Das Büro der Direktion ist im Gegensatz zu den restlichen Räumen der Schule sehr klein, verfügt aber dennoch über aussreichend Möbel. Neben dem Schreibtisch des Direktors befindet sich auch ein weiterer Tisch, auf welchem 2 Bildschirme eines Computers Platz gefunden haben. In der Mitte des Raumes befinden sich ein Tisch und zwei Sitzbänke. So manch vorschriftswidriger Schüler wird hier schonmal gesessen haben, aber auch für Lehrer ist dies ein wichtiger Ort, um bestimmte Dinge mit der Direktion besprechen zu können.
Zumindest ein Stück weit half es, von jemandem zu hören, dass man nichts hätte tun können oder man sich keine Vorwürfe machen brauchte. In den seltensten Fällen hörten die Menschen dann zwar mit ihrem Selbstzweifel auf – und auch Engel waren da kaum anders -, aber es beruhigte die Seele wenigstens etwas. Und wenn es nur darum ging, seine Gedanken und Gefühle zu teilen, so war es ein menschliches Verlangen. Bernardo würde wohl erst annähernd zufrieden sein, wenn er den Kindern in die Augen schauen und sagen konnte, dass es ihnen – wieder – gutging. Wenn er daran seinen Anteil haben konnte, wäre er umso beruhigter, denn das war seine Chance, Ausgleich zu seinem vergangenen Fehler zu schaffen. »Danke«, sprach er sanft, nachdem Julia versucht hatte, ihm seine Last von der Seele zu schieben. Es ermutigte ihn, zu hören, dass sie derselben Meinung war und dieselbe Einstellung für die künftigen Wochen in sich führte. Nichts war schlimmer als dazustehen und zu erkennen, dass man der einzige war, der den Gehalt der Lage erkannte und die folgenden Reaktionen, die zu tätigen waren.
Aber Julia hatte auch Recht, dass es vergebens war, sich nun gegenseitig von der eigenen seelischen Last zu erzählen. Sie selbst hatte sich zurückhalten können, dabei hatte Bernardo die Trauer in ihr spüren können. Das sagte ihm nicht nur sein engelhafter Spürsinn sondern auch seine weitreichende Lebenserfahrung, mit deren Augen er die junge Direktorin betrachtet hatte. Man konnte ihr keinen Vorwurf machen, unaufrichtig zu sein, man konnte sie nur loben, in diesem Moment die richtigen Reaktionen gezeigt zu haben. Vielmehr sollte man Bernardo dafür schelten, sich hinzusetzen und erst mal die Atmosphäre zu drücken, nachdem er sie mit kleinen humoristischen Spitzen nach oben drücken wollte. Es war wohl diese seichte Melancholie, die ihn seit seiner Ankunft verfolgte und an seinem Geist herumhangelte wie ein quirliger Lemur. Die Zeit würde den kleinen Quälgeist sicherlich irgendwann aus dem Haus jagen. Bernardo machte sich also keine allzu großen Sorgen. Es zeigte lediglich seine Menschlichkeit, die ihm doch so wichtig war.
Mit dem Themenwechsel zu den anstehenden Unterrichtsstunden schaffte es die Direktorin, den Hünen wieder in seine Verfassung vor der melancholischen Einlage zu befördern. Doch das Ende des Wochenendes war gar nicht mehr so fern und in diesem Büro schien nur eine einsame Frau zu arbeiten. Sicher machte sie einen starken Eindruck, aber in Anbetracht der Umstände und dem Arbeitsaufwand – sicher stand der Stapel auf ihrem Schreibtisch symbolisch – machte sich ein wenig Bedenken im Kopf des Engels breit. Ferner sprach Julia die neue Lehrkraft an, welche auf Isola erwartet wurde. Vala, nannte er den Namen der gesuchten Frau in Gedanken. Wenn Bernardo ehrlich war, hatte er gar keine neue Nachricht mehr von der Engländerin erhalten. Zwar hatte er sie höchstpersönlich darum gebeten, auf Isola den Posten einer Lehrerin zu bekleiden, aber außer einem Interessenbekenntnis und eine herzliche Zusage an ihn hatte er nichts mehr gehört. Scheinbar hatte sich nach seiner Empfehlung alles von selbst geklärt. Es freute ihn. Zum einen wegen der Unterstützung und zum anderen weil er seine alte Bekanntschaft wiedersehen konnte. Bernardo war gespannt auf ihre Arbeit.
Bernardo nickte seiner Chefin zu, als sie ihm zusicherte, über den aktuellen Stand der Unterrichtsgestaltung Bescheid zu bekommen. Ihre nachfolgenden Worte wiederum erwärmten sein altes Herz. Sie machte ihren Job wirklich gut – allein in diesen wenigen Minuten. Ein Vertrauensverhältnis war immer wichtig. Man musste zeigen, dass man auf den anderen baute und sich seiner Zuarbeit bewusst war bzw. diese schätzte. Und Bernardo war froh, unterstützen zu können.
Als das feminine Knurren die Atmosphäre durchbrach, folgte diesem das Auflachen eines Bären. Vermutlich würden andere vor ihrem Chef nicht eine solche Reaktion zeigen, doch der alte Mann konnte sich in solch eine Rolle kaum noch hineinzwingen. Drum nahm er kein Blatt vor den Mund und amüsierte sich hörbar über die plötzliche Einlage Julias. »Sagt man nicht: Speise morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler?« Er lächelte sie tadelnd an. »Es scheint, als hättet ihr es heute verkehrtherum angehen wollen, hm?« Bernardo lehnte sich zurück und legte die Hände mit der offenen Handfläche nach oben in den Schoß. Die Fingerspitzen berührten sich. »Ihr Geist braucht Kraft, um all die Arbeit abwälzen zu können. Und diese Kraft nimmt er sich von ihrem Körper. Also sollten sie auch ausreichend frühstücken. Nehmen sie das am Besten nicht auf die leichte Schulter. Auch wenn Emotionen einem schnell mal den Hunger rauben können.« Da war wieder diese Großvater-Belehrung, mit der er die Personen in seiner Umgebung nicht harsch kritisieren, sondern sie nur auf den rechten Weg zurückholen wollte. Er sah es selbst als kleinen Schubser an, den jeder irgendwo brauchte, um sich zu besinnen. Viele scheiterten an diesem kleinen Schritt auf Grund von Stress, Trauer, Wut, Stolz, … und verdrängten dann sogar so natürliche Dinge wie das ausgiebige Frühstück am Morgen. Frauen achteten ja auch gerne mal auf ihre Linie, doch wenn Bernardo im Augenwinkel richtig gesehen hatte, war die werte Direktorin eher am Ende eines solchen Programmes statt am Anfang. »Und – zumindest wenn ich von mir spreche – hat ein ausgiebiges, ruhiges Frühstück auch einen großen Erholungswert.«
Winterevent-Outfit: Tannengrüner Wollpullover mit hohem Rundkragen, darüber ein rot-schwarzes Holzfäller-Karohemd mit den obersten beiden Knöpfen offen und die Ärmel bis über die Oberarme hochgekrempelt. Braune Holzfällerhose mit dunklem Gürtel und Hosenträgern, die sich am Rücken kreuzen. Schwarze Winterstiefel mit kurzem Schaft. Auf dem Kopf eine tannengrüne Wollmütze mit ein Mal umgekrempelten Rand, sodass die Ohren frei sind. Und zu guter letzt im Gesicht ein rauschiger, schwarzer, kurzer Vollbart. Also voll der Holzfäller-Look.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Ihre Worte um dem gerade angereisten Kollegen etwas Mut zuzusprechen, schienen ihre Wirkung zu entfalten. Er sagte nichts dazu, schien es aber durchaus in einem positiven Wege aufzunehmen. Wenn schließlich nicht sie sich von ihrem momentanen Zustand lösen konnte, dann sollte sich, wenigstens ihr Kollege nicht von einem Trauergeist packen lassen. Schließlich war er nicht auf der Insel gewesen. Es war somit außer Frage was er hätte tun können. Dennoch beschäftigte ihn das Thema in seinem inneren wahrscheinlich brennend. Nicht gerade untypisch, wie die Direktorin fand. Allein seine kurz abwesend wirkende Haltung, bevor sie auf den Unterrichtsplan zu sprechen kam, lieferte der aufmerksamen Geschäftsfrau den wohl benötigten Beweis. Über was genau er da allerdings gerade grübelte, das vermochte die Blondine nicht zu sagen. Schließlich konnte sie keine Gedanken lesen. Lediglich einem flüchtigen Blick seinerseits, zu ihrem Schreibtisch, konnte sie ein paar Dinge abgewinnen. Schob diese aber sehr schnell wieder beiseite, weil sie gerade auch nicht großartig von Belang waren. Der Weißhaarige würde schon etwas sagen, sollte ihm etwas in den Sinn kommen.
Die Stimmung änderte sich während des Gespräches erst, als sie ihm aufrichtig und etwas sentimental mitteilte, wie sie sich über seinem Präsenz hier eigentlich freute. Der erste Anflug von einem Nicken, in einem gerade sonst so stillen Gespräch war für sie dann schon Signal genug von ihm. In dieser Situation musste er auch nicht viel sagen, wenn Worte gerade sowieso überflüssig waren. Die Reaktion von Bernardo erfüllte sie in jedem Falle mit Freude. Sie war sich am Anfang, wo er durch diese Bürotür trat, nicht unbedingt sicher gewesen, ob sie auf ihn bauen könnte. Auch wenn das ein ziemlich fieser Gedanke war, für welchen die Direktorin sich gerade auch innerlich rügte. Ihre Erfahrung im Management hinterließ eben auch hier ein paar Spuren. Nun aber schienen alle Zweifel wie von einem großen Besen hinweggefegt. Man konnte deutlich erkennen wie sie sich entspannte, eine auch etwas lockerere Haltung annahm und sich ein deutliches Lächeln auf ihrem Gesicht abbildete. Sie freute sich über seine Bestätigung und das zeigte sie ihm auch offen.
Diese Mimik in ihrem Gesicht hielt sich in dem Aspekt aber nur kurz. Denn ihr Magenknurren brachte sie dazu ihren Blick leicht beschämt von dem Engel abzuwenden. Ihr war das peinlich, aus vielerlei Gründen. Man stelle sich einfach nur einen Raum mit verschiedenen Anzugträgern im 67. Stock eines Turmes aus Glas vor und plötzlich knurrte der Magen der Chefin…laut…für alle hörbar. Das ziemte sich also so gar nicht für eine Bardera. Bernardos lachen machte das Ganze dann noch etwas peinlicher für sie und erwischte sie im Grunde genommen auch ziemlich unvorbereitet. Einen kurzen Moment konnte sie ihr Erstaunen im Gesicht nicht zurückhalten. Doch, auch wenn sie es so nie zugegeben hätte, das Lachen des Engels steckte sie irgendwie an. Es dauerte auch nicht lange und sie stellte den Blickkontakt wieder her. Zwar immer noch etwas beschämt, aber es ging so langsam wieder. Die plötzliche Fröhlichkeit ihres Kollegen machte das ganze etwas erträglicher für sie.
Ihr Gesichtsausdruck musste während der „Belehrung“ auf jeden Fall sehr göttlich anzusehen sein. Man konnte sogar einen ganz kleinen Anflug von kindlicher Aufmüpfigkeit erkennen. Er wirkte fast wie ihr Ernährungsberater oder einer dieser Gurus in diesen „Zen und Frieden“-Gruppen. Zumindest machte er es sich nicht zum Auftrag, sie auf die vegane Seite konvertieren zu wollen. Was schon einmal positiv zu vermerken war.
„Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll…“, versuchte sie in einem Anflug spontaner Erklärungsnot anzusetzen um nicht ganz sprachlos dazustehen. Wohlgemerkt erst, nachdem sie die Erklärung mit dem Kaiser, König und Bettler anhören durfte und seine erreichte Endposition auf dem Sofa betrachtete. Übel nahm sie es ihrem Kollegen aber bei weitem nicht. Sie war im Moment sogar etwas amüsiert darüber, so getadelt zu werden. Es folgte ein kurzes, verlegenes Kratzen am Hinterkopf. „Ich muss sagen, dass ich mich jetzt irgendwie etwas schlecht fühle.“. Wenn man gehört hat, wie beinahe Lobpreisend Bernardo über das Essen im generellen gesprochen hatte, dann war es das wirklich. So ein kleines bisschen fühlte sich Julia wie ein belehrtes Kind. „Ich hatte heute Morgen lediglich nicht wirklich die Zeit dazu.“. Rechtfertigte sie sich leicht kleinlaut vor dem Engel, während ihre Hand sich wieder neben die Andere auf dem Tisch platzierte. Obwohl diese Aussage nicht so ganz stimmte. Zeit hatte die Dämonin heute Morgen reichlich gehabt, allerdings war sie, was der Engel gegenüber wohl bald merken würde, wenn er es nicht sogar schon wusste, eine Art Arbeitstier. Nur wenige Sachen brachten sie dazu mal von ihren Plänen abzulassen.
Aber nun lief auch ihr so ein bisschen das Wasser im Mund zusammen. Schließlich klang die Ansage ihres Gegenübers so anspornend, das sie nicht anders konnte als sich ein ausgiebiges Frühstück vorzustellen. Ihrem Magen schien der Gedanke auf jeden Fall zu gefallen, denn dieser meldete sich noch einmal zu Wort, oder wie man Magensprache auch immer nannte. „Sagen sie, sie waren nicht zufällig mal Ernährungsberater? Zumindest vom Hobby her?“, scherzte sie nun um das zweite knurren zu überspielen. Musste jedoch in Gedanken eingestehen, dass dies wohl nicht das letzte Mal sein würde.
Julia überlegte kurz, ihr Blick wanderte zum Schreibtisch, dann wieder zu ihrem Gesprächspartner. Schlussendlich gab sie ihrem Magen, ihrer Vernunft und zu einem großen Teil auch dem Weißhaarigen vor ihr, Recht. „Wissen Sie, vielleicht sollte ich doch noch etwas zu mir nehmen. Ich sollte wohl schauen, wo ich etwas Geeignetes zu mir nehmen kann.“. Sie lachte kurz ein wenig amüsiert auf. „Bevor mein eigener Magen mich am Ende noch verspeisen will. Was wohl, wie ich anmerken darf, nicht sehr vorteilhaft wäre.“. Nun aber schärfte sich ihr Blick kurz und beinahe schon ein wenig neckisch, überbrachte sie ihm eine Herausforderung in einer subtilen Handgeste. Man konnte es als kleinen Racheversuch für die Belehrung gelten lassen, obgleich es auch von ihrer Seite mehr Scherzhaft gemeint war. „Sie wissen nicht zufällig, wo das sehr gut und ausgewogen möglich wäre, oder?“. Er schien doch so bewandert in Sachen essen, mal schauen. Sie schwieg, nun ein kleines, schelmisches Grinsen ihre Lippen zierend, als ob sie gerade die Börsentalfahrt eines Rivalen begutachten würde….
»Um ehrlich zu sein ja, zumindest zum Teil«, ging er auf die scherzhafte Frage Julias ein, ob er denn einst Ernährungsberater war. »Ich war zeitlich Fitnesscoach und während des Medizinstudiums bekommt man auch das eine oder andere mit.« Er grinste unschuldig hinterher, als wäre es das Normalste der Welt. Man könnte auch meinen, der Mann wollte nur dick auftragen, aber bei Bernardo ging es tatsächlich nur darum, Informationen mitzuteilen bzw. Fragen zu beantworten – mochten sie auch scherzhafter Natur sein. Missverstand man ihn bei seinem Vorhaben, war das schade, aber deshalb würde er nicht jedes Mal auf seine Intentionen hinweisen.
So machte sich der Hüne auch keine weiteren Gedanken darüber, wie seine Worte aufgenommen wurden, sondern lauschte stattdessen aufmerksam dem nachfolgenden Eingeständnis der Lady Bardera. Es musste diese Fähigkeit der Frauenwelt sein, mit der sie es alle schafften, jegliche Atmosphäre nach ihrem Belieben einzufärben. Bernardos früher Frauen konnten dies, Valerye konnte dies – um die kommende Lehrerin wieder in die Gedanken zu holen – und Julia konnte dies ebenso. Sie nutzten ihre Mimik, die gefühlt aus einer Millionen Farben bestand, während die Züge des Mannes nur durch Rot, Blau und Gelb wiedergespiegelt wurden. Allein darüber hätte Bernardo lachen können, doch so grinste er nur über seine eigenen Gedanken hinweg. Ihm gefiel, wie Julia mit der Situation umging und versuchte, sich wieder in eine bessere Ausgangslage zu befördern. Fast konnte man meinen, sie fordere den Engel heraus. Aber um Erfolg zu haben, hätte sie ein paar tausend Jahre früher aufstehen müssen. »Grundsätzlich würde ich mal behaupten: Bei ihnen daheim im Kühlschrank.« Zu einem gesunden Leben gehörte auch ein bewusster Einkaufsplan. »Dann würde mir noch mein eigener Kühlschrank einfallen, aber der ist wohl der am weitesten entfernte.« Er lachte kurz auf, ebbte aber schnell wieder ab, um erneut einen nachdenklichen Vorschlag zu unterbreiten: »Ich kenne da ein Café im Herzen der Stadt. Eigentlich kennt es wohl jeder. Aber wenn ihr euch von eurem geliebten Schreibtisch trennen wollt, können wir überprüfen, ob ihr das Café auch kennt.« Er würde sie auch nicht lange aufhalten. Sicher dachte sie als erstes darüber nach, wie viel Zeit sie wohlmöglich mit dem externen Frühstück verbrauchen würde und wie viel ihr im Umkehrschluss noch bliebe, um weiter zu arbeiten. An sich hatte Bernardo nichts Weiteres vor. Er könnte ihr auch eine Hand reichen oder sich darum kümmern, wo Valerye blieb bzw. wann sie vorhatte, auf Isola aufzuschlagen.
Winterevent-Outfit: Tannengrüner Wollpullover mit hohem Rundkragen, darüber ein rot-schwarzes Holzfäller-Karohemd mit den obersten beiden Knöpfen offen und die Ärmel bis über die Oberarme hochgekrempelt. Braune Holzfällerhose mit dunklem Gürtel und Hosenträgern, die sich am Rücken kreuzen. Schwarze Winterstiefel mit kurzem Schaft. Auf dem Kopf eine tannengrüne Wollmütze mit ein Mal umgekrempelten Rand, sodass die Ohren frei sind. Und zu guter letzt im Gesicht ein rauschiger, schwarzer, kurzer Vollbart. Also voll der Holzfäller-Look.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Julia hatte im ersten Moment mit einer Menge gerechnet, aber nicht damit, dass ihr Kollege ein Medizinstudium abgeschlossen hatte. Hatte sie das in der Akte von ihm überlesen? Sie glaubte nicht daran, wollte jetzt aber auch nicht aufstehen um das noch einmal genaustens nach alter Manier zu prüfen. Aber sie schätzte ihn nicht wie ein Lügner ein, eigentlich würde sie ihm das nicht mal im entferntesten Gedanken unterstellen. Er war sicherlich schon um einiges älter als er aussah, daran hatte sie keinen Zweifel. Der Gedanke kam ihr bereits damals in einem geringen Umfang. Außerdem war auf dieser Insel nicht immer alles so, wie es schien. Die Direktorin selbst bildete dort ja auch keine Ausnahme. „Medizinstudent und Fitnesscoach?“. Wiederholte sie, den Gedanken zur Seite schiebend, letzten Endes erstaunt und mit fragender Mimik. „Das hätte ich ihnen so gar nicht angesehen.“. Sie war innerlich in diesem Moment mit sich zufrieden. Das knurren zu überspielen hatte anscheinend gewirkt. Sie hoffte nur, das es nun nicht noch einmal so schnell passieren würde.
Allein dieser Sachverhalt spornte Julia noch einmal zusätzlich an und beflügelte sie in ihrer, nun folgenden, subtilen Herausforderung dem Engel gegenüber. Dementsprechend selbstsicher präsentierte sie sich bei ihrer Stillen Pause vor Bernardos Antwort. Nur um bei der allerersten Aussage ziemlich unvorbereitet getroffen zu werden. Die Direktorin hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Wie meinte er das, bei ihr zuhause? Unterbewusst zog sich ihre linke Augenbraue etwas nach oben, während ihr Gesicht etwas überrumpelt aussah. Er nahm sie gerade auf den Arm, oder? Besonders als er seinen eigenen Kühlschrank erwähnte, fühlte sich die Blondine in gewisser Weise bestätigt. Okay, die Racheaktion von ihrer Seite aus, war nach hinten losgegangen. Sie ging schon zu einem leichten schmunzeln über. Letzten Endes gab er der jungen Frau dann den Rest, in dem er ein Café in der Stadt erwähnte und die Herausforderung auch noch indirekt wieder an sie zurückwarf. Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte sie sich zurück. Sie sprach es nicht aus, aber wenn eine Frau wie sie sich nicht zu einem Thema weiter äußerte, dann hatte sie sich in diesem Punkt geschlagen gegeben. Im positiven Sinne, versteht sich.
Nach einer kurzen Denkpause, so könnte man es nennen, kehrte ihr schelmisches Grinsen zurück und sie lehnte sich, erneut in einer herausfordernden Position, nach vorne. „Finden wir es raus, Herr Gavri-El. Sagen wir, ich trenne mich von meinem Schreibtisch.", gab sie ihm als Bestätigung für seinen Vorschlag. Die Arbeit würde sie auch später machen können. Aber dieses Mal mit volle Magen. Außerdem, so leicht würde sich eine Julia nicht geschlagen geben. Obwohl es ihr letzter Versuch war, dem werten Kollegen erbitterten Widerstand zu leisten. Mehr war schlichtweg unnötig und – wie sie fand – nicht mehr lustig. „Ich zähle auf Ihre Empfehlung.“. Mit diesen Worten erhob sich die Blondine langsam von der Sitzgelegenheit und erhob sich langsam und sicher in eine aufrechte Position. Sie ging selbstredend nicht sofort los, sondern wartete bis sich Bernardo ebenfalls erhoben hatte. Ein Akt der Höflichkeit, selbstverständlich für die Direktorin. Dann machte sie sich auf zu ihrem Überzieher-Mantel, welcher dort über einem Kleiderhaken hing. Obgleich es keine Verabredung in diesem Sinne war, er könnte ihr beim Anziehen des Überziehers helfen. Aber ob er das tat, war ihm überlassen. Schließlich war es kein Weltuntergang und - ehrlich gesagt - so gut kannten sie sich nun auch nicht. „Wir können auch sofort los. Ich brauche ja nicht viel.“. Sie lächelte zufrieden, während sie die Möglichkeit nutzte um ihren Laptop auf dem Schreibtisch zuzuklappen und ihren Schlüssel in die Hand zu nehmen. Sie wurde ein klein wenig lockerer, wie man ihr auch sehr einfach anmerken konnte. Kurz darauf versuchte sie den Blickkontakt aufzubauen. „Soll ich sie mitnehmen? Oder wollen sie laufen?“. Sie spielte kurz mit dem Schlüssel in ihrer Hand. Die Direktorin wusste schließlich nicht, dass er selbst mit einem Gefährt hier war. Sie hatte es während ihrer Träumerei am Fenster nicht wirklich mitbekommen. „Wir könnten auch laufen, aber ich könnte vor Hunger versuchen Bäume unterwegs anzuknabbern.“. Sie lachte amüsiert.
Letzten Endes aber, verließen beide das Gebäude auf dem Weg zum Café
Bernardo fragte sich, was so alles in seiner Akte über ihn stehen mochte. Dass man nicht seine gesamte Vergangenheit aufdröseln konnte, dafür hatte er selbst gesorgt. Doch wenigstens die Qualifikationen des Herrn Prof. Dr. Gavri-El sollten nicht im Verborgenen bleiben. Das anstehende Frühstück würde da sicher Zeit und Raum bieten, um mit Missverständnissen oder Mängeln aufzuräumen. Am Ende machte es vermutlich trotzdem keinen Unterschied, denn was zählte, war, ob er den Kindern etwas für das Leben beibringen konnte oder nicht. Bernardo hatte selbst in seiner Vergangenheit Dozenten getroffen, die nicht über die Fähigkeit verfügten, Wissen zu vermitteln – mochten sie noch so weise in ihrem Fachbereich sein. Pädagogik war nun mal etwas, was nicht durch fremdes Fachwissen vorgegeben wird.
Mit einem Lächeln begrüßte er die Einwilligung der Direktorin und stand nur wenige Sekunden nach ihr auf. Während sie nach ihrem Überzieher griff, dachte der Hüne kurz darüber nach, dass man einer Dame in diesen Momenten zur Hand gehen konnte. Doch war er hier im Büro seiner Chefin und nicht in einer Bar, wo er Frauen imponieren wollte. Für ihn selbst war es fast schon unangemessen, jetzt einen auf körpernahen Gentleman zu machen. Zudem Japaner frühzeitigen Körperkontakt nicht pflegten. Zumindest kannte er die Kultur der Ostasiaten noch von früher, während seiner stillen Jahre auf der Hauptinsel. Und zu guter Letzt: Bernardo schätzte Julia immer noch als starke, stolze Frau ein. Als solche war sie sicherlich drauf bedacht, sich wenig helfen zu lassen. Ob richtig oder falsch – zumindest schenkte sie ihm keinen kritischen Blick, der ein Fehlverhalten bezichtigte. Ganz im Gegenteil, die Haltung der Direktorin wurde zunehmend lockerer und auch ihr Verhalten zeugte von ansteigender Entspannung. Vermutlich tat ihr allein schon die Aussicht auf ein gemütliches Frühstück gut.
»Weder noch«, antwortete er mit einem wissenden Grinsen. »Ich werde nicht zulassen, dass sie fahren, wo es ihnen schon nicht blendend geht. Ich werde sie mitnehmen.« Bernardo zückte seine eigenen Schlüssel. »Solange es ihnen nichts ausmacht, sich einen Helm über die Frisur zu stülpen? Mein Motorrad hat einen Seitenwagen, da können sie es sich gemütlich machen.« Keine Widerworte zulassend öffnete er die Tür des Büros und ließ Julia durchtreten. Zwar klinkte er nach ihr ein, doch musste sie die letzte an der Tür sein, da sie den Schlüssel zum Abschließen besaß. Danach ging es ruhigen Schrittes hinab ins Erdgeschoss und durch den Haupteingang nach draußen, wo die Fahrzeuge standen. Im Fußraum des Zero-GTO-Seitenwagens seiner schwarzen Triumph Rocket holte Bernardo den angekündigten Helm heraus. Er sollte ihr eigentlich passen, wobei man Bernardo fragen konnte, warum er so was mit sich herumtransportierte. Er hätte ihn auch in einer Lagerdimension ablegen können, aber das hatte er beim letzten Mal vergessen. Wenigstens an dieser Stelle konnte es sich der Hüne nicht nehmen lassen, den Gentleman zu spielen. Beim ersten Mal konnte es noch schwer sein, problemlos einzusteigen. Man ›fiel‹ immerhin tief mit dem Gesäß, weshalb Bernardo ihr seine Pranke anbot, um sich beim Einsteigen abzustützen. Danach konnte es aber auch schon losgehen. Der Gavri-El mussten nur noch selbst seinen nostalgischen Helm auf die Rübe packen und die Maschine starten. Kraftvoll und leidenschaftlich zugleich knurrte ihn der Motor an, ehe er mit der Gasbetätigung erst richtig loslegte.
tbc: Die Stadt | Stadtzentrum | Barádori | Cafe Morges
Winterevent-Outfit: Tannengrüner Wollpullover mit hohem Rundkragen, darüber ein rot-schwarzes Holzfäller-Karohemd mit den obersten beiden Knöpfen offen und die Ärmel bis über die Oberarme hochgekrempelt. Braune Holzfällerhose mit dunklem Gürtel und Hosenträgern, die sich am Rücken kreuzen. Schwarze Winterstiefel mit kurzem Schaft. Auf dem Kopf eine tannengrüne Wollmütze mit ein Mal umgekrempelten Rand, sodass die Ohren frei sind. Und zu guter letzt im Gesicht ein rauschiger, schwarzer, kurzer Vollbart. Also voll der Holzfäller-Look.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Der Unterricht war vorbei und nun ging es für die Direktorin auf ins wohlverdiente Büro. Wer jetzt aber dachte, dort macht sie sich erstmal einen Kaffee und entspannt, hatte sich geschnitten. Sie musste noch einmal die Pläne für den morgigen Tag überarbeiten, neue Lehrer einplanen, eventuell sogar noch ein paar Fächer verschieben. Ihre Arbeit hörte nie wirklich auf. Ein Seufzer kam zwischen ihren Lippen hervor, als sie die Treppe in Angriff nahm, welche ins Obergeschoss führte. Wenigstens lungerte keiner im gang rum, obwohl er Unterricht haben sollte. Denn auch wenn sich die Dämonin dem Schulschwänzer annehmen müsste, so war ihre Lust dazu gerade eher begrenzt. Wo war es denn auch so schwer zu verstehen gewesen, dass ein teilnehmen an den Klassen ihnen den Stress ersparte erwischt zu werden? Außerdem ersparte es der Blondine einen ganzen Haufen Arbeit. Den Schüler vermerken, verwarnen und am Ende noch beim Wohnheim melden und allen Erziehern hinterherlaufen. Alles Sachen auf die Julia jetzt nicht unbedingt scharf war, war sie nie. Aber sie würde ja heute noch sehen, was das Schicksal für sie bereithält. Im Moment allerdings, verhielt es sich noch angenehm ruhig. Auch als sie ihr Büro aufschloss, änderte sich nichts daran.
Dementsprechend schnell hatte sie sich durch das Büro an den Schreibtisch bewegt und nahm auch sogleich, in einem langsamen Tempo, auf dem Stuhl Platz. Ihr Blick schweifte dabei ein bisschen leer durch den Raum. Das Heimleiterreservoir, wie sie das Büro der Heimleitung gerade spontan taufte, war eindeutig tausendmal luxuriöser als das hier. Auch der Stuhl gestern, ja allein das Sofa war besser. Andererseits, was hatte sie erwartet? Beschweren brachte in diesem Sinne auch nicht gerade viel. Mit einem gekonnten Satz drehte sich die Direktorin also in Richtung ihrer Arbeitsfläche und überschlug die Beine unter der Tischplatte. Ein bisschen Papierkram war vorher noch zu erledigen. Ein paar der Akten bezüglich des Wohnheims, welche sie netterweise übernommen hatte, weil es dort noch keine Administrative gab. Also schlug sie eine der Akten auf der linken Seite auf und positionierte sie mittig vor sich auf dem Tisch. Der Stift war ebenfalls schnell gezückt, also konnte es dann losgehen…Moment. In einem kurzen Anflug von Skepsis begutachtete die Dämonin ihr Schreibwerkzeug, welches sie gerade aus ihrer Jacketttasche gezogen hatte. Mit einigen Drehungen in ihrer Schreibhand, begutachtete sie das gute Stück. Ein roter Füllfederhalter war es, welchen sie nun in den Händen hielt. Eine zylinderförmige Struktur mit einer Schmalen Figur präsentierte sich ihr und versuchte sich sogar im ungeöffneten Zustand schon an ihre Hand anzuschmiegen. Auch das karierte Muster, welches mit verschiedenen Schwarztönen durchsetzt war, entfaltete langsam seien Wirkung vor den Augen der Bardera. Fasziniert stoppte die Dämonin nun einmal kurz den Arbeitsprozess und musterte den Stift genauer. Eine Schwungvolle Schrift erstreckte sich entlang des Füllfederhalters, welche in einem eleganten Rahmen den Namen des ehemaligen Besitzers ergab: Mathéo Tristam. Die Mundwinkel zogen sich ein kleines bisschen in die Höhe, als sie den Namen einmal im Stillen zu lesen vermochte. Die Erinnerungen von gestern Abend irritierten die Direktorin sogar jetzt noch und Julia wusste nicht so wirklich, wie sie das ganze eigentlich interpretieren sollte. „War ein komischer Abend.“, sagte sie leise und drehte den Stift vorsichtig, als wäre er ein kostbares Relikt. Im Grunde genommen war er das auch, denn mit Geschenken ging die Blondine immer sehr vorsichtig um. Es hatte eben auch etwas mit Respekt zu tun. Nur, weil man es nicht selbst bezahlt hat, sollte man es trotzdem Wertschätzen. Etwas, das sie unbedingt noch nachholen musste. Auch ein Dämon konnte schließlich wohlerzogen sein.
Als Julia den Stift in ihrer Hand drehte und ihn auch mal von jeder Seite beobachtete, fiel ihr aber noch etwas anderes auf. Ein Detail, welches der Blondine sogar sehr gelegen kam. Denn sie erspähte die Grundzüge einer Telefonnummer auf der entgegengesetzten Seite des wunderschön geschriebenen Namens. Sie grinste ein bisschen, als sie das sah. Gleichzeitig tat sich ihr eine ganz andere Frage auf. Sollte sie ihn anrufen, oder anschreiben? Die Dämonin war plötzlich etwas unsicher über die Tragweite ihrer Aktionen. Mal sehen…vorerst war die Arbeit an der Reihe. Sie schob den Gedanken also erstmal auf. Vergessen würde sie es ohnehin nicht. Immerhin schrieb sie mit ihrer gedanklichen Notiz gerade die ersten Buchstaben auf das Papier, während ihre blauen Augen sich an der Feder des Objektes verloren.
Es kam der van Dyck sehr gelegen, dass zwischen dem Klassenraum der Sonnenklasse und dem Büro der Direktorin das Lehrerzimmer lag. Dort konnte sie einen kurzen Abstecher machen und sich einen Kaffee einschenken, den zuvor jemand – gütiger Weise – aufgesetzt hatte. Valerye trank ihn schwarz, nahm allerdings gerne eine Spitze Zucker mit ins Gefäß. Nicht selten verzichtete sie ganz darauf, doch heute war einer dieser Tage, wo es kurz über der Tasse zu schneien schien. Danach verließ sie das Lehrerzimmer bereits wieder. Auf dem Gang zischten Schüler an ihr vorbei, hielten auf die Treppen abwärts zu. Es war Mittagszeit, da wunderte es Valerye nicht, dass nun alle hinab in die Cafeteria strömten. Kleine Mägen wollten gefüllt werden, damit sie auch den Rest des anstrengenden Tages überstanden. Wobei es im schlimmsten Fall auch dafür sorgen konnte, dass sie den ersten Unterricht nach dem Mittagessen quasi verschliefen. Der Volksmund nannte diesen Effekt Suppenkoma.
Neben der Tür zum Büro der Direktorin prangerte das Namensschild der höchsten Persönlichkeit im Gebäude: Julia Bardera. Es war nicht das erste Schild, welches diesen Namen trug und von Valerye in letzter Zeit betrachtet wurde. Sie erinnerte sich, dass ihre Nachbarin denselben Namen trug. Kaum vorstellbar, dass sie gleich einem anderen Gesicht begegnen würde als jenem damals, als sie den Rabauken, der bei ihr einbrechen wollte, abgeliefert hatte. Kurz dachte sie darüber nach, bei ihrem Anliegen die Sache mit dem Einbrecher mit aufs Spielbrett zu werfen. Nicht dass Valerye vorhatte, jemanden zu erpressen, doch war es für sie ein Zeichen von mangelnden Fähigkeiten – in welchem Bereich auch immer.
Zwei Mal klopfte die Rückseite von Valeryes Faust am harten Holz. Eine Sekunde lang geschah nix, ehe eine Stimme von innen zu hören war: »Ja, bitte?« Eine Frau hatte gesprochen, der Ton klang leicht gestresst. Valerye griff die Klinke und stemmte die Pforte mit einem raschen Schwung auf. Ihre grazilen Schritte brachten sie schnell ins Büro, ohne dabei eilig zu wirken. Einzig ein stringenter Bewegungsablauf bewies, dass Valerye eine direkte Frau sein musste, die keine Umwege ging und auch nicht um Ausreden bemüht war. Allein nach diesen ersten Sekunden und dem ernsten Blick der van Dyck sollte der Direktorin klar sein, dass ihr gleich Tacheles ins Gesicht geworfen wurde.
»Valerye van Dyck, wir kennen uns bereits.« Ohne es direkt anzusprechen, verwies sie auf die überraschende Nachbarschaft. Julia würde sich sicher noch an sie erinnern können. An ihrer Mimik wollte Valerye ablesen, ob das Malheur ihres Schützlings im selben Atemzug assoziiert wurde. »Es gibt etwas, worüber ich mit Ihnen reden muss – etwas sehr Wichtiges.« Natürlich war es wichtig, das brauchte sie wohl nicht mehr anzukündigen; und doch tat sie es. Valerye wählte ihre nächsten Schritte Richtung des Sitzmobiliars, welches um einen seichten Tisch herumstand und augenscheinlich für Unterredungen zwischen der Direktorin und ihren Lehrkörpern oder auch ihren unartigen Schülern dienlich sein musste. Bevor sie ihr Gesäß absetzte, strich sie sich ein Mal darüber und streifte so die Hose glatt. Andernfalls würde es sie ärgern, mit Falten am Hintern durch die Gänge schleichen zu müssen. Eine Achtsamkeit, die sie sich als Adelsdame angeeignet hatte.
Valerye wartete ein Stück an Zeit, damit auch die Direktorin sich zu ihr setzen konnte. Wollte sie lieber an ihrem Tisch sitzen bleiben in sicherer Entfernung, sei es drum. Trotzdem würde die van Dyck die Zeit nutzen, ihr linkes Bein mit dem rechten zu überschlagen und folglich beide Hände auf die Schenkel zu platzieren. Eine lag auf der anderen und die Finger spreizten sich nebeneinander nach vorn. Dabei fiel die Aufmerksamkeit auf die dunkel lackierten Fingernägel, die nicht den Hauch von Schlampigkeit zeigten. »Ich bin hier, um mich über das Fächersystem dieser Schule zu beschweren.« Damit fiel sie – erwartungsgemäß – direkt mit der Tür ins Thema. Da war kein indirekter Hinweis, dass ihr etwas nicht gefiel oder dass etwas verbessert werden konnte. Nein. Eine Valerye van Dyck machte es direkt beim ersten Versuch richtig und legte Beschwerde gegen Dinge ein, die ihrer Meinung nach absolut falschliefen. »Bis eben habe ich die Sonnenklasse im Fach Alchemie unterrichtet. Dabei hatte ich mich gefragt, welchen Sinn dieses Fach in Form eines Pflichtfaches für die verschiedenen Schüler besitzt. Viele von den Kindern hatten noch nie etwas mit der Alchemie zu tun und werden es sicherlich auch nicht, insofern ich ihnen nicht zu viele Rezepte beibringe. Zudem ist es eine sehr spezielle Wissenschaft, mit der man nicht im Alltag hantieren sollte. Ich finde es daher deplatziert, dieses Fach als Pflichtfach aufzustellen und empfehle, es den Schülern zu Wahl zu stellen, dem Unterricht beizuwohnen, insofern es ein tragender Bestandteil ihres Lebens sein kann. Ich denke da beispielsweise an Magier in erster Linie. Ein Werwolf dagegen wird sich maximal für einen Trank interessieren, der ihm bei seiner Selbstbeherrschung unterstützt. Doch das wäre zu speziell, um es auch einem Engel beizubringen. Ein expliziter Unterricht für die Rasse selbst wäre da zielführender. Jedenfalls …« Sie atmete ein Mal tief ein und aus – tat dies jedoch rasch. »… werte ich das aktuelle Fächersystem aus eben genannten Gründen als ausbesserbar.«
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Die Arbeitsabläufe nach den wichtigsten Dokumenten lagen Julia schon eher, es waren zwar auch nur Berichte, aber was solls. Wenigstens musste sie den kompletten Schulhaushalt nicht noch einmal organisieren. Dann, das war garantiert, wäre selbst sie auf die Barrikaden gegangen. Die simple Tatsache das sie vor ungefähr fünf Minuten ein Telefonat mit dem eigentlichen Beauftragen dafür geführt hatte und ihm erklären musste, wie er sein Job zu machen hatte, war schon genug für sie gewesen. Dementsprechend hatte sich auch ihre Laune ein klein wenig getrübt und der Stress die Oberhand gewonnen; und Stress war so ein wenig wie das Nervengift für die Bardera. Da half leider auch der Kaffee, welchen sie sich aus dem Lehrerzimmer geholt hatte, nicht großartig weiter. Tatsächlich hatte sie ihn seitdem nicht angefasst und er war kalt geworden. Eine Sache die der Direktorin ziemlich egal war, als sie nun einen Schluck aus der – nun nicht mehr dampfenden – Tasse nahm.
Aber der Tag hatte noch weitere Ereignisse für sie parat. Das hatte die Dämonin einfach im Gefühl gehabt. Eine Intuition, die sie mal wieder nicht enttäuschte. Es klopfte kurz zwei Mal an die Tür und sie seufzte einmal kurz durch und lies ein leicht gestresstes „Ja, bitte?“ verlauten. Mit mehr Worten zur Aufforderung wollte sie den Besucher gerade nicht empfangen. In Fakt war es ihr sogar lieber, wenn dieser gleich wieder gehen würde. Aber diesen Gefallen würde ihr das Leben nicht tun, tat es nie. Das sie allerdings mit ihrer neuen Nachbarin konfrontiert wurde überraschte sie dabei im ersten Moment. Allerdings fiel ihr sofort wieder ein, dass sie eben diese Akte vorgestern auf ihrem Schreibtisch gehabt hatte. In der Hektik der letzten Tage war das aber wohl auch einfach hinten hinuntergefallen.
Zeit für eine ausgiebige Begrüßung blieb der Blondine in jedem Falle nicht. Die durchaus vor Selbstbewusstsein strotzende Frau trug nämlich sogleich ihr Anliegen vor. Nicht, dass es die Dämonin störte. Sie mochte direkte Wesen. Einfach weil diese gleich zur Sache kamen; wenn sie dann noch ausreichend Rückgrat bewiesen war alles in Ordnung. „Ja, ich erinnere mich.“, erwiderte Julia nur kühl und mit einem kleinen Ton von Unverständnis, während ihre Augen den Blickkontakt erwiderten und legte den Stift des Tristams aus der Hand, welchen sie bis eben gerade noch benutzt hatte. Auf eine Begrüßung verzichtete die Geschäftsfrau bewusst. Wie schon erwähnt, sie kannten sich bereits und das Auftreten förderte sowieso schon eine gewisse Art von Spannung innerhalb der Direktorin und zwischen den beiden Damen. Ein ruhiges Gespräch wäre ihr absolut lieber, aber hier war das wohl gerade nicht erwünscht. Dennoch kam sie nicht drumherum innerlich die Augen zu verdrehen. Es war mehr eine instinktive Reaktion als wirklich ernst gemeint, aber das Frau van Dyck mit ihre reden wollte, darauf wäre sie wohl gerade noch selbst gekommen. Das war genau das was Vorstandsmitglieder in ihrer Firma damals auch immer gemacht hatten. Sie kommunizierten das offensichtliche. In ihren Gedanken war das sogar gerade der Film von damals, welcher sich synchron dazu vor ihrem inneren Auge abspielte. „Wir haben uns heute hier versammelt um den und den in den Ruhestand zu verabschieden.“, predigte die Stimme in ihrem Kopf. Ungeachtet des Faktes, das Einladungen verschickt worden waren, viele Menschen waren zu einer Zeit am gleichen Ort. Wer zu diesem Zeitpunkt nicht wusste warum er dort war, den hätten sie am besten gleich mit verabschiedet. Dabei war diese kurze Erinnerung nicht einmal feindlich gegenüber Valerye zu werten. Aber das schob sie einfach elegant zur Seite weg, während sie sich stillschweigend von ihrem Bürostuhl erhob.
Mit langsamen Schritten bewegte sich die Direktorin ebenfalls zu der Sitzecke. Sie war nicht begeistert von der Vorgehensweise ihrer Kollegin gewesen, aber das schluckte sie in diesem Teil einfach mal herunter. Ein möglichst kaltes Auftreten brachte sie hier auch nicht weiter. Sie entgegnete dem also, in zweiter Überlegung, mit einer ruhigen und entspannten Art. Sie musste sich hier nicht profilieren, das war schließlich kein Kampf um die Hierarchie. Auch sie setzte sich nun gegenüber ihrer Gesprächspartnerin auf eine der Sitzgelegenheiten. Allerdings musste sie sich dafür nicht die Hose glattstreifen. Röcke hatten in gewisser Weise eben auch ihre Vorteile. Aber da saßen sie nun, die Gegensätze. Alt und Erfahren, gegenüber Jung und Ambitioniert. Auch wenn Julia dieser Definition nie zugestimmt hätte. Sie bevorzugte es den Leuten auf Augenhöhe zu begegnen, das machte den Umgang untereinander um einiges einfacher und freundlicher. Aber zurück zum Thema. Die Dämonin verschränkte ihre Arme und überschlug ihre Beine ebenfalls. Eine Tatsache die wohl mehr des Rock-Themas zu verschulden war, als wirklich eine Notwendigkeit. Dann ging es auch schon los.
Bereits als die ersten Worte gesprochen waren wusste die Direktorin was dort auf sie zukommt. Das Fächersystem war schon die ganze Zeit ein Knackpunkt des Schulsystems gewesen und somit auch nur eine Frage der Zeit, bis es jemand ansprechen würde. Natürlich nicht unberechtigterweise, was sie Frau van Dyck auch mit einem Nicken bestätigte und dabei eine neutrale Miene aufsetzte. Still und bedächtig lauschte die Direktorin den Ausführungen der Lehrkraft vor sich und verzog nicht einen Mundwinkel dabei. Abgesehen von dem Fakt das sie Recht hatte, standen der Bardera dabei noch andere Hindernisse im Weg. „Anpassbar ist noch nett ausgedrückt.“, begann die Blondine mit einem leichten Anflug von Freundlichkeit in der Stimme zu vermitteln, „Tatsächlich drücken Sie hier den Finger in eine sehr offene Wunde.“. Sie löste ihre Arme von ihrer Position und legte diese nun ebenfalls in ihrem Schoß ab. Die Tatsache, dass Frau van Dyck auf ihr äußeres achtete, entging ihr dabei selbstredend nicht. Julia war selbst sehr auf Äußeres bedacht. Aber Nagellack war nicht so ihr Stil. Dennoch, die Aufmachung ihrer Kollegin gefiel ihr; sofern sie sich diesen kleinen gedanklichen Abstecher mal erlauben konnte. „Es gibt einige Fächer die im Bezug zur Gegenwartsbedeutung und Zukunftsbedeutung der Schüler in Frage zu stellen sind. Alchemie ist nur eines davon. Auch Inselkunde ist in einem gewissen Maße überarbeitungsbedürftig, aber bleiben wir beim Thema.“, berichtigte sie sich am Ende und streifte sich kurz eine Strähne blonden Haares hinter das Ohr, „Generell ist das Problem, das mir Auflagen von weiter oben noch einen kleinen Strich durch die Rechnung machen. Administration heißt hier nicht mit Vollmachten ausgestattet zu sein. Dennoch ist so etwas Ähnliches bereits in einem Teilkonzept in Planung. Lediglich die Obrigkeit muss noch etwas weichgeklopft werden.“. Julia machte eine kurze Pause, anscheinend überlegte sie äußerlich, setzte aber schon bald wieder zum Sprechen an. Ihre Gedanken wechselten auch zu den noch ausstehenden Fördermitteln zur Modernisierung. Ein krieg den sie leider noch nicht gewonnen hatte und sie gefühlt schon Milliarden an Nerven gekostet hatte. „Eine ausgewogene und mehr differenzierte Herangehensweise an den Alchemieunterricht wäre in jedem Falle, gerade in Einbezug ihrer Beispiele, eine gute Idee.“. Sie nickte der ihr Gegenübersitzenden Frau einmal zu. „Ich danke Ihnen also, dass sie deswegen trotzdem noch einmal zu mir gekommen sind.“. Besonders der letzte Satz war wichtig. Es war ja keine unkonstruktive Kritik, welche ihr dort abgeliefert wurde. Außerdem war sie niemand der das nicht Schätzte. Immerhin versuchte man ihr gerade nicht die Führung eines Unternehmens zu erklären. Mal abgesehen davon, alleine an sowas arbeiten war auch nicht einfach. Den Fakt mit Alchemie hätte sie wahrscheinlich, beim ersten Umbau, glatt übersehen.
Valerye war sich sicher, gerade nur abgespeist worden zu sein. Julias abschließende Worte sollten ihr sagen, dass es schön und gut war, dass sie ihren Mund aufgemacht hatte, aber wirklich etwas erreichen würde sie damit nicht. Daher konnte sie sich auch genauso gut wieder aus dem Staub machen. So oder so ähnlich hatte es ihr Julia durch die Blume hindurch mitgeteilt – interpretierte Valerye. An sich eine Tat, die der van Dyck nicht schmecken konnte. Allerdings verstand sie auch, wenn sie nur an Julia vorbei auf ihren Arbeitstisch blickte, dass die junge Frau im Stress stecken musste. Obendrein kam dann noch eine von den Lehrerinnen in ihr Büro und beschwerte sich über das Fächersystem, welches – konnte man den Worten der Blondine glauben – längst angemerkt war, allerdings bei der Umsetzung stockte, weil von oben nicht der nötige Rückhalt kam. Ein wenig konnte Valerye die junge Bardera verstehen, wenn auch Valerye selten Respekt vor querstellende Obrigkeiten hatte. Einzig in ihrer Anfangszeit, als sie das schüchterne Kleid ablegen musste, hätte sie sich mit Julia verschwestern können.
»Klingt nach einem Klassiker«, merkte die van Dyck beiläufig klingend an und belegte ihr Gesicht nachfolgend mit einem nachdenklichen Eindruck. »Bernardo hatte mir ein paar Dinge zu den Fächern an dieser Schule erzählt. Er sprach dabei auch von dem Inselkundeunterricht, bei dem ich – zugegeben – ausgegangen war, er würde mich auf den Arm nehmen. Insofern Eure Obrigkeit nicht damit plant, die Kinder auf dieser Insel gefangen zu halten, sehe ich keinen Sinn darin, ein Pflichtfach wie Inselkunde zu installieren. Als Arbeitsgemeinschaft nach der Schule würde es sich sicher eigenen für jene, die Interesse an der lokalen Umwelt besitzen. Für alle anderen wird Isola jedoch weder interessant noch die letzte Station im Leben sein. Ich wüsste daher gerne, was die Beweggründe für dieses Lehrsystem waren. Eventuell bietet es sich an, die Inselkunde in einen allgemeinen Geschichtsunterricht zu integrieren. Ich bin es gewohnt, dass im Geschichtsunterricht zu großen Teilen Rücksicht auf die Vergangenheit der eigenen Nation bzw. Kultur gelegt wird. Ein chinesisches Kind wird sich daher eher mit der Ming-Dynastie beschäftigen als ein französisches, welches davon wohl kaum etwas in all den Jahren hören wird.« Sie seufzte. »Ich wundere mich zudem, warum keine allgemeinen Kenntnisse in den Naturwissenschaften gelehrt werden. Für die magische Anwendung ist es ein Muss, den Kindern die Funktionsweise ihrer Umwelt nahezubringen und welchen Naturgesetzen diese unterliegt. Nur wer sich darüber bewusst ist, kann auch wissen, wie er diese Realität manipulieren kann mittels seiner Kräfte. Außerdem …« Valerye legte ihre Stirn in Falten, während ihre Finger diese massierten. »… frage ich mich, auf was für ein späteres Leben die Kinder hier vorbereitet werden sollen. Was steht im Mittelpunkt des Unterrichts? Da sie unter ihresgleichen sind, kann es nicht die Integration in eine von Menschen dominierte Gesellschaft sein. Sie lernen hier vermutlich eher, was für verschiedene Kreaturen diese Welt bevölkern, wie sie leben und wie die Kinder selbst mit ihren Kräften umgehen sollten. Was aber, wenn sie dies können? Was wenn sie alt genug sind, um nach den gängigen Gesetzen der menschlichen Welt erwachsen und für ihre eigenen Taten verantwortlich sind? Nach dem Unterrichtsplan hier mache ich mir Sorgen, dass sie nicht alle nacheinander in der Gosse landen und einem Hungertod erleiden; noch schlimmer: Sie werden kriminell, weil sie sich nicht besser zu helfen wissen. Es hat ihnen ja niemand beigebracht. Und wir reden hier von kleinen Monstern, will ich es mal beschönigen, die sich nur bewusstmachen müssen, dass sie mit Menschen herumspielen können, wie sie es sich wünschen.«
Valeryes Blick passte zu den besorgten Worten, die eben ihren Mund verlassen hatten. Dabei mischte sich jedoch auch ein deutlich verärgerter Ton ins Bild, der wiederum auf das schlechte Fächersystem zurückzuführen war. Ein wenig spielte da sicherlich ihr früheres Metier mit ein. Sie hatte in London nur deshalb so viel mit Vampiren und Dämonen zu tun gehabt, weil diese teilweise schlecht gebildet waren oder man ihnen eben eingeflößt hatte, sie können tun und lassen, wonach ihnen beliebte. Menschen waren schwache Wesen, daran konnte sich die Hexe selbst noch erinnern. Deshalb waren sie allerdings kein Vieh, welches nur zum Zweck für die stärkeren Rassen diente.
-
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Mit den Worten Julias, welche wie eine indirekte Aufforderung an Valerye wirken mussten, das Büro zu verlassen, endete die Ausführung der Direktorin. Das Gespräch allerdings war noch lange nicht zu Ende. Nein, im Gegenteil. Es fing gerade erst richtig an ins Rollen zu kommen. Dementsprechend haute die Nachbarin der Direktorin Aussagen und Argumente aus ihrer Tasche heraus, welche der Dämonin ein präzises und durchaus logisches Antworten grundsätzlich verneinten. Allein die Feststellung das Inselkunde den Kindern so nichts bringen würde, drohte sie in eine Falle laufen zu lassen aus der sie so allein nicht mehr herauskommen würde. Dabei spielte ein Überbleibsel ihrer Vergangenheit nicht ganz unbedeutend mit hinein: Sie hasste verlieren. Daher ermahnte sich die Direktorin gedanklich selber, bevor sie am Ende des Vortrages dann das Wort ergriff.
„Inselkunde in einen integrierten Fächerverbund zusammen mit einem Geschichtsunterricht zu packen ist grundsätzlich keine schlechte Idee. Einen extra Kurs für interessierte aus dem Boden zu stampfen würde vermutlich nur in einer sehr geringen Teilnehmerzahl enden.“, die junge Blondine machte eine Pause, „Dabei ist es essentiell das, auch wenn die Schüler nicht ihr ganzes Leben hier verbringen werden, alle ein gewisses Grundwissen über ihr momentanes Umfeld haben. Daran werden sie nicht vorbeikommen. Ein Großteil der hier lebenden Kinder kommt ja vor allem nicht einmal aus der Umgebung. Was uns zum zweiten Punkt bringt, den Sie angemerkt haben. So ein Geschichtsunterricht würde eine zu weit gefächerte Differenzierung benötigen. Alle Kulturen und ihre Geschichte anzuschneiden, könnte ich mir da als eine angenehmere Lösung vorstellen. Immerhin ist Fremdverstehen leisten auch eine Kompetenz die den Schülern später nicht fehlen sollte. Also sind andere Kulturen wohl ebenfalls ein Fokus. Eben genau damit ein französisches Kind, wie Sie zuvor gesagt haben, wenigstens weiß was die Ming Dynastie ist. Aber ein Schwerpunkt ist, in Anbetracht der Vielfältigkeit der Schülerschaft, in meinen Augen, sehr schwer auszumachen.“, Julia schaute ihrer Kollegin in die Augen. Dieses Thema würden sie heute in jedem Falle nicht mehr fertig diskutiert kriegen. Dafür gab es zu viele Möglichkeiten und – leider – keine anderen Vorgaben. Natürlich stimmte sie Valerye in diesem Punkt zu, das Fächersystem war in vielen Punkten ein Trauerspiel, sie hatte selbst ein paar Jahre darin unterrichtet. Doch die Gestaltungsmacht war ihr erst jetzt zu gute gekommen. Bei ihrem Vorgänger hätte auch ihre Wenigkeit der ambitionierten Lehrkraft viel Glück gewünscht. „Womöglich ein Grund warum dieses System so aufgebaut ist, ohne es jetzt dabei in Schutz zu nehmen.“, sie hob dabei abwehrend die Hände um diese Intention zu bekräftigen, „Warum das System allerdings so aufgebaut wurde, kann ich nicht beantworten. Das war vor meiner Zeit, nehme ich an und entzieht sich meiner Kenntnis.“.
Und sie hatte heute noch auf einen ruhigen Tag gehofft, dachte sie sich und in der kurzen Sprechpause ihrerseits schaffte es ein kleines Seufzen über ihre Lippen. „Bei der Zukunftsbedeutung des momentanen Lehrplans, habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Das ist ein ernst zu nehmendes Problem.“, räumte sie ein und ließ dabei ein klein wenig den Kopf hängen. Das war, so ausgedrückt, leider ein Fakt. Dabei war es auch in ihrem Interesse eine Zukunftsweisenden Lehrplan und ein dazugehöriges Kerncurriculum auf den Weg zu bringen. Allein schon wegen Levi, welcher langsam aber sich auch mal sein unerwachsenes Verhalten ablegen musste. Bei ihm hatte sie, ohne es jemals offen zuzugeben, schon große Sorgen. Doch anstatt jetzt sofort eine Lösung parat zu haben, würde die Dämonin nun wohl blocken müssen. So etwas dauerte und sie war nun keine Person die sich dafür unendlich Zeit nahm. Nur alleine ist man nur begrenzt in der Lage Ressourcen für so ein Unterfangen abzustellen und nebenbei noch die gesamte Schule zusammenzuhalten. „Was ich nur sagen kann ist, dass ich dieses…“, der Satz wäre etwas vulgärer weitergegangen, was man an ihrer Stimmlage erkennen konnte, „…ungeeignete System am Umstrukturieren bin, weil es vorher einfach nicht abgeändert - und an die Bedürfnisse angepasst wurde.“. Sie lehnte sich nun gänzlich zurück an die Lehne ihrer Sitzgelegenheit. Beschweren, das nun alles an ihr hing, tat sie sich nicht. Das ging gegen den Stolz einer Bardera. Immerhin hatte sie den Job inne und das gehörte dazu. Es war keine Arbeit die sie aus Solidarität übernahm, dementsprechend gab es da auch nichts zu beklagen. Stattdessen schweiften ihre Gedanken kurz noch einmal zurück zu den „beschönigten“ Worten ihrer Kollegin. Monster…war es das was sie in all diesen Kindern sah? Julia grübelte, während ihre blauen Augen im Gesicht ihrer Gesprächspartnerin nach Antworten suchten. So hatte sie das noch gar nicht gesehen…allerdings sträubte sie sich auch diesen Gedanken weiter in sich vordringen zu lassen. In ihrem Leben gab es nur ein Monster und das war ihr Näher als sie es zugeben wollte.