Dies ist, unschwer zu erkennen, der Kunstraum der Schule. Überall stehen offene oder gar verschlossene Farben, Plakate, Leinwände und Staffeleien herum und an den Wänden hängen wunderschöne Bilder, die einst von Schülern gemalt und hier ausgestellt wurden. Der Kunstraum ist in zwei Hälften gegliedert: Die eine, vordere Hälfte besteht einzig und allein aus einigen Staffeleien, die von den Schülern im Unterricht genutzt werden können. Dahinter, also im zweiten Teil des Raums stehen Schulbänke der Reihe nach aufgegliedert, wie sie auch in einigen Klassenzimmern zu finden sind. Allerdings sind die Tische und Stühle hier von der etwas antikeren Sorte, als jene in den Klassenräumen. Erschreckt euch nicht, wenn ihr am frühen Morgen oder am späten Abend den Raum betritt und ihr plötzlich angestarrt werdet - es sind nur die Puppen, die gerne zum Malen verwendet werden.
Ihr Blick war absolut ausdruckslos und das Mädchen betrachtete den Franzosen ganz genau. Cyrano kam sich total ertappt vor und ihm war garnicht wohl dabei, wie sie ihn ansah. Sie ging bei ihrer Musterung sehr akribisch vor, schien jedoch bei seinen Schultern ein klein wenig länger auszuharren. Es war eine ziemlich abrupte Reaktion der Dame gewesen, die den jungen Franzosen kurzzeitig etwas aus der Fassung brachte. Sein erster Eindruck von dem Mädchen war einerseits, dass sie sehr hübsch aussah, aber andererseits sich relativ merkwürdig verhielt. Ihre Stimme jedoch war von sehr sanftem Klang und Cyrano fand sie auf Anhieb sehr angenehm. Jedoch fand er ihre Aussage, dass sein Name seltsam sei, nicht gerade höflich. Und wirklich seltsam war sein Name nun wirklich nicht. Cyrano war ein gewöhnlicher französischer Vorname und Lowell war ebenfalls französischen Ursprungs und bedeutete in etwa "junger Wolf". Aber vermutlich wusste sie es auch nicht und hielt einfach den Klang seines Namens für ungewohnt und demnach auch gleichzeitig für seltsam. Kurz darauf fixierte sie ihren Blick wie gebannt auf den braunhaarigen Jungen, welcher sich instinktiv versteifte, sein Gesicht jedoch immer noch das höfliche Lächeln zeigte. Aber sie hatte sich auch mittlerweile ganz zu ihm umgedreht und somit hatte er wohl ihre volle Aufmerksamkeit. Ein nicht gerade sehr beruhigender Gedanke, wenn man bedachte, wie intensiv sie ihn ansah. Sie schien ihn sprichwörtlich mit ihrem Blick zu durchleuchten. Nun stellte sie sich aber als Shiina vor, was die ganze Situation wieder auf ein weniger unangenehmes Niveau brachte. "Sehr erfreut. Ich komme aus Frankreich, falls das für dich genug Erklärung bietet, was meinen Namen angeht.", meinte Cyrano nun freundlich, scheute sich jedoch davor, der Dame die Hand zu bieten, zumal sie zwar vor ihm stand, sie aber immerhin ein Paar Meter voneinander entfernt waren. Jedoch konnte er nun ihrem Blick besser stand halten und betrachtete seinerseits ihre leuchtenden, bernsteinartigen Augen, die er ziemlich schön fand. Ihre nächste Frage war nun so merkwürdig, dass der Franzose erstmal überrascht mehrmals blinzelte. Welche Farbe er gern sein würde? Es war doch nicht wirklich eine Frage des Willens, die bessere Frage war doch wohl eher, welche Farbe seiner Meinung nach am ehesten zu ihm passte, oder nicht? Er dachte einige Sekunden über sich selbst nach und senkte dabei den Blick. Er brauchte aber garnicht so lange, wie er eigentlich angenommen hatte. Somit richtete der Pariser wieder seine Augen auf Shiina und lächelte. "Am ehesten würde ich wohl Blau wählen, weil ich denke, dass es zu mir passen könnte. Jedoch würde ich auch gerne deine Meinung dazu wissen.", antwortete Cyrano auf ihre Frage und sein Blick folgte dem des Mädchen und richtete sich damit wieder auf die Gemälde der Schüler, während er darüber sinnierte, welche Farbe wohl zu Reisen passen würde, was dafür sorgte, dass er ein leichtes Grinsen zeigte. Da hatte Shiina mit ihrer Frage dem Franzosen ordentlich Stoff zum Nachdenken gegeben und eben auch eine gewisse Herrausforderung, da er nicht mit jeder Farbe eine logische Metapher eingehen konnte.
Wie ein Geistesblitz schoss es durch das normalerweise eher langsam und gemütlich denkende Gehirn der Siebzehnjährigen, als Cyrano betonte er würde aus Frankreich kommen. Daher kam es ihr so bekannt vor! Frankreich, wo sie selbst einmal gewesen war. Jedoch hatte sie nie sehr viel davon gesehen. Vor ungefähr einem Jahr war sie dort gewesen. Das französische Museum hatte großes Interesse an einem von Shiina Gemälden gezeigt und wie das nun mal so ist, müssen die Künstler dann auch unbedingt dort sein. So kam es, das sie aus dem Flieger stieg, das Hotel betrat, der Ausstellung beiwohnte, einen Preis bekam und wieder in den Flieger zurück nach Japan stieg. So viel zum Thema, irgendwo zwischen diesen vier Schritten hatte sie den Namen Lowell aufgeschnappt. Wo genau wusste sie allerdings nicht mehr. Noch heute hängt ihr Bild im Gang des Museums und scheint dort wohl immer noch begeisterte Blicke auf sich zu ziehen. Oder, wie es die Kritiker in einem Zeitungsbericht beschrieben: "Ein zeitloses Meisterwerk." Doch daraus machte sich die Blonde nichts. Sie kümmerte sich nicht um Ruhm oder Anerkennung. Es ging ihr ums Malen und wäre damals nicht jemand auf sie aufmerksam geworden, würde sie wohl genauso gut malen wie heute auch. Mit dem Unterschied das man sie im Kunstsektor nicht überall kannte. "Ich war selbst einmal in Frankreich." , gab die Engelin kurz darauf zu verlauten während sie ihre Gedankengänge noch einmal reflektierte. "Es war eine Kunstausstellung.", fügte sie zusätzlich noch einmal sanft hinzu während ihr Blick zunehmend sanfter wurde, das Gesicht des Franzosen dabei aber immer noch ziemlich fixiert hielt. Kurz darauf antwortete Cyrano aber schon auf die wohl wichtigste Frage für die Engelin. "Blau.." , wiederholte sie und senkte ihren Blick. Diese Antwort hatte ihr heute schon mal jemand gegeben. Aber das war wohl mehr ein Zufall. Mehr oder weniger verwirrt schaute sie den braunhaarigen Jungen jedoch an als dieser sie um ihre Einschätzung bat. Woraufhin sie ihren kopf einmal kurz schief legte und ihn wieder ein wenig mehr mit ihren Augen fixierte. "Blau....ist eine schöne Farbe.", meinte sie nur zu ihm und wandte ihren Blick wieder leicht gesenkt dem Boden zu. Es war wohl alles andere als die Antwort, welche sich der Franzose erhofft hatte, das jedoch war der Engelin nicht bewusst. "...sie ist Ausdrucksstark, setzt Kontraste.", fügte Shiina hinzu und schaute ihm nun wieder ins Gesicht, bevor sie sich seitlich zu ihm Stellte und ihren Körper in Richtung des Fensters drehte. "Magst du Kunst?", fragte sie daraufhin und schaute dabei aus dem Fenster. Gerade jetzt würde so mancher Lehrer sich wohl Fragen warum die Blonde im Moment so viel von sich gab. War sie doch sonst immer so still. Tatsache war jedoch, so exzentrisch Shiina auch sein mag. Geht es um Kunst, ist sie beinahe wie jeder andere Mensch. Wechselt man das Thema jedoch zu etwas anderem, ihr weniger wichtigem, kommt man sehr schnell auf den Gedanken das sie entweder richtig merkwürdig - oder total zurückgeblieben ist. Wobei ersteres wohl mehr zutreffen würde.
Cyrano selbst kannte sich zu wenig mit Kunst aus, als dass er wusste, wie berühmt Shiina eigentlich war. Er hatte keine Ahnung, dass sie eine begnadete Künstlerin war und sogar in Frankreich selbst Gemälde von ihr ausgestellt wurden. Sie erwähnte zwar noch, dass sie in Frankreich auf einer Kunstausstellung war, aber hielt wohl die Info zurück, dass es wegen eines ihrer Bilder war. Die Kunst des Franzosen bezog sich ja ohnehin eher auf die Musik, falls man dies im gröberen Sinne ebenfalls als Kunst bezeichnen konnte. Jedenfalls drückte er selbst seine Eindrücke und Gefühle eher mit Klängen statt Farben aus, verstand aber genug, um zu wissen, welche Wirkung welcher Farbe zugesagt wurde. Jedoch war er mehr davon angetan, mit wortlosen Tönen zu sprechen, statt mit Farben. Doch an den Bekanntheitsgrad von Shiina reichte der Franzose trotz seiner Virtuosität mit dem Klavier nicht heran. Zwar hatte er im Palais Garnier an einer Aufführung der Pariser Oper teilgenommen, jedoch nur um den erkrankten Pianisten an diesem Tag zu vertreten. Natürlich hatte auch sein Vater bei dieser Sache seinen Einfluss spielen lassen und sorgte für zusätzlichen Polizeischutz. Jedoch hielt er es zuerst für nötig, auf Shiinas Frage zu antworten. Sie meinte, dass Blau eine schöne Farbe und ausdrucksstark sei und Kontraste setze. Dabei zog Cyrano die Augenbraue hoch, denn er dachte sich in diesem Moment, dass sie womöglich sehr viele Farben mochte. Nun stellte sich die Dame neben ihn und wandte sich zum Fenster, ehe sie fragte, ob er Kunst mochte. "Ich habe jedenfalls hohen Respekt vor Künstlern, die detailgetreue Bilder malen. Von abstrakter Kunst halte ich eher wenig. Aber Gemälde von Personen, Gebäuden oder Landschaften mag ich sehr.", beantwortete Cyrano die Frage der Blondine und folgte ihrem Blick aus dem Fenster. Er stellte sich vor, wie sie das Bild vor sich mit den Augen eines Künstlers sah und versuchte aus diesem Bild ein passendes Klavierstück zu erdenken. Verschiedene Töne tanzten in seinen Gedanken umher und nach einigen Sekunden fing der Franzose die entstandene Melodie zu summen. Sie klang bittersüß und er dachte während der Melodie an eine Person, die durch eine unheilbare Krankheit dazu verdammt war, niemals ihr Zimmer verlassen zu können und das einzige schöne, was sie im Leben sah, die lebendigen Bäume waren, die sich draußen vor ihrem Fenster im Wind wiegten. Nachdem das Stück seiner Meinung nach zuende war, verstummte er und seufzte leise, ehe er wieder zu der Dame schaute. "Hältst du Musik auch für eine Form von Kunst?", fragte Cyrano das Mädchen und lächelte freundlich. Eine Frage, die ihm die ganze Zeit schon auf der Seele brannte, denn immerhin war Musik eben sein Steckenpferd und ein Thema, über welches er gerne sprach.
Während die Blonde weiterhin aus dem Fenster schaute, machte der Franzose sich daran auf ihre Frage zu Antworten. Mit einem Statement das sie so nicht wirklich erwartet hatte. Er mochte also detailgetreue Bilder? Bilder, die von originalen Orten abgemalt wurden? Shiina wendete den Blick vom Fenster ab und schaute den braunhaarigen Jungen wieder ins Gesicht. Ihre Bilder waren so ähnlich. Der Unterscheid war, sie dachte sich diese Landschaften, Orte, Szenarien komplett selbst aus. Jedes Bild das sie bis jetzt auf die Leinwand gezaubert hatte, war kein realer Ort. Er existierte nur im Kopf der Künstlerin, nirgendwo sonst. Es war ein Einblick in ihre Welt, ihre Gedanken. So weit von der Realität entfernt und für die normale, beschränkte Fantasie und Vorstellungskraft gewöhnlicher Leute unerreichbar. Was mitunter einer der Gründe ist, warum ihre Gemälde so berühmt waren. Doch davon wusste Shiina nicht wirklich viel. Ihre Fantasie und Kreativität hatte auch ihren Preis. Sie war dadurch so exzentrisch, das sie meistens in ihrer eigenen Welt war, anstatt in der direkt vor ihr. Auch ihre Unfähigkeit Gefühle richtig auszudrücken rührte wohl oder übel daher. Einen kurzen Moment lang schaute die Engelin den Jungen noch an, dann nickte sie kurz verständnisvoll und richtete ihren Blick wieder in Richtung Fenster. Gleich nachdem sie dies tat, fing Cyrano an ein Lied zu summen. Es klang entspannend und beruhigend. So beruhigend, das sie ihren Blick schon wenige Augenblicke später wieder auf das Gesicht des Franzosen richtete. Genau in diesem Moment hörte der Junge auf die Melodie zu verbreiten und setzte zu einer Art Gegenfrage an. Ob sie Musik als Kunst ansah, oder besser gesagt als eine Form von Kunst, wollte er wissen. Woraufhin Shiina nur ein weiteres Mal zustimmend nickte. "Ja..", stimmte sie ihm in ihrer sanften Stimme zu. "Musik ist wie ein Bild zu malen. Die Ohren sind deine Leinwand und das Instrument dein Pinsel." , führte sie weiter aus ohne großartig darüber nachzudenken. Da sie besonders Klassische Musik sehr mochte, fiel ihr das unglaublich leicht. Sie vergötterte Musik regelrecht. Zwar nicht so wie Baumkuchen, aber das war auch schon wieder eine ganz andere Sache. "Ich mag Musik.", bestätigte die Engelin ihrem Gesprächspartner noch einmal und hakte das Thema dann für sich ab. Mehr hätte sie dazu sowieso nicht sagen können. In Musik nämlich, war sie eine Anfängerin. Was sie jedoch nicht sonderlich störte. Aber schon jetzt fing sie an den braunhaarigen Jungen neben sich ein wenig zu mögen. Er war direkt und schmückte seine Aussagen nicht unnötig aus. Was die Blonde dazu brachte eine weitere, für sie persönlich wichtige Frage zu stellen. "Du..", machte sie auf ihre Art darauf Aufmerksam das sie noch etwas zu sagen hatte. "Was hältst du von Leuten, die Erfolg in ihrem Leben hatten?". Nun fixierte sie sein Gesicht wieder wie am Anfang ihrer Begegnung. Warum sie diese Frage ausgerechnet ihm stellte? Nun, das wusste wohl nur die Engelin selbst. Tatsache war jedoch wieder einmal. Wüsste der Franzose das sie normalerweise total anders war, was Unterhaltungen und ihre generelle Verhaltensweise angeht, so würde ihm wohl oder übel die Kinnlade bis unten auf den Fußboden klappen.
Cyrano gefiel seine Melodie so sehr, dass er hastig seinen Notizblock aus seiner Tasche kramte und ziemlich unwirsch einen Notenschlüssel, sowie die Tonlinien auf ein Blatt zu krakeln, ehe seine Hand dazu überging, die einzelnen Noten in das System zu zeichnen. Er hatte die Töne noch genau im Kopf und konnte diese Töne zielgenau in das Notensystem eintragen. Er hatte ein sehr feines Gehör und konnte so seine Melodie sehr präzise in Noten umwandeln. Gegen Abend würde er dann am Klavier sitzen, die Noten auf ihre Richtigkeit überprüfen und notfalls anpassen, damit die Melodie so unverfälscht und schön wie möglich auf das Klavier übertragen wurde. Währenddessen antwortete Shiina auch auf seine Frage und so steckte er seinen Notizblock wieder weg, jedoch nicht, ohne vorher der Melodie einen Titel zu geben: "Le murmure des arbres" - Das Flüstern der Bäume. So war er nun also auf die Antwort des Mädchens gespannt und wurde auch nicht enttäuscht. Sie stimmte ihm voll und ganz zu, verglich dabei Musik und das Malen eines Bildes, indem sie angab, dass die Ohren in dem Sinne die Leinwand und das Instrument der Pinsel seien. Ein wirklich schöner Vergleich, auch wenn sich Cyrano in diesem Fall einen humorvollen Kommentar verkniff. Er konnte der Dame ja schlecht sagen, dass er sich für Leinwände freut, da sie ja nicht so kitzelig wie Ohren sind. Ein eigentlich kleiner Scherz, aber er wollte den Moment damit nicht kaputt machen, denn Shiina schien ein sehr kunstliebendes Mädchen zu sein, zumal sie ja auch Musik mochte. Es war also eine Überlegung wert, sie zu fragen, ob er ihr vielleicht etwas auf dem Klavier vorspielen könnte. Doch das musste nun warten, denn sie stellte nun ihrerseits wieder eine Frage. Diese brachte den Franzosen nun doch zum Grübeln. Was er von Leuten hielt, die Erfolg in ihrem Leben hatten ... In gewisser Weise zählten seine Eltern ja auch dazu. Seine Mutter war eine angesehene Modeschöpferin und das in einer von Mode nur so strotzenden Stadt wie Paris! Und sein Vater war der Polizeipräfekt und damit der Mann in Paris, der für die Sicherheit der Stadt zuständig war. Seine Mutter war also dank ihrer schöpferischen Gabe und ihrer Fantasie erfolgreich, was im krassen Gegenzug zu seinem Vater stand, der durch knallharte Ordnung und absolut präziser Planung für die Sicherheit in Paris sorgte und damit auch ziemlichen Erfolg einfuhr, was sich ebenfalls auf das Vermögen der Familie Lowell auswirkte, denn als sehr hoch gestellter Beamter verdiente man so schon einen ziemlichen Haufen Geld. Cyrano ließ sich tatsächlich ein wenig Zeit mit seiner Antwort. "Ich hege ein hohes Maß an Respekt für jene Personen, die durch harte Arbeit zum Erfolg kamen, jedoch nicht für jene, die einfach nur Glück hatten.", gab der junge Pariser seine Meinung kund und zeigte Shiina abermals ein freundliches Lächeln. Es war ja nicht so, dass er ein verwöhnter ungehobelter Rotzlöffel war, sondern ein verständnisvoller junger Bursche mit zuviel Geld. Jedoch hatte er keinen Bezug zu Geld und rechnete diesem auch keine allzugroße Bedeutung zu. Generell hielt er andere Werte für wichtiger. Er war durchaus in der Lage, postive von negativen Wesenszügen zu unterscheiden und wusste eben auch einfach, was sich gehörte. Außerdem vermied er es nach dem Grund ihrer Frage zu fragen, denn immerhin ging das erstmal nur sie etwas an. Wenn sie ihm die Gründe dafür hätte verraten wollen, würde sie das bestimmt tun. Er ließ nun wieder seinen Blick über die Gemälde schweifen, ehe er sich abermals zu der Blondine mit der sehr sanften Stimme wandte. "Sag, Shiina, hängt hier auch ein von dir gemaltes Gemälde? Ich würde gerne eines deiner Kunstwerke sehen.", fragte Cyrano nun endlich und sein Blick hatte etwas bittendes aber auch aufmunterndes an sich. So als ob er sie mit sanftem Zureden dazu bringen wollte, ihm eines zu zeigen. Was ihm dabei nicht in den Sinn kam, war, dass er eines ihrer Kunstwerke bereits zu Gesicht bekam. Jedoch hatte er ihren Namen nicht mit dem Bild in Verbindung gebracht. Es war ein wunderschönes Gemälde, aber er wusste eben nicht mehr, dass es von Shiina stammte, falls überhaupt ihr Name drauf gestanden hatte.
Mit großer Verwunderung betrachtete die Blondine, wie Cyrano seinen Notizblock herausholte. Sie konnte nicht komplett erkennen was er darauf niederschrieb, vermutete aber einen Zusammenhang mit der Melodie, welche er zuvor gesummt hatte. in der Tat konnte sie erkennen, dass der Franzose so etwas wie einen Notenschlüssel auf sein Blatt Papier zeichnete. Nach ein paar weiteren Ansätzen seines Stiftes ließ er den Block dann wieder in seiner Tasche verschwinden. Shiina nutzte nie einen Notizblock. Er wäre ohnehin viel zu klein für die Künstlerin und da sie sowieso ziemlich unorganisiert war, sprich, nichts vorausplante, war sie sowieso einer der eher spontanen Menschen. Nach einer kleinen Zeitspanne begann der Braunhaarige dann auf die ihm gestellte Frage Shiinas zu antworten. Er hegte ein großes Maß an Respekt für die Leute, welche hart für ihren Erfolg gearbeitet haben. Fügte jedoch hinzu, dass Personen, welche ihren Erfolg einzig und allein Glück zu verdanken hatten, seine Anerkennung nicht verdienen würden. Nachdenklich wandte die Blondine ihren Blick von dem Jungen ab. Hatte sie Glück gehabt? Eigentlich wollte sie gar nicht über so etwas nachdenken. Es interessierte sie sowieso nicht was andere von ihr hielten und außerdem war Erfolg für die Engelin generell nicht von Bedeutung. Des Weiteren war sie im Moment sowieso schon wieder viel zu exzentrisch als das ihr Gehirn vernünftige Antworten auf diese Frage hätte finden können. Was die Engelin schweigen ließ. Sie nickte nicht einmal mehr. Sie stand einfach nur mit gesenkter, nachdenklicher Miene da und schaute in Richtung des Bodens. Als wäre sie ein Roboter dem man die Batterie entfernt hätte. Erst, als der Franzose wieder das Wort ergriff, erhob sich ihr Haupt wieder aus der gesenkten Position und sie schaute dem braunhaarigen Jungen wieder ins Gesicht. Ob hier ein Gemälde von ihr hängen würde, wollte er wissen und schaute ihr dabei auf eine sehr bittende Art und Weise an. Was die Blondine im ersten Moment ziemlich überraschte. Nie im Leben hätte sie erwartet, das er sich so plötzlich für ihre Bilder interessieren würde. Langsam drehte sich Shiina zu der Wand, an welcher die Bilder vereinzelter Schüler hingen. "Hier...", begann sie sanft zu sprechen, "...hängt keines von meinen Bildern.". Natürlich hatte dies auch einen Grund. Die meisten von Shiinas großen Werken hingen in Museen kreuz und quer über den Globus. Was es so ziemlich unmöglich machte sie hier aufzuhängen. Eines der wenigen Gemälde, welches noch auf der Insel war, hing im Parterre. Ein mittleres Gemälde welches eine Waldlandschaft in den verschiedensten Farben wiederspiegelte und so den ganzen Flur etwas freundlicher erschienen ließ. "Eines hängt im Parterre....", sagte Shiina und drehte sich daraufhin wieder zu Cyrano. "...in Paris hängt eines...London auch...", fügte sie dann noch ergänzend hinzu ohne das sehr groß anzupreisen, wohl wissend, dass dies nicht alle Orte waren. Aber wahrscheinlich würde er trotzdem nicht darauf kommen wer gerade vor ihm stand. "...ich weiß nicht wo sonst noch.", meinte sie abschließend und schaute ihn wieder mit ihrer Ausdruckslosen Mimik an. Auch, wenn Shiina dies in einem Ton gesagt hatte, der es eigentlich unmöglich machte zu denken, sie wolle sich wichtigmachen. So blieb trotzdem die Wahrscheinlichkeit das er es falsch auffassen könnte. Obwohl die Chance bei der Persönlichkeit des Franzosen wohl mehr als gering ist.
Im Gegensatz zu Shiina war Cyrano weitaus vorrausschauender und hatte immer einen Notizblock dabei, um in solchen Momenten schnell alles niederschreiben zu können. Genau genommen war dies nicht wirklich sein erstes Lied gewesen, das ihm in einer Art Geistesblitz entsprang. Er hatte viele solcher Melodien in seinem Notizblock stehen und nutzte diesen anstelle eines Notenbuchs. Kurioserweise hatte er sich auch nie getraut, diese Melodien einem breiteren Publikum zu veröffentlichen, obwohl sie eigentlich durchaus Potenzial hatten. Nichtmal sein Klavierlehrer wusste davon, aber die Musik war eben für Cyrano eine Art andere Welt, in die er sich zurückziehen konnte und so spielte er oft alleine Klavier zuhause, denn sein Kindermädchen war ja nicht immer zur Stelle und überwachte ihn nicht rund um die Uhr. Gerade weil seine Eltern so viel Zeit und Mühe in ihren Beruf investierten, hatten sie nie viel Zeit für ihren Sohn gehabt, doch verstand dieser auch, dass ihr Vermögen und vieles andere auch davon abhingen. Zumindest der Polizeipräfekt hatte nicht die Freiheit, einfach einen Tag frei zu nehmen, oder sich zum Müßiggang hinreißen zu lassen. Seine Mutter hingegen hatte zwar diese Freiheit, nutzte sie aber nicht, da sie zusehr in ihrem Beruf aufging und sowohl in Paris, als auch in Mailand sehr bekannt war. Sie dominierte das Geschehen zwar nicht, aber ihr unlöschbarer und immenser Tatendrang zeugte davon, dass sie sich an die Spitze kämpfen wollte. Sie wollte die heutigen Größen ausstechen und beweisen, dass Frauen durchaus in der Lage waren, selbst zu bestimmen, was gut an ihnen aussah. Natürlich war dies der Grund, warum Cyrano großen Respekt vor seinen Eltern hatten, da sie total in ihrem Beruf aufgingen und alles daran setzten, ihren Job gut zu machen. Shiina jedenfalls schien über seine Antwort nachzudenken, stand mit gesenktem Kopf da und wirkte extrem abwesend. Erst als der Franzose wieder eine Frage stellte, erwachte das Mädchen aus ihren Gedanken und erwiderte seinen Blick. Sie verneinte jedoch seine Frage, erklärte dann aber, dass eines im Parterre hing. Sofort erinnerte sich Cyrano an diese wunderschöne Waldlandschaft und seine Augen wurden noch größer, als sie erwähnte, dass Bilder von ihr in Paris und London hingen und wer weiß wo sonst noch. Jedoch war ihre Mimik dabei sehr roboterhaft und ausdruckslos, fast so, als wäre es ihr vollkommen egal, dass sie eigentlich eine Berühmtheit war. "Das heißt, wenn ich wieder in Paris bin, muss ich dein Gemälde finden. Wenn es auch nur annähernd so schön ist, wie das, welches auf dieser Insel ausgestellt wurde, muss ich es einfach sehen!", schwärmte Cyrano nun in eher ungewohnter Weise und sah sie mit förmlich funkelnden Augen an. Aber das Gemälde im Parterre hatte ihn direkt in den Bann gezogen und war ein wunderschöner Anblick. Dabei kam ihm gar nicht in den Sinn, dass er es vermutlich schon gesehen hatte, aber nun würde er es mit Sicherheit wiedererkennen. Solch schöne Landschaften waren genau das, was er bei Gemälden am meisten mochte. Dann fiel ihm noch etwas ein, worauf er das Mädchen wieder freundlich anlächelte. "Mein Vater ist übrigens für die Sicherheit in Paris verantwortlich. Deinem Gemälde wird also in dieser Stadt nichts passieren, aber vermutlich hat er genau das auch zu dir gesagt, hehe.", erklärte der Franzose nun und zwinkerte belustigt. Kurz darauf seufzte er jedoch und schaute der Blondine in die schönen bernsteinfarbenen Augen. "Sag mal, möchtest du, dass ich dir etwas auf dem Klavier vorspiele? Vielleicht könnte ich auch eine Melodie für dich und deine Kunst komponieren, wenn ich mehr deiner Gemälde gesehen habe. Wie fändest du das?", schlug der braunhaarige Pariser vor und schenkte ihr ein offenes und von der Idee überzeugtem Lächeln. Immerhin hatte sie es verdient, dass man ihr irgendwie für die tollen Gemälde dankte. Und Musik war eben die beste Art, wie er diesen Dank ausdrücken konnte.
Shiinas neutraler Blick wich einem etwas mehr erstauntem als ihr Cyrano voller Stolz sagte, dass er, sollte er mal wieder in Paris sein unbedingt ihr Gemälde sehen musste. Ihre Verwunderung bezog sich dabei aber keineswegs auf den Inhalt seiner Aussage. Vielmehr war es seine Reaktion im Gesamten. Nicht oft hatte sich ihr jemand von so einer beinahe euphorischen Seite gezeigt. Was sie dazu brachte, ihren Blick etwas länger auf dem Gesicht des Franzosen ruhen zu lassen. Als sich der braunhaarige Junge in seiner Begeisterung dann auch noch über seinen Vater äußerte, machte es "klick" im Kopf der Blondine. Sein Vater war für die Sicherheit in Paris verantwortlich? Im Kopf der Engelin spielte sich gerade die damalige Szene in Paris ab. Sie bekam den Preis für irgendeine Kategorie verliehen. Aber nicht vom Direktor des Museums, sondern...da stockten die Gedanken Shiinas. Wer war diese Person noch einmal und warum kam es ihr in Verbindung mit dem Namen Lowell so bekannt vor? All diese Überlegungen spielten sich hinter ihrem Gesicht ab, welches sich nun wieder in seine neutrale Position bewegte. Dann schaute sie wieder aus dem Fenster. "Du bist merkwürdig.", gab die Blonde von sich und schaute verträumt in die Landschaft hinter der Glasscheibe. Kurz darauf durchbrach der braunhaarige Junge wieder die Stille. Doch Shiina fantasierte bereits wieder in ihrer Traumwelt vor sich hin. Sie war gerade ganz woanders, geistlich zumindest. Trotzdem bekam sie mit was Cyrano von ihr wollte. Er bot an ein Stück auf dem Klavier für sie zu spielen. Er wollte sogar etwas Eigenes nur für sie komponieren. Geknüpft war dies allerdings an die Bedingung, mehr von ihren Bildern zu Gesicht zu bekommen. Erst nach einer halben Minute schweigen drehte sich die Blondine mit ihren orange-roten Augen wieder in seine Richtung und schaute ihm mit einem Lächeln ins Gesicht. In der Tat freute sie sich sehr über das Angebot des Franzosen. "Ja...", sagte sie und nickte dabei noch einmal mit ihrem Kopf. Wenn man ganz genau hinhörte, konnte man sogar einen frohen Unterton aus ihrer sanften Stimme heraus hören."..das wäre wirklich schön. Ich mag Musik.". Ja, ein bisschen merkwürdig kam der Satz schon rüber wenn man darüber nachdachte, das sie sich gerade wiederholte. Aber das war eben typisch Shiina. Sogar Cyrano sollte mittlerweile gemerkt haben, das die Engelin nicht wie die meisten Menschen war. Kurz darauf verschwand ihr Lächeln wieder von ihren Lippen. Es war die Frage von vorhin welche sie wieder beschäftigte. Doch sie wusste bereits einen Weg, wie sie sich selbst klarheit verschaffen konnte. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, löste sie ihren Blick vom Gesicht des Braunhaarigen, ging zu ihrer Tasche und holte aus einem Seitenfach ein Foto heraus. Es war das Preisverleihungsfoto welches einen Tag danach sicherlich in der Zeitung zu sehen gewesen war. Mit eben diesem in der Hand kehrte sie mit langsamen Schritten zu Cyrano zurück und hielt ihm das Bild mit einer Hand entgegen. Man sah den Museumsdirektor auf der linken Seite, Shiina in der Mitte und rechts davon eine Person von dem Shiina glaubte, es war der Mann, über welchen der Junge gesprochen hatte. Im Hintergrund das besagte Bild, von welchem ihr Gesprächspartner unbedingt meinte es sehen zu müssen. "Ist er das?", fragte die Blondine ihn und schaute ihm fragend ins Gesicht, während ihre freie Hand auf die rechte Person zeigte.
[out: Du kannst sagen er ist es, oder eben nicht, ^^ Liegt in deiner Hand.]
Das blonde Mädchen schien von der recht euphorischen Art ihres Gegenübers etwas überrascht zu sein, jedoch hielt das Cyrano nicht davon ab, ihre Kunst in hohen Tönen zu loben. Zwar bemerkte der Franzose, dass Shiina insgesamt sehr ruhig und durchaus etwas abwesend erschien, aber warum sollte er sie deshalb anders behandeln als andere? Sie war eben auch nur ein Lebewesen und verdiente genauso wie alle anderen eine gewisse Beachtung. Und wenn jemand solch ein Talent aufwies, sollte man dieser Person auch ein gewisses Maß an Respekt zollen und es auch offen aussprechen. Und genau das tat der Pariser Junge ohne sich groß zurück zu halten. Warum denn auch? Immerhin sollte das Mädchen ruhig wissen, dass sie ordentlich was auf dem Kasten hatte. Trotz ihrer Bemerkung, er sei merkwürdig, ließ sich Cyrano wirklich nicht bremsen, denn immerhin war sie auch nicht gerade ein Normalo. Als der braunhaarige Junge nun vorschlug, ihr eigens eine Melodie für das Klavier zu komponieren, konnte man tatsächlich eine erfreute Regung in ihrem Gesicht erkennen. Sie schien sich wirklich zu freuen und gab es auch offen zu, betonte dabei abermals, dass sie Musik mochte. Zwar hatte sie das schon mal gesagt, aber Cyrano tat es damit ab, dass sie durch ihre verträumte Art öfter mal unbewusst Sätze wiederholte. Das störte ihn aber keineswegs, immerhin war Musik etwas tolles. Der Franzose hatte jedenfalls keine negativen Einstellungen zu verträumten Menschen, sondern hatte eher den Gedanken, dass sie vermutlich von hunderten Ideen geplagt wurde und versuchte, Ordnung in ihre Ideen zu bringen, um ihre Meisterwerke zu kreieren. Ganz so wirr waren seine Gedanken natürlich nicht und er hatte meistens eine relativ klare Vorstellung von seiner nächsten Idee, da immer nur eine auf einmal kam. Scheinbar war das bei diesem Mädchen anders. Kurz darauf löste Shiina ihren Blick vom Franzosen, ging zu ihrer Tasche und kramte ein rechteckiges Stück Papier heraus, welches sie ihm unter die Nase hielt. Auf dem Bild waren drei Personen zu sehen und im Hintergrund erkannte Cyrano ein wunderschönes Bild, welches ihm sogar bekannt war. Er hatte dieses Bild bereits gesehen. Es wurde im Louvre ausgestellt und die linke Person war eindeutig der Direktor des Kunstmuseums. Die Person in der Mitte hatte blondes Haar und bernsteinfarbene Augen, womit klar war, dass es sich dabei um Shiina handeln musste, welche vermutlich einen Preis in Händen hielt und aussah, als könnte sie mit diesem Gegenstand rein garnichts anfangen. Durch diesen Anblick musste der Franzose lächeln, denn irgendwie untermalte es nur das, was er bereits von dem Mädchen dachte, dass sie womöglich einfach nur total in ihrer Kunst aufging und ihr alles andere im Prinzip egal war. Nun entdeckte er aber auch, dass sie auf die rechte Person zeigte und ihn frage, ob er das sei. Natürlich meinte sie seinen Vater. Natürlich war sein Vater als Polizeipräfekt in diese Sache verwickelt, denn die zum Schutz eingesetzten Polizeikräfte standen unter seinem Oberbefehl. Er organisierte die ganzen Einsätze und war bei besonderen Anlässen sogar selbst involviert. So wie auf diesem Bild eben zu sehen, war er vermutlich die Person, die den Preis übergeben sollte und Cyrano nickte nach kurzem Zögern auf ihre Frage hin. Sein Vater war immer sehr beschäftigt und redete nicht viel über seinen Beruf, was aber auch zum Teil zur Sicherheit seiner Familie galt. Sogesehen wusste der Franzose zwar, wie sein Vater arbeitete, bekam aber ansonsten keine Details über irgendwelche Einsätze erzählt. "Ja, das ist mein Vater Alain Lowell. Er ist der Polizeipräfekt von Paris und somit für solche Schutzeinsätze verantwortlich. Er koordiniert die Polizeikräfte im ganzen Verwaltungsbereich, der zu Paris zählte, konzentriert sich aber im Allgemeinen eher auf die Stadt selbst. Da er vor seiner Ernennung zum Polizeipräfekt ausgebildeter Leibwächter war, wurde ihm gestattet, wichtige Persönlichkeiten während Pressekonferenzen oder solchen Preisverleihungen persönlich zu schützen, wird aber immer von im Hintergrund agierenden Kräften unterstützt, die keiner sehen soll. Ich hoffe, er war nicht allzu streng mit dir, manchmal übertreibt er es ein wenig mit seinem Schutzfimmel.", erklärte Cyrano nun die arbeitsweise seines Vaters und lächelte etwas verlegen, da sein Vater in Paris eine durchaus wichtige Persönlichkeit war. Irgendwie war ihm das gerade unangenehm ihr davon zu erzählen, obwohl es dafür natürlich keinen Grund gab. Immerhin war sein Vater ein äußerst höflicher Zeitgenosse, jedoch etwas sehr direkt. "Warte mal, was machst du eigentlich auf dieser Insel, wenn du doch eine anerkannte Künstlerin bist?", wollte der Franzose nun wissen, fuhr dann aber erschrocken zusammen, als er bemerkte, wie unhöflich seine Frage eigentlich war. "Tut mir leid! Du musst natürlich nicht auf die Frage antworten, wenn sie zu persönlich ist! Verzeih, das war unhöflich von mir.", entschuldigte er sich sofort und schenkte dem Mädchen ein entschuldigendes Lächeln, mit welchem er sogar ziemlich süß aussah, wenn man von seinem ohnehin schon guten Aussehen mal absah und nicht den ständig charmant lächelnden Jungen im Hinterkopf behielt.
Nachdem Cyrano das Bild gesehen hatte, ließ die Künstlerin ihren Arm wieder fallen und schaute wieder aus dem Fenster. Er wusste ja nun, was sie von ihm wissen wollte. In der Tat hatte der junge Franzose die Person rechts von ihr erkannt. Mit einem stolzen Unterton und durchaus erhobener Brust, auch wenn Shiina das nicht sehen konnte, ließ er verlauten dass dies der Polizeipräfekt von Paris sei. Sein Vater. Wie ein Wasserfall begann er danach über seinen Vater zu reden. Das er mal als Leibwächter gearbeitet hätte und deswegen bei solchen Veranstaltungen persönlich dabei sein durfte, ihn auch noch andere Leute im Hintergrund unterstützten und so weiter und so weiter. Spätestens ab dem Wort Polizeipräfekt kam die Siebzehnjährige schon nicht mehr mit und ihr Gehirn machte deswegen auch an diesem Punkt dicht. Vielmehr schaltete es wieder in den Tagträum-Modus um und in seiner Euphorie gefangen, bemerkte der musikalische Bengel wahrscheinlich nicht einmal, dass die Blondine ihm nur noch mit einem halben Ohr zuhörte. Was ihm wohl aber nicht zu stören schien. Erst am Ende, wo er mit einer etwas peinlich berührten Stimme darüber sprach, das sein Vater einen Schutzfimmel besaß und sie deswegen hoffentlich nicht zu harsch behandelt hatte, schaltete sich der Kopf der Engelin wieder teilweise in das hier und jetzt. Reflexartig, ohne den Blickkontakt zu ihrem Gesprächspartner aufzubauen schüttelte Shiina langsam den Kopf. "Nein...", verneinte die Blondine. "...er war nett.", vollendete sie ihre Aussage kurz nachdem sie sie begonnen hatte. In der Tat war Cyranos Vater alles andere als streng, oder paranoid gewesen. Sowie vor - als auch nach der Preisverleihung im Louvre kümmerte er sich wie ein Elternteil um sie. Etwas, das Shiina bis Dato noch nie erlebt hatte. Sie besaß ja keine Eltern. Natürlich spielte da der Fakt mit hinein, dass er für ihre Sicherheit verantwortlich war. Doch das hatte die Blondine damals einfach ignoriert. Sie verstand ohnehin nicht, warum man sie schützen sollte. In ihrer exzentrischen Ansicht gab es dafür keinerlei Begründung. Selbst auf dem Foto, in genau diesem Moment der Preisverleihung war sie am Tagträumen gewesen. So manch einer würde sich an die Stirn klopfen wenn er wüsste wann überall Shiina das schaffte. Doch das war ein anderes Thema. "Ich bin mir sicher… das er ein guter Vater war.", meinte die Engelin immer noch ohne ihn anzuschauen. Natürlich hatte sie keine Ahnung davon, wie Alain Lowell privat war. Beziehen tat sie sich hier auf ihre eigene Erfahrung. Er würde sie schon korrigieren wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Davon ging sie naiver Weise einfach mal aus. Dann allerdings kam Cyrano mit einer Frage welche die Blondine dazu brachte ihren Blick von den endlosen Weiten des Fensters abzuwenden. "Warte mal, was machst du eigentlich auf dieser Insel, wenn du doch eine anerkannte Künstlerin bist?". Ganz langsam drehte sie ihren Kopf nun zum braunhaarigen Jungen. Sie mochte seine Frage nicht, sie kam für die Siebzehnjährige irgendwie sehr beleidigend rüber. Trotz seiner darauffolgenden Entschuldigung schaute sie ihn bitterböse an, eine Reaktion wie sie es noch nie vorher bei irgendjemandem getan hatte. Langsam bewegte sie ihre linke Hand zu Cyranos Stirn und tätschelte ihm zweimal sanft dagegen. "Böse.", sagte sie und nahm ihre Hand dann wieder herunter. Auch ihr Blick wich wieder einem ganz normalen. Doch Anscheinend hatte ihre Aktion nicht das gebracht, was sie wohl ursprünglich erreichen sollte. Verwirrt legte Shiina ihren Kopf schief, während sie ihn wieder fixiert anschaute. "Komisch.....", meinte sie und verweilte in ihrer Position. "...dein Vater sagte das du nach so etwas immer ein bisschen kleiner wirst....". Kurz schaute sie noch einmal prüfend Cyranos Körper von oben bis unten an. "...aber du bist genauso groß wie vorher...".