Das Zimmer ist auf der Fensterseite mit zwei Betten an der linken und rechten Wand, den dazugehörigen Nachtkästchen und einem kleinen Regal, das von beiden Mitbewohnern benützt werden darf, ausgestattet. Auf der Türseite befinden sich zwei Schreibtische mit Lampen und ein Kleiderschrank, um die Klamotten der Schüler aufzubewahren. An besonders heissen Tagen sorgt die im Zimmer eingebaute Klimaanlage für ausreichend Abkühlung. Die kürzlich neu gestrichenen, weissen Wände lassen den Raum besonders freundlich wirken.
Verwundert sah ich zu Calleigh. Natürlich gab es noch andere als mich. Sie hatte doch eben am Hafen auch schon mitangesehen wie viele es doch gab. "Ja. Ich diene ihm natürlich nicht alleine." Ein lächeln sprang auf meine Lippen, da kramte ich mein Handy heraus. "Du hast doch am Hafen schon ein paar andere gesehen." Als ich dies sprach, zeigte ich ihr nur ein Bild von Shin, der Person die mir ja dann die Schlüssel wieder gegeben hatte. Wieso verwirrte sie es so? Hatte sie gedacht, mein Meister hätte nur mich? Ich musste fast schon lachen, so lustig war dieser Gedanke. Ich suchte wie wild in dem Handy nach Bildern, aber irgendwie hatte ich nahezu keine Bilder von den anderen. Alle waren nur von meinem Meister. Schulter zuckend legte ich das Handy wieder weg. Gab eben keine Bilder. "Ich bin bei weitem nicht die einzige die ihm dient." Als ich dies dann aber aussprach wurde mein Blick etwas nachdenklicher. Manchmal beschäftigte es mich sehr, zu wissen das Faiza und Kurya sich schon viel länger kannten. Im vergleich zu ihnen war ich so jung. Neugierig sah ich wieder zu der Blondine. "Wieso sollte er auch nur mich haben? Du hast doch zum Beispiel die Matrosen auf dem Schiff gesehen."
Richtig. Am Hafen waren noch andere gewesen. Das hatte sie komplett vergessen. Trotzdem beunruhigte es Calleigh irgendwie, dass es da noch mehr gab. Aber solange die anderen nicht auch noch auf die Insel kommen würden, war alles in Ordnung. Hoffte sie. Sie betrachtete das Bild von dem Mann, der schon am Hafen gewesen war und nickte. Gleichzeitig hatte sie auf die Uhr des Handys von Cynthia gesehen - es war schon viel zu spät! Wenn sie nicht sofort los würde, würde sie viel zu spät kommen. "Keine Ahnung, weiss auch nicht, wieso ich da nicht dran gedacht hab'." antwortete Calleigh ihrer Zimmernachbarin noch, dann zog sie sich ihre Schuhe an, schminkte sich schnell nach und schnappte sich eine kleine Tasche, die sie sich unter den Arm klemmte. "Ich muss jetzt wirklich gehen. Viel Spaß noch bei..dem was du eben tust." verabschiedete sich Calleigh noch mit einem Lächeln, denn war sie auch schon aus dem Zimmer verschwunden. Was Cynthia nun dachte, war ihr im Grunde egal; und was ihre Zimmernachbarin noch vor hatte, hatte sie auch schon wieder vergessen - hatte sie es überhaupt erzählt? Sie wusste es nicht mehr. Aber das war nun ja auch nicht mehr wichtig. Jetzt musste sie dafür sorgen, doch noch pünktlich zu kommen.
"Danke Calleigh. Bis später dann." Freundlich lächelte ich meiner blonden Zimmergenossin hinterher wie sie aus dem Zimmer ging. Na hoffentlich hatte ihr Kerl was zum essen dabei, sonst würde sie ja verhungern dachte ich mir lachend als die Tür zu ging. Als ich dann aber auf die Uhr sah, erschrak ich leicht. Sofort sprang ich auf, kramte ein paar Kerzen aus meinem Koffer und zündete sie an. Schnell nahm ich auf dem Boden platz und begann meine Meditation.
Nach einiger Zeit richtete ich mich wieder auf und löschte die Kerzen. Der Geruch hatte etwas sehr berauschendes, dass musste ich zugeben. Immerhin wurden diese Kerzen auch als Liebeskerzen bezeichnet. Dabei wurden sie für etwas ganz anderes erzeugt. Aber viele Menschen sollten ja diesen Geruch sehr betörend finden. Aber nun musste der zweite Schritt gemacht werden. Schnell nahm ich eine weitere Kerze mit, packte sie in eine kleine Tasche und verließ das Zimmer. Nun brauchte ich Wasser. Eine Badewanne wäre am besten..
Auf dem Weg zurück zum Waisenhaus hatte sie eine Weile darüber nachgedacht, was eben passiert war. Da es sie allerdings nur ärgerte und sie jetzt keine Lust auf ein solches Gefühl hatte, war sie lieber dazu über gegangen, an ihre Schwester zu denken, während sie sich darauf konzentriert hatte, so wie immer zu laufen und nicht das kleinste Bisschen zu schwanken. Und es war ihr erstaunlich leicht gefallen. Nun lief sie die Treppe hinauf und zu ihrem Zimmer, vor dem sie stehen blieb. Sie musste zuerst einmal ihren Schlüssel aus der Tasche kramen. Schnell war er gefunden und ins Schloss geschoben. Die Tür wurde geöffnet und der Schlüssel verschwand wieder in ihrer Tasche, während sie das Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss. Cynthia war nicht hier. Und das war gut so. Ihr jetzt irgendetwas erklären zu müssen, wollte sie nicht. Sie würde sich bloß konzentrieren müssen, sich nicht zu verplappern. Und auf diese Konzentration hatte sie keine Lust. Sie warf das Handtuch auf ihr Bett, ebenso die Tasche, dann ging sie zum Schrank und holte Unterwäsche, eine kurze Stoffhose und ein T-Shirt heraus. Sie würde sich einfach ins Bett legen und den Abend an sich vorüber ziehen lassen. Und die Klamotten, die sie sich nun herausgeholt hatte, würde sie in der Nacht anlassen. Also zog sie alles aus, was sie an gehabt hatte und zog sich die Unterwäsche an, die Hose und das Oberteil folgten schnell. Ihren Bikini legte sie einfach in einen Wäschekorb, auch die Klamotten, die sie eben noch getragen hatte, landeten dort. Ihre Schuhe standen direkt vor ihrem Bett, sie selbst ließ sich nun darauf fallen, was ihrem Kopf nicht ganz so gut bekam, wie sie geglaubt hatte. Ihr wurde für einen kurzen Moment schwindlig, allerdings war ihr das recht egal, da sie sich ohnehin auf ihr Bett gelegt und die Augen geschlossen hatte. Sie hatte nicht vor, zu schlafen, auch wenn es vielleicht besser wäre. Aber es war noch viel zu früh dafür. Und schlecht ging es ihr ja nun auch nicht. Sie seufzte. Kerle waren einfach nicht zum Aushalten!
Gelassen lief ich die Treppen wieder hinauf zu meinem Zimmer, welches ich ja mit Calleigh teilte. Wie es ihr wohl auf ihrem Date gerade erging? Bestimmt hatte sie viel Spaß. Schnell hatte ich den Schlüssel aus meiner kleinen Tasche gezogen und die Tür war wieder aufgeschlossen. Direkt konnte ich sehen, dass meine Blonde Zimmergenossin wieder da war. Sie lag auf ihrem Bett? "Du bist ja wieder da!", rief ich nur leicht verwirrt. Hatte sie denn nicht sich extra vorbereitet gehabt auf ihr Date? "Was ist passiert?"
Sie hatte ihren Arm auf ihre Augen gelegt, auch wenn das Zimmer ohnehin schon dunkel war, denn Licht hatte sie gar nicht erst angemacht. Und die Sonne war bereits untergangen, demnach schien höchstens noch das schwache Licht des Mondes ins Zimmer. Kurz gähnte Calleigh, als sie auch schon hörte, dass die Tür geöffnet wurde. Kurz sah sie auf, nur um festzustellen, dass es bloß Cynthia war - naja, wer hätte es auch sonst sein sollen? Eigentlich hatte Calleigh keine große Lust, jetzt mit Cynthia reden zu müssen. Dummerweise schien diese genau das zu wollen. Musste sie ihr jetzt auch noch erklären, was vorgefallen war? Na sicher nicht. "Gar nichts ist passiert." sagte sie nur, ohne ihre Zimmernachbarin anzusehen. Im Grunde war die Antwort nicht einmal gelogen - es war nichts passiert. Zumindest insofern, dass Kurya und sie nicht wirklich miteinander gesprochen hatten. Ansonsten war doch ziemlich viel passiert. Aber darüber nachzudenken, weil ziemlich deprimierend. Sie verstand sowieso nicht, wieso es ihm nicht passte, über seine Familie zu reden. Sie war tot, hatte er gesagt gehabt, irgendwann vor ein paar Tagen. Aber da hatte er, soweit sie sich erinnern konnte, nur über seine Eltern gesprochen. Und dass seine Familie nicht ganz tot war, konnte man ja an seinem Halbbruder sehen. Also warum sollte er nicht auch noch andere Geschwister haben können? Vielleicht würde sie über Cynthia etwas herausbekommen können. Aber im Grunde interessierte es sie auch nicht mehr.
Ich bekam auch sogleich eine schnelle Antwort auf ihr Problem. Es sollte nichts sein? "Danach sieht es nicht unbedingt aus..", meinte ich dann leicht besorgt. Immerhin war sie meine neue Zimmergenossin. Das machte uns ja fast schon zu so etwas wie Freunde. Also war ich ja für sie da, dass machten ja Freunde so. Ich war ja auch immer für Faiza da, wenn sie einen zu viel getrunken hatte. "Hat er dich sitzen gelassen?", fragte ich sie dann mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Wenn sie es wollte, wäre ich ja für sie da. Jedenfalls wenn sie es denn wollte. Kerle waren ja immer schlimm. Nur so selten gab es ausnahmen. Zum Glück war mein Meister ja eine davon. Dennoch wusste ich genau, was für Schweine doch die Männerwelt hervorbrachte manchmal. Eben darum wollte ich Calleigh nun helfen. Vorsichtig setze ich mich auf mein Bett und legte die kleine Tasche ab. Was würde sie sagen? Wie würde sie reagieren?
Nur weil etwas nicht so aussah, hieß es noch lange nicht, dass es auch nicht so war. Dummerweise aber war es in diesem Fall nicht so. Allerdings wollte sie darüber nicht reden - eigentlich. Nur schien Cynthia sie nicht damit in Ruhe zu lassen. Sie konnte es ja nur gut meinen - aber hatte Calleigh nicht gerade eigentlich deutlich gemacht, dass sie nicht reden wollte. Innerlich seufzte sie, nahm den Arm von ihren Augen und drehte ihren Kopf Richtung Cynthia, die nun, im Gegensatz zu ihr selbst, auf dem Bett saß und nicht lag - aufstehen wollte Calleigh nämlich nicht. "Da war er. Zumindest kurz." sagte sie schließlich und drehte sich auf die Seite. Nun stützte sie ihren Kopf mit ihrer Hand. "Ich hab wohl was Falsches gesagt, da ist er abgehauen." So, und mehr würde sie nicht erfahren. Das genügte ja auch, um die Situation zu erklären, nicht? Nach mehr hatte sie nicht gefragt. Vermutlich würde es auch nicht gut für Calleigh enden, zu viel über das 'Date' von Cynthia ausgefragt zu werden. Irgendwann würde sie sich sicher versprechen. Und das würde nicht gut sein. Ganz und gar nicht. Nun seufzte Calleigh doch hörbar und ließ sich wieder in die Kissen fallen, sodass sie wieder auf dem Rücken lag. Das war gemütlicher. Und so musste sie wenigstens nur die Decke über ihr sehen.
Als sie dann doch zu mir sprach, sah ich nur neugierig zu ihr. Er war also da? Aber er ist sehr schnell wieder gegangen? Ich nickte nur verständnisvoll. Kurz hatte sie mich angesehen, aber dann drehte sich die Blondine wieder weg. Mit einem plumps hatte sie sich wieder auf den Rücken fallen lassen. "Was für ein Arsch." Ich lächelte kurz bevor ich unter mein Bett griff und eine Tasche hervorzog. Schnell war eine Flasche Sake gezogen mitsamt zwei kleinen Schälchen. Mein Faiza-hat-einen-Notfall-Set. Heute würde es einfahc mal für Calleigh da sein. Schnell setzte ich mich neben ihr auf das Bett und goss direkt ein. "Hier." Lächelnd drückte ich ihr das Schälchen in die Hand. Sake half immer.
Bei Cynthias Satz musste sie innerlich lachen - nach außen hin aber sah man davon nichts. Wenn Cynthia wüsste, von wem sie da sprach, würde sie ganz sicher nicht mehr so reden. Aber sie würde es nicht erfahren. Zumindest nicht von Calleigh. Ganz sicher nicht. "So kann man's auch sagen." meinte sie deshalb nur, ohne sie noch einmal anzusehen. Dass sie irgendetwas hervorholte, konnte Calleigh zwar hören, sehen demnach aber nicht. Und sie wollte es auch gar nicht sehen. Im Grunde wollte sie nur, dass der Tag vorüber ging. Sie war müde, das konnte sie jetzt auch nicht mehr abstreiten. Und deshalb schloss sie die Augen. Allerdings blieben sie nicht lange geschlossen. Denn Cynthia setzte sich auf Calleighs Bett, weshalb diese die Augen doch wieder auf ihre Zimmernachbarin heftete. Was sollte das? Und was hielt sie da in der Hand? Doch recht widerwillig setzte sich Calleigh schließlich doch auf und nahm das Schälchen entgegen, welches sie erst einmal betrachtete. "Was ist das?" wollte sie wissen - gesehen hatte sie das noch nicht. Aber das hieß ja nicht, dass es schlecht war. Ausserdem, was hatte sie schon groß zu verlieren? Trotzdem wollte sie erst einmal die Antwort abwarten. Lieber wissen, was man hatte, als ins Ungewisse zu springen. Wobei..Cynthia würde auch lügen können. Aber dazu hatte sie ja eigentlich gar keinen Grund - noch nicht.