Das Zimmer ist auf der Fensterseite mit zwei Betten an der linken und rechten Wand, den dazugehörigen Nachtkästchen und einem kleinen Regal, das von beiden Mitbewohnern benützt werden darf, ausgestattet. Auf der Türseite befinden sich zwei Schreibtische mit Lampen und ein Kleiderschrank, um die Klamotten der Schüler aufzubewahren. An besonders heissen Tagen sorgt die im Zimmer eingebaute Klimaanlage für ausreichend Abkühlung. Die kürzlich neu gestrichenen, weissen Wände lassen den Raum besonders freundlich wirken.
Wieso hatte sie auch so wenig geschlafen? Die neue Schule schien sie wirklich mehr mit zu nehmen, als sie äußerlich zugab. Gut, als Seelenwandlerin war es einfach zu sagen, wie sich jemand fühlte, doch die wahre Herausforderung lag eher darin, dass sich die Menschen einem ehrlich öffneten und von sich aus erzählten, wie es ihnen gerade ging. Sicher, man musste kein Hellseher sein um zu erkennen das das arme Ding müde war, aber sie machte es einem auch nicht gerade schwierig. Als Dämon war es eher interessant zu beobachten, denn sie selbst schlief eigentlich nie. Und wenn, dann nur sehr selten, und oftmals auch nur wenige Stunden. Daher hatte es immer etwas.. besonderes, andere schlafen zu sehen. Diese Ruhe, Stille, der Frieden. Jedes Wesen hatte so eine sanfte Seite wenn es schlief, auch Kotori. Schweigend beobachtete die Nakamura die wenigen Regungen des kleinen Körpers, und als sich die Lider schwerlich auftaten, fühlte sich die Braunhaarige beinahe ertappt, weshalb sie ihre Augen schlagartig herum rucken ließ, um wieder den Blickkontakt zu suchen. Doch schnell wandelte sich der Zustand in ihr, und der Ausdruck im Gesicht wandelte in ein Überraschtes, schiefes dahin starren. Zu ihr legen? Naja.. das Mädchen liebte die Wärme, das Zusammensein mit anderen, weshalb es für sie auch so schwer war, alleine ohne ihre Familie hier zu sein, das konnte der Dämon spüren, aber ob es richtig war? Immerhin hatte sie nichts gesagt wegen den Vorhängen, war Rücksichtsvoll, und das waren die wenigstens, also hatte sie einen kleinen Dank verdient. Sich die Decke greifend schwang sie diese dann über den Leib der Adlerin, ehe sie vorsichtig darüber kletterte um nun zwischen ihr und der Wand zu sitzen. Behutsam ließ auch sie sich auf die Seite nieder, schob die Decke ordentlich zurecht, ehe sie einen Arm um das Bündel legte, den kalten Blick starr nach vorn gerichtet. Da sie größer war, konnte sie über den Kopf hinweg durch das Zimmer blicken, welches noch relativ leer, und nicht besonders liebevoll her gerichtet war. Noch nicht zu mindestens. Etwas nachdenklich streckte sie die Finger aus, ehe sie sich, neugierig wie sie war, in den Kopf des Mädchens schlich und nun mehr genau das sah, was sie gerade träumte, und für einen kurzen Moment wurde ihr schwer ums Herz. Kotori hatte eine Familie, Roxy konnte sie sehen. Und ihre Heimat. Fühlte, was sie dabei empfand. Und es erinnerte sie daran, was sie alles nicht mehr hatte. Nämlich ein zu Hause, zu dem sie hätte zurück kehren können. Eine Familie.. Mit einem kurzen schließen, und wieder öffnen der Augen war das Mädchen wieder aus dem Inneren der anderen Seele ausgestiegen, wieder nur bei sich, und sofort spürte sie wieder diese Kälte. Diese Einsamkeit. Noch konnte sie es nicht in Worte fassen, aber wenn sie in die Welt dieses Mädchen eindrang fühlte sie sich.. gut. Ihr war warm. Aber nicht unangenehm wie bei Hitze, sondern gut. Es war sanft. Doch die Liebe dieses Mädchen zu ihrer Familie schnitt ihr durchs Herz, weshalb ein wahrlicher Zwiespalt darin entstand, was sie nun bevorzugte, und da Entscheidungen nun mal schwierig war, blieb sie einfach bei dem, was sie bereits kannte. Der Kälte. Es war kalt, ja, aber es machte ihr keine Angst, sie kannte es, konnte damit umgehen, es einschätzen und händeln. Also einfach. Und damit sicher..
Endlich konnte sie wieder Augen schließen, sich entspannen und etwas schlafen. Sie wollte nicht zugeben wie erschöpft sie wirklich war, denn schwach wirken wollte sie nicht. Roxy wirkte auf sie so stark und selbstbewusst, alles was Tori fehlte. Das einzige was sie in ihrem Leben geschafft hatte war hier her zu kommen, doch auch hier war sie wieder nur ein kleines hilfloses Geschöpf. Ob sich dies je ändern würde war fraglich, lag sie doch schon wieder völlig fertig auf dem Bett. Das einzige angenehme hier war die Anwesenheit der Dämonin durch die sie sich nicht mehr so einsam fühlte. Kotori war schon lange eingeschlafen bevor Roxy sich auch zu ihr legte, doch innerlich spürte sie ihre Anwesendheit. Als der Arm sich um sie schloss entrang ihr ein leiser Seufzer und sofort erschien ihr das Bild von Roxy vor Augen.
~ Ein Lächeln das verzaubert, Augen die faszinieren und eine Ausstrahlung die unbeschreiblich ist. Kotori konnte den Blick von ihr nicht abwenden, wusste sie doch das dies ein Traum war, also warum sollte sie dies nicht genießen. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und strich sanft über die Wange ihren Gegenübers. So weich! Langsam strich sie mit einem Finger weiter über ihr Gesicht zu ihren Lippen. Sofort als sie diese Berührte dachte sie darüber nach wie wohl ein Kuss von ihr schmecken würde und leckte sich über ihre eigene Lippen. Schon lange nicht mehr hatte sie jemanden so anziehend gefunden und nur hier im Traum traute sie sich all die Dinge zu tun die sie vorher nicht getraut hatte. Kotori löste die Finger von ihrem Gesicht und nahm Roxys Hand, sanft küsste sie jeden einzelnen Finger und verlor sich in jeder Berührung. Es wunderte sie auch nicht das die Dämonin keine Anstalten machte es zu beenden, war es doch Kotoris Traum und in diesem wollte sie nun diese roten Lippen auf ihren haben. Noch immer die Hand in ihrer kamen Kotoris Lippen Roxys sehr nahe. Ihr Herz klopfte wie wild und die mit jedem Zentimeter den sie überwand wurde sich unsicherer. War dies richtig? Wollte sie doch nicht nur davon träumen und plötzlich verschwamm das Bild von Roxy bis sie wieder alleine da stand. Alles war dunkel, nicht mal die Hand vor Augen konnte man sehen. Tori ging in die Hocke und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Wieder war sie alleine nur weil sie so ist wie sie ist. ~
Ein Zittern ging durch Ihren Körper und unbewusst presste sie diesen gegen Roxys, die hinter ihr Lag. Doch auch dies half nix war sie doch noch immer in ihrem Traum gefangen und immer noch alleine. Ein schluchzen konnte man vernehmen und immer noch dieses Zittern. Immer unruhiger wurde sie und leise konnte man ein paar Worte vernehmen. "Mama? Papa?......Roxy?" Ob diese Einsamkeit irgendwann vergehen würde war ihr nicht klar doch wollte sie endlich stärker werden und auch alleine etwas schaffen.
Ein wenig erschrocken richtete das Mädchen den Blick auf das kleine Geschöpf vor sich, als dieses plötzlich eine Regung zeigte. Sie drückte ihren Körper zurück, zitterte, wirkte aufgelöst und in einem ihrer Albträume gefangen. Die Nakamura hatte nicht mitbekommen, wovon sie geträumt hatte später, hatte sie sich doch aus der Seele der Kleinen heraus gehalten. Zu mindestens für die Zeit, in der sie schlief, glaubte die Dämonin doch nur wieder die Familie des Mädchen zu sehen. Doch es schien anders. Sie hatte Angst. Und wer hatte schon vor seiner Familie Angst, die man so sehr liebte, und vermisste? Keiner. Etwas besorgt richtete sich die Braunhaarige also auf, legte die Hand sanft auf die Schulter des Mädchen und beugte ihren Kopf über ihren. Das Gesicht der kleinen war verkniffen, ihre Muskeln angespannt. Leise murmelnd sprach sie eigene Namen, ehe der Name der Dämonin darunter fiel. „Kotori? Hey. Wach auf.. ich bin hier. Du bist nicht allein.“, hauchte sie sanft, wollte sie doch nicht gleich herum brüllen, um sie aus dem Schlaf zu reißen. Doch wollte sie das Mädchen auch nicht weiter in jenem Albtraum verweilen lassen, konnte die Nakamura die Qual des kleinen Geschöpfes keine weitere Sekunde mehr ertragen, fühlte sie ihren Schmerz doch auch. Mittlerweile war sie mit ihrem Gesicht dem des Mädchens sehr Nahe gekommen, der Ausdruck noch immer mit leichter Sorge getränkt. Am liebsten hätte sie jetzt nachgeschaut, was sie so gequält hatte, doch die Nakamura ließ es. Sie wollte, dass Kotori die Chance dazu hatte, es ihr selber zu sagen, oder es eben zu lassen. Immerhin .. war es Kotori. Und nicht einfach irgendjemand.
~Noch immer überall diese schwärze, absolute Stille und kein funke Hoffnung hier heraus zu kommen. Ihr Traum verwandelte sich immer mehr zu einen Alptraum und sie wusste wirklich nicht wie sie herauskommen sollte. Immer kälter wurde es, ihr Atem verwandelte sich in kleine Rauchzeichen und ein eisiger Schauer lief durch ihren Körper. Immer wieder drangen Geräusche in ihr Ohr die sie nicht deuten konnte. Weder woher noch von wem. Die Angst wuchs immer mehr und ihr Körper wirkte wie festgefroren. Weder Arme noch Beine konnte sie bewegen, egal wie doll sie sich anstrengte, Kotori war gefangen in ihrem eigenen (alp-)Traum. Erste Tränen liefen über ihre Wangen und schmeckten Salzig auf ihren Lippen. Schnell kniff sie diese zu und versuchte ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen als weitere Geräusche zu ihr durchkamen. Diesmal klangen sie nicht angsteinflößend sondern sehr bekannt. Jemand rief ihren Namen und es war eindeutig für Kotori wer nach ihr rief. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und unendlicher Erleichterung schlug sie die Augen auf.~
Noch leicht benommen musste Kotori erst mehrmals blinzeln bis sie erkannte das ein Gesicht direkt über ihr war. Mit verzerrtem Blick erkannte sie die faszinierenden Blauen Augen aus ihren Traum. Träumte sie noch immer? Es dauerte einen Moment bis ihre Sicht wieder klar wurde und sie Roxy nun Vollendens erkannte. Gebannt schaute sie zu ihr auf und war erleichtert endlich aus diesen Traum zu sein. Vorsichtig hob sie die Hand und legte diese an Roxys Wange nur um sicher zu gehen das sie wirklich wach war. Als sie die Kälte spürte die von ihr ausging war sie zum ersten mal erleichtert diese zu fühlen. Erleichtert erwacht zu sein, versuchte Kotori ein nicht all zu gequältes Lächeln auf zu legen. Wie lange sie geschlafen hatte wusste sie nicht, doch konnte es nicht lang gewesen sein da die Sonne noch immer nicht ganz untergegangen war. Noch immer den Blick auf Roxy heftend wusste sie nicht was Tori sagen sollte. Hatte sie den Alptraum mitbekommen? "Tut...tut mir leid, habe ich dich geweckt?" Leicht irritiert schaute sie sich Roxy an, sie sah nicht nach schlaf aus und etwas wie sorge lag in ihrem Gesicht. "Hast du überhaupt geschlafen?" Kotori wusste nicht ob sie von ihrem Traum oder besser Alptraum erzählen sollte, wollte sie doch nicht jämmerlich oder besser noch jämmerlicher als zuvor wirken. Auch wenn Kotori sich immer wohler fühlte in der Gegenwart von Roxy wusste sie nicht wie diese darauf reagieren würde.
Gespannt waren die Augen auf das Mädchen neben ihr gerichtet, welches glücklicherweise endlich die Augen aufschlug und aus ihrem Traum somit entrissen wurde. Etwas müde suchte sie scheinbar noch einen Augenblick nach klarer Sicht, versuchte zu verstehen, wo sie war gerade war, und als die Nakamura die feuchte Hand auf ihrer Haut spürte musste sie sich zusammen reißen, nicht doch wieder selbst nach Antworten suchen zu gehen. Die Adlerin wirkte alles andere als gut gelaunt, und auch wenn sie versuchte es zu verstecken wusste die Dämonin, dass sie etwas quälte. Nur dieses eine Mal hatte sie keine eigene Antwort, weshalb. Gebrochen, beinahe zittrig drang ihre Stimme an ihr Ohr. Wieso entschuldigte sie sich denn jetzt? Ein sanftes, aber sehr warmes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, ehe sie vorsichtig nach der kleinen Hand auf ihrer Wange griff, sie umschloss und etwas herunter nahm. Es war ungewohnt, hatte das Mädchen doch sonst eine so warme Haut, doch dieses mal war sie kalt. Nicht, dass es sie störte, aber auch wenn sie selbst kein solches Wesen war, wusste sie doch was solch eine Reaktion des Körpers bei solchen Wesen bedeutete, weshalb sie begann, sich leichte Sorge zu machen. Es musste ein schlimmer Traum gewesen sein, wenn sie es so mitgenommen hatte. „Nein, ich hab nicht geschlafen. Daher mach dir keine Sorgen, du könntest mich geweckt haben.“, flüsterte sie ihr immer noch milde Lächelnd zu, ehe sie sich gerade auf setzte, das Mädchen sanft zu sich herum drehte und sie ebenfalls aufrichtete. Ihr die Haare aus dem Gesicht streichend zog sie die Decke etwas enger über die schmalen Schultern, bevor sie ihren besorgten Blick wieder auflegte. „Bei dir alles in Ordnung? Du hattest einen Albtraum, hast gezittert, und irgendwas gemurmelt.“ Mit einem knappen Blick zur Uhr wurde ihr schmerzlichst bewusst, dass die beiden nicht mehr all zu viel Zeit hatten, um die Wandlerin wieder auf die Füße zu stellen. Es waren bereits kurz nach sieben, und um halb acht sollten sie sich alle wieder in der Schule einfinden. Das einzig gute, Roxy konnte die beiden relativ schnell zurück zur Schule bringen, weshalb sie sich den langen Anfahrtsweg sparten. Besonders viel Zeit blieb den beiden dennoch nicht.
Froh endlich wach zu sein und ein bekanntest Gesicht vor Augen zu haben entspannte sich langsam ihr Körper. Das Zittern ließ etwas nach und auch ihr Atem ging ruhiger. Dennoch konnte sie nicht begreifen wie solch ein Traum sich in einen Alptraum verwandeln konnte. Alles wirkte erst so schön und angenehm und dann plötzlich schwang alles um. Es war schwer zu begreifen für Kotori und war dankbar für die Fürsorge von Roxy. Zumindest hatte sie sie nicht geweckt doch was hatte sie die ganze Zeit getrieben? „Ja Alptraum kann man das wohl nennen. Es war merkwürdig, erst war alles so schön…“ leichte röte schoss in ihren Kopf als sie daran dachte wie sie von Roxy träumte. War es doch nicht verwunderlich das sie darin auftauchte, die Faszination für Roxy konnte sie nicht verbergen und so musste dies früher oder später geschehen. „Doch dann änderte sich plötzlich alles.“ Sie schluckte schwer und war nicht sicher ob sie darüber sprechen sollte. Doch war Roxy die ganze Zeit für sie da und so war es nur faire wenn sie alles berichtete. „Ich war plötzlich alleine, alles war dunkel und so schrecklich kalt. Ich hörte Stimmen, die lachten mich aus und ich konnte nicht mal nach Hilfe rufen.“ Für Kotori war es einfach das schlimmste alleine zu sein und niemanden an ihrer Seite zu wissen. Doch es war Roxys stimme die sie wieder zurückholte und ihr dies ruhe wieder verlieh. „Ohne dich wüsste ich nicht wie lange ich noch in diesem Alptraum wäre, deine Stimme war es die mir half auf zu wachen. Danke.“ Und sie war wirklich dankbar, vor allem für die kleinen dinge die sie für sie tat ohne es vielleicht mit zu bekommen. Kotori folgte Roxys blick auf die Uhr und stellte fest das sie langsam los mussten um pünktlich zu dem Termin in der Klasse zu sein. Erst jetzt fiel ihr ein das sie nicht in der selben waren und sie dorthin zurück musste wo sie niemanden kannte und das wo sie nicht mal wusste was sie heute Abend noch erwartete. Langsam ging ihr Blick wieder zu Roxy und ein eher zurückhaltendes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Wir müssen langsam los, oder? Jeder in seine Klasse.“
Aufmerksam lauschte sie den Worten des Mädchens, hatte dabei einen ernsten Ausdruck aufgelegt, weil sie wirklich interessiert an der Geschichte der Adlerin war, und sich Sorgen um sie gemacht hatte. Ein wenig seltsam war es schon. Meistens scherten sich die Leute nicht darum, ob sich die Dämonin um sie sorgten, oder eben nicht. Die meisten waren froh, wenn sie wieder verschwunden war. Mag auch an ihrer sehr direkten Art liegen, hatte sie doch bereits bei der Arisako deswegen stark anecken müssen. Wohl mehr ihre Kälte tat dann sein übriges. Auch die Schottin mochte sie nicht. Genauso wenig wie das eiserne Gefühl der Einsamkeit. Doch wer mochte das alles schon? Bei ihr war es mehr die Stille Gewohnheit die Einzug gehalten hatte. Innerhalb ihrer Gang und dem ständigen Umgang mit der Dunkelheit und ihren Gefahren hatten sich ihre Ansichten mit den Jahren stark verschoben, und Angst bekam sogleich einen völlig neuen Ausdruck verliehen. Wovor hatte sie Angst? Was verabscheute sie wirklich? Innerlich den Kopf schüttelnd konzentrierte sie sich wieder auf die Worte der Dunkelhaarigen, die ihr gegenüber saß und gerade von ihrem Traum erzählte. Sie schluckte dabei, wirkte in sich gekehrt und voller Trauer. Sie selbst hatte solche Träume abgelegt, konnte aber gut nachvollziehen, was die da gerade durchmachen musste. Immerhin konnte sie alles Hautnah nachempfinden als Seelenwandlerin. Manchmal anstrengend, aber in diesem Moment war sie glücklich, so etwas zu können, machte es ihr doch wesentlich einfacher das kleine Geschöpf vor sich besser zu verstehen. Und sie hatte jemanden verdient, der sie versteht. Vor allem hier, wo sie doch eigentlich noch niemanden so richtig kannte, ihre Familie und Freunde vermisste und somit ständig dem Gefühl unterlag, alleine zu sein. Doch ein Rudeltier war nun mal so. Fühlte sich nur wohl unter anderen Wesen, sie war schlicht nicht dafür geschaffen, niemanden bei sich zu Wissen. Vorsichtig griff sie wieder nach der bleichen Hand. Noch immer war sie kalt, und Roxy würde dies nicht besser machen können. Die Erkenntnis, ihr niemals die Wärme geben zu können, wie ihre Familie, schmerzte sehr in ihr. Am liebsten wäre sie jetzt wieder für sich, irgendwo in einer dunkler Ecke. Denn da konnte sie niemanden verletzen. Kotori nicht mehr zum frieren bringen, denn das hatte sie nicht verdient. „Du musst mir nicht Danken. Ich bin hier, du bist nicht mehr allein.“, flüsterte sie ihr zu, mit einem seichten Lächeln im Gesicht. Es war seltsam so etwas aus ihrem Munde zu hören. Gerade die Nakamura sollte ihr geholfen haben? Sie, welche doch geradezu jegliches Böse verkörperte? Merkwürdig. Es klang so.. surreal. Absurd. Erst als das Mädchen sie auf die Uhrzeit ansprach ließ sie ihre Hand wieder los, verzog leicht das Gesicht, und warf noch einmal einen kurzen Blick auf das Uhrwerk. Sie hatte Recht. Die beiden würden nicht in die selbe Klasse gehen, was bedeutete dass sie das arme Ding doch wieder gehen lassen musste, und wer wusste schon, für wie lange? „Ich kann uns hin fliegen, das spart Zeit. Außer.. du willst schon gehen. Ich könnt' das verstehen.“ Das Bein angewinkelt lehnte ihr linker Arm darauf, der Blick Richtung Boden gerichtet. Er war leer. So wie schon oft..
Vorsichtig Blickte Kotori auf die Hand hinab die ihre ergriffen hatte und kniff die Augenbrauen zusammen. Die Kälte war für einen Moment ausgeblendet und nur das Gefühl berührt zu werden übernahm die Oberhand. Noch vor Stunden hätte sie geglaubt Roxy würde dies nie von alleine tun, doch gerade wurde ihr das Gegenteil bewiesen und es wunderbar. Immer noch ungläubig schaute sie darauf hinab und vergaß dadurch fast was zuvor eigentlich noch war. Zu schön war dieses Gefühl einfach und würde Roxy sie nicht wieder wegnehmen hätte sie sicherlich noch Stunden so sitzen können. Erst jetzt fühlte sie wieder die Kälte die durch ihren Körper ging durch den Schrecken vom Alptraum. Noch immer wusste sie nicht was dieser Traum zu bedeuten hatte und was diese Stimmen darin waren. Es war natürlich fraglich ob dieser Traum überhaupt eine Bedeutung hatte oder ihr einfach nur wieder klar machte das Kotori alleine war und nicht mehr zu Hause. Glücklich über die Worte von Roxy, die ihre Gedankengänge unterbrachen, dachte sie darüber nach "Willst du mich Tragen beim Fliegen? Bin ich dir nicht etwas zu schwer?" Kotori richtete ihren Blick wieder auf das Gesicht ihren Gegenübers und staunte nicht schlecht über den Vorschlag. Noch nie hatte sie sich von irgendjemanden wohin Fliegen lassen, schließlich konnte sie selber Fliegen. Dennoch weckte es ihre Neugierde einfach mal sich als Mensch am Himmel zu befinden und durch diese Augen die Welt unter sich zu betrachten. Doch als sie Roxy so da sitzen sah wirkte sie auf einmal so anders. Es war traurig sie so zu sehn. "Ist alles in Ordnung? Habe ich was falsches Gesagt?" Kotori kam unter der Decke vor, beugte sich nach vorne so das nun auf allen vieren vor Roxy war. Mit leicht schief gelegten Kopf betrachtete sie die Dämonin welche mit leerem Blick zu Boden schaute. Wollte Kotori doch wieder dieses Lächeln sehn welches ihr so unter die Haut ging. Doch irgendetwas beschäftigte anscheinend Roxy gerade.
Als würde die Dämonin ernsthaft damit Probleme haben, das Mädchen zu tragen. Scheinbar war es ihr noch nicht aufgefallen, doch hatte das Mädchen einen durch trainierten Körper, an dem man jeden einzelnen Muskeln sanft abgezeichnet und ausgeprägt sehen konnte. Und das war keine Show, sondern die Muskeln waren echt und sie hatte Kraft. Viel Kraft. Von daher hätte die Kurzhaariger sicherlich keine Mühe damit das kleine Geschöpf die wenigen Meter zu tragen. Der Gedanke allein an die Frage brachte ein kurzes, wen eher schelmisches Grinsen über ihre Züge. „Du vergisst. Ich bin Dämonin. Sei dir gewiss, ich habe die Kraft, dich zu tragen.“ Nicht nur das es wesentlich bequemer war für sie sich auch einmal dahin tragen zu lassen, es würde auch wesentlich schneller gehen, was bedeutete, die beiden hätten noch ein wenig mehr Zeit. Doch die manifestierte Sicht der Dunkelhaarigen verbat ihr beinahe derartiges zu Glauben. Als würde man ernsthaft ihre Gesellschaft so sehr mögen, das man dafür extra länger blieb, und eine kleine Abkürzung des Weges in Kauf nahm. Wen wunderte es da, dass der trübe Blick schnell wieder in ihren Augen lag, das Grinsen verwaschen, und ihre Haltung eher abweisend. Nur kurz sah sie auf, als die Schottin sich aufsetzte und zu ihr herüber beugte. Sie schien verwundert, nicht ganz zu Wissen, was los war. Die Nakamura konnte es ihr deutlich ansehen. „Nein, du hast nicht's falsches gesagt.“ Dunkel raunte sie die wenigen Worten in das düstere Zimmer, welches nur durch einige wenige Sonnenstrahlen erleuchtet wurde, welche sich zwischen die Vorhänge schlichen. Natürlich war ihr selbst bewusst, was mit ihr los was, aber wie sollte sie einem fremden Wesen ihre Gefühlswege deuten, so dass sie es auch verstand? Ein seufzen fuhr durch ihren Körper, ehe sie die Augen über den Boden wandern ließ und an einem der Wände hingen blieb. Stillschweigen würde nur wieder Chaos in das Mädchen bringen, weshalb das Mädchen sich dazu durch rang doch wieder die Lippen zu öffnen, wenngleich für Worte, die wohl weniger etwas bringen würden. „Es ist nichts. Ich habe nur gesagt, dass ich es verstehen würde, wenn du zur Schule willst, statt noch ein wenig mit mir hier zu bleiben.“ mehr sagte sie nicht. Ein letztes Mal hob sie ihren Kopf, fixierte mit den dunklen, blauen Augen die Seelenspiegel ihres Gegenüber, die noch immer auf allen vieren vor ihr hockte und sie schief ansah. Immerhin hatte sie ihr nicht geantwortet, zu mindestens nicht ganz. Es lag nun mal an der Nakamura. Sie war solch eine Zuneigung nicht gewöhnt. So eine Nähe. Nähe bedeutete in ihrer Welt stets Gefahr, und das Risiko verletzt, oder gar getötet zu werden. Ein anderes Bild war ungewohnt, und von daher schwer zu akzeptieren. Und niemand konnte ablegen, was einem seit Jahrzehnten im Blut lag.
Noch immer blickte sie Roxy fragend an und überlegte was sie falsches gesagt haben musste, das sie denkt sie würde ihre Anwesenheit beenden wollen? Sicher Kotori war nie gut darin die richtigen Worte für etwas zu finden und oftmals wurde auch vieles falsch verstanden, doch egal wie lange sie darüber grübelte kam sie einfach nicht drauf. Wieso war es auch so schwer Gefühle in Worte zu fassen und diese dann über die Lippen zu bringen? Seufzend setzte sie sich neben die Dämonin, starrte an die gegenüberliegende Wand und legte ihren Kopf auf dessen Schulter. "Warum denkst du, das ich lieber zur Schule wollen würde, statt mit dir hier zu sitzen? Glaube mir, wenn ich es könnte würde ich die Zeit anhalten um dies hier nicht enden zu lassen." Ob sie es glauben würde war die andere Sache, doch meinte sie jedes Wort ernst und hoffte darauf, das Roxy es auch so sah. Die Dämonin war die erste die sie nicht mit Samthandschuhen anfasste aber dennoch etwas sanftes in sich hatte. Kotori brauchte jemand der ihr manchmal den Weg zeigte und ihr unter die Arme griff, doch nicht alle wollten das und Kotori verstand es. War sie doch alt genug um auf eigenen Beinen stehen zu können, aber so vieles hier war neu und sie wusste nicht wie sie alleine alles überstehen sollte. "Ich habe her angst wenn wir nachher jeder in seiner Klasse ist, dich danach nicht mehr wieder zu sehen? Ich habe einfach angst, angst vor heute Abend, angst vor morgen und angst davor wie mein Leben hier werden soll. Vielleicht bin ich einfach zu verwöhnt worden und klinge mal wieder total weinerlich." Und wie weinerlich sie klingt. Es wäre nur verständlich wenn Roxy eigentlich lieber den Abstand hätte. Für einen Wandler, der die ganze Zeit nur unter seines gleichen gelebt hatte und kaum Kontakt zu Außenwelt bekam, ist es doch sicherlich normal so hilflos zu sein?! Tag für Tag lebten alle unter sich, es war egal welche Entwicklungen unter den Menschen zustande kam, egal welch fortschritt die Medizin machte. Niemanden Interessierte das und so war es für Kotori schleierhaft wodurch dieser kleine Wandel kam und die Gruppe aufgeschlossener wurde. Doch genau das half Kotori die Welt etwas besser zu verstehen und nicht ganz hier unter zu gehen. Aber dennoch war die Einsamkeit das unerträglichste für sie.