Was versteckt sich hinter den Türen Zimmernummer 110 im Westtrakt des Yanega Anwesens? Öffnet man die leicht quietschende Tür, so steht man inmitten einer doch recht großen und hellen Räumlichkeit. An den grün tapezierten Wänden befinden sich vereinzelte Wandleuchten. Mit Vorhängen kann man das Zimmer nachts abdunkeln. Drei Betten, die mindestens genauso alt wie das Gebäude selbst, aber dennoch gut in Schuss sind befinden sich an der rechten Seite des Raumes. Jedem Bett ist ein Nachtkästchen mit einer dazugehörigen Lampe beigestellt und bietet den Bewohnern desweiteren Platz für persönliches Hab und Gut. Gegenüber der Betten befinden sich die Schreibtische. Jeder Bewohnerin steht einer dieser Tische zu. An einer Wand befinden sich ein paar Wandboards, die zur Verstauung von Büchern oder ähnlichem genutzt werden können. Neben dem äußersten Schreibtisch in der Ecke führt eine weitere Tür in einen kleinen Nebenraum, der an allen Wandseiten mit Kleiderschränken zugestellt ist, die sich die Bewohnerinnen unter sich zuteilen. Ein klamottenbezogenes Platzproblem sollte in diesen Räumlichkeiten also nicht herrschen.
Ihre Bestätigung sie mal alleine zu lassen, hieß wohl, dass er seine Vorführung des roten Kleides bekommen würde. Nicht jedes Mädchen wäre bereit dazu, einen eigentlich Fremden mit ins Zimmer zu nehmen, sogar noch den Kleiderschrank zu öffnen und dann noch eine Vorführung eines Outfits starten. Das Grinsen auf Damians Lippen ging wohl bis zu seinen Ohren. Um die Wartezeit ein wenig zu überbrücken, ließ er seinen Blick noch einmal genauer im Zimmer schweifen. Hier und da blieb er eine Zeit lange stehen. Vielleicht sollte er Helena fragen, ob er hier einziehen dürfte, schließlich gab es einen begehbaren Kleiderschrank, von welchem Geräusche nach draußen drangen. Helena schien sich wohl wirklich fertig zu machen und dafür in ihren Schubladen zu wühlen. Die Vorfreude, die Pariserin in einem kurzen roten Kleid zu sehen, stieg beinahe ins Unermessliche. Es war zwar nicht das erste Mal, dass er leicht bekleidete Mädchen begutachten konnte, schließlich hatte er sich in genügend Diskotheken rumgetrieben. Nicht immer blieb es nur beim Gucken. Aber er würde ganz bestimmt nicht über die Blondine herfallen. So viel Contenance konnte er schon an den Tag legen. In Gedanken stellte er sich das blonde Mädchen mit dem knappen roten Kleid vor. Nur was außer dem Kleid noch als Outfit diente, vermochte der Italiener nicht zu sagen. Klar, Schuhe waren auf alle Fälle mit vorbei, aber waren sie hoch, waren sie flach? Welche Farbe? Welches Material? Eine Jacke? Accessoires? So viele Fragen die er nicht beantworten konnte, er konnte nur geduldig auf ihrem Bett waren und Däumchen drehen. Kurz holte der Blondschopf sein Handy aus der Hosentasche und checkte die Uhrzeit. Es war bereites 20:00 Uhr und gegessen hatte er bis auf das Frühstück auch noch nichts. Aber das war ihm bis dato gar nicht weiter aufgefallen, dafür war die Unterhaltung mit der Blondine viel zu zeitaufwendig gewesen. Aber großen Hunger verspürte er jetzt auch nicht. Vielleicht hatte Hel hier irgendwo einen Schokoriegel. Kurz viel sein Blick auf die Handtasche. Nein, das würde er nicht wagen. Aber Frauen hatte bekanntlich alles Mögliche in ihren Handtaschen, da war ein Schokoriegel nichts Ungewöhnliches. Sobald Helena aus dem begehbaren Kleiderschrank treten würde, konnte er sie fragen.
Es waren bereits weitere Minuten vergangen, in denen er sich mit seinem Handy und dessen Spielen befasste. Candy Crush. Das Level gerade war ein Miststück. Damian war ganz vertieft in dieses Level, dass er Helenas Zwischenruf gar nicht mitbekam. Wie wild wischten seine Finger über den Bildschirm seinen Smartphones. Er war so kurz davor. Sooooo verdammt kurz. Er wollte das Handy am liebsten in die nächste Ecke pfeffern. Dieses Spiel förderte Gefühle zu Tage, von denen er nicht einmal wusste, dass er sie besaß. Damian schloss das dämliche Spiel wieder und steckte sein Handy wieder zurück in die Hosentasche, gerade rechtzeitig um den Auftritt Helenas nicht zu verpassen. Hätte er diesen Auftritt verpasst, wäre sein Handy wirklich gegen die nächste Wand geflogen. Damians bernsteinfarbene Irden klebten direkt an Helenas schlanken Körper gehüllt in rot und schwarz mit ein wenig gold. Seine Kinnlade war bereits auf den Weg eine Etage tiefer zu fahren. Nach einem kurzem Moment konnte sich der Italiener wieder fangen und ließ einen Pfiff ertönen. »Wen wolltest du mit diesem Outfit verführen?«, grinste der Blondschopf spitzbübisch. Helena musste, als sie das Kleid ausgesucht hatte, bereits etwas im Schilde geführt haben. Mit einem "Gefällt dir was du siehst?" bewegte sich Helena auf diesen Mörderhacken auf Damian zu, vollführte sogar noch eine Drehung ohne auf dem Boden zu landen und stand nun vor ihm. Den Zusatz, dass er bloß nichts Falsches sagen sollte, hätte sich die Pariserin eigentlich sparen können. Als würde irgendein männliches Wesen bei klarem oder nicht klarem Verstand etwas Falsches zu diesem Outfit sagen. Helena schien wohl noch ein wenig weiter provozieren zu wollen, als sie sich zu ihm vorbeugte und sich blaue Seelenspiegel in bernsteinfarbene bohrten. Damian verengte seine Augen zu Schlitzen, ließ den Blickkontakt nicht abreißen, ehe er endlich seine Sprache wiederfand. »Ja also....rot steht dir. Rot macht sexy. Das Kleid verdeckt bei dir auf alle Fälle das Nötigste.«, gab der Blondschopf grinsend von sich und zupfte kurz am Saum des Kleides, ehe er seine Hand wieder brav zurückzog. Helena sollte schließlich nicht auf falsche Gedanken kommen. Der Blickkontakt wurde weiterhin gehalten, diesmal aber mit nicht zu Schlitzen verengten Augen, das war einfach nicht seine Mimik. »Sollten wir das kurze Rote nicht ausführen?«, stellte er der Französin eine Frage. Es wäre eine Schande, wenn dieses Kleid niemand zu Gesicht bekäme. War nicht irgendwo irgendwas von einer Party gestanden? Die perfekte Gelegenheit.
„Ich weiß nicht, vielleicht kannst du es mir sagen?“, erwiderte sie frech und lie0 ein kleines, wenn auch scheues Lächeln auf ihren Mundwinkeln entstehen. Er hatte doch nicht im Ernst eine Antwort darauf erwartet, die alle Hintergründe aufklärt, oder? Mal abgesehen davon, dass er sie wohl niemals bekommen würde. Es gab Sachen über die redete man nicht mit anderen. Allem voran, weil sie unnötig in der Erwähnung waren und nur Ballast mit in die Beziehung warfen, egal wie lang diese schon bestand. Dementsprechend fand das Thema bei der Pariserin auch keine Ansprache mehr. Stattdessen fokussierte sie sich lieber darauf, ihre Aufmachung noch effektiver zu präsentieren. Die Drehung auf ihren Schuhen, die wohlgemerkt echt gelernt sein musste, war nur ein mittel um das zu erreichen. Das provokante vorbeugen war dann wohl doch eher persönliches Interesse. Geduldig legten sich ihre Augen auf die des Italieners und warteten auf ein Zeichen. Sei es nun das abrutschen des Blickes in die untere Etage, oder die Vermeidung des Blickkontaktes. Er tat nichts davon. Nein, stattdessen schaute der Blondschopf mit einer konzentrierten Manier zurück in ihre Augen. So ein bisschen hatte sie schon die Sorge, dass ihre Wenigkeit eventuell ein wenig zu aufdringlich war. Immerhin ging es seit heute Morgen bei den beiden Schlag auf Schlag. Auch wenn sie sich gar nicht mehr zurück entsinnen konnte, warum die beiden so schnell nach vorne geprescht waren. Aber so lange keine Gegenteiligen Signale kamen, dass es zu viel wurde. Warum aufhören?
Eine spannungsgeladene Stille trat ein und keine der beiden Parteien sagte etwas. Helena blieb mit ihrem markanten Lächeln in ihrer eingenommenen Pose und Damian schaute ihr weiterhin angestrengt auf die Gesichtszüge. Sie grinste leicht, als er erneut die Stille unterbrach. Ihrer Meinung nach hätte er auch nichts sagen müssen. Das wäre genauso ausdrucksstark gewesen. Vor allem, wenn er wieder damit angefangen hätte seine Augenbrauen tanzen zu lassen. Aber irgendwann wäre es dann ja nichts Besonderes mehr, also war es unter umständen sogar gut, dass es so gehandhabt wurde wie jetzt. Insbesondere bei dem Kompliment das jetzt folgte, wäre es eine Schande gewesen, wenn er es nicht ausgesprochen hätte. Da schlug das Herz einer Französin doch direkt höher. Was man auch an ihren Mundwinkeln erkennen konnte. Ein kokettes Lächeln schmückte ihre weichen Gesichtszüge. Also wenn als sexy bezeichnet werden keine positive Aussage war, dann wusste sie auch nicht. „Das nötigste, mh?“, fragte sie mit einem verspielten Unterton, während ihre Gedanken noch ganz andere Aussagen ausgebrütet hatten. Eine davon beinhaltete die Überlegung, wie lange es noch so sein würde. Aber gut Ding braucht Weile, dazu ermahnte sich Helen gerade selber. Über das Ziel hinausschießen war nicht in ihrer Planung. Das hatte in ihren Augen mit Romantik auch nichts mehr am Hut. Das er nebenbei am Kleid zupfte, ließ sie in diesem Falle einmal gewähren. Es gab hier immerhin noch ein mit Spannung geladenes Blickduell zu gewinnen. Doch die ehrgeizige Französin wurde von ihrer Begleitung etwas aus der Bahn geworfen. Das Kleid sollte ausgeführt werden? Genau dieses? Ihr Blick spiegelte die Überraschung dabei perfekt wieder und ihre blauen Augen rissen in einem kurzen Anflug von Nachdenklichkeit kurz seitlich aus. Auf der einen Seite war es der kurze Anflug von Scham, auf der andern die Hormone, welche darauf pochten diesem Antrag stattzugeben, weil er es doch nachweißlich auch gut, oder besser gesagt sexy, fand. Außerdem konnte sie ihn gut leiden. Er war nett, charmant und lustig. Und seit wann hatte die Französin ihr Selbstbewusstsein verloren? Sie schaute erneut in die Augen des Italieners. „Es gibt eine Einweihungsparty im Keller.“, setzte sie an und machte eine kleine Pause, „Wie wäre das?“, fragte sie und stellte sich nun wieder aufrecht vor Damian hin, ihre Arme seitlich hinabhängend, um ihm wieder etwas Raum zu geben. „Und natürlich solltest du dann vielleicht auch etwas anderes tragen.“, immerhin wollte sie nicht alleine so aufgebrezelt neben einem normal gekleideten Damian stehen. Overdressed zu sein war nämlich nicht so ihr Ding. Außerdem implizierte das für sie das Wort ausführen. „Ich würde sowieso noch ein wenig brauchen.", deutete sie an und zeigte einmal kurz über die Schulter zum Kleiderschrank. Immerhin musste sie sich jetzt komplett vorbereiten. Sie hatte immerhin nur das nötigste Angezogen um eine gute Präsentation zu liefern. Ein bisschen Schmuck und Pinselstriche im Gesicht fehlten noch. Die Feinschliffe eben. „Wir treffen uns dann am besten vor Ort? Oder soll ich dich abholen?“, fragte sie neckisch und lächelte dabei freundlich wie eh und je. Manchmal liebte sie es die normale Ordnung etwas umzudrehen. Warum musste auch immer sie sich abholen lassen? Mal sehen wie er antworten würde.
So oder so, wäre er am Ende wohl außerhalb ihres Zimmers gelandet und sich selbst überlassen. Zumindest so lange, wie sie sich nicht wiedersehen würden. Was in diesem Falle nur ein paar Minuten sein würden. Damian würde sicherlich nicht so lange brauchen und sie selbst war ja schon so gut wie fertig. Dann konnte es zu dem so erwünschten Part übergehen: Das kurze Rote ausführen.
Helena wollte die der Verführung anscheinend nicht beantworten. Darum stellte sie, anstatt einer Antwort zu geben, eine Gegenfrage an den Blondschopf. Damian war aber nicht erpicht darauf sich Gedanken darüber zu machen, wen die Pariserin mit ihrem kurzen roten Kleid verführen wollte. Vielleicht war die Antwort auf diese Frage auch schon ein paar Jahre her und es war der Blondine peinlich, weil ihre Verführungskünste nicht erwidert wurden. Bei diesem Gedanken musste der junge Mann doch irgendwie ein wenig Schmunzeln. Es gab nur eine Kategorie an männlichen Wesen, die einem solchen Anblick widerstehen konnten und das waren die, die selbst das männliche Geschlecht bevorzugen. Die Bilder in seinem Kopf formten sich zu einem überaus spannenden Kurzfilm. Helena wie sie versucht besagten schwulen Mann mit ihrem Kleid zu verführen und dieser nicht darauf reagierte. Diesen Gedanken würde er auf einen Fall laut aussprechen. Er wollte die ausgelassene und durchaus flirtträchtige Stimmung mit seiner an den Haaren herbeigezogenen Geschichte nicht ruinieren. Darum war das Beste was er tun konnte, schweigen!
Auf ihre kleine Stichelei, dass das Kleid das Nötigste bedeckte, ging der Blondschopf ebenfalls nicht ein. Schließlich musste er sich auf ihr Blickduell konzentrieren. Anders als die weibliche Belegschaft wurde den Männern, ganz sicher fälschlicherweise, nachgesagt, dass sie nicht multitaskingfähig waren. Deshalb konnte der Italiener auch nicht das Blickduell aufrechterhalten und eine sinnvolle Antwort darauf geben. Eine Antwort wäre sowieso überflüssig, da Helena sicher ganz genau wusste, dass ihr Kleid gerade nur das Nötigste bedeckte. Eine falsche Bewegung und sie ließ ungeahnte Einblicke zu. Aber Damian wäre der perfekte Gentleman und würde die holde Maid vor lüsternen Blicken schützen. Kurz vor seiner Niederlage, wanderten die blauen Irden der Blondhaarigen auf die Seite. Somit hieß der Gewinner dieses Duells wohl Damian Bianchi. Natürlich, würde er ihr das nicht unter die Nase reiben. Vielleicht nur bei Gelegenheit mal kurz erwähnen, wenn es die Situation erforderte. Mit der nächsten Aussage war seine Vermutung ebenfalls bestätigt worden. Er war sich nämlich nicht ganz sicher gewesen, ob ihn seine Augen nicht doch einen Streich gespielt hatten, als er wutentbrannt durch die Gänge marschiert war, auf den Weg zur Terrasse. Es gab heute tatsächlich eine Party und zwar eine Einweihungsparty. Das war doch ganz nach seinem Geschmack. Schließlich sollte man den Neustart doch gebührend feiern. Man durfte dort auf gar keinen Fall fehlen. »Einweihungsparty klingt super.«, grinste der Bianchi und beobachtete Helena dabei, wie sie sich wieder aufrecht hinstellte. Auf Dauer wäre das Vorneüberbeugen sicher unbequem geworden. Kurz verdrehte der Blondschopf die Augen, als Helena seine Kleidung als nicht partytauglich betitelte. Es war doch ganz klar, dass Damian nicht in diesem Aufzug auf der Party aufkreuzen würde. Das ließ sein Ego nicht zu. Und er wollte auch nicht gegen Hel in ihrem roten Kleid abstinken. Ein wenig musste er sich schon anpassen. Wobei der Blondschopf einfach davon ausging, dass sie gemeinsam zur Party gehen würden. Was anderes wäre völlig absurd und Helena schien das ebenfalls so zu sehen. Denn sie würde laut eigener Aussage noch etwas brauchen. »Ist doch ganz klar, dass ich nicht wie der letzte Penner auf 'ne Party geh. Dann sollte ich mich wohl ebenfalls mal auf den Weg in mein Zimmer machen um mich in Schale zu werfen.«, grinste er und erhob sich vom Bett. Helena würde laut eigener Aussage ebenfalls noch ein wenig brauchen, da würde es ihr wohl gerade recht kommen, wenn sich das Mischwesen selbst fertig machen würde. Damian wollte bereits ihr Zimmer verlassen, als Helena sich noch einmal zu Wort meldete, ihm den Vorschlag unterbreitete, ihn vor seinem Zimmer abzuholen damit sie gemeinsam zur Party gehen konnten. Ein kurzes Lachen drang aus seiner Kehle, ehe er zu einer Antwort ansetzte. »Ich bitte darum, dass du mich abholst. Du kannst dir ruhig ein wenig Zeit lassen.« Und mit diesen Worten verschwand der Italiener aus Helenas Zimmer.
In seinem eigenen Zimmer angekommen, ging das Gewühl durch seinen Kleiderschrank erst richtig los. Was sollte er bloß anziehen, um nicht wie ein Häufchen Elend auszusehen. Das kurze Rote von Hel war schon ein Burner. Er musste unbedingt unauffällig ein Bild davon machen. Auf der Party würde sich hoffentlich eine Gelegenheit bieten. Helena nach einem Bild zu fragen, war doch irgendwie peinlich. Aber bevor er ohne Bild in den nächsten Tag starten würde, würde er wohl über seinen Schatten springen und Helena unverblümt danach fragen. Schon alleine bei der Vorstellung stieg im die Hitze ins Gesicht. Mega peinlich und dafür hatte er jetzt absolut keine verdammte Zeit. Ein paar Auswahlmöglichkeiten lagen auf seinem Bett. Vielleicht wäre es besser gewesen seine Begleitung doch mitzunehmen. »Damian, reiß dich zusammen. Bist du ein Mädchen oder ein richtiger Kerl?«, ermahnte er sich selbst und war beinahe versucht sich selbst eine runterzuhauen. So ein Kerl wie er eben war, entschied er sich kurzerhand für eine schwarze Hose, schwarzes Hemd, eine braune Weste und eine schwarze, etwas lose gebundene Krawatte und dazu passende schwarze Schuhe. Sein Outfit war schwarz wie seine Seele und bildete einen tollen Kontrast zu seinem blonden Haar. Damian begutachtete sich im Spiegel. Seine Augen wirkten durch das viele schwarz ebenfalls noch stechender als sie es ohnehin schon waren. Ein wenig Parfüm würde sicher auch nicht schaden. Schließlich wollte er auch gut riechen für die Fete.
Ein kurzes Klopfen ließ ihn aufhorchen. Anscheinend war die junge Dame schon fertig mit ihren Vorbereitungen. Das Mischwesen schenkte seinen Spiegelbild noch ein keckes Grinsen und einen kurzes schnalzen mit der Zunge, eher er sich von seinem überaus passablen Anblick loseiste. Es wartete eine überaus reizende Begleitung vor der Tür, aus die er bereits trat. »Dann lass uns mal die Party unsicher machen.«, lächelte er in Helenas Richtung und bot ihr den Arm an, damit sie gemütlich in Richtung Partykeller gehen konnten. Und es war auch eine vorbeugende Maßnahme, man dachte nur einmal an Helenas mörderisches Schuhwerk, da wäre es unverantwortlich von ihm, wenn er ihr nicht den Arm darbot.
Als die Tür hinter der Französin ins Schloss fiel, machte sie bereits das Licht im Raum an. Etwas kritisch beäugten die Blicke der Blondine die anderen Betten. Niemand war dort. Keine Menschenseele weit und breit war zu sehen. „Komisch.“, gab sie von sich, als sie auf ihren Hochhackigen Schuhen an den anderen betten zu ihrem Schlafplatz voranschritt. Immerhin lagen nicht überall Federn herum, was eine weitere Kissenschlacht wohl eindeutig ausschloss. Immerhin daran hatte sich ihre jüngere Mitbewohnerin gehalten. Hoffentlich waren sie dann auch so rücksichtsvoll am Ende des Tages leise ins Zimmer zu kommen, wenn sie nicht schon lange wo anders schlafen würden. Zwar würde die Blondine das, rein aus der jetzigen Überlegung heraus, irgendwie sehr merkwürdig finden, weil sie nicht mal Sechzehn waren. Oder zumindest nicht so wirkten als wären sie mindestens in diesem Alter. Aber wer war sie, das sie über andere großartig Urteilte. Kurz bevor sie aus ihrem Leben gerissen wurde, wurden die Besucher der Clubs auch immer jünger. Faszinierend, aber wahr. Zumindest hatten sie und Alix Spaß daran, eben diese an der Nase herumzuführen. Aber die Erzieher hier würden das Ganze schon im Griff haben. Zumindest war das ihre Überzeugung. Immerhin wäre es ganz schön fahrlässig so junge Mädchen nachts noch irgendwo herumstreifen zu lassen. Aber gut, sie würde es morgen früh wohl herausfinden, wenn ihre Zimmergenossinnen noch nicht da waren, oder das Gegenteil der Fall war.
Mit einem Seufzer ließ sich die zurechtgemachte junge Dame auf ihre Bettkante fallen. Langsam und träge befreite sie ihre grazilen Füße von den Schuhen, welche sie den ganzen Abend über begleitet hatten und bewegte diese erst einmal ordentlich herum, während sie dabei die Bewegungen der Strumpfhose an den Zehen betrachtete. Das tat gut! Helena hatte zwar nie Probleme gehabt wenn es um Absätze ging, aber ohne diesen Schuh-Zusatz konnte sie auch gut leben. Aber sie kannte jemanden, der sich diese Art zum Feind erklärt hatte. Zumindest wenn sie an den eignen Füßen klebten. Ein Lachen entfuhr ihr bei diesem Gedanken, verstummte allerdings sehr schnell wieder und sie ermahnte sich, nicht zu viel in ihrem alten Leben zu kramen. Denn das war unweigerlich vorbei. Aufräumen würde sie die Schuhe wohl morgen früh. Jetzt hieß es wohl eher einmal, sich Bettfertig zu machen. Mit einem kräftigen Stoß, stemmte sich die Blondine noch einmal von der Bettkante ab und löste sogleich die Stellen an ihrem kurzen, roten Kleid, welche ihre Haut dann letzten Endes von dem Stoff befreien sollten. Mit ein paar gekonnten Griffen, faltete sie das besagte Kleidungsstück dann zusammen. Großartig auf andere achten brauchte sie ja nicht, immerhin war niemand da wer sie sehen könnte. Und selbst wenn: Es war ein reines Mädchenzimmer. Es gab an Helenas Körper nichts, was die anderen nicht schon gesehen hätten. Außerdem könnte sie es jetzt auch nicht mehr ändern. Denn nun stand sie ja schon fas nur in Unterwäsche im Zimmer. Sie musste nur noch ihre schwarze Strumpfhose loswerden, was auch sogleich geschah. Langsam und vorsichtig, um keine Beschädigungen in das dünne Material zu zerren, pellte sich der Stoff von ihrer Haut und landete dann, ebenfalls etwas zusammengelegt, auf dem Kleid des Abends. Ein weiteres Gähnen entwich den zarten Lippen der Blondine und sie streckte sich einmal in einer sehr anschaulichen Darbietung, bevor sie das Zeug von ihrem Bett herunterpackte und erst einmal in den Kleiderschrank beförderte, welcher für sie wie der Übergang in ein neues Zimmer wirkte. Dort, in ihrer Schrankseite, legte sie das Zeug erst einmal ab. Entledigte sich gleich ihrer Unterwäsche und im gleichen Zug, stülpte sie sich ihr Nachthemd über. Mit Pyjamas und dergleichen konnte die Französin leider nie etwas anfangen. Man konnte es einen hang zur Eleganz nennen. Außerdem, schon wieder eine Erinnerung aus der Vergangenheit, ihre Schwester war der Shorts-Typ. Nicht sie. Zumindest nicht, wenn es um Nachtwäsche ging. Mit ein paar gekonnten Griffen ließ sie das besagte Nachthemd dann ihren Körper heruntergleiten, bis es am Ende unter der Hüfte angekommen war. Ein kleines bisschen zog sie es noch nach unten, dann allerdings ließ sie es auch schon gut sein. Einen Zopf musste sie ja nicht beseitigen, denn zur Party war ihre Wenigkeit ja mit offenen Haaren erschienen. Also war die Dame jetzt schon Bettfertig.
Mit einem zufriedenen Lächeln begab sich die Pariserin Barfuß aus dem Kleiderschrank und pflanzte sich sogleich auf das Bett, welches sie ihr Eigen nannte. Mit wenigen Handgriffen war die Decke gelichtet und die Füße auf der Matratze angekommen. Es war immer noch ein mulmiges Gefühl, da sie die Zweierzimmer aus dem alten Waisenhaus gewohnt war, aber man konnte eben nicht immer alles haben. „Gute Nacht, alle zusammen.“, sagte sie eher aus Reflex und in einem Teil-angetrunkenen Zustand, bevor sie sich die Decke über den Leib zog und ihre blauen Augen schloss. Wie gerne wäre sie jetzt zuhause…
Yui war nur kurz auf der Party gewesen. Dort hatte sie eigentlich kaum was mitbekommen. Karik, der sie hier him begleitet hatte, war im Laufe des Abends auch verschwunden. Nun war Yui nach diesem ereignisreichen Tag endlich wieder auf ihrem Zimmer. Das kleine Mädchen legte sich nun in ihr Bett und schmuste sich an ihre Kuscheltiere. Richtig schlafen konnte sie nicht. Die Anderen hatten bestimmt alle Spaß auf der Party gehabt. im dunklen Zimmer war Yui etwas verwirrt und stand schnell wieder auf. Sie legte sich nochmal hin, diesesmal aber in Inoris Bett. die Anderen waren noch nicht da und bei Ino fühlte sich die Kleine geborgen. spätervwürde diese bestimmt auch auftauchen.
Alexandra
Alexandra Chevalier
58 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Ball-Outfit; siehe Link in der Signatur!
Noch eben wie ein Bison durch den Flur gestürmt, blieb Alix ruckartig vor Helenas Zimmertür stehen. Bevor sie einbrach, brauchte sie einen Plan – und zwar einen guten. Es sollte kein einfaches Hallo, wie geht’s dir? sein. Es sollte krachen, knallen, ein Feuerwerk der Überraschung und Emotionen sein. Es sollte … »Ach, krachen reicht eigentlich.« Wozu großartig was planen, wenn man auch einfach die Tür stürmen und sich auf Helena werfen konnte? Für zärtliche Guten-Morgen-Küsse war Alexandra noch nie zu haben gewesen. Helena wäre wohl total verwirrt, wenn sich ihre Schwester um 180° geändert hätte. Immerhin hatte sich Alix so schon genug geändert. Wie sie ihrer Schwester das beibringen sollte, musste sie sich auch noch überlegen. Vorher aber stand die Wiedervereinigung auf dem Plan.
Also musste erst mal die Tür aufgetreten werden, was alles andere als leise von Statten ging. Helena sollte ruhig abrupt wach werden und sich halb im Schlaftrauma fragen, was los sei, ob jemand das Haus einriss. Diese Zeit der Verwirrung wollte Alix nutzen. Nach dem lauten Rumsen der Tür schoss der blonde Blitz in die Mitte des Zimmers eines russischen Militärmädcheninternats. Schnell schaute sie um sich und scannte die Betten nacheinander, bis sie jenes Kissen erkannte, auf dem derselbe blonde Schopf lag, wie sie ihn selbst mal besessen hatte. »Helena«, flüsterte sie.
Flinke Füße folgten und zum Abschluss ein beherzter Sprung. Mit viel Schwung und Karacho schreckte Helenas Bett unter Quietschen und Knarren auf, denn mit so viel Druck hatte es wohl nicht gerechnet. »ELLEN!!!«, schrie Alix ihrer Schwester durch beide Ohren, während die Matratze noch federte. Am liebsten hätte sie ihre Wange an der ihrer Schwester festgekleistert, doch Alix musste es ganz genau wissen, dass sie nicht träumte. Also schnappte sie sich mit beiden Händen den Kopf ihrer Schwester und hielt ihn fest vor sich. Ein, zwei Sekunden analysierte sie jedes Härchen, jeden Fleck, jede Falte, einfach alles. Und alles sah absolut nach ihrer Schwester aus. Sogar diese kitschigen bunten Strähnen waren da. »Ellen, du bist es wirklich …« Und als es einfach nicht mehr anders sein konnte, rannen die ersten Tränen über Alix‘ Wangen. Ihr Griff lockerte sich, ihre Hände rutschten zum Hals hinab und gruben sich hinter Helenas Körper, drängten sich zwischen Pyjama und Matratze. »Endlich hab‘ ich dich wieder.« Fest drückte sie ihre Schwester an sich, blieb einfach auf ihr liegen und strampelte dazu hemmungslos mit den Beinen wie ein Fisch mit der Flosse auf trockenem Boden.
Relativ schnell war die Französin am gestrigen Abend dann eingeschlafen, sie hatte sich wohl einfach wirklich zu stark verausgabt. Ein Umstand den sich der Körper gleich zunutze machte, um so viel Schlaf wie möglich zu ergattern, bevor der Wecker am nächsten morgen die Schule ankündigen würde. Wahrscheinlich, weil er umso besser wusste, dass die Pariserin kein Problem damit hatte auch früh aufzustehen. Morgenmuffel waren ihr ein Fremdwort. Dennoch war auch ihre Wenigkeit dem Faulenzen so manches mal nicht abgeneigt. Aber sei es drum. Im Moment war noch kein Wecker zu hören und alles andere im Zimmer hatte sich über die Nacht hinweg in pure Stille gehüllt. Dementsprechend ruhig lag die Blondine auch noch in ihrem Bett und döste genüsslich vor sich hin. Ihr Atem ruhig und sanft auf ein Minimum reduziert. Nur ihr Kopf würde wohl nach dem Aufwachen wissen, in welchem schönen Traum sie sich bei so einem ruhigen Schlaf befunden hatte.
Doch so ruhig, sollte es wohl nicht bleiben. BUMM! Ein schlagartiges, lautes und kräftiges Geräusch schallte durch das Zimmer, in welchem sie ihren ruhigen Schlaf fristete. So laut, dass es Helena geradewegs zurück in die Welt der Lebenden zerrte und ihr Bewusstsein ins hier und jetzt zurückholte. Verwirrung trat ein, während sich die blauen Augen langsam von ihrem Vorhang befreiten und an die Decke schauten. Was war hier los? Warum mussten die anderen denn so verdammt laut sein. Mit einer leichten Drehung wandte sie ihren Kopf in Richtung Tür, um wenigstens zu sehen wer da so einen Trubel veranstaltete, ohne dabei auf andere Leute zu achten da kam in diesem Moment schon etwas in ihre Richtung geflogen. Wie ein Falke, der sich auf die Beute stürzte, war da ein Mädchen welches sich auf ihre Matratze schmiss und dabei nur um Haaresbreite die Französin verfehlte. Natürlich erschrak die Pariserin, war aber zu paralysiert von der ganzen Szenerie, dass sie einfach vergaß sich geradewegs zu bewegen. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit Besuch der sich völlig zufällig morgens auf ihr Bett schmiss und das ganze wurde nicht besser. Nein, in Fakt breitete sich diese Verwirrung noch mehr aus, als ihr in energischer Stimme auf einmal das Wort „Ellen“ so laut wie eine Lautsprecherdurchsage ins Trommelfell gepustet wurde. Erst jetzt ratterte der Gedankenapparat auf Höchstleistung.
Wie eine Statue, fixierten die blauen Augen das Gesicht, welches nun auf einer Höhe mit ihr war und so nahe, dass sie wohl mit etwas Übung die Poren in der Haut zählen konnte. Blicke tasteten das Gesicht ab. Die Stimme war so vertraut und als sie die Gesichtszüge richtig erkannte, weiteten sich die Augen Helenas schlagartig um gefühlt das doppelte. Es wirkte wie ein Traum, ein Traum in dem ihre Schwester sie aus den Träumen riss um dann voller Freude auf ihr Bett zu springen. „A-A…..A-Alix…!?!“, stammelte sie einfach nur heraus während zwei Hände ihre Backen fixierten und konnte es einfach nicht fassen. Das musste ein Traum sein! Es war so unglaublich unbegreifbar, dass plötzlich der wichtigste Teil ihrer Familie hier über ihr auf dem Bett lag und im gleichen Moment, als die Realität vollständig einschlug wie ein Meteor auf die Erde, überschwappte das Gesicht Helenas eine wahre Sintflut aus Trauer, Freude und so vielen anderen Sachen, für die sie gerade einfach keine Worte mehr hatte. Die Tränen ihrer Schwester, welche sie in diesem Moment zu sehen begann, trieben auch ihr das Wasser in die Augen und innerhalb weniger Sekunden umschlungen sich die beiden Schwestern gegenseitig mit ihren Armen. Wie zwei Katzen in einem kleinen Korb, drückte sich Helena an die Blondine über ihr und wollte sie am liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Ein Schluchzen ertönte aus ihrer Kehle, während ihre eignen Wangen sich in einen Wasserfall verwandelten. „Alix!“, schluchzte sie den Namen der Person, welchen sie dachte nie wieder auszusprechen. Wie sie hierhergekommen war, warum sie dort war und alle anderen Fragen, die man sich vielleicht als Betrachter stellen konnte. Warn hier und jetzt für sie komplett irrelevant. Alles was zählte war Alexandra, nichts anderes auf der Welt. „Es tut mir so leid…“, begann sie unter Tränen und mit dazugehöriger Stimme zu schluchzen. „Es tut mir so leid….“, wiederholte sie sich noch einmal und vergrub ihre Hände noch weiter in der Kleidung ihrer Schwester. Warum sie sich entschuldigte, würde ein Außenstehender wohl kaum verständlich. Aber Helena tat das Ganze, auch wenn sie nichts dafür konnte, unglaublich leid. Den Schmerz den sie verursacht hatte, den Verlust welchen sie den Menschen zugefügt hatte, welche sie liebte. Den Schmerz durch den sie ihre liebste Schwester gezogen hatte. „Ich habe dich so vermisst…“, kam noch flüsternd über ihre Stimmbänder, als sie versuchte zumindest einen Teil wieder Ruhe in ihren Gefühlsozean zu bringen. Doch es funktionierte nicht. Die Wellen schlugen nur so um sich. Ruhige See, war in weiter Ferne. Aber zum Glück war da eine Insel namens Alix, auf der Helena gerade Schutz und Vergebung zugleich suchte.
Alexandra
Alexandra Chevalier
58 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Ball-Outfit; siehe Link in der Signatur!
»Ksssccchhh«, flüsterte Alexandra ihrer Schwester ins Ohr, um sie zu beruhigen. Natürlich hatte sie selbst auch damit zu kämpfen, nicht auf der Stelle auszurasten; oder besser gesagt: nicht nochmal auszurasten. Es brachte ja auch nichts, sich jetzt gegenseitig mit Tränen zu überhäufen. Ein Mal reichte es, um die ganzen Emotionen rauszupumpen. Danach durfte man sich schnell wieder einkriegen und das Leben weiterleben. Ansonsten hatte Alix das Gefühl, in der Ewigkeit zu verschwinden. Die Zeit könnte rennen wie ein wilder Eber, sie könnte aber auch schleichen wie eine Schnecke. So oder so würde es sich für die Chevalier gleich anfühlen. Zeit war gerade belanglos geworden. Das einzige, was zählte, war der Raum, war der Ort, an dem sie sich befand und dass es derselbe war, an dem sich auch Helena befand. Na gut, dass sie sich zur selben Zeit an dem Ort befanden, war auch wichtig. Stimmte schon.
»Big Sis hat’s ja wieder mal gradegebogen«, flüsterte Alix weiter und konnte sich ein freches Grinsen nicht verkneifen. Mittlerweile lagen die beiden Schwestern nebeneinander in Helenas Bett. Hatten es jedoch immer noch nicht geschafft, voneinander abzulassen. Eng aneinandergedrückt, spürte Alix die wohlige Wärme, welche Helena ausstrahlte. Und sie spürte auch den Wasserfall, der nicht aus ihren eigenen Augen quoll, dennoch ihre Wangen überflutete. Alexandra hatte sich früher oft dazu berufen gefühlt, sich um ihre kleine Schwester zu kümmern, aufzupassen, dass ihr niemand was antat und jene, die es dennoch schafften, im Nachzug dafür zu bestrafen. Und nun hatte sie sich wieder um ihre Ellen gekümmert, indem sie alles in die Wege geleitet hatte, um wieder bei ihr sein zu können. Das sollte kein Vorwurf sein, nie und nimmer dachte Alix so darüber. Doch es bestärkte sie in ihrem Selbstbewusstsein, dass sie es war, die die jeweils andere gefunden hatte.
Eigentlich war es ziemlich angenehm in dem Bett. Zwar würde sich Alix lieber unter der Decke befinden, doch Helena war warm genug, um das auszugleichen. Und Winter hatten sich draußen auch nicht mehr. Es ließ sich also gut so liegen. Auch drückte ihr Helena nicht den Arm ab, weshalb dieser irgendwann taub werden würde. Im Grunde konnte sie also die Augen schließen – oder geschlossen lassen -, sich beruhigen und zurück ins Land der langen Träume wandern. Die Schüle würde es verstehen: Jet-Lag und so. Da brauchte man ein paar Tage, bis man wieder voll funktionsfähig war. Da Alix diese Erklärung sehr gefiel, verlangsamte sich ihr Atem stetig, bis er ruhig genug war, damit sie jeden Moment wieder einschlafen konnte.
Helena hätte wohl noch Stunden in den Armen von Alix gelegen und denselben Satz immer und immer wieder gesagt. Nicht, weil es ihr so wichtig war das zu erwähnen, sondern eher weil die Emotionen innerhalb der Blondine einfach nicht abebben wollten. Ihre Gedanken waren einfach zu sehr darauf fokussiert, wie viel Schmerz sie ihrer Familie doch im Grunde genommen zugefügt hatte. Die Wellen des Gefühlsmeeres schlugen um sich, während Helena auf der Insel Alix den Sturm auszusitzen versuchte. Eine Taktik die erst nach und nach aufging. Denn es dauerte bis das Wetter sich besserte und die Stimme ihrer Schwester jede Woge einzeln glättete. Es war diese wärme, welche ihre Schwester ausstrahlte und letzten Endes dafür sorgte, das sich auch das Gemüt der Französin langsam wieder in eine stabile Lage brachte. „Ja, das hast du…“, bestätigte eine noch leicht schluchzende Stimme die Feststellung, das Alix es einmal mehr geschafft hatte ein Problem zu lösen. Ein Fakt der zwar im Leben der beiden Schwestern nicht immer sehr zutreffend war, aber größtenteils die Wahrheit wiederspiegelte. Aber das lag wohl vor allem daran, das Helena hier die Rolle der kleinen Schwester eingenommen hatte und da die beiden Mädchen das nicht übers Alter regeln konnten, gingen sie nach der Körpergröße. Alexandra war sowieso immer ein Stück über ihrer Schwester gewesen, da hat sich das ganze sehr früh auch so verfestigt.
Umso mehr beruhigte es die Französin, das sie nun wieder hier war. Der Tränenfluss stellte sich langsam aber sicher ein und die beiden Blondinen lagen nur noch Seite an Seite in Helenas Bett und umschlungen sich in einer Art und Weise, das man meinen könnte da würde eine große Masse auf der Matratze liegen. Stille kehrte ein und alles was nun folgte, war ein Stilles beieinander liegen. Ein so glückliches Widersehen brauchte nicht unbedingt viel Theatralik oder große Worte. Es reichte schlicht und ergreifend die Anwesenheit der jeweils geliebten Person. Nicht mehr und nicht weniger. Stattdessen betrachtete Helena ihre Schwester nur noch die ganze Zeit, bevor sie dann letzten Endes bemerkte, wie diese mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht immer ruhiger und ruhiger wurde. „Schlafmütze.“, scherzte sie in einem leisen Ton, während die blauen Augen jedes Detail des Gesichtes analysierten. Irgendwo in ihrem inneren, konnte sie es einfach immer noch nicht fassen.
Allerdings währte diese Ruhe nicht lange, als ein Gedanke wie von einem wütenden Gott verschossen ihren Kopf durchflog. Heute war Schule! Zwar war sie drauf und dran zu sagen das sie das kein bisschen juckte. Man würde es ihr wohl verzeihen, wenn sie dieses Mal einfach nicht erscheinen würde, aber die Pflichtbewusstsein der jungen Dame machte ihr dort gehörig einen Strich durch die Rechnung. "Alix…“, flüsterte sie ihrer Schwester entgegen, „Alix, wir müssen gleich trotzdem los zur Schule.“. Innerlich kam ihr das einfach so blöd vor. Sie hatten sich ewig nicht gesehen und dann kam sie wieder mit dem Thema Schule. Dennoch, irgendeine der beiden musste ja hinterher sein, dass sie was lernen würden. „Deswegen sollten wir uns zurechtmachen, ansonsten gibt es wohl eine auf den Deckel.“, begründete sie ihre ungenierte Unterbrechung der Atmosphäre und streifte ihrer Schwester einmal sanft über die Wange, bevor ein Kuss auf der Stirn der Vampirin landete. Sicher, Helena hatte tausend fragen im Kopf, mit welchen sie ihre Schwester am liebsten gerade Löchern würde. Aber sie wusste genau das sie diese erst einmal ausformulieren musste, damit sie auch ihren Sinn erfüllten. Also schob sie diese etwas weiter nach hinten zu dem Zeitpunkt, wo sich beide wohl etwas beruhigt hatten. Jetzt nahm sich die Pariserin einfach mal nur das Recht heraus überglücklich zu sein.
Waschen würde sie sich auf jeden Fall noch vor dem neuen Tag. Dann war es außerdem noch Zeit sich mit der Schuluniform vertraut zu machen. Alles das musste noch erledigt werden. Auf ein Essen im Speisesaal verzichtete sie heute, dafür reichte die Zeit auch nicht mehr. Der einzige Vorteil gerade, sie war sowieso nicht sehr hungrig gewesen und mal abgesehen davon, die Schule hatte ja sicherlich auch noch ein Essensangebot. Zumindest hoffte sie das. Es sei denn die Wölfe hätten die Cafeteria auseinandergenommen…
tbc: folgt
Alexandra
Alexandra Chevalier
58 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Ball-Outfit; siehe Link in der Signatur!
»Mrmh«, murrte sie, als Helena mal wieder die Schlafverderberin heraushängen lassen musste. Die Vergangenheit hatte die Schwestern bereits eingeholt, denn auch damals wollte Alix immer länger schlafen und wurde oft von Helena aus dem Bett gekickt. Andernfalls hätten die beiden es nie zusammen zur Schule geschafft. Zusammen zur Schule. Der Gedanke hallte flüchtig durch Alix‘ Kopf und erinnerte sie daran, dass sie nur deshalb getrennt wurden, weil sie eben nicht immer gemeinsam den Weg bestritten hatten. An einem dieser Tage lag Alix krank im Bett und Helena … ihre Schwester fuhr an diesem Tag die letzte Metro-Strecke in ihrem jungen Leben. Ruckartig sprangen die Augen Alexandras auf. Die Vergangenheit lag hinter ihr, war Schnee von vorgestern. Also wollte sie sich auch nicht daran erinnern. Was zählte, war das Hier und Jetzt, wo sie wieder beisammen waren und … leider wieder zur Schule mussten. Helena war längst dabei, das Bett zu verlassen, als Alix ihr nachblickte und sich unter weiterem Murren ihr anschloss. Die jüngsten Gedanken waren schnell vernichtet und mit offenem Geist begegnete sie nun den Tag.
Zurechtmachen – das hatte Helena gesagt. Ihre Schwester suchte sich ihre Sachen zusammen, schnappte sich Zahnbürste und Co und wollte ins Bad, um sich fertig zu machen. Derweil saß Alix noch auf der Bettkante. Ihr Blick schweifte durch den Raum, sah alles an und nahm doch nichts auf. Sie fühlte mit den Fingerspitzen die Stelle auf ihrer Stirn, wo Helena sie geküsst hatte. Ob Einbildung oder nicht, sie spürte noch die Wärme ihrer Schwester. Ein Grinsen tauchte auf ihren Lippen auf, die sich weiter zu einem spitzen Lächeln formten. Sie träumte nicht.
Wieder wurde sie aufgefordert, sich zu beeilen. Abermals murrte Alix, verlor ihr Grinsen dabei jedoch nicht. Sehr langsam nur raffte sie sich auf, streckte sich und stapfte aus dem Zimmer, sich wie so mancher Kerl am Bauch kratzend. Sie musste einen kurzen Abstecher in ihrem Zimmer machen, um ihr Waschzeug zu besorgen. Danach konnten sich die beiden Schwestern im Bad herrichten, also Wasser ins Gesicht platschen. Die Zähnchen mussten gereinigt werden. Außerdem musste Vorsorge gegen diese fordernde Inselluft getragen werden. Ihre mitteleuropäische Haut stellte sich nur langsam um und brauchte für den Anfang besonders viel Pflege. Andererseits fragte sich Alix, wie viel Einfluss das ganze noch auf ihre untote Haut einer Vampirin hatte.
Und apropos Blutsaugergene: Wie war das mit dem Frühstück? Helena sprach davon, dass sie jene Mahlzeit aussetzen sollten, um noch rechtzeitig zur Schule zu gelangen. Sicher gehörten sie zu den letzten, die sich auf den Weg machten, doch ganz so knapp war es nicht, dass sie nicht auch noch einen Happen schnappen konnten. Also schlug Alix vor, zumindest kurz unten im Speisesaal aufzuschlagen, um sich irgendwas zu greifen und dann wieder wie zwei Bankräuber davonzueilen. Was auch immer sie da unten fanden, sie würden es auf ihrem Weg zur Schule essen können. Nebenbei ließ es sich prächtig tratschen und vielleicht sogar einem kleinen Kind ein Bein stellen, damit es umfiel und genüsslich flennte. Gut, der letzte Part war etwas übertrieben. So schlimm war Alix nun auch wieder nicht. Stattdessen sollte sie den kleinen Knaben aussaugen. Zwar hatte sie aktuell noch wenig Probleme mit ihrem Blutdurst, doch vielleicht würde sich daran noch etwas ändern. Alexandra würde es nie zugeben, aber sie hatte großen Respekt vor dieser Seite, die in ihr schlummerte. Zu wenig wusste sie über sich, obwohl Vlad ihr schon einiges erzählt hatte. Vieles hatte er extra offengelassen, um sie es selbst ergründen zu lassen. Ob er es aus pädagogischer Sicht getan hatte oder einfach nur zur eigenen Belustigung, hatte Alix damals nicht wirklich ausmachen können. Sollte der Tag irgendwann kommen, an dem Alexandra von ihrem unsterblichen Durst übermannt wurde, dann hoffte sie, würde Helena für sie da sein – allerdings nicht als Blutkonserve.