" Ein wenig verwunderte es sie, dass Yui Sie für so viel älter hielt, "V'leicht bin ich ja auch viel älter, is alles von mei'm Bruder gerechnet." Eigentlich hielt sie ihren Bruder für ziemlich intelligent, aber bisher hatte niemand eine "zeitrechnungstabelle" zwischen irdischer Welt und Unterwelt, noch niemand gemacht. Im Prinzip war es ja auch nicht wichtig, wie alt Sie war, Sie fühlte sich als wäre Sie im gleichen Alter wie die Menschen von denen Sie wusste das Sie 16 waren, also war Hayumi 16. An ihren einzigen echten Geburtstag konnte Sie sich nicht sonderlich detailreich erinnern. "An mei'm Geburtstag... Da hat Oma mir morgens nen Kuchen gemacht, ich hab n' paar Geschenke 'kricht und meine Freundin kam vorbei. N paar Tage später Wen wa mit anderen Leuten inner Karaoke bar. War ganz lustig, aber nich besser als nen dunklen weg mit na kleenen aufm Rücken zu latschen!" Wieder einmal drehte die Dämonin sich um und lächelte. "Freuste dich schon auf'n dunklen Wald?"
"Naja, ich hab geglaubt Dämonen sind älter." meinte Yui. Die Art wie Hayumi ihren Geburtstag gefeiert hatte fand Yui interessant. Sie selbst war noch nie in einer Karaokebar gewesen und hatte auch noch nie Freunde gehabt mit denen sie hätte feiern können. In ihrem letzten Waisenhaus war sie immer die totale Außenseiterin gewesen. Sie war richtig froh, dass sie Hayumi hier gleich gefunden hatte. "So ein Geburtstag hört sich ja lustig an. Hayu? Lass uns Freundinnen sein, bittebitte" sagte Yui. Dann hätte sie endlich ohre erste richtige Freundin gefunden. Und Hayumi wäre mit ihrer direkten Art auch perfekt dafür geeignet auf die kindische und viel zu klein geratene Yui aufzupassen. Dann fragte Hayumi nocj, ob sich Yui bereits auf den Wald freuen würde. "Nein, ich freue mich gar nicht auf den Wald, da ist is gruselig und dunkel. Außerdem ist es schon fast Nacht, da kann alles mögliche im Wald unterwegs sein"
Irgendwie wurde Hayumi bei Yuis Frage die Absurdität der Situation klar. Sie war eine Dämonin mit einem halben Körper, hatte ein Mädchen auf dem Rücken, welches deutlich älter war als es sich benahm und nicht wusste was es war, lief einen dunklen Weg durch einen Wald entlang und das Mädchen fragte sie, ob sie Freundinnen sein könnten. Hayumi brach in gelächter aus. "'türlich könn wa Freunde sein! Wenn de meinst, dass de mit ner Dämonin befreundet sein willst, die ihr halbes Leben auf'er Flucht war." Hayumi lief noch ein Stück schneller, konnte aber nicht aufhören zu lachen. "Ich wette ich bin das Gefährlichste in diesem Wald!" rief sie in einer Atempause über ihre Schulter. Nachdem sie gut eine Minute mit voller geschwingigkeit gerannt war, blieb sie unvermittelt stehen. Warum lache ich eigentlich? Sie fand keine Antwort auf diese Frage, und ging langsam, wie in Trance, weiter.
Wie bitte? Hayumi sollte das gefährlichste hier im Wald sein? Aber sie war doch nett, oder? Yui brauchte sich also keine Sorgen zu machen. Oder etwa doch? Wenn Hayumi das gefährlichste hier war würde sie Yui doch vor anderen gefährlichen Dingen beschützen. Oder brachte Hayumi sie jetzt nur deshalb in den dunklen Wald um sie dort aufzuessen oder was auch immer Dämonen sonst mit Anderen machten? Unzählige Fragen schossen Yui durch den Kopf und sie fing an zu zittern. Andererseits sagte Hayumi, dass sie sehr wohl Freundinnen sein konnten. Das beruhigte Yui etwas. Als Hayumi wieder langsamer ging waren sie glücklicherweise bereits fast gänzlich durch den Wald gekommen und bis zum Waisenhaus war es nicht mehr sonderlich weit. "Du Hayu, du bist aber schon lieb und nicht böse, oder? Vor dir brauche ich keine Angst haben, oder doch?" wollte Yui wissen um sicherzugehen.
