Das Zimmer ist auf der Fensterseite mit zwei Betten an der linken und rechten Wand, den dazugehörigen Nachtkästchen und einem kleinen Regal, das von beiden Mitbewohnern benützt werden darf, ausgestattet. Auf der Türseite befinden sich zwei Schreibtische mit Lampen und ein Kleiderschrank, um die Klamotten der Schüler aufzubewahren. An besonders heissen Tagen sorgt die im Zimmer eingebaute Klimaanlage für ausreichend Abkühlung. Die kürzlich neu gestrichenen, weissen Wände lassen den Raum besonders freundlich wirken.
Für einen Moment dachte er schon, sie mit seinen Worten verärgert zu haben. Er wollte diesen Augenblick nicht mit seinem taktlosen Gerede zerstören, und genauso wenig wollte er, dass sie nun einfach ging. Vermutlich wüsste er für den Rest des Abends – oder bis diese scheinheilige Versammlung in der Akademie begann – ohnehin nichts mit sich anzufangen. Natürlich, der Blonde könnte einfach an beliebte Orte gehen und sehen, wen er dort so traf, aber irgendwie hatte er nun keine Lust darauf neue Mitschüler kennen zu lernen. Morgen war schließlich auch noch ein Tag, an dem man neuen Gesichtern begegnen und vielleicht neue Freundschaften schließen konnte. Während er so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass er hier noch keine Person getroffen hatte, welche ihn wirklich sympathisch fand. Abgesehen von Chloe, aber die meldete sie offenbar auch nicht mehr bei ihm, und Jinai, aber … bei ihr war es irgendwie etwas anders. Die beiden standen sich ohnehin näher als pure Freundschaft, denn einfache Freunde küssten sich nicht und konnten wahrscheinlich auch miteinander reden ohne rot anzulaufen. Die Dämonin hatte sich wieder aufgerichtet, ihr Haar wirkte leicht durcheinander, doch ihre Stimme klang fest und ruhig. Er war sich nicht darüber im Klaren gewesen, ob er auf seine Frage überhaupt eine Antwort erwartet hatte oder diese einfach gestellt hatte, um die Stille zu durchbrechen, die zwar nicht unbedingt unangenehm gewesen war, aber doch etwas lästig. In einem Raum zu sitzen und sich gegenseitig an zu schweigen, war eben doch nicht das Wahre, wenn man besseres tun könnte. Nun hatte der Dämon zumindest seine Antwort, ob er nun eine verlangt hatte oder nicht – es war ja auch belanglos. Ihr Blick zur Tür blieb Jun nicht unentdeckt, ebenso vernahm er ihr Murmeln diesmal genau, sodass ihm für einen Moment der Atem stockte. Hatte sie etwa jetzt schon genug von ihm und war sie seine Art satt? Zweifelnd richtete er seinen Blick in seinen Schoß, während er auf seine Unterlippe biss. Wenn sie gehen wollte, konnte er sie nicht davon abhalten und irgendwie fehlten dem Schüler ohnehin gerade etwas die Worte. Doch scheinbar wurden gar keine überflüssigen Worte von ihm verlangt, denn das Mädchen lehnte sich wieder zurück bis sie wieder mit dem Rücken auf der Bettdecke lag. Mit einem einzigen Unterschied, nämlich zog sie Jun dabei mit hinunter, welcher sich nicht auf diese Aktion vorbereitet und dementsprechend wenig Zeit zum Reagieren hatte. Mit dem Oberkörper auf ihr liegend, sah er ihr in die Augen, während ein leichter Schimmer seine Wangen in ein zartes Rosé färbte. Es war ihm nicht unangenehm so da zu liegen, bloß kam dies unerwartet. Bevor er vollständig realisieren konnte, was geschehen war, lagen ihre Lippen auf seinen. Ein wenig hatte er das Kribbeln schon vermisst, welches ihn nun wieder heimsuchte und in eine nahezu euphorische Stimmung versetzte. Nicht wissend wohin mit seinen Händen, stützte er sich mit der einen auf dem Bett ab, um Jinai etwas Freiraum zu gewähren und strich ihr mit der anderen durch das helle Haar. Wieder erreichte der Tag eine Wendung, die er zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Während er den Kuss vorsichtig intensivierte, fuhr er ihr mit der Hand den Nacken und Hals hinunter, konnte für wenige Sekunden das stetige Pulsieren ihrer Halsschlagader spüren, bevor er an ihrer Wange innehielt. Nun fiel Jun auf, dass er unwillkürlich die Augen geschlossen hatte und öffnete diese zaghaft wieder, um Jinais Gesicht für eine kurze Weile zu betrachten. Darauf schloss er seine Lider wieder, um hauptsächlich ihre Berührungen zu genießen.
Jinai hatte keine Ahnung, wie lange die beiden schon dort lagen. Ob es nun Sekunden waren, oder gar schon Minuten, und wenn ja, wieviele? Je länger sie Jun küsste, desto weiter entfernte sich auch der Gedanke von ihr, ihn je wieder loslassen zu wollen. Die Angst kam in ihr auf, was wäre, wenn morgen wirklich alles anders war? Wenn sie sich plötzlich ganz anders gegenüber dem anderen verhalten würden, sich nichtsmehr zu sagen hatten und sich womöglich auch noch aus dem Weg gehen würden? Darüber wollte die Dämonin natürlich genauso wenig nachdenken, doch in ihrem Unterbewusstsein verankerte sich diese Angst und würde irgendwann auch wieder hochkommen. Jinai war sich jeder Berühung von Jun bewusst, genoss seine weichen Lippen auf ihren und merkte jede Regung seiner Hand an ihrer Wange. Ihre Arme hatte die Weißhaarige um seinen Oberkörper gelegt und ihre Hände ruhten auf seinem Rücken, ab und zu unterbrochen von streichelnden auf- und abwärts Bewegungen. Wahrscheinlich hätte sie auch am liebsten ihre Beine um seine geschlungen, doch erschien ihr das dann doch zuviel des Guten. Überhaupt musste sie sich zurückhalten, ihn nicht gleich anfangen auszuziehen und ihren Gelüsten nachzugeben, immerhin wollte sie Jun ja nicht verschrecken und irgendwas tun, was er überhaupt nicht wollte. Demnach ermahnte sie sich stets selbst, sehr vorsichtig zu sein, mit dem was sie tat, auch wenn es schwer war. Dennoch sollte der Junge merken, dass Jinai inzwischen fordernder und intensiver küsste und ihr Griff um ihn sich etwas verstärkte. Wehtun konnte sie ihm damit wohl kaum, dazu war sie viel zu schwach, was man ihr vielleicht garnicht so wirklich zutraute, sollte man nur ihre harte Schale kennen. Obwohl der Blonde ihr so nah war wie nie, sie ihn küssen konnte, ohne dass er etwas dagegen hatte, störte sie etwas. Die Sehnsucht nämlich ebbte nicht ab, sie wurde nurnoch stärker, ebenso wie der Herzschlag der Dämonin und das fast schon nichtmehr aushaltbare Kribbeln in ihrem Bauch. Sie wollte mehr, aber sie wusste nicht, was dieses "mehr" war. Sie bezweifelte, dass es irgendwas mit körperlicher Aktivität in einem Bett zutun hatte. Im nächsten Moment lösten sich Jinai's Lippen wieder langsam von Jun's, doch waren sich ihre Münder immernoch sehr nah, sodass sie seinen Atem spüren konnte. Ihre Augen hatte sie immernoch geschlossen, während sie sich voll und ganz auf die Wärme konzentrierte, die von dem Dämon ausging. "Ich liebe.." Nicht mehr als ein Flüstern kam über ihre Lippen, ehe sie stockte und ihre Augen aufschlug. Das Mädchen sah dem Jungen, welcher über ihr lag, in seine Augen und hielt die Luft an. Sie hatte keine Ahnung, was sie nun veranlasst hatte, diese Worte zu sagen, und ehrlich gesagt erschreckte es sie zutiefst. Für einige Sekunden schwieg sie nur, während sie Jun mit einem undefinierbaren Blick, jedoch leicht geröteten Wangen ansah. Er war 16... eigentlich viel zu jung für sie. Immerhin könnte er auch ihr ur ur ur ur ur Enkel sein, oder so. Jinai fragte sich, ob sie wohl jemals Kinder haben wollte. Oder ob sie wohl irgendwann einmal verheiratet sein würde. Doch am meisten fragte sie sich, warum sie nun an solche Dinge dachte. ".. Schokolade", beendete sie ihren Satz schließlich und sah den Jungen über sich leicht verwirrt an. "Das wollte ich gerade nur mal sagen."
Während er ihre Handflächen auf seinem Rücken spürte, bemerkte, dass sie immer fordernder wurde, intensiver küsste und ihren Griff um ihn verstärkte. Nicht, dass er sich daran störte oder dass es ihm etwas ausmachte. Im Gegenteil, ihr Verlangen bestätigte ihn drin, hier das richtige zu tun. Dennoch wusste der Blonde nicht, wie weit er gehen durfte und konnte, was sie ihm erlauben und was verwehren würde. Er wollte diesen innigen Moment nicht unterbrechen, indem er einen Schritt zu viel machten, wobei er selbst nicht einmal wusste, ob er dafür bereit war. Vermutlich war es ohnehin noch zu früh auf die nächste Ebene zu gehen, sodass er vorerst ihre Lippen auf seinen genoss, ihren Duft, ihr weiches Haar, ihre reine Haut. Es war beinahe unheimlich, wie sie sich von den restlichen Schülern abhob. Nicht nur durch ihr Äußeren, sondern durch ihre gesamte Ausstrahlung. Dies mochte vielleicht an ihrer Lebenserfahrung liegen, an all den Ereignissen, welche sie miterlebt hatte. In diesem Augenblick wurde dem Jungen schlagartig bewusst, welch Spalte doch zwischen ihnen klaffte. Während sie bereits fünfhundert Jahre diese Welt bewohnte, konnte er gerade einmal sechzehn Jahre lang das Leben genießen. Eine kurze Zeit, wenn man sie mit der tatsächlichen Lebensdauer eines Dämonen verglich. Beinahe wäre ihm ein Seufzen über die Lippen geglitten, doch da fiel ihm auf, dass diese noch auf denen, der Weißhaarigen lagen. Mit heftig pochendem Herzen legte er nun beide Hände an ihre Taille, während er darum bemüht war sich mit den Knien irgendwie am Bettrand ab zu stützen, was ihm auch mehr oder weniger gelang. Zumindest hatte Jun auf diese Art und Weise beide Hände frei und musste nicht einen Arm nutzen, um nicht vollständig auf Jinai zu liegen. Vielleicht hätte sie nichts dagegen, doch er wollte ihr ihren Freiraum lassen und sie nicht erdrücken (ja, mit seinen mickrigen 57 kg!). Widerwillig löste er schließlich seine Lippen von ihren, fuhr sich flüchtig mit der Zunge über diese und wand währenddessen nicht den Blick von ihr ab. Sie waren sich immer noch so nahe, dass wahrscheinlich gerade einmal ein Blatt Papier zwischen ihre Nasenspitzen gepasst hätte. Er spürte ihren Atem auf seinen Lippen und ein wohliger Schauer ging durch seinen gesamten Körper. Kurz darauf lief es dem Dämon allerdings eiskalt den Rücken runter, gefolgt von einer Hitze, welche in ihm aufstieg und seine Wangen in ein kräftiges Rot färbten. Stockend atmete er aus, versuchte einen allzu erschrockenen Gesichtsausdruck zu vermeiden. Vielleicht hatte er sich ja auch verhört – aber sie hatte ihre Worte deutlich geflüstert. Jun befand sich in einer Zwickmühle, denn einerseits war er noch nicht bereit dazu ihr zu gestehen, was er für sie empfand, andererseits hätte er ihr am liebsten alles gestanden. Angefangen von den Schmetterlingen, bis hin zu den drei magischen Wörtern. Schokolade? Völlig verdutzt sah Jun in ihre Augen und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie hatte sich gut gerettet, alle Achtung. Aber wieso fing sie den Satz erst an und konnte ihn dann nicht beenden? Die Zweifel versuchend zu verdrängen, beugte er sie vor zu ihrem Ohr, bis er sich ganz dicht vor diesem befand. Ich liebe auch … Schokolade, hauchte er und kicherte leise als er sich wieder ein Stück von ihr entfernte, um ihr komplettes Antlitz betrachten zu können. Am liebsten wäre er gar nicht mehr aufgestanden, hätte nicht mehr die Schule besucht und sie gehen lassen. Aber spätestens, wenn sein Mitbewohner wieder zurück kam, würde es etwas komisch wirken, hier auf dem Bett zu liegen und sich mit rosafarbenen Gesichtern in die Augen zu sehen.
Jinai konnte genau an Jun's Gesicht ablesen, was ihm wohl so durch den Kopf schoss, nachdem sie diese zwei verheißungsvollen Wörter geflüstert und den Satz noch nicht beendet hatte. Zudem kam natürlich noch die Röte, welche sofort auf seinen Wangen lag und viel intensiver schien, als die letzten Minuten. Sein geschockter Ausdruck sagte eigentlich schon alles, die Dämonin hätte ihn garnicht weiter ansehen brauchen. Ehrlich gesagt wurde der Weißhaarigen in diesem Moment ziemlich übel, sie hätte sich am liebsten selbst dafür geschlagen, dass ihr diese Worte über die Lippen gekommen waren. Es fühlte sich... seltsam an, denn der Gesichtsausdruck des Jungen ließ sie vermuten, dass er soetwas überhaupt nicht hören wollte. Garnicht. Und das am besten niemals. Nicht von ihr. Jinai kam sich so dumm vor und nun wurden auch ihre Wangen einen Tick röter, doch nicht wegen der Nähe, oder irgendeinem Bauchkribbeln, sondern weil sie sich schlecht fühlte und sich gerade am liebsten weg wünschte, irgendwo hin ganz weit weg. Oder der Tod sollte kommen und sie holen, das wäre wahrscheinlich noch besser, dann könnte ihr niemals wieder soetwas passieren. Jinai fing an, sich zu hassen, zudem auch diese Insel. Wäre sie nicht hergekommen, wäre das alles auch nicht passiert und sie hätte niemals angefangen sich so seltsam zu fühlen und hätte jetzt in diesem Moment auch nicht mit dem Gedanken spielen müssen, einfach aus dem Zimmer zu rennen. Jun lag zwar noch mehr oder weniger auf ihr, doch diesen konnte sie einfach wegstoßen, was sie jedoch nicht tat. Sie würde ihn nicht von sich schubsen, nicht rausrennen, sondern einfach weiter so verweilen. Jinai versuchte zu verstehen, warum es sich so anfühlte, als würde man ihr ein Messer in den Magen rammen, doch sie konnte es nicht. Als sie die geflüsterten Worte Juns vernahm, konnte sie nur leicht verbittert lächeln. Er war sicherlich heilfroh, dass sie schlussendlich doch etwas ganz anderes, belangloses gesagt hatte, sodass er es mit Humor auffassen konnte. Doch am meisten schockte es die Dämonin, dass sie dieses seltsame Gefühl hatte, weinen zu wollen. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte es, doch es passte nicht zu ihr. Das letzte Mal hatte sie geweint, da... war sie jedenfalls noch jünger. Sehr viel jünger. Niemals würde sie sich solche Blöße vor irgendjemandem geben, das war nichts, was sie mit irgendwem teilen würde. Doch was sollte sie nun tun? Sie konnte Jun ja nicht einfach von sich schieben, und genau genommen wollte sie das ja auch eigentlich nicht, doch genauso wenig konnte sie ihn jetzt einfach wieder küssen. Nein, sie konnte ihn noch nichteinmal ansehen, oder ihm ein Lächeln schenken. Stattdessen sah die Schülerin die ganze Zeit zur Seite und wirkte sogar leicht verstört. "Vergiss das einfach wieder..", sagte Jinai leise, musste sich kurz räuspern, da ihre Stimme fast wegblieb. "Dein... Gesichtsausdruck hat mir auch meine Frage von eben beantwortet." Sie meinte die Frage, nach seinen Gefühlen. Natürlich, ihrer Meinung nach war nun alles klar und es gab keinen Gesprächsbedarf mehr darüber. Nun sah die Dämonin dem Jungen wieder in die Augen und lächelte erneut, doch es wirkte ganz und garnicht fröhlich. Jinai merkte, dass sie mit ihren Händen Jun's Shirt am Rücken ganz fest hielt, sich nahezu daran geklammert hatte. Also löste sie ihre Hände langsam von ihm und ließ auch ihre Arme wieder sinken.
Er konnte noch nie mit solchen Situationen umgehen, was vielleicht daran lag, dass er selten solche Schwierigkeiten hatte, wie jetzt oder einfach noch nicht reif genug dafür war, um jemandem seine Gefühle zu gestehen oder über diese zu reden. Es fiel ihm leicht Dinge ins Lächerliche zu ziehen, ernste Themen mit Humor zu nehmen, aber wenn es darum ging andere Menschen zu trösten, zu besänftigen oder einfach seine wahren Gefühle und Gedanken preis zu geben, versagte er vollkommen. Nun spürte er sogar eine gewisse Wut auf sich, welche in ihm brodelte und ihm das ungute Gefühl gab wieder einmal alles verdorben zu haben. Er könnte sich darüber ohrfeigen, dafür, dass er sich so sehr davor fürchtete die Wahrheit aus ihrem Mund zu erfahren und ihr die Wahrheit zu gestehen. Aber was sollte man denn erwarten? Ein Sechzehnjähriger Schüler trat auf eine fünfhundert Jahre alte Dämonin, die ihm beinahe gesagt hätte, dass sie ihn liebte. Und das alles nach gerade einmal einem halben Tag Bekanntschaft. War es nicht völlig normal, dass er distanziert und geschockt reagierte? Wütend krallte er seine Finger in das Bettlaken und vermied es Jinai in die Augen zu sehen. Zum einen wüsste er nicht, ob er sie versehentlich noch für seine Lage schuldig gemacht hätte, zum anderen wollte er gar nicht sehen, wie sie sich momentan fühlte. Verletzt, verwirrt, möglicherweise sogar sauer auf ihn. Stattdessen fixierte er die Falten auf der Bettdecke, versuchte das krampfhafte Zittern seiner Hände zu kontrollieren. An Morgen oder Übermorgen wollte er dabei gar nicht denken. Ihre Worte hätten ihm vermutlich den Boden unter den Füßen weggerissen, würde er nun nicht halb auf ihr liegen. Ihm stockte er Atem, sodass er seine Finger löste und sich seitlich abrollte bis er die Wärme ihres Körpers nicht mehr spürte und den Duft ihrer Haare nicht mehr roch, sondern zusammen gesunken auf der Bettkante saß und zu Boden starrte. Wie sollte er die Situation bitte noch retten? Jun wollte bei Gott nichts in den Sinn kommen, was die Spannung in dem Raum gelockert hätte. Der Junge ballte die Hände und Fäusten und schloss für einen Moment die Augen, um womöglich auch noch Tränen zu vermeiden. Auch, wenn er es nicht zu gab, so weinte er wahrscheinlich öfter als Gleichaltrige Schüler. Vor allem früher, als er noch in der Grund- und Mittelschule war, hatte er sich oft zurück gezogen und seinen Tränen freien Lauf gelassen. Es ist nicht so, wie du denkst, sagte er leise und öffnete seine glasigen Augen. Oh Gott, wie klischeehaft fing er denn jetzt an? Durch solche Formulierungen würde es gewiss nicht besser werden. Ich meine … du bist mir wichtig. Aber lass mir etwas mehr Zeit. Fieberhaft suchte er nach den richtigen Worten, doch alles, was ihm in den Sinn kam, waren dumme und abgekupferte Entschuldigungen und Beschwichtigungen aus schnulzigen Liebesfilmen, die er sich einst angeguckt hatte. Ich kann dir nicht sagen, was ich für dich empfinde. Bloß … dass ich noch nie so viel … Nach Luft schnappend, brach er den Satz schließlich ab und erhob sich. Den Blick stur Richtung Tür gerichtet, die Hände verkrampft und innerlich voller Selbsthass. Er brachte es einfach zu nichts. Er verdiente Jinai nicht einmal, wenn er nicht vernünftig von Auge zu Auge mit ihr reden konnte. Stumm trat er an den Ausgang heran, legte eine Hand an die Klinke und sah betreten zu Boden. Jun wollte sie nicht alleine in seinem Zimmer sitzen lassen. Es war einfach nur feige von ihm. Mit einem gemurmelten Tut mir Leid verließ er letztlich den Raum, ließ Jinai hinter sich und fühlte sich dabei keinen Deut besser. Im Gegenteil, das Gefühl sie dort ohne eine rechte Erklärung sitzen gelassen zu haben, war noch schlimmer als die erdrückende Stille ertragen zu müssen. Seinen Schritt beschleunigend verließ er den Jungentrakt, verließ das Gebäude, denn was er nun brauchte war Luft. Er wollte nun weder ans Meer, noch sonst irgendwas. Am liebsten hätte er sich einfach hier zusammen gerollt und wäre eingeschlafen. Diese Insel erschien ihm doch nicht mehr so attraktiv, wie noch vor wenigen Stunden. Seufzend machte sich Jun auf den Weg … irgendwohin, wo er glaubte nicht unbedingt auf Mitschüler zu treffen. Oder Jinai.
Ob der letzte Abend ereignisreich war oder nicht, darüber konnte man streiten. Für Mathéo war er es nicht. Es gab nur zwei entscheidende Ereignisse: Zum ersten wäre da das Auftauchen der Werwölfe und zum zweiten Caiwens Verschwinden. Es hatte den Tristam nicht lange bei seiner Aufgabe gehalten, den Schulhof zu verteidigen. Die meisten Mitschüler hatten sowieso mehr Selbstbewusstsein, als gesund war. Da blieb genug für die Angsthasen übrig. Mathéo war überflüssig, beizuhelfen. Außerdem konnte er sich nicht recht konzentrieren. Planlos löste er sich daher von der Gruppe. Ohne ein Wort machte er sich aus dem Staub. Sein erstes Ziel war das Waisenhaus gewesen, wo auch schon Tumult herrschte. Der Dämon suchte in Caiwens Zimmer, wo niemand war. Zumindest hatte ihm simples Klopfen nicht geholfen. Drum half er seinem Sehvermögen leicht nach. Die Scharniere der Zimmertür mussten weichen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Durch eine schnelle und sehr effiziente Erwärmung, wurde das Metall immer weicher, bis ihm nichts anderes mehr übrig blieb, als dahin zu schmelzen. Die hölzerne Tür fiel dem Tristam entgegen. Hinter ihr lag ein kleines Schlachtfeld. Die Spuren eines Kampfes waren nicht zu übersehen. So mischte sich das verräterische Rot, welches jedes Wesen in sich trug, unter die Indizien. Es dauerte nicht lange, da bauschte sich neben seinem Zwerchfell auch sein Gemüt auf und die leichte Ekstase durchfuhr ihn. Nicht, dass er wild herumfuchtelte oder in Panik verfiel. Der Anblick, welcher sich ihm bot und die Fantasie, welche sich in seinem Kopf breitmachte, bildeten ein perfektes Team, um ihm mitzuteilen, dass es Caiwen sicher nicht gut ging. Aber wenigstens hatte er noch die Konzentration, die Tür wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu bringen. Danach rannte er einfach quer über die Insel. Gefahren ließ er links liegen, übergab sie anderen, welche sich damit beschäftigen wollten. Irgendwo, so dachte er sich, musste sie sein. Doch bis nach Mitternacht, als das Rot der Gefahr vom Himmel verschwand, als sich die Emotionen, welche vom Wind getragen die Nacht wach hielten, verblassten, konnte er sie nicht ausfindig machen. Für diesen Fall war er unfähig geblieben. Es stand ihm nicht gut, aufzugeben. Und weil er die ganze Nacht herumgeirrt war, war es so ereignislos für ihn gewesen. Andere hatten sicher mehr erlebt. Mathéo dagegen hatte nur von einer Sache zu berichten: Caiwen nicht gefunden zu haben. Ein Seufzen begleitete ihn auf sein Bett. Wieder war er alleine im Zimmer gewesen. Einen Mitbewohner zu haben, sollte weiterhin ein Traum bleiben. Möglicherweise hatte es ihn erwischt. Ein Schwächling war es also gewesen. Vielleicht würde der Tristam morgen bei der Durchsage der Gefallenen zum ersten Mal den Namen hören, der draußen zusammen mit seinem eigenen an der Tür stand. Ein gewisses Interesse bestand, zu erfahren, ob er ihn selbst richtig aussprach. Vor allem der Nachname war nicht gerade einfach. Andererseits konnte Mathéo nicht sicher gehen, dass andere ihn richtig aussprachen. Vielleicht war Jun der einzige, der es draufhatte. Na ja, genug gedacht, meinte der Dämon, ehe sein Kopf ins Kissen fiel. Die Augen brauchten noch ein Weilchen, um sich zu schließen. Die Gedanken prahlten noch aus ihnen heraus. Er würde morgen sofort bei Caiwens Zimmer vorbeischauen, ob sie es doch noch in ihr zerstörtes Bett geschafft hatte. Ansonsten … ja, ansonsten wüsste er sich nicht anders zu helfen, als nochmal die Insel zu durchstreifen. Wo konnte sie denn sonst sein? Im Wald unter einer Wurzel? Der Unterricht war ihm egal, wobei es schon merkwürdig wäre, wenn nach solch einem Ereignis am nächsten Tag sofort wieder normal zum Unterricht gegangen werden sollte. Aber wie gut kannte der Tristam schon die hiesigen Moralen?
…
Am Morgen wachte er überraschend munter auf. Sobald er bemerkte, nicht mehr im Traum gefangen zu sein, riss er die Augen auf und richtete sich her. Geschwind wie der Wind sauste er vom Bett ins Bad und zu seinem Kleiderschrank. Dabei blieb die Hygiene nicht auf der Strecke; man konnte lediglich sagen, dass er gut in der Zeit lag. Immerhin hatte er etwas vor. Mathéo streifte sich ein braunes Shirt über, welches einzig eine Kanonenkugel in Comic-Version aufgedruckt hatte. Dazu trug er eine weiße Bermuda. Im Gegensatz zum Vorabend zierte wieder ein Stirnband seine Stirn: Es war grün mit weißem Schuppenmuster. Die Augenklappe fehlte natürlich nicht. Schnell noch in das leichte paar Schuhe geschlüpft und schon befand sich die Zimmertür hinter ihm.
Immer noch dampfend stampfte der Tristam zu seinem Zimmer hoch. Vor lauter Wut und lauter Frust verlor er jedoch nicht die Orientierung. Mit einem Ruck riss er die Klinke herunter und mit dem zweiten die Tür auf. Es knallte, als sie zuflog. Mathéo zog sich das Stirnband runter, bis es zum Augenband wurde. Blind warf er sich seufzend aufs Bett. Caiwens Worte huschten ihm wieder durch den Kopf. Alles Humbug – immer noch. Er konnte und wollte sie nicht verstehen. Das einzige, was er sich jetzt wünschte, war, es aus seinen Kopf verbannt zu bekommen. Mathéo wollte nicht mehr daran denken. Dafür war ihm seine Laune zu schade, als dass sie so früh ruiniert werden durfte. Wieder ertönte ein Seufzen, setzte er sich wieder auf. Mit der Rechten wurde das Stirnband über den Schopf gezogen und in die Ecke des Bettes gepfeffert. Die Augenklappe nahm er überraschenderweise auch ab und legte sie auf den kleinen Beistellschrank am Bett. Gegenüber auf der Matratze waren keine Spuren. Warum sah er eigentlich nie seinen Mitbewohner? Was war denn das für ein Kerl, der Tag wie Nacht sein Bett nicht brauchte. Sicherlich irgendein Naturfreak, der sich seine Matte unter einem Baum im Wald platziert hatte. Wenn Mathéo nur eine Bestätigung dafür hätte, dann könnte er sich den ganzen Raum eigen machen. Mehr Platz war immer gut und er sah es als sinnlos an, ein ungebrauchtes Bett unbenutzt zu lassen. Er nickte, dann ging er zum Fenster und öffnete es. Für einen kurzen Moment dachte er sich, wieder auf das Fensterbrett zu steigen wie schon bei Caiwen im Zimmer, doch er unterließ es. Stattdessen holte er seine Waffenkisten heraus und überprüfte den Bestand. Wenn bei Caiwen schon der Teufel gewütet hatte, dann musste der Tristam auf Nummer sicher gehen, dass bei ihm nicht auch irgendwas beschädigt wurde. Aber den Waffen ging es gut. Sein Zimmer war wohl total uninteressant. Vielleicht lag das daran, dass niemand da war. Sein Mitbewohner war sicher nicht hier gewesen, dafür hätte er sogar seine Hand ins Feuer gelegt. Während er ein gutes Kästchen rausnahm und den Rest wieder verstaute, konnte man ein Flattern vernehmen. Federn fauchten in der Luft, als sie zur Landung ansetzten. Ein Krächzen ließ den Tristam aufhorchen und zum Fenster blicken. Ein schwarzer Vogel hüpfte über den kleinen Schrank unterm Fenster – genau da, wo bis eben noch seine Augenklappe lag, die sich nun aber im Schnabel des gefiederten Diebes befand. Er hatte ja schon von diebischen Elstern gehört gehabt, die nach allen möglichen Glitzerwaren Ausschau hielten. Aber Mathéos schwarze Augenklappe funkelte und glitzerte so viel wie eine Fledermaushöhle bei Nacht und ohne Mondschein; Restlicht gegen Null. „Äh“, stutzte der Dämon, als er regungslos verharrte. Jede falsche Bewegung, so dachte er sich, könnte das Viech aufschrecken lassen. Mathéo hatte zwar noch mehr von der Sorte, aber sie waren ihm trotzdem kostbar. Außerdem war sein rechtes Auge im Moment unverdeckt. Die Klappe musste also in seiner Nähe bleiben – unbedingt. Nur … der Vogel entsprach nicht ganz dieser Theorie, denn er machte sich mit nur einem feinen, weiteren Krächzen wieder auf den Weg aus dem Fenster heraus. Dieses Mal zögerte Mathéo nicht. Sofort sprang er dem Dieb hinterher. Raus aus dem Fenster hafteten seine Füße sofort an der Hauswand, an der er einen kurzen Sprint zurücklegen musste. Glücklicherweise flog seine Augenklappe direkt an den Fenstern entlang und so war es kein großer Akt für den Dämon, sein Hab und Gut zurückzuerlangen. Wieder krächzte das Tier und Mathéo ebenso. Unverhofft verlor er den Boden unter den Füßen.
tbc: Zimmer 114 - Kotori, Ginger
Matheo
Mathéo Tristam
309 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: grüne Haremshose mit orientalischem Muster, schwarzes Leinenhemd, kein Stirnband, Augenklappe
Nachdem er Kotori in ihrem Zimmer abgeliefert hatte und ihre eine Gute Nacht gewünscht hatte, war der Tristam sofort auf sein eigenes Zimmer gegangen und hatte sich bettfertig gemacht. Kaum war der Zustand erlangt, lag er auch schon mit dem Kopf auf seinem Kissen und dem Körper halb unter der Decke. Es war nahezu unerträglich warm draußen. Der Klimwandel tat ihm überhaupt nicht gut. In England konnte man von solchen Bedingungen nur träumen. Da war es nasskalt und das war gut so! Ohne Oberteil und nur in einer Short lag er da. Doch zum Glück war es nicht schwer, schnell den Schlaf zu finden. Es dauerte nur kurz, da schlummerte er schon friedvoll vor sich hin, als wäre er ein Lam und kein Dämon.
…
Am nächsten Morgen – man muss erwähnen, dass es ein sehr früher Morgen war – wachte er auf und war erschrocken von der Anzeige seiner Uhr. Mathéo hatte keine Erinnerung mehr, wann genau er ins Bett gegangen war, aber dass er schon so früh wieder aufwachte, kümmerte ihn. Und irgendwie bekam er es auch nicht hin, wieder einzuschlafen. Was nun?, fragte er sich. Auf der anderen Seite seines Zimmers stand ein leeres Bett. Draußen stand nur noch sein Name auf dem Schild. Einsamkeit. Der dritte Tag auf Isola stand dem Dämonensohn bevor und immer noch nicht hatte er seinen Mitbewohner getroffen. Nun hatte er nicht mal mehr einen, den er nicht treffen konnte. So was konnte man nur noch mit einem Seufzen erlegen. Die Frage, was er mit sich anstellen sollte, saß immer noch neben ihm und schaute ihn keck an. Als hätte die Langeweile nichts Besseres zu tun, als den armen Tristam so früh am Morgen zu torquieren. Half alles nichts. Es war Wochenende – viel freie Zeit. Mathéo könnte natürlich wieder raus und durch Kotoris Fenster springen, aber sicher schlief sie noch und er wollte ihr nicht schon wieder ihre Erholung rauben. Zum Frühstücken war sie sicher wieder fit genug und … plötzlich fiel ihm etwas ein – etwas Unerfreuliches. Er hätte nach ihrer Nummer fragen sollen, dann hätte sie sich bei ihm melden können, wenn sie nochmal seine Hilfe brauchte. Zwar hatte sie die Nummer des Erziehers, aber der hatte nach dem Event vorletzte Nacht sicher alle Hände voll mit den kleinen Jammersäcken im Waisenhaus. Aber wecken wollte er sie wie gesagt nicht. Na ja, am Ende überzeugte er sich selbst davon, dass sie sicher schon besser zurechtkam als zuletzt. Seinen Namen hatte sie, finden konnte sie ihn also bzw. sein Zimmer. Aber erst mal sollte er es ihr schwer machen, ihn dort anzutreffen, denn Mathéo war auf den Gedanken gekommen, raus zu gehen und die Ruhe ebenso wie die Temperaturen zu nutzen für eine Trainingseinheit. Nachdem er die Shorts gewechselt hatte, schlüpfte er in eine kurze Sporthose aus rotem Stoff mit grauem Rand sowie grauem Bund. Sie war nicht so eng, wie die Radler mit herum sprinteten, aber sie war auch bei weitem nicht so weit, wie die Basketballer sie trugen. Es war eine gesunde Mischung. Als Oberteil nahm er sich ein graues Tank-Top mit schwarzem Aufdruck einer Tsuka mit abgebrochener Klinge. Das eben noch zerzauste Haar wurde notdürftig unter Kontrolle gebracht, indem ein rotes Stirnband am Kopf justiert wurde. Den Strähnen war so Einhalt geboten und sie konnte nicht während der Einheit in Konflikt mit seinen Wimpern treten. Sonst fehlten nur noch die weißen Turnschuhe, welche er zum Abschluss anzog, ehe er auf den Gang hinaustrat. In den Händen hielt er übrigens eine Lanze, deren gefährliches Ende in einem violetten Tuch verpackt war. Das Holz zeigte keine Unebenheit, es war ein Meisterstück der Holzkunst. Edelstes Material wurde hier aufwendig geschliffen. Der Park war sicher ein gutes Plätzchen um diese Uhrzeit. Die ersten Hitzestrahlen der Sonnen würden durch das Blätterdach aufgehalten werden und der Schatten sorgte für angenehme Temperaturen. Außerdem sollte die natürliche Atmosphäre gut auf seine Konzentration wirken. Ein falscher Hieb und zwei Zehen konnten fehlen, wenn nicht mehr. Aber Spaß beiseite.
tbc: Außerhalb | Kleiner Park
[out: Wuuhuu! Einzelzimmer! xD]
Matheo
Mathéo Tristam
309 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: grüne Haremshose mit orientalischem Muster, schwarzes Leinenhemd, kein Stirnband, Augenklappe
Als Rosiel ihm vorwarf, sich genauso wenig von Menschen zu unterscheiden wie sie, erhob er schnell den Zeigefinger. „Nenene, oberflächlich vielleicht nahezu, aber dann hört es schon auf. In mir drin sind wir beide vollkommen verschieden. Ich bin ein Dämon – kein Mensch.“ Ohne es zu wollen, bekamen seine Worte einen rassistischen Ton. Sein Blick war ernst und zugleich schockiert, denn er hatte es keine Sekunde mit dem Gedanken ausgehalten, wie ein Mensch zu sein. Auch wenn er viel Zeit mit dieser schwachen Rasse verbracht hatte und damals viele Menschen seine Freunde nannte, war es etwas anderes, zu sagen, er sei ein Mensch. Nein, da sträubten sich all seine Härchen gegen. Das stimmte einfach nicht. Mathéo war ein Dämon durch und durch. Sein Blut besaß keinen Krümel Fremdkörper. Reinheit prangerte unter seiner Haut wie nirgends sonst. Und den Stolz darauf konnte man ihm nicht nehmen. Egal, wie lange er meditieren würde, egal wie lange man ihn erleuchten würde, er würde immer an seiner Blutlinie hängen wie ein Hund am Kaufknochen. Es war einer der wichtigsten Fakte in seinem Leben. Wohl selbst wenn er Hals über Kopf und über alle Ohren in Rosiel verliebt wäre, hätte er dagegen protestiert. Wie gut, dass wieder der revitalisierende Flur kam, in dem Mathéo seine Gedanken läutern lassen und mit neugeschaffenem Gemüt das von Rosiel gewünschte Ziel antreten konnte. Mathéo nickte erst, als Rosiel ihre Gedanken hörbar machte. Danach realisiert er, was sie gesagt hatte. Das Shirt?, schallte es kurz in seinem Kopf. Im nächsten Moment fiel es ihm wie Schuppen vom Haar: Die blutroten Flecken von ihren Händen waren immer noch auf seiner Kleidung zu sehen. Bis eben hatte der Dämon gar nicht mehr daran gedacht gehabt. „Hm, stimmt.“ Und das sagte er mit einer überragenden Stimmlage eines Zustimmenden. Allerdings sollte es nicht sein Zimmer benötigen, um das Shirt zu säubern. Er könnte es auch auf der Stelle in seine Atome zerspringen lassen, wodurch das Blut zu Boden plätschern würde. Nur … Rosiel stand nicht sonderlich auf seine Tricks, also gab er nach und führte sie zu seinem Zimmer. Angekommen, war es nur noch ein kurzer Akt, bis die Türe offen war. Kurz vorher war ihm noch aufgefallen, dass wieder ein zweiter Name auf dem Türschild abzulesen war. Im Inneren jedoch fehlte jede Spur. Mathéo schenkte der Änderung keine Aufmerksamkeit, denn für ihn gab es keinen Mitbewohner. Auf dem Schild konnte stehen, was wollte, aber nichts würde die Zukunft beeinflussen. Durch diese Tür, durch welche Mathéo und Rosiel traten, würde nie wer anders treten und das zweite Bett danach sein Eigen bezeichnen. Das war ein unbeschriebenes Gesetz. War es Caiwen gewesen, die ihn einst gebeten hatte, sich umzudrehen, damit sie sich umziehen konnte? Der Tristam war sich nicht mehr so sicher, obwohl es ihm letzter Zeit nicht oft passierte, einem Mädchen beim Umziehen zuzuschauen. Kotori zum Beispiel konnte nicht mitgezählt werden, denn er war es, der sie angezogen hatte und zudem sah er ihren Körper unter der Bettdecke während des Vorgangs nicht. Sollte er Rosiel unterstellen dürfen, dass sie ihn bespannen wollte? Er konnte es ihr nicht verdenken, immerhin war er Mathéo Tristam. Das hieß was. Aber ehe er in Eigenlob versinken würde, wollte er sich um besagtes Shirt kümmern. „Willst du es mir waschen?“, fragte er neugierig, als er den unteren Bund griff und schnurstracks das gute Stück über den Kopf zog. Bis dahin zeigte er ihr noch seinen Rücken, doch dann drehte er sich um, warf das Shirt direkt in ihre Arme und grinste sie frech an.