Das Zimmer ist auf der Fensterseite mit zwei Betten an der linken und rechten Wand, den dazugehörigen Nachtkästchen und einem kleinen Regal, das von beiden Mitbewohnern benützt werden darf, ausgestattet. Auf der Türseite befinden sich zwei Schreibtische mit Lampen und ein Kleiderschrank, um die Klamotten der Schüler aufzubewahren. An besonders heissen Tagen sorgt die im Zimmer eingebaute Klimaanlage für ausreichend Abkühlung. Die kürzlich neu gestrichenen, weissen Wände lassen den Raum besonders freundlich wirken.
Als die allererste Träne Takerus Hand erreicht hatte, zog dieser besorgt seine Augenbrauen zusammen und schluckte. Kurz öffnete er seine Lippen, wollte etwas sagen, doch seine Freundin kam ihm zuvor, nachdem sie sich die Tränen weggewischt hatte und ihren Blick wieder gesenkt hatte. Währnd der Engel den Worten seiner Freundin lauschte strich auch er zaghaft über ihre Wange und vorallem über jene Stellen, die eben noch von Salzwasser bedeckt waren. "Das.." "hoffe ich auch...", dachte sich der Blondschopf den zweiten Teil des Satzes, doch noch rechtzeitig stoppte er sich selbst ab - er konnte es wohl kaum wagen, ihr noch ein schlechteres Gewissen einzureden, oder? Selbst wenn sie irgendjemanden etwas getan hatte, oder irgendjemanden zu nahe gekommen war ... Mitsuki würde es früher oder später erfahren. Auch wenn sie nichts dafür konnte. "Ich denke nicht, dass sie jemanden geschadet hat, der auf unsere Seite ist...", kam es leise zwischen den Lippen Takerus hervor. Seine Tonlage klang nicht ganz so selbstsicher, wie er es von sich erhofft hatte: Denn nach wie vor kreiste das Bild der schwarzhaarigen Mitsuki, die sich an irgendeinen Hals, der nicht Takeru gehörte, dranhängte oder ähnliches. "Sonst hätte sie es auch auf der Klassenfahrt tun können..", hing er noch dran, nachdem er darüber nachgedacht hatte, wann er die dämonische Seite von Mitsuki das letzte Mal zu Gesicht bekam. Es war doch die Klassenfahrt gewesen, oder? Es war die Klassenfahrt, an der die Dämonin ihn in seinen Bann gezogen und verführt hatte... "Huhh..hh.." Etwas perplex blinzelte der blonde Junge an sich herab, als seine Freundin ihre Arme um den Körper des Engels schlang und sich an ihn klammerte; ihr Gesicht an seinen Hals drückte und nur leise Geräusche von sich gab, die sich nicht wirklich wie ganze Worte angehört hatten. Nachdem die Arme Takerus im ersten Moment nur frei in der Luft herumwedelte, schlang er auch seine um den Körper seiner Freundin und drückte ihn fest. "Es ist nun vorbei, Mitsuki.. lass uns besser nach vorne sehen.. ich denke nicht, dass sie jemanden verletzt hat.. und wenn doch, dann hätte das bestimmt jemand in deiner Gruppe gesehen und würde das berichten.", versuchte er auf das Mädchen einzureden und streichelte zärtlich über ihren Kopf, während sein Blick wieder aus dem Fenster wanderte und die untergehende Sonne beobachtete. "Es ist vorbei, und du und ich, wir sind zusammen... ausserdem bin ich immernoch dafür bereit, die bei der Verbannung des Dämons zu helfen..", nuschelte der Engel und fragte sich, was Mitsuki wohl solange davon abgehalten hatte. Bestimmt brachte es auch eine gewisse Gefahr mit sich ... a propos Gefahr, wie lange war es Mädchen eigentlich erlaubt, sich im Jungentrakt aufzuhalten?
Mitsuki versuchte sich in dem Moment, wo sie ihre Arme um den Hals ihres Freundes geschlungen hatte, zu beruhigen .. und diese schrecklichen Dinge einfach.. zu vergessen zu verdrängen. Immer wieder aber, drangen die Bilder von ihren Eltern auf und dann die Frage. Wenn schon früher, wieso nicht auch noch heute..? Selbst Takeru klang nicht sehr sicher, was sie noch mehr beunruhigte. Das Mädchen drückte sich nur noch fester an seinen Körper und biss sich auf ihre Unterlippe.. die wegen ihren Tränen nach Salz schmeckten. Aber er hatte recht.. Man würde ihr berichten, falls sie jemanden verletzt hatte. Und bis jetzt, war ihr niemand über den Weg gelaufen, der besorgt oder ängstlich ihr gegenüber war. Langsam schloss sie die Augen, murmelte ein leises "Mhhm..jaa.." und genoss die Streicheleinheiten von ihm. Er war wirklich für sie da.. und sie durfte jetzt nicht in der Vergangenheit hängen bleiben, auch wenn das Thema für sie noch lange nicht abgeschlossen war.. Das er noch an die Verbannung dachte, verwunderte sie kurz. Selbst Mitsuki hatte dies total vergessen und schlug sich immernoch mit ihrer bösen Seite rum. "Hm.. dann sollten wir wohl das Buch lesen, das wir gefunden haben?", sagte sie langsam und löste sich scchliesslich ganz von ihm, um tief einzuatmen. Ihr war kalt und.. war erschöpft, auch wenn sie kaum etwas gemacht hatte. Ausserdem knurrte ihr Magen ununterbrochen und forderte endlich eine richtige Mahlzeit! Benommen blinzelte sie in das goldene Augenpaar Takerus und lächelte ..beschämt. "Hast du auch so einen Hunger wie ich? I..ich denk wir sollten Essen.. und dann den Film schauen..! Oder.. was meinst du?" Fragend sah sie immernoch in sein wahnsinnig schönes Gesicht und merkte wie ihr immer heisser wurde. Ahhh..@_@ Nicht zuviel starren, Mitsuki.. Schnell wand sie ihren Blick ab und sah ohne jegliche Bedeutung von einem Gegenstand zum anderen. Zuletzt blieb sie an dem Spiegel hängen der noch knapp Mitsukis Kopf wiederspiegelte. Waren ihre blonden Haare dünkler geworden.. oder war das nur Einbildung? Langsam und immernoch in den Spiegel starrend fuhr das Mädchen sich durch ihre Haare.
"...Hast du das etwa?", fragte der Blondschopf etwas verwundert als Mitsuki davon sprach, dass sie in diesem bestimmten Buch lesen sollten. Nachdenklich legte Takeru seine Stirn in Falten und überlegte, ob sie das Buch auf Isola oder während ihrer Zeit in Karenyozakura gefunden hatten; aber wirklich zu einem Ergebnis kam er nicht. Auch wenn er etwas mehr von der Tatsache, dass sie das Buch damals nicht auf Isola gefunden hatten, überzeugt war. "Ja, das sollten wir machen.", meinte Takeru schliesslich und folgte den Blicken seiner Freundin zum Spiegel. Ein Lächeln folgte, ehe er seine Lippen kurz an ihre Haarpracht legte und einen Kuss daraufhauchte. "Komm!", sagte er auffordnernd und immernoch lächelnd, als er sich vom Bett erhob und zu seiner Freundin hinabblinzelte. Seine beiden Hände suchten jene von seiner Freundin, während sein Blick etwas von ihrem Gesicht aus nach unten wanderte bis zu ihrer Bluse, von welcher der oberste Knopf geöffnet war, sodass Takeru einen gewissen... Einblick erhaschen durfte. Aus heiterem Himmel gingen die Gedankengänge des Engels in etwas ganz anderes über - wie er sie und den Teil ihres BHs so sah... "Wann können wir eigentlich, wenn wir nun beide.. können wir.. garnicht mehr? Das wäre ja.. hm..", ging es ihm durch den Kopf und nach und nach verfärbten sich die Wangen des Jungen rötlich. "Ehm..", ermahnte er sich selbst, ehe er kurz in das Gesicht seiner Freundin blickte, den Blick aber allerdings viel zu schnell wieder abwand und den Knopf ihrer Bluse zumachte. Sonst würde er noch auf falsche Gedanken kommen. Wieder wanderten die Hände Takerus zu Mitsukis, ehe er sie hochzog und Hand in Hand mit ihr aus dem Zimmer verschwand.
Mitsuki starrte immernoch in den Spiegel, auch als er fragte, ob sie das Buch immernoch hatte. Sie nickte nur leicht geistesabwesend und legte die Stirn in Falten. Etwas an ihr war anders.. oder etwa nicht? Hatte sie sich einfach schon lange nicht mehr im Spiegel angesehen? Besorgt.. wand sie sich zu ihrem Freund um und.. spürte seine Lippen sogleich auf ihrem kleinen Köpfchen. "Uhhm..! Ja!" Zwar hatte sie für einen Moment keinen blassen Schimmer, wovon der Junge redete, aber ihr fiel es gleich wieder ein. Essen und Fernsehen. Romantisch~ Mitsuki strahlte Takeru entgegen und erhob sich ebenfalls sogleich [jaajjaja eigentlich hat er sie ja hochgezogen mir aber wurst. D: XD], nicht ohne seine Hände kurz zu drücken. Ihr Lächeln wurde besonnen und sie freute sich regelrecht auf das Kuscheln mit ihrem Freund.. Irgendwie würde es den beiden wirklich gut tun, wenn sie wieder einfach beisammen waren ..und Liebe teilen konnten! ..Ohje.. bin ich kitschig..., dachte sie sich verlegen und blinzelte verstohlen von seiner Brust rauf zu seinem Gesicht, das selbst errötet war. Eh..? Hatte sie das eben laut gesagt oder.. ? "Alles okay, Takeru..?", fragte sie langsam und etwas.. zögernd und.. merkte wie er etwas an ihrer Bluse rumzupfte. Verwirrt blinzelte sie von ihm zu ihrer Bluse und dann wieder zu ihm. Vielleicht machte er sich Sorgen, dass ihr kalt war? Das Mädchen dachte sich nichts dabei und folte dem blonden Jungen aus dem Zimmer .. wohin mussten sie denn genau?
Das Gespräch mit Adrian endete schließlich damit, dass sie sich gegenseitig ihre Handynummern gaben und darauf auseinander gingen. Der Blonde mit der Absicht noch schnell etwas essen zu gehen, hatte nicht bemerkt, dass es angefangen hatte stark zu stürmen und musste darauf durch den strömenden Regen laufen, während immer wieder Blitze über den Himmel zuckten und der Donner sein Trommelfell lähmte. Erst knappe zehn Minuten später kam er vollkommen durchnässt am Waisenhaus an und freute sich schon auf eine warme Mahlzeit. Aber wie es im Leben so war, lief nicht alles nach Plan, denn gerade als er den Speisesaal betreten wollte, wurde ihm die Tür vor der Nase geschlossen und damit die einzige Essensquelle, die kostenfrei war, unzugänglich gemacht. Nun, triefend nass und so hungrig, wie lange nicht mehr, schlenderte Jun über die Flure bis hinauf zum Neubau, wo er sich nichts sehnlicher wünschte als eine heiße Dusche zu nehmen – vielleicht sogar mit seiner Freundin, die er nebenbei seit dem Vormittag nicht mehr gesehen hatte. Irgendwie beschlich ihn bereits ein merkwürdiges Gefühl, als er die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und fest stellte: Hier ist ja gar keiner … komisch. Erst meldet sie sich den ganzen Tag nicht und dann ist sie bei Weltuntergangswetter nicht da. Irritiert kramte er sein Handy aus der Hosentasche, wischte mit einem frischen Shirt darüber und entdeckte gähnende Leere in seinem Postfach. Also hatte Jinai ihn wirklich nicht kontaktiert. Der erste Gedanke, den er fasst, war natürlich, dass ich womöglich etwas zugestoßen sei. Allerdings wurde ihm rasch bewusst, dass sie eine Dämonin mit ungeahnten Kräften und Fähigkeiten war und ihr so ein lahmes Gewitter praktisch nichts anhaben konnte. Genau gekommen, konnten ihr die wenigsten etwas tun. Seufzend tippte er einige Worte an seine Freundin und sendete die Nachricht ab, bevor er sich aus seiner Kleidung schälte und die unachtsam auf das gemachte Bett beförderte. Dabei tropfte er das Laken voll, aber dies interessierte ihn momentan wenig. Anders sah es mit der Tatsache aus, dass er seine Sachen nirgends finden konnte, die heute morgen auf mysteriöse Art und Weise allesamt in dem Schrank verstaut waren. Doch als er sämtliche Schubladen durchsuchte, fand er lediglich einen einzigen weißen Zettel mit unsauber drauf geschmierten Worten.
Deine Sachen findest du in Zimmer 210. Dort wohnst du ab heute.
Verwirrt wendete Jun den Zettel einige Male und zerknüllte ihn schließlich. Sie erlaubt sich nicht wirklich so einen schlechten Scherz mit mir, oder? Es würde zwar erklären, weshalb sie sich nicht meldete, aber dieser Streich war sowas von geschmacklos, dass der Dämon ihn ihr nicht zu traute. Nun stand er da – in einem leeren Zimmer, in Unterwäsche, die klatschnass an seinem Körper klebte und nichts außer einem zusammen zusammengeknüllten Zettel, der sagte, er solle den Wohntrakt der Jungen aufsuchen und dort ins Zimmer 210 gehen. Um nicht halbnackt durch die Flure laufen zu müssen, zog er sich wieder die nasse Kleidung über und begab sich auf direktem Wege zum Ziel, ohne seinem knurrendem Magen oder dem unangenehmen Gefühl auf seiner Haut Beachtung zu schenken. Endlich das Zimmer erreicht, trat er ein. Das erste, was Jun sich vor nahm, war die Kommode zu öffnen und … seine Klamotten in dieser zu entdecken. Mit offenem Mund schüttelte er den Kopf und kramte sein Handy hervor. »Keine neuen Nachrichten«, las er laut vor. Erneut wählte er Jinai als Empfänger und tippte eine weitere Sms.
Wo bist du? Meine ganzen Sachen sind auf einem Doppelzimmer gelandet. Meld dich bei mir :*
Seufzend entledigte er sich wieder seiner Sachen, die er dies mal auf dem Boden liegen ließ und schlüpfte in eine frische Boxershorts, sowie ein graues T-Shirt. Eigentlich war ihm nach einer Dusche, aber aus unerfindlichen Gründen fand er nicht mehr die Kraft dazu ins Gemeinschaftsbad zu laufen. Auf dem Luxuszimmer hätte er nur ein Zimmer weiter gehen müssen, um ins Bad zu kommen. Langsam setzte er sich auf das Bett, lehnte sich an der Wand an und zog die Beine zu sich heran. Mit geschlossenen Augen legte Jun den Kopf in den Nacken, lauschte dem Gewitter. Was war hier eigentlich los? Ehe er es bemerkte, nickte er im Sitzen ein. Sein Handy rührte sich die ganze Nacht über nicht.
Geweckt wurde der Dämon durch das herein fallende Sonnenlicht, welches den Raum in einen warmen Goldton tauchte. Irritiert über seine höchst unpraktische Sitzposition, rieb er sich den schmerzenden Rücken und sah flüchtig an sich hinab. Bekleidet war er mit einem grauen T-Shirt ohne Musterung und einer hellblau-karierten Boxershorts. Er musste wohl am vorherigen Abend so müde gewesen sein, dass er es nicht einmal geschafft hatte sich unter die Bettdecke zu legen, sondern einfach im Sitzen eingeschlafen war. Leichte Kopfschmerzen plagten ihn und ließen den Blonden nicht klar denken. Dennoch war sein erster Gedanke einen hoffnungsvollen Blick auf das Display seines Handys zu werfen. Erwartungsvoll blickte er auf den Bildschirm, wurde allerdings recht schnell zurück in die nüchterne Realität geholt. Keine neuen Nachrichten wurden in seinem Postfach angezeigt, was ihn resigniert seufzen und das Mobiltelefon auf die Bettdecke pfeffern ließ. »Wollt ihr mich verarschen? Langsam hab ich keinen Nerv mehr auf diesen Mist«, knurrte er zugegeben ziemlich wütend und hievte sich aus dem Bett. Auf beiden Beinen stehend, streckte Jun sich ausgiebig, um die Müdigkeit aus seinen Knochen zu vertreiben und dadurch ein wenig den pochenden Schmerz in seiner Rückenpartie zu lindern. Mit verschlafenen Augen rieb er sich über das ungekämmte Haar und stellte fest, dass es zu allen Seiten ab stand und nicht glatt an seinem Schädel anlag, wie normalerweise. Jedoch weigerte es sich nun strikt dagegen sich mit seiner Frisur zu beschäftigen oder gar zu duschen. Die Luft in dem engen Zimmer erschien ihm plötzlich drückend und schwül, obwohl es gar nicht einmal so warm im Waisenhaus war. Im Vergleich zu den anderen Tagen herrschte sogar eine ganz angenehme Temperatur, doch diese nahm der Blonde nicht wahr. Alles, wonach er sich momentan sehnte – abgesehen von einer Nachricht von Jinai – war die frische Luft. Den nagenden Hunger und den entsprechenden Schmerz in seinem Magen ignorierte es weites gehend und machte sich daran sich rasch eine dreiviertel-Hose überzustreifen. In dieser Montur verharrte er in der Mitte des Zimmers und ließ seinen Blick nach draußen über den leicht bewölkten Himmel schweifen. Es schien etwas windig zu sein, da die Wolken schneller von links nach rechts wanderten als gewöhnlich. Habe ich dir irgendwas getan, oder wieso antwortest du mir nicht? Bist du in Gefahr oder hast du einfach die Schnauze voll von diesem Ort? Ich kann es dir nicht verübeln … Jun musste wirklich mit sich ringen nun keine Tränen zu verdrücken, denn ganz gleich für wie männlich und cool er sich auch hielt, so musste es zugeben, dass ihn Jinais plötzliches Verschwinden sehr bewegte. Vor allem diese Unwissenheit – nicht zu wissen, wann sie sich wieder bei ihm meldete oder ob sie überhaupt seine Nähe suchte. Diese ganze Situation kam ihm so erschreckend bekannt vor. Beim letzten Mal nach dem Kampf gegen die Werwölfe war sie schrecklich sauer auf ihn gewesen. Würde sie es dies mal auch sein? Aber er hatte ihr doch mehrfach geschrieben. Abermals lies er sein Handy vom Bett auf und tippte eine Sms.
Bitte sag etwas, ich warte schon seit gestern auf eine Antwort. Wenn du diese Sms gelesen hast, komm zum Stadtpark. Bitte. Ich liebe dich <3
Seufzend sendete er die Nachricht ab und machte sich auf zum besagten Ort. Würde sie dort nicht auftauchen … Jun wüsste vermutlich gar nicht, was er dann tun sollte.
Nachdem er am Abend zuvor ins Waisenhaus zurück gekehrt war, hatte er noch eine kurze Dusche genommen und war darauf sofort auf sein Zimmer gegangen. Sein Mitbewohner war nicht da gewesen, aber das hatte den Schüler nicht gestört. Ihm war die Ruhe sogar lieber gewesen, als ein Mitbewohner, der ihm womöglich irgendwelche Fragen gestellt hätte. Also war er kurzerhand nur mit Unterwäsche bekleidet unter die Bettdecke geschlüpft und versucht einzuschlafen. Dies hatte sich als schwieriges Unterfangen dar gestellt, weil er einfach nicht aufhören konnte an Jinai zu denken. Der Wutausbruch spielte auch immer wieder eine nennenswerte Rolle in seinen Gedankengängen, weshalb er erst irgendwann gegen drei Uhr morgens ins Land der Träume sank.
Entsprechend unausgeschlafen war er am Morgen. Grummelnd rieb Jun sich über die Lider, als die Sonne seine Nase kitzelte. Dummerweise hatte er nicht daran gedacht die Gardinen zu zu ziehen, sodass er nun geblendet wurde. Immer noch war er alleine im Zimmer, aber auch momentan war ihm dies ganz lieb. Nach dem Aufstehen warf er einen Blick in den Spiegel und stellte unzufrieden fest, dass die Augenringe noch dunkler geworden waren. Fünf Stunden Schlaf taten eben nicht sonderlich gut und das ganze Kopfzerbrechen schon gar nicht. Seufzend fuhr er sich mit den Fingern durch das verknotete Haar und entschied schließlich, dass das an 'Frisur' genügte. Halbwegs mit sich selbst zufrieden nickte er seinem Spiegelbild zu und suchte nach seinem Rucksack, welcher sich in der Kommode befand und bereits mit dem nötigen Zubehör ausgestattet war. Ein Schreibblock, Stifte und Kleingeld. Alles, was er für den Tag brauchte ohne nochmal hier aufs Zimmer zurück gehen zu müssen. Der Schüler hielt inne und ließ sich nochmal zurück auf das Bett fallen. Es war erst kurz nach sieben und der Unterricht begann erst um acht oder so. Auf Frühstück konnte er verzichten; ihm war übel. Warum war er dann also schon aufgestanden? Murrend lehnte er sich zurück und schloss die Augen, den Rucksack bereits geschultert. So schlief er mit dem Kopf gegen die Wand gelehnt wieder ein.
Nachdem sich Mitsuki mit einem Kuss von ihrem Freund verabschiedet hatte, tänzelte sie aus dem Raum, nachdem sie klargestellt hatte, dass sie nun wohl ins Mädchenbad aufbrechen würde. Takeru lächelte dem blonden Mädchen hinterher, als er immernoch im Wohnzimmer rumstand und nachdachte. Er hatte schon am Vorabend geduscht. Also empfand er es als das beste, erstmal auf das Zimmer zu verschwinden und sich für den ersten Schulltag nach den vielen freien Tagen vorzubereiten. Nach dem langen Treppenmarsch nach oben in den zweiten Stock erreichte der Engel auch bald mal die Türe zu seinem Zimmer; allerdings hatte er garnicht mehr damit gerechnet, darin noch jemanden anzufinden. Dass das Türschild mittlerweile wiedermal ausgewechselt wurde, fiel ihm ebenso wenig auf. Leise öffnete er die Tür und schloss diese sogleich wieder, als er in das Zimmer getreten war. Moment mal, sass da nicht jemand...?! Etwas überrascht drehte er sich zu dem anderen Bett, welches ihm nicht gehörte, und worauf nun ein Junge sass, der ihm bekannt vorkam. "Jun...?!", seine Kinnlade klappte nach unten und schneller als man aber hätte schauen können patschte er sich mit der Hand schon wieder auf den Mund: Der Kerl der auf dem Bett sass schlief ja! Zumindest tat er das, bevor Takeru in den Raum gekommen war... Aber war sein Zimmergenosse gestern nicht noch Tomoya gewesen? Mit verwundertem Gesichtsausdruck musterte er den Blonden, von dem er wusste, dass er in seiner Klasse war: Wohl nur deshalb konnte er sich an seinen Namen erinnern. Der Engel hatte sich immer Mühe gegeben, sich zumindest an die Namen seiner Klassenkameraden zu erinnern. Und da Jun als Klassensprecher kandidierte, blieb er Takeru sowieso im Gedächtnis.
Zwar war es nur ein kurzes, traumloser Schlaf gewesen, doch als der Blonde grausam von einer ihm laut vorkommenden Stimme geweckt wurde, zuckte er erschrocken zusammen und riss abrupt die Augen auf. Es war einer dieser Momente an denen man sich nicht sicher war, ob man tatsächlich eingeschlafen war oder nur kurz die Augen geschlossen hatte. Er war sich nun auch nicht sicher, ob er wirklich geschlafen oder nur gedöst hatte, aber eins stand fest: Als er vor einigen Minuten die Lider gesenkt hatte, stand noch kein Junge mitten im Raum und sah ihn an, als wäre er nicht von dieser Welt. Gähnend rieb er sich über den Hinterkopf und warf einen Blick auf seine Armbahnuhr. Leider wusste er nicht wann er heute Morgen aufgestanden war und konnte somit auch nicht fest machen, wie lange er nun weg gewesen war. »Ja, so heiße ich. Und wer bist du gleich nochmal?« Er wusste, dass sein Gegenüber ebenfalls in die Mondklasse ging, aber der Name war ihm schlicht weg entfallen. Hatte er ihn überhaupt schon einmal gehört? Offenbar stellte dieser im Moment noch namenlose seinen neuen Mitbewohner dar. »Bist du mein neuer Mitbewohner?«, fragte Jun mit einem Anflug leichter Skepsis in der Stimme und versuchte sich aufzurichten, vergaß allerdings den Rucksack. So wurde er zurück aufs Bett gedrückt, obwohl die Tasche an sich gar nicht so schwer war. Etwas genervt rückte er den Rucksack zurecht und setzte sich nach vorne gebückt auf, sodass er den Blonden besser im Blick hatte. Es war halb acht und in knapp einer halben Stunde begann der Unterricht. Welches Fach hatten sie überhaupt und wo? Gut, dass er einen Klassenkameraden getroffen hatte.
Wie sich es der Blondschopf bereits gedacht hatte, weckte er den Jungen tatsächlich auf. Wirklich sicher, ob dieser überhaupt geschlafen oder einfach nur an der Wand gelehnt und die Augen geschlossen hatte, wusste Takeru aber auch nicht. Fakt war jedenfalls, dass er nicht allzu laut gesprochen hatte und auch nicht wie ein Monster in das Zimmer gestürmt war. "Ich? Takeru.", stellte sich Takeru ein wohl weiteres Mal vor, nachdem sich die anfängliche Verwunderung wieder gelegt hatte und er nichtmehr stocksteif im Zimmer stand. Es hatte ihn nicht sonderlich gewundert, dass man sich nicht an seinen Namen erinnerte - der lauteste oder redseligste war der Engel sowieso noch nie gewesen, und so stand er für die meisten seiner Mitschüler wohl auch eher im Hintergrund. Die Frage, die von Jun aus kam, liess den Blondschopf wieder durch die Tür nach draussen schlendern und einen Blick auf das Türschild werfen. Tatsächlich - der Name Tomoya war verschwunden, stattdessen stand nun Juns da. "Sieht so aus, ja.", antwortete er den ebenfalls Blonden freundlich, als er wieder durch die Tür in das Zimmer trat, sie hinter sich schloss und anschliessend sein Handy auf sein Bett warf, das völlig unberührt und somit auch ordentlich war. Wenigstens einen Vorteil hatte die Nacht auf der unbequemen Couch - wenn auch nur einen sehr sehr kleinen. Sein Blick fiel zu Jun, der immernoch auf dem Bett hockte, mittlerweile aber eine andere Pose eingenommen hatte. Wenn er sich recht erinnern konnte, war Jun doch schon etwas länger auf der Insel und in der Schule - weshalb es den Engel wunderte, dass die beiden erst jetzt zusammen in ein Zimmer geschmissen wurden. "Ich bin auch erst seit zwei Tagen hier, weil ich zuvor im Neutrakt gewohnt habe, aber meinen ehemaligen Zimmerkollegen hab ich nicht einmal gesehen. Schon beängstigend, wie schnell einige wieder von der Insel verschwinden...", brabbelte der Junge, ehe er sich vor den Kleiderschrank stellte und sich seine Klamotten für den heutigen Tag raussuchte. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass draussen bereits die Sonne strahte und sich wenig bis garkeine Wolken zeigten - weshalb sich der Junge für das kurzärmelige Hemd entschieden hatte; es herauskramte, zusammen mit der Weste und der Krawatte.