Das Krankenzimmer ist ziemlich schlicht gestaltet. Hier und da hängen die üblichen Poster, die nunmal in einem Krankenzimmer hängen sollten. Zwei Betten, die durch Vorhänge voneinander getrennt sind befinden sich in diesen Raum. Diese sind besonders weich... und kuschelig... und verführen schlimmstenfalls zum Schlafen. Ein kleiner, chaotischer Pult, auf dem der Schularzt mit einem Computer arbeiten kann befindet sich neben den Betten. Desweiteren finden sich im ganzen Raum verteilt Medizinschränke und diverse Utensilien wie eine Waage oder ein Messgerät. An einem runden Tisch hat man die Möglichkeit, wichtige Gespräche die die Gesundheit betreffen zu führen. Der Geruch des Raumes ist wegen der vielen Desinfektionsmittel stets ein chemischer.
Ich lächelte, als Chloe sagte, sie hätte den Wecker nicht gehört und deswegen verschlafen. Sowas passierte mir normalerweise nicht, vielleicht hatte ich einfach einen zu leichten Schlaf, oder unterbewusst erwartete ich immer einen Notruf, wo ich gebraucht werden würde. Ob ich hier jemals komplett abschalten konnte war fraglich, aber vielleicht lag dies auch gar nicht in meiner Natur - ich liebte meine Arbeit, und dass ich mich überarbeitete kam nicht selten vor. Ich sah das ganze nicht als etwas schlechtes, dazu bräuchte ich mehr Selbstreflexion, als das was gerade in meinem Kopf herumschwirrte. Ich kümmerte mich eben einfach lieber um andere als um mich selbst, was an sich schon ein Problem war, dem ich aber sehr gut aus dem Weg gehen konnte.
„Du siehst auch fit und munter aus“, komplimentierte ich das äußerliche Erscheinungsbild meiner Kollegin mit einem Lächeln. Meine Idee schien sie ganz und gar nicht schlecht zu finden, und nach ein paar Momenten fing die Schwarzhaarige schon an zu sprechen. Ihren Namen kannte ich ja schon, doch bei ihrer Herkunft und Rasse fingen meine Augen an zu leuchten. Eine Nixe?! Ich wusste von deren Existenz, doch hatte ich noch nie (bewusst) mit einer persönlich gesprochen - nunja, scheinbar schon, als ich Chloe am gestrigen Tag begegnet war. Zudem schien sie gerne zu schwimmen und Klavier zu spielen, was mir auch sehr gut passte und mich strahlend lächeln ließ. „Ich spiele auch Klavier!“ Und Geige, Gitarre, Schlagzeug und anderes, aber ich musste es ja nicht übertreiben. Zu ihrer Herkunft brannten mir auch noch ein paar Fragen auf der Seele, doch erstmal wollte ich ihr auch antworten, damit wir uns auf einer ähnlichen Ebene, was Wissen anging, befanden. „Also, mein Name ist Amélie Cazardieu...“, machte ich es ihr nach und nannte meinen Namen nochmal der Vollständigkeit halber, „... und ich bin ein Engel. Keine Sorge, ich bin kein Mensch der gestorben ist - ich war schon immer ein Engel. Demnach komme ich auch aus dem Himmel.“ Mit einem zuckersüßen Lächeln und leicht schiefgelegten Kopf deutete ich mit einem meiner Zeigefinger gen Himmel, ehe ich weitersprach. „Ich liebe Musik und alles was damit zutun hat, weswegen ich denke, dass wir uns ganz gut verstehen werden!“ Vor meinen Augen konnte ich es schon sehen, wie wir zusammen an einem Klavier saßen und zusammen spielten - oder wie ich ihr dabei zusehen durfte, wie sie als Nixe durch das Wasser schwamm. Natürlich gab es noch viel mehr Dinge, die ich mochte, und die mich ausmachten, aber das hier sollte für den Anfang ja reichen und eine gute Grundlage als Kollegen darstellen.
Das bedeutete jedoch nicht, dass ich nicht neugierig war und die Fragen, die mir auf der Zunge lagen, nicht loswerden musste. Ich trat etwas näher an die Ärztin heran und betrachtete ihre Beine aufmerksam, ehe mein Blick hochwanderte und wieder bei ihrem Gesicht angekommen war. „Ich bin zu neugierig, ich hoffe das stört dich nicht. Im Wasser hast du dann eine Flosse, nehme ich an? Kannst du deine Beine wie es dir beliebt verwandeln, oder muss es im Wasser sein?“ Nachdenklich und konzentriert fing ich an, um sie herumzugehen, als wäre sie mein neues Experiment. Mein Blick hing dabei wieder auf ihren Beinen und ich starrte sie regelrecht an, was vielen verständlicherweise unangenehm sein würde. „Wurdest du an Land oder im Wasser geboren? Und wie viel ist an den Sagen um Sirenen dran, dass sie Seeleute in ihr Verderben gelockt haben?“ Ich kam vor Chloe wieder zum stehen und schaute sie mit funkelnden Augen an, voller Neugierde. Mein Wissensdurst war einfach übergesprudelt und ich bemerkte im Moment gar nicht, dass ich sie möglicherweise viel zu sehr mit Fragen bombardiert hatte.
Nachdem sich Chloe grob vorgestellt hatte, schien die Ärztin sehr begeistert zu sein. Sie spielte wohl auch Klavier, was die Griechin natürlich erstrahlen ließ. „Das ist ja cool! Dann können wir ja mal zusammen spielen“, sagte Chloe begeistert mit einem Lächeln im Gesicht. Sie freute sich, dass jemand auch solch eine Interesse hatte und dann war es auch noch Amélie, die es war, denn sie wollte die Schwarzhaarige ja eigentlich besser kennenlernen. Hoffentlich würden die beiden auch mal zusammen Klavier spielen können.
Anschließend stellte sich die Ärztin ihr vor. Chloe hörte aufmerksam zu und war überrascht, dass sie aus dem Himmel kam. War der Himmel wirklich ein Ort oder Land, so wie hier? Gab es Gott dort? Fragen über Fragen schossen der Schwarzhaarigen in den Kopf. Doch sie riss sich zusammen, denn sie wollte unbedingt auch noch den Rest hören, den Amélie ihr sagen wollte. Sie war wohl eine Musikliebhaberin. Ob sie noch mehr Instrumente außer Klavier spielte? Diese Fragen musste die Griechin wohl auf später verschieben, denn zuerst hatte Amélie einige Fragen an Chloe, was auch verständlich war. So wie es aussah, interessierte sie die Rasse von der Ärztin. War dies so eine Seltenheit? Egal warum, Chloe musste freundlich lächeln. „Also ich verwandele mich nur, wenn ich im Wasser bin. Aber ehrlich gesagt hab ich das auch noch nie an Land ausprobiert, weil ich es nicht an Land brauche“, antwortete sie zu Amélies erste Frage. Bei der zweiten Frage der Ärztin muss die Schwarzhaarige wirklich kurz überlegen. „Also ich selbst wurde an Land geboren. Aber ehrlich gesagt kann ich dir das mit den Sagen nicht wirklich beantworten…“, sagte die Griechin zuerst und überlegte dann kurz, was sie noch weiter sagen sollte. „Ich komme von einem Stamm, der sich auf die Heilungen durch ein reinigendes Wasser, spezialisiert hat. Aber ich persönlich kann mir schon vorstellen, dass es auch solche Nixen gibt, doch genauer beantworten kann ich diese Frage leider nicht“, fügte sie anschließend noch an. Ob dies nun enttäuschend für Amélie war? Sie hoffte nicht, aber das würde sie wohl ziemlich bald herausfinden.
„Ich hab auch noch ein paar Fragen, wenn ich die stellen darf. Und zwar ist der Himmel so ein Ort wie hier die Insel? Oder ist das mehr so nur Wolken? Und gibt es dort im Himmel überhaupt einen Gott von dem so viele sprechen?“, fragte Chloe zuerst zu ihrer Herkunft. Es war wirklich ein spannendes Thema, da auch die Griechin eigentlich nie etwas mit einem Engel zu tun hatte und sich nicht vorstellen konnte, wie der Himmel aussah. Aber vielleicht konnte ihr ja Amélie ein Bild in den Kopf zeichnen. Anschließend fragte sie noch ihre andere Frage: „Du liebst ja Musik. Spielst du auch noch andere Instrumente außer Klavier?“, fragte sie die Ärztin noch und wartete ab.
Chloe war zu dem selben Schluss wie ich auch gekommen, dass wir unbedingt mal zusammen Klavier spielen mussten, weswegen ich enthusiastisch nickte und sie fröhlich anlächelte. Zudem schien meine Kollegin sich nicht allzu bedrängt von meinem um-sie-herum-gehen zu fühlen; zumindest erwähnet sie dies mit keinem Wort. Ich ließ mein hibbeliges Umhergelaufe nun sowieso sein und lehnte mich abermals mit meiner Rückseite an den Schreibtisch, während ich Chloe bei den Antworten zu meinen Fragen zuhörte.
Aufmerskam nickte ich hier und da - es machte wohl Sinn, dass sie an Land ihre Flosse nicht brauchte. Genausowenig würde ich ja auch meine Flügel nicht unter Wasser erscheinen lassen - oder würden sie mich schneller sein lassen? Vielleich sollte ich das doch mal ausprobieren, wenn mein Flügelproblem behoben war, wann auch immer dies sein würde. Chloe erzählte weiter, während mein Blick interessiert an ihren Lippen hing. Wieder nickte ich ein paar Mal; anscheinend gab es mehrere Stämme von Nixen, was auch Sinn machte - Menschen waren ja auch nicht alle gleich. Demnach waren meine Fragen vielleicht sogar etwas dumm gewesen, einfach davon auszugehen, dass eine Nixe alles über ihre Rasse wusste - es gab genug Menschen, die nie über den Rand ihres eigenen Landes hinausschauten. Ein paar Momente lang ließ ich die neuen Informationen etwas sacken. Chloes heilendes Wasser klang sehr interessant, und es war schön zu hören, dass es doch viele unterschiedliche Arten der Heilmagie gab. Sicherlich gab es noch so viele magische Dinge, von denen ich noch nie gehört hatte - doch ich wollte sie alle kennenlernen.
Plötzlich kam ein leiser Nachrichtensound von meinem Handy und neugierig nahm ich dieses in die Hand, ehe ich kurz entschuldigend zu Chloe sah. „'Tschuldigung, ist wichtig, ich antworte kurz.“ Gut, eigentlich war Levis Nachricht gar nicht so wichtig, zumindest handelte es sich um keinen Notfall. Trotzdem wollte ich ihm sofort antworten, was ich auch ohne Verzögerung tat. Nach ein paar Sekunden lag mein Smartphone wieder auf dem Tisch und mein Blick erneut auf Chloe. „Schieß los!“ Die Fragen der Nixe waren welche, die ich schon oft gehört hatte - das letzte Mal erst vorgestern, weswegen ich leicht grinsen musste. „Es ist eher wie Isola.“, fing ich an zu sprechen und nickte leicht, „Mit grünen Wiesen, Seen, hübschen Gebäuden und so.“ Aber ohne Werwölfe, die alles zerstörten. „Und zu Gott... ich weiß nicht.“ Ich zuckte mit den Schultern und lächelte sie unschuldig an. „Es kann durchaus sein, dass er nur erfunden wurde. Getroffen habe ich so jemanden noch nicht.“ Ich sprach zu einhundert Prozent die Wahrheit, getroffen hatte ich so jemanden nicht. Ich wusste, dass ich von einem Erschaffer... erschaffen wurde, und dass es sogar sowas wie eine Regierung bei uns gab - die ich noch nie persönlich gesehen hatte. Ich bezweifelte aber stark, dass es sich bei irgendwem davon um einen Gott handelte, der sich um das Wohlergehen der Menschen kümmerte, aber das musste ich ja nicht groß rumerzählen. Vielen würde diese Gedanke sicherlich nicht gefallen. „Klavier, Gitarre, Geige und Schlagzeug spiele ich am liebsten...“, und am besten, „... aber ich habe auch schon andere Instrumente ausprobiert.“ Ich fing an, an meinen Fingern aufzuzählen. „Querflöte, normale Flöte, Cello, Harfe, äähh... oh, und Dudelsack hab ich mal probiert!“ Ich streckte die Zunge ein wenig angewiedert raus und schüttelte den Kopf. „Wie man das Musik nennen kann verstehe ich aber nicht.“
Auch Amélie schien sehr begeistert davon zu sein, dass die beiden einmal zusammen Klavier spielen würden. Ob sich dafür noch der geeignete Termin finden würde, war eine andere Frage, denn die Schüler konnten einen doch manchmal echt auf Trapp halten. Gestern war leider auch so ein Tag, an dem Chloe eigentlich ein wenig relaxen wollte, aber gut, die Arbeit ging einfach vor. Aber das Wochenende schien eigentlich für solche Aktivitäten immer gut zu sein, denn welcher Schüler hätte gern am Wochenende ein Arzt gesehen? Wahrscheinlich keiner. Chloe notierte sich im Kopf, dass das Klavier spielen mit Amélie auf jeden Fall aufs Wochenende fallen sollte.
Die Antworten, die Chloe der Ärztin lieferte, schienen wohl keine weitere Fragen aufzuwerfen. Jedenfalls kam es der Griechin gerade so vor, oder kamen vielleicht später noch weitere Fragen? Jetzt im Moment auf jeden Fall nicht, denn das Handy von Amélie klingelte und sie entschuldigte sich. Chloe nickte und wartete ab. So lange dauerte es auch nicht und anschließend konnte Chloe auch ihre Fragen an die Ärztin stellen. Die Nixe konnte sich durch die Beschreibung des Engels ein Bild ausmalen, wie es wirklich im Himmel aussah. Chloe war begeistert. Gerne hätte sie diesen Ort auch mal besucht, doch durfte sie das eigentlich so? Und wenn ja, wie kam sie denn in den Himmel? Vielleicht mit einem Engel? Vielleicht sogar mit Amélie? Fragen über Fragen, auf die die Schwarzhaarige momentan noch keine Antwort hatte. „Das klingt ja nach einem richtig schönen Ort“, sagte die Griechin freundlich lächelnd zum Engel.
Die Antwort zur zweiten Frage überraschte Chloe, denn sie hatte nicht gedacht, dass die Brünette so viele Instrumente spielen konnte. „Wow, dann bist du also ein musikalisches Talent. Aber ja Dudelsack ist ein komisches Instrument. Es sieht schon sehr verrückt aus“, sagte die Schwarzhaarige zu ihr mit einem Lächeln im Gesicht. Kurz überlegte Chloe, ob sie noch die Fragen von zuvor stellen sollte. Sie kam zum Entschluss dies zu tun. „Ich wollte noch fragen, dürfen denn Leute, die keine Engel sind den Himmel besuchen? Und wie kommt man denn überhaupt in den Himmel? Geht das nur mit den Engelsflügeln?“, fragte sie anschließend noch die Brünette neugierig. Wahrscheinlich hatte Amélie auch die Antworten darauf. Trotzdem war sich Chloe nicht sicher, ob sie überhaupt Antworten bekommen würde. Vielleicht war das ja alles Top-Secret und sie durfte nichts ausplaudern? Gespannt wartete die Schwarzhaarige ihre Antwort ab.
Klang nach einem schönen Ort... ja, das tat es. Ich seufzte etwas wehmütig und nickte, ein wenig vermissen tat ich das Himmelsreich ja auch ab und zu, da ich schon eine Weile nicht mehr dort gewesen war. Viel mehr aber vermisste ich die anderen Engel, denn was war ein Ort ohne seine Bewohner? Langweilig. Doch bisher sah es ja ganz gut hier auf Isola aus und ich war mir sicher, dass ich neue Freundschaften schließen konnte, und wer weiß, vielleicht würden ein paar davon ja auch tiefgehend und bedeutungsvoll werden. Sicherlich gab es auch noch einige an erwachsenen Mitarbeitern hier, die ich noch gar nicht kennengelernt hatte. Ja, ich war zuversichtlich, dass ich hier viel Spaß haben würde!
Als Chloe mich ein musikalisches Talent nannte schüttelte ich kurz den Kopf etwas verlegen und zuckte schwach lächelnd mit den Schultern - war es wirklich Talent, oder war es einfach verdammt viel Zeit, die ich hatte, um Dinge zu lernen? Aussprechen wollte ich meine Gedanken lieber nicht, doch auch ermahnte ich mich selbst Dinge lieber nicht auszuplappern, die darauf schlossen, dass ich etwas älter als in meinen Zwanzigern war. Demnach sagte ich einfach nichts auf diese Aussage und stimmte einfach mit einem energischen Nicken zu, dass Dudelsäcke seltsam waren, und ihr Erfinder sicherlich auch. Eine weitere Frage kam von meiner Kollegin, auf welche hin ich erstmal den Kopf etwas schieflegte und grübelnd an die Decke schaute, während ich noch immer an den Tisch gelehnt war, meine Hände links und rechts von mir auf diesem platziert. „Ich habe noch nie jemanden im Himmel gesehen, der kein Engel ist, also eher nein.“, fing ich vorsichtig an zu sprechen und mein Blick legte sich erneut auf Chloe, sowie ein Schmunzeln auf meine Lippen. „Und wie man dorthin kommt kann ich dir leider nicht sagen, das ist geheim.“ Ich zwinkerte ihr zu und stieß mich leicht vom Tisch ab, da ich erneut zum Fenster gehen wollte, obwohl die Luft im Raum inzwischen sicherlich genauso frisch war wie draußen. „Ich hoffe du siehst mich jetzt nicht als irgendein heiliges Wesen oder so, ich bin einfach nur ich. Einfach Amélie.“ Ich drehte mich zu der Schwarzhaarigen um und grinste sie an. Für meinen Teil zumindest hatte ich jetzt ein ganz gutes Bild darüber, wer und wie sie war - natürlich nur oberflächlich, aber das Fragespiel gerade war ja auch nicht dazu gedacht gewesen, dass wir unsere intimsten Geheimnisse austauschten. „Was machst du denn meistens, wenn du im Dienst bist, aber es keine Patienten zu behandeln gibt? Natürlich ist das der Idealfall, aber irgendwie kann es doch etwas langweilig werden.“ Natürlich gab es hier einige Bücher oder Akten zu lesen, oder Dinge abzuheften - wie ich es vorhin schon getan hatte - aber ab irgendeinem Punkt hatte man ja auch alles schon verinnerlicht oder dokumentiert. War es vielleicht ratsam, etwas von sich aus mitzubringen? Ein Buch das man lesen wollte vielleicht? Oder sollte ich nächstes Mal einfach meine Gitarre mitbringen?
Dass Amélie so ein musikalisches Talent war, hatte die Schwarzhaarige zuvor nicht gewusst. Aber die Brünette schien es nicht an die große Glocke zu hängen. Da kam der Griechin etwas in den Sinn. „Es gibt an der Schule eine Band. Vielleicht willst du die ja ab und zu mal mit deinem Talent unterstützen?“, fragte die Ärztin ihre Kollegin. Auch wenn sie dies nicht wollen würde, hatte sie Chloe trotzdem über diese Möglichkeit informiert. Vielleicht hatte aber auch Amélie einfach viel zu wenig Zeit für so etwas. Trotzdem wäre es für die Kinder sicher eine gute Abwechslung zum normalen Üben. Vielleicht könnten sie so sogar neue Instrumente lernen. Doch dies würde sicherlich noch in den Sternen stehen.
Der Himmel war ein ganz großes Thema gerade zwischen den beiden Frauen. Chloe wollte unbedingt einmal den Himmel besuchen, doch sie wusste nicht, ob sie dies überhaupt durfte. Die Antwort von Amélie enttäuschte sie dann schlussendlich ein wenig, denn es gab dort nur Engel im Himmel und keine Besucher. Chloes Gesichtsausdruck schein ein wenig traurig zu sein, trotzdem konnte sie es auch verstehen, dass sich die Himmelsbewohner selbst schützten. Dass der Weg zum Himmel Top-Secret war, bestätigte sich nun durch ihre Kollegin. Naja, wenigstens konnte Chloe nachfragen. Ihr nächsten Worte irritierten die Schwarzhaarige ein wenig. Warum sollte sie denken, dass Amélie ein heiliges Wesen war? Naja gut, sie war ja im Prinzip schon ein heiliges Wesen, aber deshalb würde Chloe sie jetzt nicht auf ein anderes Level setzen, wie die anderen. „Keine Sorge, wegen sowas setz ich dich nicht auf eine andere Stufe Amélie. Trotzdem danke für die Infos, auch wenn ich ein wenig enttäuscht bin, dass ich den Ort nicht besuchen kann, aber ich kann das verstehen“, sagte sie und lächelte die Brünette freundlich an. Es freute die Griechin wirklich sehr, dass ihre Kollegin schon so viel von sich selbst verraten hatte und sie auch somit eine Basis gebildet hatten, auf der eine schöne Freundschaft entstehen konnte.
Die nächste Frage von Amélie betraf die Arbeit der beiden Frauen. Kurz musste Chloe überlegen, ehe sie ihr eine Antwort liefern konnte. „Naja, also wenn ich gerade einen Patient hatte, dann räum ich alles auf und mache alles steril, nur zur Sicherheit. Auch trag ich in die Akten dann die Behandlung der Patienten ein. Und sonst lese ich entweder ein Medizinbuch, oder auch ein normales Buch. Manchmal geh ich auch in die Cafeteria und hol mir da einen Kaffee oder ähnliches. Aber dann hinterlasse ich eine Notiz hier auf dem Tisch, damit man mich schnellstmöglich findet, wenn was sein sollte. Aber ich bin schon froh, wenn nicht so viel los ist, da weiß ich dann wenigstens, dass es allen gut geht“, antwortete Chloe ihrer Kollegin. Ob dies überhaupt die erwartete Antwort war, die sich Amélie erhofft hatte? „Wieso fragst du? Hast du etwa schon Langeweile bekommen?“, fragte die Griechin ein wenig frech mit einem Grinsen im Gesicht.
Lustig, dass sie die Schulband erwähnte, da ich vor nicht allzu langer Zeit noch über diese nachgedacht hatte. Ob es da vielleicht doch eine Möglichkeit gäbe, wenn sogar Chloe dies ansprach? Nachdenklich legte ich einen Zeigefinger an mein Kinn und schaute an die Decke, ehe meine Augen langsam doch wieder zu der Schwarzhaarigen wanderten. „Meinst du nicht, dass die Schüler lieber unter sich bleiben wollen? Bestimmt haben die keine Lust auf eine langweilige Ärztin.“ Das einzige, was ich mir vorstellen konnte war, dass ich als eine Art Ansprechperson fungieren und ihnen hier und da vielleicht Dinge zeigen konnte - aber auch dabei hatte ich so meine Zweifel. Ich ging nämlich davon aus, dass die Schülerband alles unter Kontrolle und sich schon um alles gekümmert hatte, was sie so brauchten. Außer eben einen weiteren Gittaristen, wie es schien. Rein theoretisch könnte ich der Person, die den Aushang am schwarzen Brett angebracht hatte (@Isalija) einfach eine Nachricht schreiben, aber gerade tendierte ich noch eher dazu, mich einfach rauszuhalten. Ich war nicht sonderlich scharf darauf, die uncoole Erwachsene zu sein.
Chloe verkündete ihre Enttäuschung darüber, den Himmel nicht besuchen zu können und ich schaute sie entschuldigend an. Rein theoretisch gab es für viele einen Weg dorthin, sie musste eben einfach sterben ... aber das war möglicherweise etwas zu morbide, weswegen ich es nicht aussprach. Außerdem wurde nicht jedes Wesen das starb zu einem Engel, aber die genaue Logistik davon kannte ich auch nicht. Ich spitzte meine Ohren als die andere Ärztin mir von dem erzählte, was sie hier so tat, und nickte ab und an während ich zuhörte. Alles in allem klang es doch so, als hätte ich die richtige Idee mit dem Buch gehabt - wobei ich noch immer nicht ausschloss, auch ein Instrument mitzubringen. Solange die Klassenräume weit genug vom Krankenzimmer entfernt waren. Auf Chloes abschließende Frage musste ich dann auch grinsen und leicht lachen. „Ein bisschen. Natürlich ist es wünschenswert, dass sich niemand verletzt oder krank wird, aber es kann hier doch schon langweilig als Arzt werden. Ganz anders als in einem Krankenhaus.“ Ich erinnerte mich an meine Zeit als Krankenhaus-Ärztin zurück und konnte definitiv bestätigen, dass man dort kaum Zeit hatte, sich in irgendeiner Weise gelangweilt zu fühlen. Man wünschte sich eher die Langeweile zurück. Ein gesundes Mittelmaß zwischen den beiden Extremen wäre schön, wobei das auch mehr Verletzte bedeuten würde - manchmal war es wirklich nicht leicht, in der Medizin zu arbeiten. War man etwa eine schlechte Person, wenn man sich mehr zu tun wünschte? Ich schüttelte leicht den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden - das nächste mal würde ich einfach ein Buch mitbringen. Vielleicht eins über Psychologie, das klang interessant genug! „Wobei Ruby vorhin auch hier war, sie ist ein sehr nettes Mädchen. Und jetzt habe ich dich zum reden, also ist meine Langeweile auch weg.“ Ich schenkte meiner Kollegin ein fröhliches Lächeln und lehnte mich an die Fensterbank, als mir eine Frage von vorhin wieder einfiel. „Ach stimmt, ich wollte dich doch noch was fragen. Welche Farbe hat deine Flosse?“ Ich lachte leicht, weil es eine absolut sinnlose und unwichtige Frage war, aber sie interessierte mich dennoch, da ich mir gerne ein akkurates, mentales Bild von Chloe der Nixe machen wollte. „Und bist du als Nixe sonst... nackt?“ Meine Augen bekamen ein neugieriges Funkeln - das klang doch realistisch, oder? Zumindest realistischer als sich vorzustellen, dass sie aus dem nichts einen Muschelbikini tragen würde.
Die Idee mit der Schulband schien nicht sonderlich anklang bei Amélie zu haben. Vielleicht wollte sie so eine Aufgabe einfach nicht übernehmen? Es war ja immerhin auch zusätzlicher Aufwand, den sie dann betreiben musste. Eventuell hatte die Brünette auch einfach keine Zeit, um den Kindern ein bisschen was beizubringen. Doch die Worte von Amélie verwirrten die Griechin ein wenig. „Also ich denke nicht, dass sie Lust auf eine langweilige Ärztin haben. Du bist sehr kompetent und eventuell könntest du ihnen ja ab und zu zur Verfügung stehen. Ich glaub, da wären die Kinder sicher froh drum. Aber du musst es selbst wissen, immerhin ist es dann ja auch mit Zeitaufwand verbunden“, sagte Chloe zu ihrer Arbeitskollegin. Sie war sich zwar unsicher, ob Amélie überhaupt bei der Band mitmachen wollte, trotzdem wäre es sicher für sie und die Kinder eine tolle Sache gewesen.
Nachdem Chloe gefragt hatte, ob Amélie Langeweile hätte, musste sie breit Grinsen. Es ging ihr wohl nicht anders wie der Schwarzhaarigen. Manchmal wünschte man sich doch ein wenig Action, damit die Zeit schneller verflog. Gestern war auch so ein Tag, an dem sie sich lieber die Langeweile gewünscht hatte, immerhin hatte sie einige Patienten versorgt und war danach doch recht müde von der Arbeit. Trotzdem hoffte die Schwarzhaarige immer, dass sich niemand ernsthaft verletzte. Chloe hatte auch bis heute keinen sehr schwer verletzten Fall gehabt und da war sie auch froh drum. Die Griechin hörte ihrer Arbeitskollegin zu und lächelte freundlich. „Ja, Ruby ist ein nettes Mädchen und das freut mich, dass ich dir die Langeweile weiter abhalte“, sagte sie freundlich. Chloe wusste, dass Ruby hier aushalf und ein nettes Mädchen war. Es war gut, solche Personen auch mit an Board zu haben. Wie aus dem Nichts hatte Amélie dann eine Frage. Verwirrt sah die Schwarzhaarige sie an. „Also meine Flosse ist ganz dunkelblau, zum Teil schon schwarz, mit helleren blau und rosa Tönen“, erklärte die Nixe zu ihrer Gestalt. Ob sich die Ärztin darunter etwas vorstellen konnte? Sicher war sie sich da nicht, doch da hatte sie auch ihre nächste Frage noch gestellt. „Theoretisch bin ich oberhalb nackt, wenn du darauf hinauswillst. Aber meine Nixenform sieht so aus, dass von meinem Bauchnabel Nixenverziehrungen nach oben gehen und ich somit oberhalb zum Teil verdeckt bin“, auch diese Antwort schien für die Schwarzhaarige nur wage zu sein. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn Amélie diese mal in Live sehen würde, um sich dann ein Bild davon machen zu können. „Ich kann es fast gar nicht besser beschreiben, tut mir leid. Aber wir können sonst ja mal schwimmen gehen und dann kann ich dir die Nixenform zeigen“, schlug die Griechin ihr vor. Chloe hätte heute wahrscheinlich sogar Zeit dafür, doch ob es Amélie zeitlich ausgehen würde, wusste sie nicht und sie wartete auf ihre Reaktion.
Zu dem Thema mit der Schülerband zuckte ich nur etwas unentschlossen mit den Schultern, darüber musste ich mir einfach etwas mehr Gedanken machen. Vielleicht war es ja keine schlechte Idee, die Kinder einfach zu fragen was sie wollten, aber... gerade wollte ich mich weder für den einen, noch den anderen Weg entscheiden. Deswegen ließ ich das Thema lieber erstmal ruhen und konzentrierte mich stattdessen auf das Hier und Jetzt. Und mein Hier und Jetzt war ziemlich genau nur Chloe.
Es war nicht verwunderlich, dass die Schwarzhaarige Ruby auch kannte, immerhin half sie hier ja öfter aus. Für einen Moment fragte ich mich, wie die Beziehungen der anderen Ärzte und Ruby aussahen, doch verwarf ich den Gedanken schnell wieder. So fröhlich wie das rothaarige Mädchen vorhin auf meinen Vorschlag reagiert hatte glaube ich nicht, dass sie irgendeinem Arzt hier unheimlich nahe stand. Ich hörte meiner Kollegin aufmerksam zu, während sie ihre Flossenfarbe versuchte zu beschreiben. Es war verständlich, dass dieses Unterfangen eventuell komplizierter war, als man es sich vorstellen mochte, weswegen ich hier und da aufmerksam nickte und den Blick nicht von ihr nahm. Ich hatte schon eine Art Bild vor Augen, wie Chloe als Nixe im Wasser aussehen mochte - doch ob dieses realistisch war würde sich irgendwann noch rausstellen. „Ich kann mir definitiv was darunter vorstellen! Aber ob ich damit richtig liege wird sich zeigen.“ Ich lachte sanft und lächelte meine Kollegin an. „Wir müssen auf jeden Fall mal zusammen schwimmen gehen, ich würde dich zu gerne im Wasser sehen.“ Ich wusste nicht, ob ich heute Zeit haben würde - je nachdem wie lange ich mit Deirdre redete und ob Riley sich noch meldete - und morgen war auch fraglich. Am besten machten wir im Moment nichts aus und wir schauten lieber spontan, wann wir Zeit hatten. Immerhin hatten Ärzte es nicht immer leicht mit ihrer Freizeit, da diese manchmal kaum vorhanden war, falls es Notfälle gab. Leute planten Krankheiten und Unfälle unheimlich selten für normale Arbeitszeiten ein, wie unhöflich. „Muss man zu 100% als Nixe geboren sein, oder kann man auch eine werden?“ Ich grinste Chloe auf meine etwas kindische Frage an - Vampire konnten ja auch nach belieben erschaffen werden, warum nicht auch Nixen? Ich träumte ein wenig vor mich hin, wie ich wohl als halb Engel und halb Nixe aussehen würde. Gegen eine hübsche Flosse im Wasser hätte ich ganz bestimmt nichts! Jedoch zweifelte ich daran, dass ich eine Nixe werden würde, sollte Chloe mich jetzt beißen. Ich hoffte, dass sie es nicht versuchen wollte. Wobei... für die Wissenschaft würde ich sie es machen lassen.
Die Erklärung zu ihrer Flosse fand Chloe nicht gerade zufriedenstellend. Ihre Flosse war sehr facettenreich und deshalb konnte sie auch nicht wirklich eine gute Beschreibung abgeben. Hatte Chloe nicht sogar ein Foto auf ihrem Handy? Sie war sich nicht sicher, aber Amélie war freundlich und nahm auch das Angebot der Griechin an. „Warte mal, vielleicht hab ich sogar ein Foto“, sagte Chloe und holte ihr Handy heraus. Sie wollte ihr die Flosse unbedingt zeigen, deshalb öffnete sie ihre Galerie und durchsuchte ihr Handy. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich ein Fot…“, sagte sie, während sie ihr Handy durchstöberte und hörte mitten im Satz auf, da sie das Bild gefunden hatte. „Hier“, sagte sie anschließend, drehte das Handy um und zeigte es Amélie. Eigentlich hatte die Schwarzhaarige Glück gehabt, dass sie jetzt doch ein Bild von ihrer Flosse hatte. Das Bild selbst zeigte sie als komplette Nixe, aber dies war ihr gerade egal, denn die Brünette würde sie so oder so irgendwann einmal in ihrer Nixenform sehen.
Anschließend stellte ihre Kollegin eine weitere Frage, die Chloe zum Grinsen brachte. „Du meinst das so, wie bei Vampiren, die durch Bisse jemanden in einen Vampir verwandeln können?“, fragte sie grinsend und stellte sich dies einmal vor. Es wäre sicherlich komisch gewesen, wenn eine Nixe einen Menschen beißen würde und somit diese Person auch zu einer Nixe machen würde. Natürlich gab es nicht komplett reinblütige Nixen, das war wohl bei jeder Art so, aber so im Nachhinein eine werden? Dies glaubte Chloe nicht. „Also bei uns gab es nur reinblütige Nixen oder Mischlinge, aber alle wurden so geboren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man jemand im Nachhinein zu einer Nixe machen kann. Aber mit Sicherheit kann ich es dir nicht sagen. Es kann genauso gut sein, dass es Stämme gibt, die durch ein Ritual oder so jemanden zu einer Nixe machen können“, sagte sie dann und lächelte sie freundlich an. „Gibt es denn sowas bei euch Engeln, oder ist das eher ähnlich, wie bei den Nixen?“, gab sie anschließend noch die Frage zurück und wartete gespannt ab.