Das gesamte Gelände des Wohnheims mitsamt seinen Freiflächen wird von einem Mauerzaun umfasst. Das Eingangstor zum Areal ist unter Tags stets geöffnet und wird in den nächtlichen Stunden in der Regel verschlossen, wobei jeder Bewohner sowohl einen Schlüssel für das Eingangstor und die Haustüre, als auch einen für sein eigenes Zimmer besitzt. Nach einem kurzen Marsch spaltet sich die Zufahrt um ein kleines mit Bäumen bepflanztes Areal in zwei Wege auf, welche nach Besagtem direkt vor dem Anwesen wieder zusammenführt. Das Yanega-Anwesen aus den 1920ern verfügt im ersten, sowie im zweiten Stockwerk über einen Haupt-, einen West- und einen Ostflügel. An der Rückseite des Gebäudes erstreckt sich ein riesiger Garten, den man von vorne betrachtet oft gar nicht vermuten möchte. Im unteren Stockwerk befinden sich allgemeine Räumlichkeiten, sowie die Apartments der Erzieher, während die Bewohner im ersten Stock in zwei Trakte aufgeteilt sind. Vom Prestigebalkon aus hat man einen guten Ausblick über das Gelände vor dem Wohnheim, der bis zum Eingangstor zurückreicht und bietet eine gewisse Überwachungssicherheit - eine Gewissheit, die den Isolanern seit der Angriffe der Lykantropen wichtiger zu sein scheint.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Die Fahrt verlief anfangs sehr ruhig, wenn man das denn so nennen konnte. Lediglich die Musikanlage im Wagen verbreitete fröhlich ihre Klänge im Innenraum des Wagens und lies so einige Schlüsse auf Julias Musikgeschmack zu. Zwar hatte sie Tom Petty seit heute Morgen von der Playlist verbannt, aber das bedeutete nicht, dass es nicht noch andere Lieder gab. In diesem Falle wurden die Gitarren der 80er abgebaut und machten einem simplen Klavier Platz, wo Frederic Francois Chopin (Lied) seine Finger über die Schwarz-Weißen Tasten fliegen ließ. Langsam und Bedächtig sollten seine Klänge die Ohren seiner Zuhörer erreichen und sich als kontroverse zum Sportwagen etablierten, ohne eine Harmonie auszuschließen. Was sie bei Julia auf alle Fälle erreichten. Man konnte von klassischer Musik halten was man wollte, aber sie beruhigte. Und wenn es eines gab was die Direktorin gerade gebrauchen konnte, dann war es Entspannung. Zwar bot diese Art der Musik auch Raum für den Eindruck, dass sie eine dieser richtig steifen Millionäre war, aber naja … auch die Klassik hatte halt so ihre Klischees, nicht wahr? Der Dämonin war in jedem Fall schon beim Einsteigen aufgefallen, dass sie einen Teil der abendlichen Anspannung ungewollt auf ihre Beifahrerin übertragen hatte. Obwohl es auch nur ein kleines bisschen war, welchem sich die Braunhaarige aussetzen musste. Eine Entschuldigung wäre deswegen doch sehr überzogen, aber zumindest eine etwa freundlichere Atmosphäre könnte helfen, so zumindest die Theorie der Dämonin.
„Ich nehme aufgrund der Frage von vorhin an, dass du nicht freiwillig hier bist.“. Stellte sie nun zum ersten Mal auch eher sanft klingend ihre Vermutung in den Raum, ihre Augen dabei allerdings nicht von der Straße abwendend. Ein notwendiges Übel, passierten sie doch gerade die Innenstadt und konnten so einen guten Blick auf die einzelnen Geschäfte erhaschen. Gut, Isola war nun nicht die Party-Meile, aber gut genug für die Teenager aus aller Welt. Die Ansprüche an Feiern schienen in den Augen der Blondine sowieso stetig abzusinken. Am Ende würden vermutlich ein paar Wodka-Flaschen und die Treppe vor dem Supermarkt reichen. „Ich kann sehr gut nachvollziehen wie das ist, wenn einen die Eltern entgegen seines Willens wegschicken. Man ist nie wirklich froh darüber. Geschweige denn, dass man die Lust verspürt einfach brav mitzuspielen.“, was in ihrem Falle wohl noch drastischer war als normal. Immerhin war sie hier in einer Art freiheitlichen Lage und sollte was lernen. Ihre Geschichte war … anders, allerdings wohl auch kein Thema, dass man mit einer Schülerin anschnitt, die es eh nicht interessieren würde. Aber das war ja auch nicht weiter schlimm. Wenn sie, so wie viele andere, die Insel bereichert und vor allem glücklich verließ, dann war viel erreicht. „Es ist alles nicht unbedingt einfach.“, schloss sie ihren neuen Konversationsansatz ab und ließ kurz ihre Augen zur Seite schwenken. Mit einem kurzen Blick vergewisserten sich die blauen Augen der Dämonin ob Miyako noch da war, während ihre Mundwinkel ein entspanntes Lächeln trugen. Der heilige Gral und die Musik taten eben ihr Bestes. Eine Antwort des Mädchens brauchte Julia trotzdem nicht. Immerhin konnte sie verstehen, wenn man nicht unbedingt die Lust auf großartige Konversationen hatte. Es gab in ihrem Leben auch eindeutig schönere erste Begegnungen, daran bestand kein Zweifel. Im schlimmsten Falle schob man ihr nun dieses Hobby-Psychologen Zeugs unter, aber dann konnte die Bardera auch nichts mehr daran ändern. Dann würde nur die Zeit diese Wunden heilen, je nachdem wie es lief.
Mittlerweile hatten sie auch die Stadtgrenzen hinter sich gelassen und steuerten nun geradewegs auf die Landstraße zu, welche das Wohnheim mit der Schule und der Stadt verband. Der Gehweg hörte auf zu existieren und Gras machte den Errungenschaften der Fußgänger das Revier streitig. Schon lang und ideal dafür die Geschwindigkeit ihres Wagens mal so richtig auszunutzen, das waren Isolas Küsten und Verbindungsstraßen. Allerdings hielt sich die Bardera im Moment sehr stark zurück. Vielleicht wenn sie alleine im Auto gesessen hatte, dann würde sie sich durchaus ein wenig von dem Gedanken leiten lassen. So allerdings, es blieb fraglich. Auch wenn der zuckende Fuß ein wenig an ihrer Geduld zerrte. Regeln waren regeln und auch wenn es hier keine Blitzer gab, es musste nicht sein … bestimmt nicht.
Mit verschränkten Armen vor der Brust und dem Kopf zur Seite geneigt um aus dem Fenster zu schauen saß ich im Auto, während Julia ebenso still wie ich es war das Auto bediente und uns fast schon gleitend die etwaigen Straßen entlangfahren ließ. Ich nahm an, dass es alleine dem Auto verdanken zu war, dass sich die Fahrt so angenehm anfühlte - wobei die Direktorin uns auch noch nicht in eine Wand gefahren hatte, also so schlecht war sie bisher nicht. Da wir beide keine Worte verloren war das einzige, was man hören konnte, die Geräusche des Autos und die Musik, die aus den Lautsprechern kam. Es verwunderte mich nicht sonderlich, dass es sich hierbei um klassische Musik handelte, und kein Metal oder Dubstep - es passte mehr zu dieser Direktorin. Oder vielleicht war es auch nur eine Fassade, und wenn sie alleine war, hörte sie ständig Anime-Openings und tanzte zu diesen, oder so. Mir war die derzeitige Musik jedenfalls viel zu friedlich, was überhaupt nicht zu meinem inneren Befinden passte. Am liebsten wollte ich wüten, irgendwas zerstören, schreien, kratzen - aber nein. Ich riss mich zusammen und schwieg weiterhin, damit konnte man im Moment nichts falsch machen. Als ich plötzlich die Stimme der Blondine vernahm horchte ich auf, änderte jedoch nichts an meiner Haltung. Hatte sie ja fabelhaft kombiniert, die Gute. Hätte vielleicht lieber Detektivin werden sollen, mit ihrer messerscharfen Kombinierungsgabe. Ich war froh, dass ich diese Gedanken gerade nicht aussprach - der triefende Sarkasmus in den Worten hätte mir bestimmt Ärger eingefangen. Aber gut, sie war Direktorin, hatte bestimmt schon mit ein, zwei Schülern zutun gehabt. Wahrscheinlich legte sie es nicht darauf an, mit mir rumzustreiten. „Wenn man was nicht mehr haben will, wirft man es weg. So einfach ist's.“, murmelte ich, während ich meine verschränkten Arme nun endlich löste und stattdessen anfing, mit den Fingern meiner rechten Hand etwas an meinem rechten Strumpf herumzuzupfen. Meine linke Hand legte ich dann doch wieder auf den Ellbogen meines rechten Armes, während ich weiterhin nach draußen schaute und die verschiedenen Gebäude betrachtete, welche nach einer Weile auch immer spärlicher wurden. „Sie reden so, als hätten ihre Eltern Sie auch verstoßen.“ Natürlich konnte es sehr gut sein, dass die Blondine nur versuchte, empathisch zu sein, und keine Erfahrungen mit solch einer Situation gemacht hatte. Doch selbst wenn ich gerade den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, ging ich nicht davon aus, dass sie irgendwie darauf eingehen würde. Oder sie würde wieder irgendwas sagen, was das Thema umging, und damit war es das. Inzwischen waren die Häuser und Menschen komplett aus meinem Sichtfeld verschwunden und wir befanden uns auf einer Art Landstraße. Mein Desinteresse schwand ein bisschen und ich fing an, mich zu wundern, wie das Wohnheim und die Schule wohl aussahen. Waren es vielleicht wirklich Bruchbuden? Oder mehr inspiriert von einem Gefängnis? Oder war alles schwarz gehalten wie aus einem Horrorfilm über Monster? Ich überlegte hin und her, und nach einer Weile kamen wir auch an einem geöffneten Tor an, hinter welchem sich dann endlich das mysteriöse Haus befand. Als ich es erblickte hoben sich meine Augenbrauen ein wenig, und für eine Millisekunde hatte ich vergessen, dass ich diesen Ort eigentlich scheiße fand. Es sah ... ganz cool aus. „Also doch keine Bruchbude.“, stellte ich fest und das Auto kam langsam zum stehen, woraufhin ich mich sofort abschnallte und die Tür öffnete. Keine drei Sekunden später stand ich schon außerhalb des Wagens und atmete tief durch, ehe die Beifahrertür geschlossen wurde. Die Luft war ganz anders hier, als am Hafen, was natürlich Sinn machte. Noch immer schaute ich mir das große Gebäude an, und mir fiel wieder ein, warum ich hier war, und dass ich mit vielen, vielen anderen Teenagern zusammenleben würde; was meine Laune wieder etwas senkte. Ich seufzte, schüttelte den Kopf und ging wieder zu dem Laderaum des Autos, wo meine Tasche brav verstaut war und wartete darauf, dass die Direktorin die Klappe wieder öffnete. Ich hätte es zwar auch per Hand probieren können, aber vielleicht gab es ja einen Mechanismus der nur per Knopfdruck funktionierte, und sollte ich irgendwas an dem Auto zerstören war ich sicherlich, definitiv in Schwierigkeiten.
Julia
Julia Bardera
63 Charakterbogen Aufenthaltsort: Aktuelles Outfit: Violettes Sommerkleid mit einem weißen Zusatz in der Mitte und schwarzen Sandalen (Siehe Signatur)
Anfangs hatte Julia nicht damit gerechnet ein Gespräch zu eben diesem Thema aufzubauen. Genau genommen hätte sie, wenn überhaupt, eher eine ausweichende Antwort erwartet. So ähnlich wie bei ihr mit dem Preis des Wagens vorhin. Großartig verübelt hätte sie es der Braunhaarigen auf jeden Fall nicht, die Reaktion war immerhin verständlich. Aber dazu war es nun einmal nicht gekommen und die Dämonin hatte nicht vor sich das nun wieder zu verbauen. Immerhin, so war es auch aus psychologischer Perspektive, waren es wichtige Einblicke in ihre Psyche. Kleine Informationen mit denen man später arbeiten konnte. Dafür musste allerdings auch sie ein wenig von sich preisgeben. Was jedoch nicht bedeutete, dass sie auf die erste Aussage Miyakos eine Antwort geben musste. Immerhin war es auch keine Frage gewesen, die dringend eine Reaktion der Bardera erforderte. Erst als wirklich ersichtlich das Wort an sie gerichtet wurde, knüpfte Julia direkt an. „Das kann man so sagen.“, begann sie ihre kleine Exkursion und machte eine kleine Pause, „Mein Vater hatte es sich zum Ziel gemacht mich aus allem anderen herauszureißen, anstatt mich abzustoßen. Für letzteres war ich zu wichtig.“. Dabei dachte sie vor allem an die Situation der spontanen abreise von Isola und die vielen Momente ihrer Kindheit. Eine Bilderbuchgeschichte sah definitiv anders aus. „Mitten in der Nacht wurden die Koffer gepackt und ich in völlige Isolation gesteckt. Weg von allem was mir lieb und teuer war.“, einen Augenblick wechselte der Fokus von Julias Augen zu ihrer Beifahrerin hinüber. „Ungefähr deine Situation, nur umgekehrt. Aber ich kann mich auch irren.“. Besonders mit dem letzten Satz wollte sie sich dem Eindruck entziehen alles über die neue Schülerin zu wissen, geschweige denn sie in der Tragik überbieten zu wollen. Alles dergleichen war weder Julias Intention, noch Wille. Dementsprechend erklärte sich auch die Objektivität ihrer Aussagen. Trotzdem stand es der Braunhaarigen frei es anders zu sehen. Die kurzen Minuten mit dem Mädchen am Hafen hatten der Geschäftsfrau schon so einige Sachen verraten. Wenn sie also eine andere Meinung haben sollte, dann würde sie das sicherlich auch kundtun. Eine Eigenschaft die Julia immer sehr positiv auffasste. Genauso wie viele ihre Probleme gerne wegschoben, so inkonsequent waren sie beim Vertreten ihrer Meinung. Etwas, was die Blondine heutzutage beheben wollte. Damals jedoch hatte sie es schamlos ausgenutzt.
Der Rest der Strecke verlief ab der Landstraße relativ schnell. Julia gab dem Drang nach ein wenig schneller über den Asphalt zu fahren als unbedingt zugelassen und sicherte den Beiden damit ein Vorzeitiges ankommen am Wohnheim. Ein leichtes Grinsen zierte ihre Lippen, als sie die Worte ihrer neuen Schülerin vernahm. „Nein, keine Bruchbude.“, bestätigte sie leicht amüsiert und rief sich die Reaktion ihres Schützlings vor Augen, als er sabbernd vor den Toren des hiesigen Gebäudes stand und wirklich erschlagen war. Trotzdem war es wohl weit entfernt vom gewünschten Paradies eines Teenagers. Zeitlich etwas versetzt stieg die Direktorin aus ihrem Fahrzeug aus und vergeudete keine Zeit damit den Kofferraum des Wagens für ihren Fahrgast zu öffnen, während sie ihre Tür vorsichtig wieder an die Karosserie des Wagens drückte. „Könnte etwas leer werden.“, deutete sie mit einer zeigenden Geste in Richtung des Haupteinganges an und blieb neben Miyako stehen. „Die meisten sind gerade auf dem jährlichem Mittsommerball. Du wirst dich also in Ruhe in deinem Zimmer einrichten können.“. Wobei sich damit zwar nicht unbedingt erklären würde warum ausgerechnet sie nun für die Abholung zuständig war, aber das war eine andere Geschichte des Abends. Eine die hoffentlich nie erzählt werden würde. Allein bei dem Gedanken bekam die Direktorin wieder ein klein bisschen Hass auf die Heimleitung, aber nur ein bisschen. War ja nicht so dass ihr Abend großartig schön gewesen war, leider. „Ich werde mit dir noch deinen Zimmerschlüssel holen, sowie dich zu deinem Zimmer begleiten.“, erklärte die Dämonin und ging zusammen mit ihrer Schülerin zum Haupteingang vor, während sie noch einmal schnell den Wagen vor möglichen Einbrechern sicherte. Zwei Blicksignale untermauerten dabei den Erfolg der Bardera. „Wenn du also den Ball ebenfalls noch besuchen möchtest, dann sag Bescheid. Ich würde dich dann gleich wieder mitnehmen.“. Dann traten die Beiden ein; und auch wenn sich Julia anfangs gegen das Dasein als Bedienstete beschwerte, so hielt sie der jungen Dame gerade die Tür auf. Ein schneller Abstecher ins Büro der Heimleitung folgte, dann ging es in den oberen Stock zu den Zimmern.
Na das war doch mal eine Überraschung. Die Direktorin antwortete doch tatsächlich auf meine Aussage bezüglich ihrer Eltern, ganz ohne auszuweichen oder den Gedanken im Keim zu ersticken. Es war ja nicht so, dass ich sie gut kannte und mir deswegen ihrer Reaktion sicher war, aber der erste Eindruck ließ vermuten, dass sie distanziert blieb und eher auswich, weswegen ihre kleine Geschichte sich ja fast schon besonders anfühlte zu hören. Ich lauschte aufmerksam, auch wenn mein Gesicht noch immer Desinteresse vermittelte; als die Blondine fertig war, schwieg ich vorerst, und dachte über das Gesagte nach. Es bestand definitiv die Möglichkeit, weiter nachzuhaken; zu fragen, warum sie so wichtig war, oder wofür. Doch ich entschied mich dagegen, denn ich hatte keine Lust darauf, dieses Thema weiter zu vertiefen und ich würde ihr ganz bestimmt nicht mehr über mich erzählen, als sie vielleicht schon wusste. Immerhin hatte ich keine Ahnung, was in meiner Schulakte so alles stand. Ich gab nur ein kurzes „Hm.“ von mir, nach ein paar Sekunden gefolgt von den Worten: „Kommt ungefähr hin.“ Bedeutete das, dass ich so werden würde wie sie, wenn ich erwachsen war?! Wobei unsere Situationen ja unterschiedlich waren, wie sie selbst gesagt hatte. Sie wurde in Isolation gesteckt, während ich zusammen mit hunderten von anderen Teenagern in einen Eimer geworfen wurde. Also wurde ich ... das Gegenteil? Hitzköpfig, laut und nicht auf meine Worte achtend? Jap, auch das kam so hin. Wobei ich schon seit Jahren so war, also war diese ganze Theorie sowieso schwachsinnig; ich glaubte nicht daran, dass mich diese Schule, oder das Heim irgendwie ändern würden. Womöglich flog ich in ein paar Tagen schon wieder hier raus, sobald ich irgendeinen Mist anstellte. Als die Ladeklappe sich erneut öffnete beugte ich mich sofort etwas runter um meine Reisetasche zu greifen; schon irgendwie traurig, dass alles, was ich noch von meinem Zuhause hatte, in diese olle Tasche passte. Und das meiste davon waren sowieso nur Klamotten. Ich richtete mich wieder auf und schaute die Bardera an, als sie anfing, von dem Mittsommerball zu sprechen. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen und ich schaute sie ungläubig an. „Ein Ball? Ernsthaft?“ Was zum Scheiß? War das hier nicht eine Schule für besondere Wesen? Und die verschwendeten Zeit damit, sich wie Puppen anzuziehen und sinnlos rumzutanzen?! Oder waren Bälle hier vielleicht komplett anders und jeder dort tanzte schwebend in der Luft und Magie flog überall rum? Oder vielleicht war Ball ein Codewort für 'ne Kampfarena. Ich entschied mich jetzt schon dazu, mir das ganze Spektakel erstmal anzusehen, bevor ich darüber urteilte. Was vielleicht ein bisschen zu spät war, da ich die ganze Idee schon als dumm befunden hatte. Ich hing den Gurt meiner Tasche wieder über meine rechte Schulter und folgte der Direktorin in das Wohnhaus, während sie gerade klarstellte, was sie noch mit mir machen würde. Aha, das hieß also, dass ein Ende unserer Zweisamkeit in Sicht war! Ich ging durch die von ihr offengehaltene Tür, wobei die Direktorin natürlich lange auf ein "Danke" warten konnte. Im inneren des Gebäudes war es etwas kühler als draußen, was mich freute. Der Geruch allerdings war fremd, und was war schwer vorstellbar, dass ich jetzt hier leben und wohnen sollte. „Ein Ball klingt zwar richtig langweilig, aber ich guck' ihn mir mal an.“, sagte ich, jetzt schon gelangweilt davon. Kurz hielten wir bei einem Büro an, danach setzten wir auch schon unseren Weg fort und erklommen nun die Treppe. Ich schaute die Direktorin an und schenkte ihr das erste Mal ein Lächeln. „Dann sind Sie mich ja bald schon wieder los!“ Und noch viel wichtiger: Ich sie.
Nach weniger als fünf Stunden klingelte der Wecker, welcher sich deswegen ein Brummen einheimste, als sich die roten Augen öffneten. Nach dem gestrigen Tag hatte er eigentlich mehr Schlaf nötig, immerhin hatte er da schon in der Früh angefangen zu arbeiten, bis zum Abend hin und dann bis in die Morgenstunden ein offenes Auge beim Ball gehabt. Er war also fast 24 Stunden am Schaffen gewesen, was er mit keinen fünf Stunden angeglichen hatte. Nachdem er zu Sonnenaufgang Heimgekehrt war, war er sofort duschen gegangen, um den Dreck vom Tag und der Nacht loszuwerden, hatte seinen Anzug zum Auslüften aufgehangen – da würde er heute Abend noch mit dem Dampfreiniger drübergehen -, bevor er ins Bett gefallen ist. Zumindest hatte er von dort an, bis zum plärrenden Wecker, seine Tiefschlafphase gehabt, weshalb er nicht ganz so platt war, wie er eigentlich sollte. Der Morgen startete mit einer kalten Dusche – normal würde Joggen als erstes anstehen, doch ließ er dies heute aus, genauso wie ein richtiges Frühstück. Lediglich ein Fruchtsmoothie wurde inhaliert, um irgendwas im Magen zu haben. Denn bei der Vorstellung, wie es im und am Wohnheim nun aussehen würde, verschlug es ihn den Appetit. Normal war seine werte Kollegin @Wasabi für das Wohnheim zuständig, traute er dieser auch zu, alles alleine zu händigen – aber nach solch einer Fete wollte er dann doch helfen gehen. Zumindest den Müll sortieren, dies fraß immer so viel Zeit. Sich vor dem Aufbruch noch einkleidend – nackt konnte er ja leider nicht gehen, ging nur in seiner Wohnung -, entschied er sich heute für eine schlichte, schwarze Hose, die von einem Kunstledergürtel mit Silberschnalle gehalten wurde. Ein Hemd in Lavendel wurde angezogen, während für drüber ein schwarzes Jackett folgte, welches an den Seiten teils beige war. Dazu schlichte, schwarze Lackschuhe, eine schwarze Fliege und als einzelnes Accessoire eine schwarze Armbanduhr. Ja, er war wie immer der overdressed Hausmeister. Aber darin fühlte er sich wohl! Die Haare wurden simpel mit einer silbernen Haarklammer zusammengehalten, bevor er seine sieben Sachen nahm und zum Wohnheim aufbrach.
Und dort – ja. Musste er sich beherrschen nicht laut loszuschreien. Stattdessen atmete er tief durch und wand sich erstmal schnurrstracks einer Aufgabe zu – dem Mülltrennen. Und die die Container vorab zu sortieren, bevor die Massen vom Ball herkamen, welche Team Wasabi aufspüren würde, wollte er alles ordnen, damit direkt Platz für die nächsten Fuhren waren und nicht unkoordiniert in Tüten zwischengelagert werden musste, wo bestenfalls dann noch Tiere aus dem Wald nebenan herkamen und diese aufrissen. Und dann auf der Straße, auf dem Gelände und im Wald verteilten. Dies wollte er nun echt nicht haben. Doch noch weniger, dass sich jene am Müll verletzen könnten. Dies wollte er nun wirklich nicht verantworten. Das Ganze hier würde eine ziemliche Weile andauern. . . nun ja, immerhin wäre dann bis dahin die Asche trocken, welche er vom Lagerfeuer aufgesammelt hatte und für den Garten verwenden wollen. Vorausgesetzt, kein Volltrunkener hat diese ausgekippt. . . Daran dachte er nun nicht, sonst würde seine Mimik wohl noch genervter aussehen, als jetzt, während er sortierte. Und mitansehen musste, was wieder alles weggeworfen wurde und ungetrennt …
Tristan hatte lange geschlafen. Die Sonne ging gerade auf, als er sich nochmal herum legte und weiter schlief. Als jedoch dann der Wecker nach 10 Uhr anzeigte, merkte auch der Lehrer, dass er endlich aufstehen müsste, sollte er nicht den ganzen Tag verpassen wollen. Also raffte sich die Lehrkraft auf und marschierte Richtung Schrank. Vor der ganzen Kleiderauswahl konnte sich Tristan kaum entscheiden. Bis er sich zu einem schwarzen T-Shirt und kurzen weißen Hosen entschied mit großen orangenen Blumen drauf. Damit man seine Tattoos nicht so sieht, zog er noch eine graue Weste über sein T-Shirt. Für wildere Läufe, falls er noch Joggen wollte, Band er sich sein typisches blaues Band um den Hals. Die Haare brauchen dann ja auch etwas Halt.Er wollte doch bei den Aufräumarbeiten des Balls helfen. Noch schnell ein Antiallergikum gegen die Sonne eingenommen und ab geht der wilde Weg.
Also machte sich Tristan auf den Weg zum Wohnheim. Vorher machte er noch einen Abstecher zur Bäckerei und holte sich zwei Schokocroissants zum Mitnehmen. Danach stolzierte er gemütlich auf das Wohnheim zu. Er hatte den Croissant so an den Anfang der Tüte gesetzt, dass er ihn mit der Tüte festhielt und trotzdem oben abbeißen konnte. Schmatzend schloss er die Augen und spürte, wie die Sonne auf seine Lieder brannte. Ein wunderschöner Sommertag. Eigentlich ist es viel zu warm, für die sehr sehr dünne Weste, aber was tut man nicht für seine Autorität. Und dann dieser Geschmack von Nuss-Nougat, ergänzt von einem Blätterteig der ersten Klasse. Diese Bäckerei weiß, was es heißt, Liebe in ein Gebäck zu packen. Zögernd öffnete Tristan wieder seine Augen, da er eigentlich das Momentum nicht verlassen wollte. Doch er lief weiter, bis er vor dem Gebäude ankam. Er sah Avon da rum rennen und Müll aufheben. Da stellte er sich mit seinem vollen Mund neben den blauhaarigen Mann und schaute ihm zu. "...Du weißt schon, dass das aber Plastik ist?", mampfte der Lehrer vor sich hin, während er mit der Tüte auf einen der Abfälle zeigte. Dann kaute er glücklich weiter und schaute etwas freundschaftlich grinsend auf den Hausmeister, in der Hoffnung, er versteht den Spaß, den Tristan sich gerade mit ihm erlaubte.
Die Person, welche allen Ernstes einen vergammelten Apfel in den Papiermüll warm, gehörte echt geschlagen. Wären sie hier bei CSI:Isola, würde er per DNA-Probe testen, wer der Übeltäter war und dann besagte Person in den Komposthaufen werfen. Aber leider Gottes verfügte seines Wissens nach niemand hier über solch eine ausgepfeilte Technologie oder gar Fähigkeit, weshalb er diesen Gedanken mit zusammenengekniffenen Augenbrauen verwarf, wie den Apfel, welchen er in einen Eimer warf, welcher für den angesammelten Kompost zur Verfügung stand. Konnte man auch wunderbar werfen, sollte der Übeltäter rumkommen und sich freiwillig stellen. Wobei – dann würde er womöglich noch Gnade walten lassen. Dann eben als Wurfwerkzeug, wenn jemand absichtlich was neben den Container war. Ja. Das klang gut. Allerdings gingen seine Verschwörungstheorien nicht lange weiter, denn erklang bald eine Stimme, welche ihn zwar nicht rumgucken ließ, doch wurde er aufmerksam. Tristan besaß eine Stimme, welche unverwechselbar war, sowohl im Ton, als auch in der Art, wie gesprochen wurde. Der Brünette könnte also niemals Klingelstreiche beim Nix machen – dann würde er aber persönlich klingeln kommen. Aufjedenfall – antwortete er mit einem: ,,Tatsächlich?“ Nun wand sich doch noch der blaue Schopf um und fokussierte den kauenden Herren. Einen Augenblick betrachtete er dessen Essen, innerlich bereuend, doch nicht gefrühstück zu haben, sondern seinem Putzzwang nachgegagen zu sein. Dann trafen die Rubine wieder auf die Saphire. Avon gab mit der Zunge ein leichtes Schnalzen von sich, bevor er mit gewohnt neutraler Stimme fortfuhr: ,,Oh, Du hast Recht. Das muss ich gleich entsorgen.“ Sich rumdrehend, packte er den Lehrer prompt am Bauch und hob ihn hoch, was dank seiner eigenen Statur und Kraft nicht schwer war. Diesen hob er einige Zentimeter gen Container, als Drohung, ihn nun wegzuwerfen, setzte er diesen aber dann doch noch kurz davor ab. ,,Ach – mein Fehler – vergammeltes Fleisch kommt in die Biotonne, bitte Verzeih.“
Sich wieder relativ abwendend, fing er an, wieder zu sortieren, blickte jedoch ab und an zu seinem Kollegen. ,,Genießt Du nicht Deinen freien Tag und schläfst aus?“ Auf seine Armbanduhr blickend sah er jedoch, dass es bereits nach zehn war. ,,Wobei. Dies hast Du sicher schon, wenn ich bedenke, dass Du jetzt frühstückst.“ Eine leere Tüte zusammenfaltend, leckte er sie in einen Eimer, sich den Kopf dabei dem Kleineren zugewand: ,,Aber gut zu sehen, dass Du die letzte Nacht überstanden hast. Ich will gar nicht wissen, wie es im Wohnheim aussieht. Sicher der reinste Saustall – ich denke, keiner hat die Mülleimer zum Kübeln genommen.“ Tristan war einer der Kollegen, mit denen er ziemlich gut zurechtkam, weshalb er auch gut mit diesem reden konnte und nicht so gesprächsnüchtern war, wie es bei den meisten Leuten der Fall war. Sonst hätte er diesen auch definitiv nicht als Witz eben hochgehoben und gedroht, in den Müll zu werfen – ein Antisympathisant wäre wirklich drin gelandet, nicht nur angedeutet. Ausatmend glitt sein Blick zum Gebäude des Wohnheimes, wo es noch sehr ruhig drin war. Ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Er wusste es nicht. ,,Warst Du schon drin oder hast etwas von Schnapsleichen gehört? Diese Stille macht mich skeptisch.“
Avon drehte sich zu dem Lehrer und für einen Moment dachte er, dass der Hausmeister ihn grüßen würde. Tatsächlich aber starrte er erst kurz auf sein Essen, bevor er seine Arbeit weiter machte. Aber halt! Da packte ihn Avon doch wirklich und trug ihn Richtung Mülltönne. "Pass auf. Das kitzelt!", erklang es etwas lallend aus Tristans Mund. Doch dann wurde er doch vor der Tonne abgesetzt und bekam mit einer Assoziation von vergammelten Fleisch auch direkt wieder eine auf die Mütze. Hach ja. Was sich liebt, das neckt sich, sagte mal ein weiser Mann. Aber Tristan stand nun weiter da, während Avon wirklich wieder nur ans Mülltrennen dachte.
Etwas am Arbeiten versuchte Avon dann aber doch die Konversation zu führen. Er erkundigte sich nach Tristans Tag und seiner Planung. Dann redete er noch etwas über den Ball gestern Abend. "Natürlich genoss ich den Morgen. Erst mal lange schlafen und dann den besten Croissant der Stadt holen!",freute sich Tristan, während er bei dem 'a' von lange einmal kräftig gähnte. Danach nahm er den letzten Zipfel des letzten Croissants zu sich und kaute das knusprigste Stück des ganzen Gebäcks lange. "Natürlich war ich noch nicht drinne! Ich dachte, ich schaue erst mal bei meinem liebsten Kollegen vorbei, bevor ich mir die Winzlinge mal vorknöpfe." Tristan lachte herzlich. Dann wollte er in seinen zweiten Croissant rein beißen. Avons Anblick stoppte ihn. Diese wundervolle Teigtasche gefüllt mit Nuss-Nougat-Creme, darauf noch Streifen von dunkler Schokolade und kross gebrannten Mandeln. Tristan konnte unmöglich dem Mann, der seinem Croissant gerade sehnsüchtig hinterher geschaut hat nichts anbieten. Also hielt er abrupt zwischen das Schulhaus und das Gesicht von Avon den Croissant. "So wie ich dich kenne, arbeitest du schon wieder seit 6 Uhr in der Früh. Mach mal Pause und lass es dir schmecken!" Dann warf er die Tüte in Avons Richtung und widmete sich einem Mülleimer. Dabei war da wirklich alles mögliche drin. Pappteller, Plastikbecher, fast schon ganze Essensreste. Je länger sich Tristan den Behälter nur ansah, fand er immer skurrilere Dinge. Ein Schuh? Eine Socke? Ein... ist das da wirklich ein Schlüpfer? Tristan fragte sich kurz, wo der wohl her kam. Aber es gab sicherlich auch Kollegen, die den von sich entblößten. Oder aber auch jemand erlaubte sich einen Spaß mit den Mülltrennern für den künftigen Tag. Tristan griff also nach einem Pappteller. Er formte und faltete ihn so lange, bis eine Art Papp-Stab darauf wurde. Und mit etwas Geschick fischte er nach dem Kleidungsstück. Es war etwas, wie an diesen Spielautomaten mit dem Greifarm, an welchem man nie was gewann. Tristan hingegen hatte eher das Problem, dass das Kleidungsstück mit Essensresten und Bechern bedeckt war und dort fest hing. Aber nach gut zwei Minuten hatte er es mit Mühe und Not geschafft. Ob er nun wegen der Weste oder wegen der Angelegenheit schwitzte, war Tristan noch nicht ganz klar. "Na, eine Idee, wem der wohl ist? Haste den vielleicht schon mal in den Fundsachen gehabt?", grinste sich Tristan das Fäustchen und ließ die Unterhose in Richtung Avon an dem Stück Pappe baumeln. Mal ganz im Ernst, wo kam das her?
Gut, dass der Brünette das hochheben und beinah erfolgende entsorgen mit Humor nahm, ok, Avon hätte diesen nun wirklich nicht anders eingeschätzt. Immerhin war jener es, welcher mit der Neckerei angefangen hatte. Endete diese aber - wie auch sonst - in der weiteren Mülltrennung seitens des Hausmeisters. Nebenher führte er jedoch Smalltalk, immerhin war er doch nicht so ein sozialer Reinfall, wie man es auf dem ersten Blick vermuten würde. Und auf dem zweiten. Und dem dritten. . . egal. ,,Wie kann man nach einem langen Schlaf, Frühstück und Lauf noch gähnen?", fragte er direkt - er wäre danach auf Höchstform, so wie es jenen Morgen war, wenn er seiner Routine nachging. Nur heute war es eben anders gewesen. Bei der nächsten Frage konnte er sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen: ,,Oder bist Du nur gegangen und wolltest nur so aussehen, als hättest Du Sport getrieben?" Natürlich wusste er, es war nicht (ganz) richtig, doch wenn man an dem freundschaftlichen Punkt war, wo gegenseitiges Necken in Ordnung war, nutzte er dies auch gerne aus - wobei seine liebsten Opfer Vincent und Riley waren - Karina neckt er ja im Sinne weniger. ,,Soll ich Deine Laune etwas vorab so in den Keller jagen, damit Du die Kinder besser anschreien kannst?", hinterfragte er, mit dem trockenen Zusatz: ,,Kluger Schachzug. Da helf ich Dir natürlich gerne aus." Da bekam er auch schon im nächsten Moment das Croissant vor die Nase gehalten, was ihn in der Arbeit kurz pausieren ließ. Roch das gut - sein leerer Magen gab ein leises Knurren von sich, der Nix selbst ein Seufzen. ,,Nicht seit sechs, seit zehn. Und ich muss dankend ablehnen - in den Dingern ist Hefe." Mehr sagte er nicht dazu, musste ja nicht jeder wissen, dass Hefe ihn wegen eines Gendefekts alkoholiseren würde - Bier wirkte bei ihm dreifach so gut, als wie bei Anderen. Nicht immer sehr toll. ,,Allerdings. . . ich bin hier soweit fertig, für das Erste. Sicherlich sammelt Wasabi mit ihrer Aufräumtruppe noch genügend auf, doch hier ist erstmal alles fertig. Da kann ich auch kurz einen Happen essen, bevor hier die Arbeit richtig losgeht und ich nicht zum Mittagessen komme." Und das mochte er nicht, achtete er auf eine gesunde und regelmäßige Ernährung. Sich kurz am Nacken kratzend, betrachtete er den Lehrer. ,,Wie ich Dich kenne, hast Du noch nichts gesundes zu Dir genommen. Mochtest Du vielleicht gleich etwas mit mir essen? Wir können uns einfach was im Speisesaal holen. Es bleibt sowieso immer viel zu viel über, weil die meisten Bälger sich nicht richtig ernähren. Besonders der Obstbereich bleibt gerne unbesucht. . ." Er musste hier echt mal einen Ernährungskurs geben - oder jeden, der ohne eine Frucht gegessen zu haben den Speisesaal verlässt, mit Medizinbällen bewerfen. Beides klang verlockend.
Doch jetzt betrachtete Avon erst einmal skeptisch, was der Brünette da verzapfte. Verformte einen Pappteller und fischte dann im letzten Behälter herum, der noch ein wenig bunt sortiert war. Und was dieser da rausfischte - ließ den Blauschopf ausatmen. ,,Erstens - ich hätte Dir auch einen Greifer oder einen Handschuh geben können. Zweitens - nein." Da er Handschuhe trug, griff er einfach nach dem vermeidlichen Schlüpper, der leider nicht mehr ganz so frisch war und blickte auf das Etikett im Inneren. Und dort stand ein "Name", welcher dem Hausmeister die Augen verdrehen ließ. Mit einem "ernsthaft?"-Blick sah er Tristan an und hielt ihm die Schrift gut zu lesen hin. "Ligma Ass". ,,Die Kinder sind ja so fortschrittlich für ihr Alter." Nicht.
Was für ein Sport? Dachte Avon wirklich, dass Tristan seinen morgendlichen Spaziergang als Sport ansieht? An sich würde der Lehrer wohl nun sich verteidigen wollen, doch er fand es in diesem Moment witziger, mit etwas Ironie die Stimmung zu versüßen. "Natürlich wollte ich so aussehen? Weißt du eigentlich, wie anstrengend es ist, den ganzen Weg hier her zu laufen? Ich musste Schritt vor Schritt setzen und dann auch noch diese ewig lange Straße entlang laufen in der prallen Vormittagssonne. Das dauerte bestimmt eine Ewigkeit!" Er zwinkerte seinem Personalkollegen zu. Natürlich war das nicht ernst gemeint. "Wenn du willst, zeig ich dir heute Mittag mal, was richtiges Sporttreiben bedeutet!", forderte er dann den Blauhaarigen etwas heraus. Und auch wenn Avon weiter stichelte, lies sich Tristan erst mal nichts anmerken. "Hä? Ja natürlich komme ich zu dir um mir die Stimmung verderben zu lassen? Wie will ich den sonst mit meiner temperamenten Ader kleine Kinder wirklich anmeckern wollen, weil sie mal wieder viel zu lange und wild gefeiert haben? Ich meine, ich würde sie am Schluss ja sonst noch Belohnen, mit Süßigkeiten oder... Obst." Je absurder die Vorstellung wurde, desto mehr musste Tristan auch lachen. Alleine, dass dies niemals sein Charakter war, ist die Idee doch sehr unwahrscheinlich und deshalb umso grotesker. Aber es lies sich nicht beirren. Als Avon den Croissant dankend ablehnte und eine Unverträglichkeit oder Ähnliches hinwies, biss Tristan in den Zweiten einmal rein, bevor er ihn den Bio-Abfall beförderte. Schade um das Gebäck, welches mit doch ach so feiner Nuss-Nougat-Füllung bestückt war, aber er war bis oben hin voll. Sich mal wieder maßlos überschätzt. So kennt man den Tristan Kober.
Tristan musste jedoch erst einmal darauf lange überlegen. "Ligma Ass". Worauf wollte Avon raus mit seiner "fehlenden kreativen Ader der Jugendlichen"? Tristan musste extrem lange überlegen, bis er heraus fand, wofür dieser "Name" denn eigentlich stand. Mit etwas schmunzeln musste er dann doch noch einen Kommentar abgeben. "Naja. Sagen wir einfach mal: Jedem das Seine.", bevor er sich dann der letzten Tonne weiterhin zu wand und sie vollständig aussortierte.
Und natürlich, wie hätte es anders kommen sollen, knurrte Tristans Magen direkt unter der Anwesenheit von Avon. Denn er hatte Recht. Seit seinem Aufstehen hatte er außer einem Croissant noch nicht viel gegessen. Und etwas vernünftiges wäre nun auch nicht schlecht. Meistens gab es viele Reste oder die leckeren Reste vom Vortag, was auch nicht schlecht war. Oder es gab halt eben Suppe. Ich wiederhole: Suppe. Widerlich, nur Suppe zum Mittag zu bekommen. Eigentlich schon eine Unverschämtheit - vor allem gegenüber dem Personal! Tristan wand sich also an Avon. "Ja, wenn du sonst nichts vor hättest, würde ich dich natürlich in den Mensa begleiten. Du brauchst ja seelische moralische Unterstützung beim Essen!" Völlig unterschwellig grummelte Tristan aber auch noch etwas vor sich hin. "Und vielleicht will sich auch eine Kleinigkeit für mich finden lassen..." Auf jeden Fall wartete der Lehrer nun gespannt auf die Antwort des unterhosenhebenden Avons. Vielleicht muss es ja noch etwas anderes tun, bevor er essen geht und Tristan verhungert kläglich. Natürlich im übertriebenen Sinne! Aber vielleicht hat der Hausmeister auch ein Herz für hungrige Magier und der Magier für ihn.