Endlich ist er da! Die Wünsche einiger Schüler sind wohl in Erfüllung gegangen, denn seit etwa einem halben Jahr befindet sich in der Innenstadt im Baradori Viertel auch ein Mc Donalds, samt allen 1*1 Produkten, Burgern, Salaten, Getränken und Nachspeisen. Außerdem haben Schüler hier die Möglichkeit, sich ein bisschen Taschengeld zuzuverdienen. Lasst es euch schmecken!
Vincent, Montag 22.06.2015 mit Avon und Riley Constantin
Es war doch wirklich erleichternd, dass Avon nicht hungern musste, während wir uns die Mägen vollschlugen. Wann und wie lange es allerdings das Frühstücksangebot auf den Tafeln bereits gab, entzog sich meiner Kenntnis. Wenn ich es genau nahm, dann erfuhr ich die wichtigsten Dinge immer zum Schluss. Einen Heimleiter musste man ja nicht in Kenntnis setzen. So wollte es das Gesetz. Da half jegliches Jammern leider nicht. Konnte ich die Leute wenigstens zusammenscheißen, dass sie nicht eher gekommen waren. War der einzige Vorteil davon alles immer als Letzter zu wissen. Mein Blick wanderte, wie der von meinen Kollegen, zur Anzeige. Schließlich wollte die wichtigste Mahlzeit des Tages sorgfältig ausgewählt werden. Kaffee durfte auf alle Fälle nicht fehlen. In dem Punkt gab es keine Diskussion. Daher musste ich mich nur noch für etwas Essbares entscheiden. Aber die Entscheidung fiel mir relativ schwer. Es gab einiges auf der Liste was ich ansprechend fand. Aber mein Geldbeutel sagte dazu definitiv: Nein. Während ich die Karte weiterhin studierte, hatte sich Riley anscheinend schon für sein Frühstücks Menü entschieden. Avon und ich brauchten noch ein bisschen. Daher machte der Blondschopf den Anfang und bestellte seine Liste. Man konnte sich ja immer noch etwas nachbestellen, sollte die erste Bestellung den Magen nicht füllen.
Edelmütig wie Costa eben war, lud er uns tatsächlich zum Fressen bei Mecces ein. Meine Mundwinkel zogen sich unweigerlich nach oben. Auch der Blaubeere schien dieser Umstand zu gefallen. Ein paar Groschen die man sich sparen konnte. Hatte auch etwas. Da uns Riley gut genug kannte, wurde dieses Angebot allerdings nicht schamlos ausgenutzt. Eine Freundschaft beruhte nicht auf dem Prinzip des Nehmens sondern auch des Gebens. Aber bevor ich auch nur meine Bestellung aufgeben konnte, fragte man mich nach meinem Knicks. Tja, gekonnt war eben gekonnt. Es wunderte mich allerdings nicht, dass die Herrschaften ein wenig neugierig waren. Ich war sogar ein wenig stolz darauf, es so glorreich über die Bühne gebracht zu haben. Die Stunden an harter Arbeit hatten sich wenigstens einmal in meinem Leben gelohnt. Wieso ich überhaupt dazu verdonnert worden war einen Knicks zu lernen, war mir bis heute schleierhaft. Da ich meine Kumpels jedoch nicht dumm sterben lassen wollte, setzte ich zu einer Antwort an, als Riley unverschämt ein Rollentausch in den Raum warf. Als würde ich mich einem Rollentausch - sexueller Natur - unterziehen wo ich die Frau war. Daher kassierte er auch gleich einen Schlag gegen den Oberarm. »Idiot. Damals, zu der Zeit mit Bianca, frag mich nicht wie es überhaupt dazu kam. Vermutlich hatte ich eine Diskussion verloren, unterzog sie mich dieser Lehre. Könnte auch sein, dass ich mich über ihren Knicks lustig gemacht habe. Sie war eben sehr temperamentvoll.« , beantwortete ich seine Frage nach meinem eleganten Knicks. Von einem Isola-Kalender hatte ich allerdings noch nicht gehört. Und sollte ich jemals davon hören und mein Bild darin finden, würde ich denjenigen eigenhändig massakrieren.
Während ich also meine Anekdote preisgab, hatte auch Avon bereits bestellt. Ich war somit der letzte im Bunde um meine Bestellung aufzugeben. »Ich nehm' einen Kaffee, eine Apfeltasche und einen McToast.«, gab auch ich endlich meine Bestellung auf. Somit konnte die Fresserei beginnen, wenn Riley die Schulden beglich und wir unsere Bestellung zu Tisch tragen konnten. Doch bis dahin wurden noch ein paar Fragen geklärt. Avon ließ es sich wie immer nicht nehmen, noch einmal die Unterhaltung von vorhin aufzugreifen. »Auf Drohungen steh' ich. Da steckt meistens sowieso nichts dahinter. Und was Rollenspiele angeht .. kommt drauf an.«, gab ich lachend von mir und wackelte mit meinen Augenbrauen. Ich wollte gar nicht wissen, was sich die hier arbeitenden Personen über unseren Haufen dachten. Sockenschuss? Vermutlich. Konnte ich auch eigentlich gar nicht abstreiten. Aber ohne ein wenig Spaß war das Leben doch nicht mehr lebenswert. Was jedoch den weiteren Verlauf des Gesprächs anging, hatte ich Bilder vor Augen, die ich niemals vor Augen haben wollte. Diese Bilder waren auf Avons Mist gewachsen. »Boah...ekelhaft. Diese Bilder.«, gab ich ein wenig wehleidig von mir und fuchtelte mit den Armen vor meinen Augen hin und her. Vielleicht war ich auch einfach zu pervers. Aber wer dachte bei einen Erdbeerkaktus wirklich an einen Erdbeerkaktus? Ich zumindest nicht. Und...nein ich durfte nicht weiter darüber nachdenken. Gott sei Dank kamen in diesem Moment unsere Bestellungen. Man hatte meine Gebete erhört. Vielleicht konnte ich die Bilder mit ein wenig Kaffee aus meinen Körper spülen.
„Keine Ursache.“, tat der Arzt lässig die Danksagungen seiner Kumpanen ab. War doch selbstverständlich, ab und an mal was für seine besten Kollegen springen zu lassen. Worauf sollte er denn außerdem sparen? Ein neues Auto? Nie im Leben! Ein neues Gemüsefach im Kühlschrank? Halt Stopp! Also konnte er es auch ruhig bei Mecces an der Kasse ausgeben. Ganz rationale Logik hier. Gut, vielleicht war der freundschaftliche Bias noch mit in der Gleichung, aber wo war der nicht? Also wirklich. Kein Grund sich also vor irgendjemandem rechtfertigen zu müssen. Ganz anders als bei den anderen Beiden, welche nun mit der Kalenderthematik konfrontiert wurden. Ganz speziell Vincent, als Objektiv der Fotofantasien des nächsten Miss-Isola-Kalenders musste jetzt mit einem Konter auftauchen, der sich seinesgleichen als würdig erwies. Eine Disziplin in welcher der Wolf bei Gott nicht ungeübt war, wenn er denn die richtige Laune dazu hatte. Der Schlag gegen den Oberarm war schon einmal ein guter Anfang. Trotzdem übte sich der Brite immer noch in einem siegessicheren Grinsen. Ganz besonders der Kommentar von Son-Goku war hier eine weitere Stärkung seiner Position. Was ihn kurz stutzig werden ließ und dafür sorgte, dass er seinen Blick auf den Hausmeister fokussierte. Immerhin hatte er auch einen Schuss vor den Bug bekommen, warum solidarisieren? „Vermutlich tut er das. Drohungen beleben das Leben.“, stimmte er mit in die Thematik ein. Obgleich der Brite auf Alarmbereitschaft war. Avon könnte ihn in eine Falle locken wollen. Er sollte die Schilde also oben halten, zur Sicherheit. „Wette? Nichts von gehört.“, erwiderte er sichtlich grübelnd, die Arme weiterhin vor der Brust verschränkt. Vielleicht hatte er es doch irgendwann mal aufgeschnappt, als die beiden Lästerschwestern miteinander ihren Tratsch ausgetauscht hatten. Aber so sicher war er sich da wirklich nicht. Intuition war es wohl kaum, aber die war hier auch schwer zu rechtfertigen. Selbst die Mimik von Avon gab dem Arzt keine Antwort auf seine mentale Frage. Schon komisch, dass…halt Stopp! Was hatte Avon da gerade gesagt?
Sichtlich beschäftigt damit seine Mimik zu halten und nicht mit einem überschwänglichen „WAS?!“ die Hallen des Fastfood-Heiligtums zu beschmutzen, starrte er den Blauhaarigen erstmal nur eine Sekunde an. Neutrale Mimik gegen neutrale Mimik. Er hat es gewusst. Das Blatt sollte sich also wenden, indem er ihn erst in Sicherheit wog, aber dann hinterrücks in den Rücken schoss. Aber nicht heute. Nicht wenn Major Constantin auf dem Watchtower seine Schicht hatte und für das Leben zahlloser kleiner Bürger zuständig war, welche in dem Falle mit seinem Ruf gleichgesetzt werden konnten. Jetzt keinen Konter zu haben würde fatal enden. Der falsche Konter würde außerdem noch Rox in den Dreck ziehen; und so feige war der Brite nicht. Immerhin war sie nicht hier um sich zu verteidigen. Eine elegante Lösung musste her, während die Zeit gefühlt in Zeitlupe an den beiden Gesichtern vorbeiflog. Vincent nicht mehr als ein Schatten, der die Situation zum Glück nicht noch weiter verschärfte. Wäre das ein Anime, hätte Riley wohl jetzt eine Schläfe, die deutlich an der Seite seines Kopfes sichtbar pulsierte. So angestrengt hatte sein Kopf heute noch gar nicht gearbeitet. Aber dann, wie aus dem nichts, die Idee. Sun Tzu sagte einmal: „Um deinen Feind zu besiegen, musst du zu deinem Feind werden.“. In diesem Falle bedeutete dies sich auf sein Niveau zu begeben, das Level zu ändern. „Nun, Avon…“, fing er an und stieß sich im gleichen Moment von der Wand ab, an welcher er sich angelehnt hatte. „…man sollte die schwierigen Sachen den Profis überlassen. Natürlich hat sie sich um den Kaktus gekümmert.“. Ein epischer Schritt nach vorne folgte. „Aber hinter einem Seeigel kann man halt nicht immer alles verstecken, eh?“. Die Neutralität in Rileys Gesicht wandelte sich in ein Grinsen um. So wie immer, wenn er die Szenerie dazu in seinem Kopf nicht gerade unlustig fand, seine Gedanken aber nicht unbedingt teilen wollte. Zugegeben, er hätte gerne einen besseren Spruch rausgehauen und damit final gewonnen. Wer gewann immerhin nicht gerne? Aber dafür reichte die Zeit einfach nicht. Und wenn es halt ein Bescheidener Konter war, dann war es halt so. Er konnte es jetzt auch nicht mehr ändern. Er zuckte mit den Schultern. „Oder so ähnlich zumindest.“. Damit ging er kurz noch zur Kasse und bezahlte das Frühstück im aktuellen Umfang für die Truppe. Wenn sei später noch etwas wollten, würde er ihnen einfach seine Geldbörse mitgeben. Wirklich weit kam man auf der Insel eh nicht. Abgesehen davon: Er wusste wo sie wohnen.
„Also? Ans Fenster?“, kam es als Pioniervorschlag des Blondschopfes in den Raum geschmissen und er deutete mit einer lässigen Kopfbewegung zu der Sitzecke mit der Bank. Wer mochte schon Stühle? Stühle warne etwas für Verhörräume…und Arztzimmer…mh. Nicht gerade der beste Vergleich. Gut, dass er nicht immer alles sagte, was ihm in den Sinn kam. Letzten Endes war es ja egal, wo sie sich hinsetzten. Als sich alle Hintern jedoch endlich auf einer Sitzfläche befanden, konnte das gemütliche Frühstück auch schon losgehen. Papier wurde entwickelt, Speisen begutachtet und Blick ausgetauscht. „Und? Darf man einen von euch am Abend in Begleitung begrüßen?“, stellte der Brite einfach mal als neues Thema in den Raum, weil ihm gerade seine eigene Dummheit aufgefallen war. Er hätte ja Rox fragen können, ob sie mit ihm dahin geht. Also…warum auch nicht? Da fiel ihm aber wieder ein, warum das eine schlechte Idee gewesen war. Er wollte ja seinem liebsten Mobbing-Objekt unter die Arme greifen und Jakob die Chance offenlassen. Ob er sie genutzt hatte? Der Arzt hatte keine Ahnung. Er hoffte es. Bei diesem Ball konnte man immerhin nicht viel falsch machen. „Also, ich frage nur. Immerhin bin ich mir bei euch beiden am Ende nicht sicher, dass ihr mit der gleichen Dame auftaucht.“. Wobei ihm das Wort „Dame“ bei dieser Blondine echt schwerfiel. Luder, traf es wohl eher. Wäre wohl auch die passende Beschreibung für ihren Telefonbuch-Eintrag. Sollte er sich für später merken. „Oder wollt ihr mir sagen, dass keiner von euch sich bis Dato darum gekümmert hat und wir am Ende an der Bar genüsslich den Inhalt leeren?“, schloss Riley ab und lehnte sich entspannt zurück in die Lehne. Nicht, dass er was dagegen hätte.
Avon,22.06.2015, morgens mit Vincent & Riley Constantin
,,Oder sie erkannte, dass Du die Grazie einer Gazelle hast und wollte Dich deswegen in die Kunst des Hofknicks einführen", trug Avon noch seinen Teil zur Unterhaltung bei, klopfte seinem guten Freund dann auf die Schulter. Heute ging alles aber ganz schön auf seine Fittiche, erst der Knicks, jetzt die Drohnungen und Rollenspiele. ,,Langsam erkenne ich ein Muster, warum Dein Sohn so paarungsbereit mit seinem Freund ist. Bei einem Rollenspielmeister als Vater und Vorbild." Doch dann driftete das Niveau des Gesprächs noch mehr hinab, auch noch dank des sonst so schweigsamen Hausmeisters - eben nicht bei den zwein. Zusammen wurden drei immer wieder erneut zu frühreifen Teenagern. Die Reaktionen von Riley und Vincent auf den Kaktuskommentar waren einfach nur köstlich, sodass der Blauschopf nicht drumherum kam, ein Grinsen und einen zufriedenen Laut von sich zu geben. ,,Also, wenn diese Bilder so schockierend für Dich sind, dann ist Karina mit Dir wesentlich sanfter, als mit mir", stellte er fest. War etwa nur er das Opfer ihrer innigsten Gelüste? Falls ja - ihn stört es nicht. Mehr für ihn, könnte man da sagen?
Besonders die Reaktion vom Arzt im Trupp war filmreif, Avon sollte später den Ladenbesitzer fragen, ob er die Kameraaufnahmen haben darf. Es war ja schon fast drollig, wie der Blonde sich retten wollte, was dieser auch soweit schaffte, indem er ihm ein leicht amüsiertes Schnaufen entlockte. ,,Tritt drauf, dann kann sie Krankenschwester bei Dir spielen." Aber genug Jokesauf Kosten vom Arzt und seiner Kollegin, klopfte er auch einmal dem Man in Black-Sonnebrillenträger auf den Rücken, welcher wohl selbst der Meinung war, sein Konter war schwächer als sonst. ,,Es ist früh." Avon's Hirn war inzwischen wach, immerhin war er schon joggen und im Wohnheim, somit länger wach, als der Arzt es sicherlich war. Weiter sollte es auch dann damit gehen, sich das Essen zu schnappen und sich zu setzen. ,,Sucht Ihr einen Platz aus, ich komme jetzt", meinte er und verschwand kurz zu den Toiletten, wo er sich die Hände wusch, bevor er zurückkehrte und sich zu beiden setzte. Er war nicht so Hygnienefanatisch, dass er sich immer die Hände waschen oder desinfizieren musste, aber da er schon etwas gearbeitet hat und joggen war, war ihm das zum Essen doch angenehmer. Mit dem Platz war er auch zufrieden, schön am Fenster, da konnte er sich dann endlich einen Schluck Kaffee genehmen, nachdem er ein bisschen Milch beigefügt hatte. Herrlich. Gerade packte er sein Essen aus und nahm den ersten Biss, da stellte der Quotenblondschopf bereits die Fragen aller Fragen - Ballbegleitungen. Als habe dieser es provoziert, glitt sein Blick zu Vincent, denn war es recht kompliziert. Er hätte Karina fragen können, klar. Er hätte dies sogar gewollt. Allerdings war das alles ein wenig kompliziert. Mit wem auf einem Ball zu gehen war schon etwas ernsteres, fand Avon. Und da er mit seinem Freund nie wirklich drüber gesprochen hat, wie er wirklich letztendlich zu Karina steht - es ist kompliziert. Und er mag und respektiert Vincent zu sehr, um ihn da irgendwie auf den Schlips zu treten. Hieß ja auch, Bruder vor Luder. Irgendwann muss ich mal mit ihm darüber reden. . . ,,Der Abend steht für mich offen, wie er endet. Mit einer Person oder Alkohol an meiner Seite, mal sehen", gab er mysteriös von sich, um die Frage nicht im Dunkeln stehen zu lassen. Dann zuckte er leicht mit den Schultern. ,,Wer weiß, vielleicht frage ich ja noch die hinreizende Vincentia nach einem Date. Ihr eleganter Knicks hat mich wirklich verzaubert." Die roten Augen glitten von seinem Dissopfer, zum Schlächter, dessen Blick ihm fragte: ,,Und bei Dir?"
Vincent, Montag 22.06.2015 mit Avon und Riley Constantin
Ich war ein wenig sprachlos, musste ich zugeben. Jetzt bezichtigte man mich auch noch als Rabenvater. Das saß. Es kribbelte in meiner Hand. Der Drang Avon für diese Aussage ein passendes blaues Auge zu seinen Haaren zu verpassen war ziemlich groß. Ich besann mich jedoch eines Besseren. Es stimmte. Die beiden Wölfe hatten ihre Triebe leider nicht wirklich unter Kontrolle. Zum Glück waren die beiden Jungs nur am Wochenende mein Problem. Ich hatte definitiv schon zu viel von den Beiden gesehen. Wobei ich immer wieder darauf hinwies, dass sie es nicht wie die Karnickel treiben konnten, sie sollten auf ihre Umgebung achten und mir keine Beschwerden einbringen. Ich wollte ihnen ungerne im Weg stehen, aber wenn sich solche Beschwerden häuften, dann würde ich einschreiten müssen. Auch auf die Gefahr hin gehasst zu werden, das war eben das Los von Eltern. Doch meine Gedanken waren ziemlich weit entfernt von dem Hier und Jetzt, daher schob ich diese beiseite. Da kam das Gespräch auch gerade auf Karina. »Vielleicht bist du auch nur eine kleine Pussy.«, konterte ich und grinste schief. Als würde Karina sanft mit mir umgehen. Vielleicht war ich auch der Maßstab der Schmerzgrenze und man konnte mir nicht das Wasser reichen, warum sollte sich Avon sonst beschweren? Damit hatte ich mein Ego wieder gestärkt und konnte den verbalen Dünnschiss von vorhin getrost die Toilette runterspülen. Innerlich klopfte ich mir auf die Schulter.
Während des Schlagabtausches zwischen den beiden Hohlbirnen, studierte ich nochmals die Speisekarte. Ein Muffin klang auf alle Fälle verlockend. Vielleicht würde ich mir noch einen genehmigen, bevor wir den Laden hier verließen. Erst als es an die Platzwahl ging, horchte ich wieder auf. Anscheinend waren wir bereits soweit endlich unser Essen zu genießen, doch vorher musste Avon noch aufs stille Örtchen. Wollte ich wissen was er da trieb? Ganz bestimmt nicht. Daher folgte ich dem Blondschopf zu dem Platz am Fenster und ließ mich auf die Bank fallen. »Guter Platz.«, lobte ich Riley während ich bereits meinen Kaffee kostete. Wie immer fiel ich darauf rein und verbrannte mir prompt die Zunge. Das Gebräu war in dem Fast Food Restaurant auf alle Fälle heißer als zuhause, das war sicher ihre Masche. Sie wollten, dass sich die Kunden verbrannten, wenn man ihnen schon nicht blöd kommen konnte. So musste es sein. Auch meine Kollegen fielen bereits über das Essen her. Da kam Costa bereits mit der nächsten Frage um die Ecke. Ballbegleitung, wie konnte es auch anders sein. Ein Thema, was auch die Jugend in den letzten Tagen beschäftigt hatte. Ich konnte mir Riley auf alle Fälle mit einer Arztkollegin vorstellen. Rox. Der Name war heute bereits schon öfter in Zusammenhang mit Riley gefallen. Wobei es sich besagter Blondschopf ebenfalls nicht verkniff mächtig auszuteilen. Mit hochgezogener Braue fixierte ich den Arzt. Wäre trotzdem irgendwie lustig und auch merkwürdig zugleich, wenn Karina mit Avon und mir auf dem Ball aufkreuzen würde. Würde auf alle Fälle für eine Menge Gesprächsstoff sorgen. »Eigentlich wollte ich dieses Gespann bis zum Abend fortführen. Ein bisschen für Aufsehen sorgen. Außer Riley hat bereits etwas Besseres gefunden und macht mir nen Strich durch die Rechnung.«, gab ich von mir und biss von meinem McToast ab. Ich war gespannt darauf, ob mein Grillkumpane ein weibliches Wesen gefragt hatte oder ob die Gang heute auf Pirsch ging.
Mit einem schiefen Grinsen und einem „Heh!“, nahm der Blondschopf das Kompliment der Platzauswahl entgegen. Warum sollte man sich auch nicht mit einem gekonnten Fensterblick und dem dazugehörigen Sitzkomfort vergnügen? Insbesondere dann, wenn in diesem Etablissement noch beinahe niemand unterwegs war. Außerdem musste er bei einem schönen Patz nicht mehr so lange darüber nachdenken, ob sein Konter vorhin nur schwach war, oder ob er generell nachgelassen hatte. Zugegeben: Der Kommentar des Blauhaarigen saß tief….in seinem Stolz. In Gedanken schnaubte der Arzt noch mal. „Ist früh…tse.“, murmelte er leise hörbar in seinem kleinen Moment Verwundbarkeit, ehe die Sache dann aber schon wieder erledigt war. Die Retourkutsche war bereits auf dem Weg. Nur wann sie ankommen würde, dass entschied ganz und gar der Karpfen. Der noch nicht eingetrudelte Karpfen, wohlgemerkt. Mit einem offensichtlichen Halsstrecken versuchte der Brite einen Blick auf ihren noch fehlenden Partner zu erhaschen. Allerdings taten sich zahlreiche Einrichtungsgegenstände gut damit diesen Plan zu vereiteln, weswegen Riley sich kurze Zeit später einfach wieder in die Lehne fallen ließ und erleichtert aufatmete.
Es war also nicht verwunderlich, dass das Ball-Thema nun von ihm angeschnitten wurde. Allerdings interessierten ihn dabei eher weniger die Antworten, sondern die Reaktionen. Als würde der Brillenträger täglich Poker spielen, beobachtete er seine beiden Freunde nacheinander. Eine Tätigkeit die der Arzt meist nur indirekt nachging. Manchmal tat er das, manchmal war es ihm wurscht, manchmal fiel es ihm auch einfach nur auf. Das seine Sonnenbrille die abwechselnden Blicke des Briten ungeheuerliche gut verschleierte, konnte hier nur ein Vorteil sein. Und da sollte nochmal jemand die Effektivität seiner Brille anzweifeln! Gut, nachts war das dezent unheimlich. Aber hey, davon sprach hier ja gerade keiner. Es war in jedem Falle aufschlussreich, dass die Augen von Avon zu Vincent wanderten und dieser sich eher für die aktuelle Gruppenkonstellation aussprach, anstatt großartig hormonellen Bedürfnissen nachzujagen. Der blauhaarige Son-Goku jedoch war dort etwas passiver. Ließ seine Antwort ziemlich offen, kam lieber schnell mit der Gegenfrage. Natürlich nicht, ohne nochmal Vinny zu erwähnen. Und das machte den selbsterklärten Geheimagenten stutzig. Denn, Avon war bei Gott ein Scherzkeks, keine Frage. Aber seine Hiebe waren subtiler, etwas durchdachter. Irgendwie passte es Detective Constantin nicht in den Kram, dass er sich nun so auf dem Eingangsschauspiel festbiss. Und wo wir gerade beim Festbeißen sind: Riley verletzte den McMuffin tödlich in seiner Seite. Vom Ermittler zum Täter, so schnell konnte es gehen. Tod durch Bisswunde, würde der Arzt am Ende diagnostizieren. Ein fataler Fall. „Nein, ich bin alleinstehend und glücklich.“, erwiderte er lässig und platzierte seinen linken Arm auf der Lehne seiner Bank. „Dementsprechend würde ich auch mit der Konstellation hier mitgehen. Im Gegenzug zu Avon, habe ich keine Hoffnung auf eine andere Begleitung.“. Erneut setzte er den Mord an seinem Muffin fort. „Aufferdem…“, kam es noch kauend über seine Lippen, bevor die Einsicht ihn kurz innehalten ließ. Ein Schlucken war zu sehen, dann setzte er den Muffin kurz noch einmal ab. „Außerdem bin ich eher da, um ein Auge auf die Kinder zu werfen. Wir kennen alle unsere Problemfälle, nehme ich an.“, eine kleine Pause folgte, „Und die Küche dort muss ja auch einer bewerten.“. Ganz logisch, oder etwa nicht? Was war ein Ball ohne Fleisch auf der Speisekarte? Richtig! Langweilig und einfach ungenießbar. Wenn es also weder Fleisch noch etwas anderes zum Essen gab, dann wusste der Blondschopf wenigstens, wen er vollmeckern musste. „Plus, um auf das Thema zurückzukommen: Sind wir mal ehrlich. Welche Ballbegleitung ist euch nicht unheimlich? Mir fällt spontan keine ein.“. Und er war sich ziemlich sicher, dass er mit dieser Meinung nicht der Einzige war. Oder aber er war einfach zu wählerisch und anspruchsvoll. Faul zählte vielleicht auch noch mit zu den möglichen Antworten. Irgendwie war der Fachterminus Frau in seinen Augen zu stark mit dem Wort Arbeit verbunden gewesen. Er hatte es ja auch mal versucht, wirklich. Aber selbst mit Rox waren die Interessen einfach zu verschieden. Was er brauchte, darüber sinnierte er gerade beim Schlürfen seines ersten Schluckes Kaffee, war eine weibliche Kopie seiner selbst. So etwas in der Art zumindest. Aber wie wahrscheinlich war es, dass das passiert? Wenn hundert Jahre nicht ausreichten, um so jemanden zu finden, wie lange sollte es dann dauern? Ein Grinsen bildete sich unweigerlich auf seinem Gesicht, stellte er sich doch die Frage bei einem Orakel vor, ob er jemals die Liebe seines Lebens finden würde. Die Antwort wäre dann ungefähr so: „Ja, Riley, das tust du. Fünfzehn Sekunden später stirbst du.“. So lief es doch im Endeffekt immer, oder? Und, mal ganz davon abgesehen – man haben Philosophen einen Scheißjob! Jetzt, wo ihm das Philosophieren auch nicht so leichtfiel. Echt undankbar das Feld. Aber zu Recht unterbewertet…irgendwie.
Vincent, Montag 22.06.2015 mit Avon und Riley Constantin
Die Fresserei hatte also begonnen mit Blick auf die belebte Straße. Die Aussichten waren leider nicht immer schön, aber damit war zu rechnen. Daher konzentrierte ich mich lieber auf die ansehnlichen Männer, mit denen ich am Tisch saß. Mein kleiner Snack wurde allerdings mit jedem Bissen noch weniger. Aber das war ja auch vorgesehen, schließlich waren wir zum Frühstücken hier und nicht um Däumchen zu treten. Klar, ein wenig Klatsch und Tratsch durfte nicht fehlen, schon gar nicht bei der Gang. Ich bezeichnete uns gerne als die Gang. War irgendwie verwegen. Daher hatte ich mich auch nicht gescheut, meinen Gedanken was den Ball anging, laut auszusprechen. Gedanken an eine weibliche Ballbegleitung hatte ich bislang auch gar nicht verschwendet. Wozu auch? Es gab, selbst mit weiblicher Begleitung, keinen tieferen Sinn dahinter. Zumal ich mir nicht vorstellen konnte, dass man immer unter sich blieb. Ich war mir auch ziemlich sicher, dass sich unsere Ballkonstellation im Laufe des Abends ebenfalls ändern würde. Wie mir just in dem Moment zu Ohren kam, hatte auch mein Grillkumpel nichts dagegen einzuwenden als die Gang aufzumarschieren. »Ausgezeichnet. Die Blicke sind uns sicher.«, grinste ich und nahm einen Schluck meines nicht mehr so heißen Kaffees, der sich ebenfalls dem Ende zuneigte. Mit den Problemfällen verschwand auch mein Grinsen wieder. Ich wollte nicht darüber nachdenken. Aber das ließ sich spätestens am Ball nicht mehr vermeiden. Ob man Sicherheitsmaßnahmen ergreifen konnte? Ich war mir nicht sicher. Ich hoffte nur, dass es zu keiner Schlägerei oder zu viel Alkoholkonsum ausartete. »Erinnere mich nicht daran.«, gab ich mit einem Stöhnen von mir und trank den letzten Schluck aus dem Pappbecher. Woran ich mich ebenfalls nicht erinnern wollte, war die Rede dich ich halten musste, die ich allerdings noch nicht vorbereitet hatte. Tja, als Heimleiter musste ich eben Prioritäten setzen. Nur mit Mühe konnte ich die Entgleisung meiner Gesichtszüge verhindern, schließlich wollte ich nicht zugeben, dass ich noch nichts gemacht hatte, sollte einer der Herren auf die Idee kommen mich fragen zu wollen. Die Ablenkung durch Costas Frage kam mir daher gerade recht. »Also, ihr seid mir nicht unheimlich, aber ich denke du hast von weiblichen Wesen gesprochen. Da enthalte ich mich meiner Meinung.«, beantwortete ich die vermutlich rhetorische Frage des Blondschopfs.
Eigentlich war mir mehr nach Tratsch zu mute, aber die Uhrzeit sagte nein. Und zu allem Überfluss hatte mir auch noch mein Geek geschrieben. Jetzt musste ich sogar noch den Blumenmann spielen. Was tat man nicht alles als Elternteil. »Ich glaube wir haben uns lange genug vor der Arbeit gedrückt. Ich muss auf alle Fälle noch einmal ins Wohnheim, bevor der Ernst des Lebens anfängt.«, damit sprach ich ganz klar auf den Ball an. Vielleicht konnte ich noch ein bisschen Kram erledigen, bevor ich nachhause musste um mich aufzuhübschen. Schließlich sollte ich als Heimleiter nicht wie der letzte Penner aussehen.
„Dann enthalte dich deiner Meinung. Wenigstens sind wir dir geheuer, darauf kommt es an.“, warf Riley mit einem schulterzucken ein und sah das Thema damit als erledigt an. Es gab Sachen im Leben, da musste man nicht tiefer ins Detail gehen. Der Konflikt, welcher sich dabei in Avons Gedanken abspielte, blieb dem Blondschopf dabei jedoch zu hundert Prozent verborgen. Aber selbst, wenn er es wissen würde, eine Antwort wäre ihm darauf auch nicht eingefallen. Aus solchen Themen hielt er sich dann doch eher raus, betraf ihn ja nicht. Und so verging das essen auch ohne weitere Zwischenfälle. Er gab sich Mühe, die anderen nicht mit zu vielen Philosophien des Lebens zu belästigen. Sei es die Frage, warum man eigentlich Stereotypen bildete. Oder was der Grund für den unrelationären Preis von Kaffee, gegenüber Hamburgern war. Die Welt des Briten hatte tausende kleine Probleme, welche er sich selbst so immer wieder versuchte zu beantworten. Selbst bereits geklärte Sachen wurden von ihm gerne mal wieder aufgerollt. Je nachdem ob er eine neue Wissenslage erworben hatte, welche ihm das wiederholte grübeln ermöglichte. Dass er auch schwachsinnige Ergebnisse dabei produzierte, störte ihn dabei immer herzlich wenig. Das konnte man bei Bedarf auch mit den anderen Teilen, um für den ein oder anderen Lacher zu sorgen.
Letzten Endes aber hieß es, das gemütliche Frühstück hinter sich zu lassen. Vince hob die Tafel quasi indirekt auf. Die Ankündigung nach weiterer Arbeit war immerhin überall bekannt dafür, Tischrunden aufzulösen. „So viel Arbeit noch auf dem Schreibtisch?“, fragte er kurz überprüfend, während seine Brillengläser sich leicht in die Richtung des Wolfes bewegten. „Was hast du denn noch für Arbeit im Wohnheim?“, warf er spitzbübisch in den Raum und bildete dabei schon ein leichtes Grinsen auf seinen Lippen, „Bist du nicht schon ein bisschen zu alt, um die Zimmer jetzt noch zu kontrollieren?“. Er wollte es wenigstens einmal erwähnt haben. Junges Aussehen hin oder her, eigentlich waren sie hier alle aus der Generation der alten Knacker. Gut, bis auf Avon vielleicht. Er war noch grün hinter den Ohren? Oder in diesem Falle feucht? Wie zur Hölle nannte man das bei Nixen? Obwohl…ja, feucht klang gar nicht so dumm. Das Grinsen auf Rileys Gesicht nahm kurz noch schelmischere Züge an, normalisierte sich allerdings recht schnell wieder. Zu viel Kreativität, so viel war klar. „Aber ich biete dir natürlich gerne meine Hilfe an. Wir altersschwachen Leute müssen ja schließlich zusammenhalten.“. Und für einen Moment kam der Doktor nicht drumherum sich beide mit Falten im Gesicht und Krückstock vorzustellen. Am besten noch ein Rollator davor, dann wäre das Bild abgerundet. Achja! Und eines dieser Brillengestelle, wo die Glasstärke fast schon an militärische Ferngläser rankam. Ja, da konnte er sich die beiden gut vorstellen. Natürlich noch immer mit den gleichen Sprüchen, das Mundwerk wurde immerhin nie alt. „Weißt du, ich sehe uns schon zusammen in der Zukunft.“, begann er daraufhin einfach seine Gedanken laut auszusprechen, während sich die beiden erhoben. „Wir beide, alt und klapprig, mit Brillengläsern die uns bis ans andere Inselende zoomen lassen.“. Die epische Pose seiner Gestiken war dabei rein spöttisch zu interpretieren. „Und dann treffen wir uns jeden morgen zum alltäglichen Rollator Wettbewerb. Der Gewinner kriegt ein Steak mehr auf dem Grill.“. Dabei klopfte er dem Weißhaarigen leicht lachend und freundschaftlich gegen die Schulter. Es war wohl selbstverständlich, dass die beiden schon aufgestanden waren. Ein Seufzen folgte allerdings trotzdem. „Dann lass uns mal losgehen! Ich nehme an, dein Wagen ist in der Nähe? Ich hasse zur Arbeit joggen.“. Der Ruf der Faulheit machte auch heute nicht vor dem Briten halt. Wenn er sich im Büro des Heimleiters heute schon aus Solidarität mit versklavte, dann wollte er wenigstens nicht ausgepowert und schwitzend dort ankommen. Aber wer hatte darauf schon Bock? Vincent sicherlich auch nicht. Außerdem war das hier kein Einstellungstest für irgendeine Armeetruppe. Der Morgen hatte gemütlich angefangen, warum ihn jetzt plötzlich so beschleunigen? Trotzdem wollte auch er nicht seine Manieren vergessen. "Wir sehen uns spätestens heute Abend, Avon. Ich lass mich mal überraschen, ob es mit einer Begleitung klappt.", er hielt beim freundschaftlichen ruckeln an der Schulter kurz inne, "Aber du bist ja noch jung, da geht das.". Wieder grinste er und wenn man ganz genau hinsah, sah man das Zwinkern hinter den dunklen Brillengläsern des Briten. Dann verließ er, ohne weitere Worte und fröhlich gelaunt, das Restaurant.