Diese Wohnung befindet sich im dritten Stock des Yashidori Wohnbaus und ist mit dem Großteil seiner Räumlichkeiten zum Stadtpark ausgerichtet, auf welchen man von einem Balkon in dieser Höhe einen wunderbaren Ausblick hat. Dieses Domizil schließt direkt an die Wohnung Nr. 17 an, die Balkone beider Wohnungen sind lediglich durch eine untermannshohe Trennwand separiert. Wer im dritten Stock haust muss sich wohl oder übel darauf einstellen, dass nicht nur in den Hochsommermonaten zu fast jeder Tages- und Nachtzeit eine brütende Hitze besteht. Hoffentlich wird die Klimaanlage gut vertragen und sorgt nicht gleich nach der ersten Nacht für eine fette Erkältung!
Betritt man die Wohnung, so steht man in einem kleinen Eingangsbereich, der durch eine weitere Zimmertüre geradewegs mit dem Wohnzimmer verbunden ist. Bleibt man jedoch noch kurz im Eingangsbereich stehen, schließt rechterhand eine kleine Küche an, die über einen kleinen Bogen zu betreten ist. Die Theke der Arbeitsflächen sind zum Wohnzimmer hin geöffnet, es handelt sich bei der Küche also nicht direkt um einen eigenen, geschlossenen Raum, sondern lediglich um eine Küchennische, die man über den Eingangsbereich, oder - wenn man beweglich genugt ist - über einen Sprung über die Halbwand erreichen kann. Der große Wohnbereich teilt sich in einen Ess-, sowie daran anschließend einen schlichten Wohnbereich. Vom Wohnzimmer aus führt eine Türe in das quadratmetermäßig bescheidene Schlafzimmer, eine weitere in ein Badezimmer mit Toilette. An die Wohnecke anschließend erreicht man durch eine große Glasschiebetür den Balkon. Sowohl Wohn-, als auch Schlafzimmer sind mit einer Klimaanlage für die unzähligen, heißen Tage auf der Insel ausgestattet. Für die restlichen Räume wäre es in dieser hoch gelegenen Wohnung wohl auch keine schlechte Idee ... ob sich da etwas machen ließe?
Er war tatsächlich in Unterwäsche quer durch die halbe Stadt gelaufen. Nur mit seiner Boxershorts bekleidet. Es war zwar nicht besonders viel los dort (oder vielleicht bildete er es sich auch nur ein), aber dennoch hatte er selten etwas peinlicheres erlebt. Erst als die Sonne seine Shorts soweit getrocknet hatte, dass er seine Hose ohne Bedenken über diese ziehen konnte, atmete der Schüler erleichtert und mit leicht geröteten Wangen auf. Man konnte nicht sagen, dass ihn vieles unangenehm war, aber während seinen ersten Tagen in einem neuen Ort gehörte das Herumlaufen in Unterwäsche nicht unbedingt zu seinen Lebenszielen. Seufzend erblickte er ein Hochhaus mit weit von seinem momentanen Standpunkt entfernt. Es hatte eine Weile gedauert bis er sich zurecht gefunden hatte, vor allem, da ihm sein wundervoller Klassenlehrer keinerlei Anhaltspunkte über die Straße oder ungefähre Lage jener Wohnung gegeben hatte. »Idiot … «, brummte Jun entnervt, als er meinte vor dem richtigen Gebäude stehen zu müssen. Zumindest war es hier das einzige Bauwerk, welches danach aussah als würde es einige Appartements beinhalten. Sich den Schweiß von der Stirn wischend, machte er sich auf die Treppenstufen zu erklimmen. An jeder Tür riskierte er einen flüchtigen Blick, um feststellen zu müssen, dass er noch ein Stockwerk höher musste. Und als hätte es das Schicksal heute nicht gut mit ihm gemeint, fand er in der vierten und letzten Etage endlich die Wohnungstür mit einer Nummer Zwanzig daneben. Für einen kurzen Augenblick stützte er sich an der leicht bröckeligen Fassade der Wand im Flur ab, um zu verschnaufen. Darauf klopfte er kurz, aber energisch an das Tür. Hoffentlich hatte sich der Weg wenigstens gelohnt, ansonsten hätte er Calleigh ganz umsonst alleine am Strand zurück gelassen. Ein kurzes Grinsen schlich sich auf seine Züge als er sich ihre Reaktion vorstellte, welche er leider nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Vermutlich war sie ausgerastet. Begleitet von einem schadenfrohen Kichern klopfte er erneut. Es sollte sich endlich jemand zu Wort melden.
Anscheinend hatte Slevin bei der Dämonin einen wunden Punkt getroffen, mit seiner Bitte. Wutenbrannt stampfte sie durch sein Wohnzimmer. Der Silberhaarige hatte schon Angst, seine Möbel würden noch durch die Gegend fliegen. Gerade als der Silberhaarige ihr antworten wollte, klopfte jemand wie wild an der Tür. "Das muss Jun sein.", kommentierte er nur die Schläge auf seine Wohnungstür, als er sich zur Tür machte, und diese öffnete. "Komm rein, Jun. Wir haben dich erwartet.", sprach er zu Jun, als er ihn in die Wohnung führte, und mit ihm ins Wohnzimmer ging. Jinai hatte es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht, die Beine hochgelegt, und aus dem Fenster sah. Slevin selbst ging wieder zum Esstisch, und schnappte sich die Akte von Jun. "Setz dich doch Jun.", meinte der junge Lehrer, als er mit der Hand auf den Platz neben Jinai deutete. Er selber setzte sich in den Sessel, welcher gegenüber dem Sofa stand. Mit einem grinsen blickte er zu den beiden Personen, die jetzt auf seinem Sofa platz gefunden hatten. "Also Jun, du wolltest doch wissen, warum du hier bist, und vorallem was du bist..." Slevin schlug die Akte auf, holte ein Blatt herraus, und legte es vor Jun auf den Tisch. Es war das Deckblatt, auf dem wieder die beiden Bilder von Jun zu sehn waren. Darunter standen Geburtsort, Alter und alle sonstigen Informationen über ihn. "Frag mich nicht, wie ich an diese Akte gekommen bin, aber wenn das jemand erfährt, war ich die längste Zeit euer Klassenlehrer, und jetzt, wo ihr das wisst, steckt ihr genauso mitdrinn, kapiert?" Noch eine reihe von Bildern wurde von Slevin vor Jun auf den Tisch gelegt. Die Bilder sahen genauso aus, wie die ersten, jedoch zeigten sie Jun als Baby. "Ich mach es kurz und knapp. Du bist ein Dämon, Jun! Du bist genauso ein Dämon, wie Jinai ein Dämon ist. Nagut, sie ist etwas älter als du, aber das spielt keine Rolle." Im selben Moment drückte er Jun ein Blatt Papier in die Hand. Auf ihm sah man verschiedenste Diagrame über Blutwerte, DNA und all so einen Kram. Über das ganze Blatt prangte schräg in roten Großbuchstaben nur das Wort Dämon. "Du wolltest wissen, warum du hier bist Jun. Nun du bist ganz einfach hier, weil du ein Dämon bist." Slevin deutete aus dem Fenster auf die Stadt, in die Richtung wo inetwa das Waisenhaus liegen müsste."Du bist in keinem normalen Waisenhaus, du besuchst keine normale Schule, ich bin genausowenig normal. Das Waisenhaus ist eine Unterkunft für Lebewesen wie dich Jun. Die über besondere Kräfte verfügen. Mensch, ich weiß, ich hör mich wie der verrückte Professor in irgend nem billigen Film an, aber es ist so. Auf der Schule ist kein normaler Mensch. Mein Job, und der der anderen Lehrer, ist es euch darüber zu Unterrichten, was ihr könnt, wie ihr es benutzen könnt und halt alles andere." Der Silberhaarige erzeugte in seiner Hand einen Feuerball. "Ich bin genausowenig Normal." Er löschte den Feuerball wieder, und zeigte auf Jinai. "Sie hat dir schonmal gesagt, was du bist. Und jetzt hörst du von mir das selbe. Ich will dir nur helfen." Ein seufzen entkam Slevin. So viel hatte er schon seut einer Weile nichtmehr am stück geredet.
out: Was auch immer Mister super Klassenlehrer in seinem Post über Jinai geschrieben hat, kann schonmal ignoriert werden. -.-
in: Gerade ließ sich Jinai auf das Sofa fallen, als es an der Tür klopfte. Hatten diese Wohnungen hier noch nichteinmal Klingeln, oder was? Dennoch wich die Wut noch ein Stück, da es sich bei dieser Person eigentlich nur um einen handeln konnte, wie Slevin auch schon vermutete. Leise seufzte Jinai, während der Lehrer zur Tür ging und sah sich kurz im Wohnzimmer um. Das alles war doch... dumm. Sie war hier völlig fehl am Platz, hier wurde sie nicht gebraucht. Und am Ende durfte sie sich dann sicherlich noch Gemecker von Jun anhören, bei ihrem Glück. Als Slevin dann wieder in den Raum kam, gefolgt von Jun, sah die Frau auf und ihrem Mitschüler ins Gesicht, doch wusste sie nicht wirklich, was sie sagen sollte. Sie wusste nichtmal, wie sie gucken sollte! Zur Folge hatte dies dann eine stumme Jinai mit recht emotionslosem Ausdruck auf dem Gesicht, eigentlich ein seltenes Bild. Als sich dann alle gesetzt hatten und Slevin einen Zettel rüberschob, den Jinai genauso gut sehen konnte, wie auch Jun, ließ sie es sich natürlich nicht nehmen, darauf zu gucken und ein wenig zu lesen, wo sie seine Akte eben doch nur überflogen hatte. Als sie wieder von dem Blatt hochsah, und den Lehrer anschaute, konnte sie nur verächtlich auflachen. "Wir stecken mit drin, wenn du eine Akte klaust? In deinen Träumen vielleicht. Ein Wort von uns, und du scheinst zu fliegen, eh? Wir stecken nirgendwo mit drin." Keine Ahnung, in welcher Welt Slevin lebte, aber so einfach konnte er es sich nicht machen. Dachte ein Teenager wirklich, er konnte jemandem wie Jinai so drohen?! Gott, die ganze Angelegenheit wurde ja jetzt schon lächerlich. Die Dämonin sah auf die nächsten Bilder, konnte sich dieses Mal ein Lächeln nicht verkneifen, auch wenn Slevin sie in gewissem Maße aufregte. Nebenbei hörte sie dem möchtegern tollen Lehrer zu und verdrehte die Augen, und wie das Alter eine Rolle spielte! Als ob sie schon nahezu unverwundbar war, als sie gerade mal 16 war, das ist doch lächerlich. Aber die Weißhaarige erwartete auch garnicht, dass Slevin eine Ahnung hatte, wovon er überhaupt sprach. "Jep, du bist nicht normal. Im Kopf, Idiot." Jinai lehnte sich auf dem Sofa zurück und sah Slevin gelangweilt an. Als er fertig mit seiner Rede war, schwieg sie vorerst, sah ihren Lehrer aber inzwischen eindringlich an, mit einem stechenden Ausdruck in den Augen. Die Dämonin lehnte sich wieder nach vorne, sah nun zu Jun, mit einem weitaus freundlicheren Lächeln auf den Lippen. "Er kann dir nicht helfen. Nicht so gut, wie ich es könnte." Gott, jetzt wurde es eine heikle Angelegenheit. Jinai wettete mit sich selber, zu wieviel Prozent Jun sie wieder anfauchen würde, und sie lag mit 90% vorne. "Mag sein, dass ich am Anfang etwas übertrieben hab'. Aber weißt du was, Jun? Ich mag dich, und wenn du endlich das akzeptieren möchtest, was du bist, oder dich zumindest damit auseinandersetzen möchtest, werde ich dir helfen. Sicherlich glaubst du mir jetzt kein Wort, aber ich meine es, wie ich es sage." Immernoch hatte sie ein Lächeln auf den Lippen, und es war keine Spur von Sarkasmus, Ironie oder sonstwelchen negativen Einflüssen zu erkennen - weder in ihrem Ausdruck, noch ihrer Stimmlage.
Ein verdammt unangenehmer Geruch, nein Gestank, nach Zigaretten kam ihm entgegen als er über die Schwelle in die Wohnung eintrat. Etwas anderes hatte er auch nicht erwartet, denn bisher hatte der Lehrer bei jedem ihrer Treffen etwas geraucht. Wenn er es für nötig hielt seine Umgebung zu verpesten; immerhin war es seine Wohnung. Der Schüler hielt sich ansonsten nicht länger damit auf die Einrichtung oder die Aufteilung der Möbel zu mustern, da ihn diese einfach null interessierte und die Farben ohnehin in einander übergingen, sodass ein flüchtiger Blick wahrscheinlich nicht einmal gereicht hätte, um eindeutige Töne zu identifizieren. Bevor Slevin die Akte in die Hände nahm und mit seiner „alles offenbarender“ Rede anfing, hielt Jun für einen Moment inne und warf Jinai einen leicht irritierten Blick zu. Ihr Klassenlehrer hatte in der Nachricht mit keinem Wort erwähnt, dass sie ebenfalls hier sein würde, abgesehen davon ging sie diese ganze Sache wohl kaum etwas an. Genau genommen, ging Slevin seine Vergangenheit und seine Akte ebenfalls nichts an, aber da er ohne diesen nicht an jene Informationen kam, war der Blonde gezwungen sein Leben mit dem quasi Fremden zu teilen. Was willst du denn hier?, warf er ihr schließlich (zugegeben etwas barsch) an den Kopf und zögerte nicht sich zu setzen. Ihr Gesichtsausdruck wirkte neutral bis distanziert, sodass er nicht wirklich mit einer Antwort rechnete. Eigentlich war es auch eher eine rhetorische Frage, welche deutlich zeigen sollte, dass sie in seinen Augen unerwünscht war. Eine Reihe von Worten und Drohungen strömten aus Slevins Mund, einige Bilder landeten auf dem Tisch. Fotos aus seiner Kindheit? Er hatte noch nie solche Bilder zu Gesicht bekommen, dachte immer sie würden gar nicht existieren. Sicher. Präsentieren sie gleich eine Collage von seinem Leben der ganzen Schule, murmelte Jun verstimmt. Irgendwie hatte er jetzt gar keine Lust mehr dem Gerede seines Lehrers zu folgen. Ja sicher, er war ein Dämon, genau so, wie Jinai. Apropos Jinai – sie schien sich ebenfalls ganz und gar nicht mit dem Geplapper von Slevin anfreunden zu kommen. Bei jeder Gelegenheit fiel sie ihm ins Wort und kommentierte ihn auf eine freche und unfreundliche Weise. Aber das war er ja inzwischen von ihr gewohnt, nichts besonderes. Nun mit verschränkten Armen und trotziger Miene hörte er sich den Rest des Vortrags an, bevor er eine Zeit lang still wurde. Nur das Brummen der Klimaanlage war zu hören; Jun vernahm ebenfalls das Pulsieren seines Bluts im Ohr. Jinais Worte durchbrachen die unangenehme Stille schließlich. Er drehte sich ruckartig zu ihr herum, blickte in ihre hellblauen Augen und ihr freundliches Lächeln. Wie konnte sie jetzt so etwas sagen? Gerade sie. Natürlich, vor allem du. Du hast mir vorhin schon genug geholfen. Ich glaube darauf kann ich verzichten, zischte er und erhob sich von der Couch, um an das Fenster zu treten und sich dort gegen die Fensterbank zu lehnen. Diese ganzen Informationen kamen deart plötzlich, wie eine Lawine auf ihn zu, dass er sie gar nicht recht verarbeiten und realisieren konnte. Immer noch hielt er alles für einen Traum oder einen schlechten Scherz. Diese Schule, seine Anwesenheit dort, diese Unterhaltung. Das war doch alles ein Witz! Trotz der Aufrichtigkeit in ihrer Stimme wollte Jun ihr nicht vertrauen, weder ihr, noch Slevin. Dazu gab es genau genommen auch gar keinen Grund. Also nochmal zum Mitschreiben. Sie rufen mich her, um mir zu verkünden, dass ich angeblich ein Dämon bin. Er sprach das Wort „Dämon“ aus wie eine Krankheit, als würde es seine Zunge verätzen. Dann bietet ihr mir beide eure Hilfe an, ohne überhaupt einen blassen Schimmer davon zu haben, wie ich mich überhaupt fühle?! Er wollte diese ganze Sache nicht zu nah an sich heran lassen. Ursprünglich hatte er sich geschworen alles als humorlosen Witz ab zu stempeln und Slevin einfach reden zu lassen. Aber nun, da er sich in dieser Situation befand, kam er nicht drum herum eine Träne der Verzweiflung zu verdrücken. Wütend wirbelte er herum, wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und krallte seine Hände so fest in das Marmor der Fensterbank, dass er meinte es Knacken zu hören.
Jun war...wie erwartet nicht sehr begeistert. Jinai genausowenig. Er konnte es nachvollziehn. "Ihr steckt nit mitdrinn wegen Aktendiebstahles. Die Akte ist frei zugänglich, solange man die nötige Freigabe dazu besitzt. Und eben diese fehlt euch, daran kann ich leider nichts ändern, das soll keine Drohung sein.", meinte er relativ höflich, und versuchte die beiden aufgebrachten Dämonen in seiner Wohnung zu beruhigen. Jinai bot ihre Hilfe Jun an. Allein aus diesem Grund hätte es sich schon gelohnt sie dabei zu haben, jedoch rieagierte der Blonde nicht besonders freundlich darauf. Anscheinend glaubte er den beiden immer noch nicht, selbst jetzt, wo Slevin die Akte des Jungen vorzeigen konnte. Jun stand auf, und klammerte sich an der Fensterbank, und sah wenig später wieder zu den beiden anderen. "Ja, das habe ich. Und wenn du willst, kann ich dir noch mehr erzählen...es sei denn, das hier ist zu viel für dich." sprach er besorgt zu dem Jungen, während er ihn ansah, die Akte schon lange zugeschlagen und wegelegt. Der Silberhaarige konnte sich vorstellen, wie er sich fühlen musste. Immerhin hatte er so ein ähnliches Ereingniss mit sich selber gehabt..oder dem anderen Teil in sich besser gesagt. Slevin stand langsam auf, und klopfte Jun fürsorglich auf die Schulter. Nicht fest, sondern halt so, das Jun wusste, das jemand da war, der ihm helfen wollte. "Das ist es ja...wir können das nicht wissen, wir können dir nur helfen. Nur musst du uns machen lassen...Komm, setz dich lieber wieder.", sprach der junge Lehrer sanft zu dem blonden Jungen. "Willst du was trinken?", fragte er ihn noch freundlich. Ein guter Whiskey half bei vielem...aber ob der Junge jetzt noch Alkohol wollte war etwas anderes. Es gab ja noch Tee oder sonstiges. Slevin sah zu Jinai rüber. Vieleicht wusste sie ja noch etwas, um Jun zu beruhigen. Jedenfalls hoffte er das.
Jinai spürte schon als Jun hinein kam eine deutliche Welle der Missmut. Er musste nichteinmal etwas sagen, um ihr klar zu machen, dass sie unerwünscht war. Genau das selbe wollte sie Slevin eben ja klarmachen, doch dieser hatte ja nicht auf sie gehört... wobei, andererseits wollte Jinai auch nicht gehen, in der Hoffnung, es würde vielleicht doch anders kommen. Aber Fehlanzeige. Seltsam fand sie es dann nur, dass der Blonde ihr vor einigen Stunden im Klassenraum noch ein Lächeln für sie übrig hatte, doch nun wieder so tat, als wäre sie seine größte Feindin. Vielleicht war sie das ja in seinen Augen auch. Jinai konnte nicht sagen, dass seine Abneigung spurlos an ihr vorbei ging, doch zugeben würde sie es niemals, nichtmal sich selbst gegenüber. Sie behielt einfach das Lächeln auf ihren Lippen bei, auch wenn das Gefühl dahinter längst verschwunden war. Es war ein Lächeln, und dennoch wirkte es emotionslos. Die Weißhaarige sah Jun hinterher, wie er aufstand und "rumwütete", sagte jedoch nichts. Weder zu seinen Worten, noch zu seinem Verhalten, einfach nichts. Als Slevin sich wieder zu Wort meldete, bezweifelte sie, dass er Jun nun plötzlich beruhigen konnte, doch wünschte sie sich trotzdem, dass er es schaffte. Auch wenn es vielleicht unwahrscheinlich war. Jinai stand vom Sofa auf, die Bewegung war nicht so flüssig und elegangt wie man es von ihr gewohnt war, man sah ihr an, dass sie sich nicht ganz wohl fühlte. "Also dann, ich hab' ja gesagt, dass es keine gute Idee ist, wenn ich hier bin, und jetzt hast du das Ergebnis." Sie sah Slevin an, machte deutlich, dass diese Worte an ihn gerichtet waren. Dann sah sie wieder zu Jun. "Tut mir Leid." Die Frau sah wieder weg und streckte sich kurz. "Vielleicht kommt ihr ja weiter, wenn ihr das in einem Männergespräch klärt, oder so. Ich geh mich mal frischmachen." Typische Ausrede von Frauen, wenn sie wegwollten. Genau genommen wusste Jinai garnicht, was Frauen unter frischmachen meinten. Neues Make Up auflegen? Ohje, das hatte sie doch garnicht. Dennoch ging sie zum Badezimmer, ihre Bewegungen wirkten immernoch unnatürlich, fast schon ein bisschen roboterhaft, bis sie schließlich den Raum erreichte und hinein ging. Jinai schloss die Tür hinter sich und atmete hörbar aus, als hätte sie die letzten Sekunden die Luft angehalten. Vielleicht war es ja auch so, sie konnte sich nicht erinnern. Doch war das wichtig? Die Dämonin lehnte sich mit ihrem Rücken an die geschlossene Badezimmertür und rutschte langsam an dieser herunter, ehe sie auf dem Boden saß und ihr Kinn auf ihre angewinkelten Knie legte. Einige Sekunden starrte sie einfach nur geradeaus, oder waren es schon Minuten? Langsam hob die Weißhaarige ihre Hände, schaute diese an, betrachtete sie ruhig. Sie waren relativ bleich, wie sie schon immer waren. Mit diesen Händen hatte sie schon vieles angestellt, das meißte davon war nichts gutes. Noch nie hatte sie daran gezweifelt, doch nun fühlte sie sich... seltsam. Vielleicht wurde die Schülerin auch nur krank, doch der Anblick ihrer Hände machte sie wütend. Es machte sie wütend, zu welcher Person diese Hände gehörten. Jinai hatte schon oft ein neues Leben angefangen, doch immer mit dem selben Ziel: Einfach nur leben, Spaß haben - böses zu tun war immer ein Teil davon. Jinai wusste nichteinmal warum sie gerade so dachte, es gab doch überhaupt.. keinen einzigen.. Grund! Langsam erhob sich die Dämonin wieder, fragte sich kurz, was die beiden Kerle wohl dachten, was sie hier tat. Wahrscheinlich würden sie nie darauf kommen, was gerade in ihr vorging, nicht in diesem Leben und nicht im nächsten. Doch wusste Jinai es selbst? Sie betrachtete sich im Spiegel, konnte zuerst nicht glauben, dass sie das sein sollte. Hatte sie jemals niedergeschlagen ausgesehen? Jetzt tat sie es jedenfalls. Der traurige Ausdruck in den Augen ihres Spiegelbildes machten sie wütend, dennoch siegten die Zweifel. "Vielleicht lebe ich einfach schon zu lange..", flüsterte die Dämonin leise, nur an sich selbst gerichtet. Ungläubig schaute sie ihr Spiegelbild an, wenn Vanth sie hören könnte! Sie wusste nichteinmal, was er tun würde. Würde er lachen? Ihr anbieten, ihr Leben zu beenden? Sicherlich beides zusammen, zusammen mit vielen gratis Beleidigungen. Sie konnte sich nicht erlauben, schwach zu wirken, oder als würde sie sich für andere interessieren. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht wurde wütender, verzweifelter. Hatte sich die letzten Jahrhunderte, in denen sie lebte, etwa irgendwas in ihr angestaut? Irgendwelche Gefühle? Sie legte ihre Hände an den Kopf, zuerst noch leicht, berührte diesen kaum. Dann griff sie fest in ihr Haar, presste auch mit den Händen nun auf ihren Kopf und biss die Zähne zusammen. Am liebsten hätte sie geschrien, irgendetwas fraß sie von innen auf. Und keine gottverdammte Seele würde jemals davon erfahren! Ehe sie sich versah zersprang das Fenster laut klirrend, der Spiegel ebenfalls, das Waschbecken fiel zu Boden und zerbrach, sodass die Wasserleitung aufgerissen wurde und das ganze Zimmer vollspritzte. Die schwarzen Streifen auf Jinais Wange fingen erneut an, blau zu glühen und das weiße in ihren Augen wurde Schwarz, ebenso wie die Spitzen ihrer Haare. "Hör.. auf! Nicht.. jetzt!!", zischte sie zwischen den zusammengebissenen Zähnen, immernoch in der selben Position wie vor einigen Minuten und kniff die Augen zusammen.
Er war wütend und aufgebracht, aber weniger wütend auf Jinai und Slevin, sondern eher auf sich selbst. Seine eigene Schwäche und Verletzlichkeit, welche er hier offen präsentierte und die Naivität mit der er die ganze Situation betrachtet hatte, kotzte ihn einfach an. Zum einen wollte er das alles nicht wahr haben, die Fakten verdrängen, die schwarz auf weiß in seiner Akte geschrieben waren – direkt unter dem in roter Farbe geschriebenem Wort DÄMON. Langsam fing er an sich wie ein Monster zu fühlen, welches den Menschen das Fürchten lehrte. Wieso sollte er sonst in dieses Waisenhaus verschleppt worden sein, obgleich er noch eine Mutter hatte. Wenn diese Frau, die er in den letzten sechzehn Jahren seines Lebens als seine leibliche Mutter angesehen hatte, überhaupt diese war. Dann müsste Akira auch nicht sein Bruder gewesen sein; wenn dies die Wahrheit war, hatte er niemals eine richtige Familie besessen. Erneut kamen ihm die Tränen, welche er jedoch erstaunlicherweise schaffte zu unterdrücken. Dem Jungen fiel es sonst nicht schwer seine Emotionen vor anderen zu verbergen, doch momentan war alles um ihn herum anders. Die Zeit hier tickte einfach etwas anders, wie Calleigh gesagt hatte. Man, sie musste mächtig wütend auf ihn sein. Ihre letzten Worte, welche er noch flüchtig aufgeschnappt hatte, klangen wie das Fauchen einer geärgerten Wildkatze. Als er Slevins Arm auf seiner Schulter spürte, schüttelte er diesen ruckartig ab und trat einen Schritt zur Seite. Dieser sollte ihn gefälligst nicht anfassen, sonst konnte er für nichts garantieren. Immerhin war er ja scheinbar ein Dämon und diese richtete ja angeblich große Zerstörung und Leid an. So stand es doch in den Geschichten geschrieben, oder nicht? Auf die Frage, ob er etwas trinken wolle, reagierte Jun mit hochgezogenen Augenbrauen und einem wütenden, zischenden Laut, gefolgt von einer Beschimpfung, die man lieber nicht erwähnen sollte. Sicher, Slevin war sein Lehrer, aber sie befanden sich hier weder auf dem Schulgelände, noch hatten sie Unterricht. Also konnte der Mann auch nicht mit Nachsitzen oder anderen Strafen drohen. Sein Blick wanderte zu Jinai, als diese verkündete sich im Bad frisch machen zu wollen und kurzerhand den Raum verließ, um das benachbarte Badezimmer aufzusuchen. Was denn für Männergespräche, bitte? Erneut blieb es still. Es kam dem Blonden so vor als würden Stunden verstreichen, die er mit zusammen gebissenen Zähnen und ausdruckslosen Augen an die Fensterbank gelehnt verbrachte. Slevin warf er hin und wieder einen abschätzigen Blick zu und verkniff sich eine Reihe unfreundlicher Ausdrücke. Theoretisch konnte dieser ja nichts dafür, dass Jun ein Monster war, aber hätte er es ihm nicht irgendwie schonender beibringen könnten? Na ja, nun war es ohnehin zu spät. Die Zeit ließ sich vermutlich nicht einmal an einem Ort, wie diesen zurück drehen. Er drückte seine Fingerkuppen erneut gegen den Fenstersims, so fest, dass seine Knochen weiß hervor standen. Ein leises Knacken war zu hören, bevor ein kleines Stück des Marmors brach und in Form von schneeweißem Pulver zu Boden rieselte. Nein … , flüsterte er und ballte die Hände zu Fäusten. Gerade als der Schüler sich umdrehen wollte, ertönte ein Geräusch aus dem Nachbarraum. Es klang erst wie splitterndes Glas, darauf folgte ein lauterer Rums, bevor es zunächst ruhiger wurde. Doch im nächsten Moment hörte es sich so an als würde irgendwo mit hohem Druck Wasser aus einer Leitung spritzen. Verwirrt richtete er seinen Blick an Slevin, fragend und verwirrt. Doch größtenteils besorgt. Was war das, Slevin?!, sprach er an den Lehre gewandt, eine Spur lauter als er ursprünglich wollte. Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er durch das Wohnzimmer in den Flur, um dort gegen die Badezimmertür zu klopfen. Machte er hier aus einer Mücke einen Elefanten? Nein, er konnte deutlich das Geräusch von heraus strömenden Wasser hören. Da die Tür nicht abgeschlossen zu sein schien, stieß er diese mit einem Ruck auf, trat allerdings nicht ein. Mit vor Schreck geweitete Augen überflog Jun das Chaos. Es wirkte wie ein Schlachtfeld: ein zerbrochenes Fenster, das Waschbecken lag in mehreren Stücken auf dem Boden, der Spiegel war zersprungen und das Wasser lief langsam bis auf den Flur. Was ist hier … los? , fragte er Jinai, wusste dabei nicht, ob sie überhaupt ansprechbar war. Die „Tattoos“ auf ihren Wangen leuchteten in einem intensiven Blau, während die Spitzen ihres weißen Haars schwarz waren, wie in Tinte getaucht. Sie stand dort mit zusammengekniffenen Augen, die Hände an den Kopf gelegt. Was ist los mit ihr?, fragte er sich und machte schließlich einen Schritt auf sie zu. Vielleicht hatte er Angst (immerhin hatte sie ein Badezimmer auseinander genommen), dennoch zögerte er nicht auf sie zuzugehen, immer wieder ihren Namen aussprechend. Jinai .. Er streckte die Hand aus, um sie zu berühren. Ob sie es zulassen würde?
Die Situation war kurz vor dem Eskalieren. Jun selbst ließ nichtmehr mit sich reden, und das einzige von ihm war nur noch eine Welle Beschimpfungen. Er hegte keinerlei Groll gegen den Blonden Jungen, nein er verstand ihn, er würde bestimmt genauso reagieren. Jinai wollte im Bad verschwinden, und Slevin hier alleine lassen, nagut Jun brauchte bestimmt eh erstmal Ruhe. Auf die weiteren Bitten von dem Silberhaarigem jedoch kam immer wieder nur ein Nein von dem jungen. Gerade als sich der Junge zu Slevin drehen wollte kam aus dem Badezimmer ein unüberhörbahrer Krach. Sofort war verwirrung im Raum, und selbst Jun hatte alles andere vergessen. "Ich weiß nicht, aber es kam aus dem Badezimmer!", antwortete der Lehrer nur, als er Jun zum Badezimmer folgte. Die Grauen Augen des Silberhaarigen schossen zu einer unerwarteten Größe auf, als er mit offenem Mund in das Badezimmer sah. Oder in das, was davon übrig war. Das Fenster war kaputt, das Wachschbecken ein Puzzel und Jinai stand da, und wurde vom Wasser überflutet. Trümmer des Spiegels, welche überall verteilt rumlagen, spiegelten alle das selbe wieder. Eine Jinai, welche anscheinend schon nichtmehr ansprechbar war, und ein klitschenasser Jun, der versuchte sie irgendwie wieder zu beruhigen. Besorgt nahm Slevin zur Kenntnis, das sich die Haut und die Haare der Dämonin veränderten. "Was für ne verdammte scheiße..." murmelte er in seinen nicht wachsenden Bart und betrachtete schweigend das Schauspiel vor ihm. Nun lag es alleine an Jun. Konnte er die Dämonin wieder beruhigen, oder würden die beiden jetzt sterben?
Schon oft hatte die Dämonin so etwas durchgemacht. Früher war es nie etwas besonderes gewesen, wenn sie ihre wahre Gestalt annahm. Es passierte normalerweise mit furchtbarer Wut, sodass sie sich bisher nie dagegen gewehrt hatte, die steigernde Kraft und Mordlust immer mit offenen Armen empfangen hatte. Doch in diesem Moment merkte sie, wie stark dieser Drang wirklich war, jetzt, wo sie mit allem was sie hatte versuchte, diesen zu unterdrücken. So etwas war Jinai noch nie passiert, niemals hätte sie dies unterdrücken wollen. Doch heute war alles anders, sie war nichtmal wütend, und sie wusste nicht, was sie so aus der Fassung brachte. Doch wollte sie dem auch nicht nachgeben! Ihr ganzer Körper zitterte und die Dämonin spürte ein Beben, wusste aber nicht, ob dies in ihrer Umgebung stattfand, oder auch nur an ihr lag. Als sie das Klopfen an der Tür hörte, wusste sie zuerst nichtmal, ob dies real war. Es war so leise, sie konnte es kaum hören, bildete sie es sich ein? Doch dann spürte Jinai, wie die Tür aufgeschlagen wurde, sie musste nichteinmal die Augen dafür öffnen und hören brauchte sie es auch nicht. Sie spürte Jun's Präsenz. Ein tiefes Knurren kam aus ihrer Brust, während sie langsam die Augen wieder öffnete. Ihre Augenbrauen waren angestrengt zusammengezogen, die Augen immernoch schwarz, die Iris inzwischen blutig rot gefärbt. Ihre Haare waren nun schon bis zur Hälfte in ein tiefes Schwarz getaucht und die Hände presste Jinai immernoch so fest es ging auf ihren Kopf. Sie wusste nicht ob dieser deswegen schmerzte, oder ob sie so versuchte, den Schmerz zu unterdrücken. Ganz leise vernahm sie ihren Namen, wie Jun ihn aussprach, bis er sie immer mehr erreichte, ehe sie schlussendlich etwas berührte. Jun's Hand. Das Zittern von Jinai's Körper wurde weniger, und immer schwächer, bis es schlussendlich ganz verschwand, und sie fast schon ruhig dastand. Ihre Hände lösten die festen Griffe in ihrem Haar und rutschten langsam von ihrem Kopf, ehe sie die Arme ganz fallen lies. Dann richtete sich Jinai schlussendlich wieder vollends auf, stand wieder gerade da und starrte vorerst einige Sekunden nur an die Wand. Dann drehte sie sich ganz langsam zu dem blonden Jungen um, die Veränderungen ihres Äußeren waren immernoch zu sehen, doch ihr Blick war nichtmehr triefend böse, sondern... erschrocken. Sie sah ihren Klassenkameraden erschrocken an, genau in die Augen. Dass Slevin dahinter auch noch irgendwo lebte und rumvegetierte merkte die Dämonin garnicht, sie sah Jun nur an, und das für einige, lange Sekunden. Die Zeit, welche verstrich, ohne das etwas passierte, mochte manchen wie Stunden vorkommen, doch dann regte Jinai sich wieder. Die Dämonin machte einen Schritt auf Jun zu, sie an seiner Stelle hätte wohl ziemlich Angst, angegriffen zu werden, doch das war nicht im entferntesten damit vergleichbar, was sie tatsächlich machte. Sie fiel Jun um den Hals, legte ihre Arme um diesen und umarmte den Jungen. Ihr Kopf war neben seinen, ihre Augen wieder geschlossen. "Ich wollte das nicht..", flüsterte sie leise in sein Ohr, mit einer sanften Stimme, die er wohl niewieder von ihr hören würde. Was sie meinte? Vielleicht das Badezimmer, welches sie demoliert hatte? Nein, bestimmt nicht, es war ja nicht Jun's Wohnung. Wahrscheinlich würde er niemals erfahren, was sie wirklich meinte. Im nächsten Moment lösten sich die Arme um Jun wieder, während Jinais Beine ihren Geist aufgaben und sie zusammensackte, erst auf die Knie, dann fiel sie ganz auf den inzwischen klitschnassen Boden. Sie hatte den Drang ihrer wahren Gestalt unterdrückt, doch die verlorene Kraft ließ sie in Ohnmacht fallen.
Er hätte eigentlich Angst haben müssen dieses zitternde Wesen mit den blutroten Augen zu berühren. Es sah erschreckend und furchterregend aus als wolle es dem nächsten Menschen dem es begegnete den Hals umdrehen. Jun zweifelte auch nicht daran, dass sie nun in der Lage wäre das gesamte Gebäude zu zerstören und sie alle umzubringen. Doch irgendwo hinter dieser dämonischen Fratze verbarg sich immer noch die Jinai, die er aus der Schule kannte. Die provokante und humorvolle Schüler vor der man keine Angst haben musste. Und durch diesen Gedanken nochmals bestärkt, wagte er es nun seine Hand vorsichtig auf ihre Schulter zu legen. Erst als sich ihr Zittern überraschenderweise einstellte und sie ihre Arme von ihrem Kopf löste, strich er über ihren Oberarm und ließ seine Hand schließlich gänzlich sinken. Vermutlich hätte er in diesem Augenblick nicht einmal Angst vor ihr haben können, wenn er dazu verpflichtet wäre. Das einzige Gefühl, dass er wahrnahm, war schlicht weg Mitleid mit ihr. Er dachte die ganze Zeit über, dass er schlimm dran wäre, dabei hatte er keine Sekunde lang an ihr Wohlbefinden gedacht. Egoistisch und selbstsüchtig machte er sich nur um sich selbst Gedanken, sein Leben und seine Zukunft. Hatte es den Schüler überhaupt irgendwann einmal interessiert, wie es Jinai oder allgemein seinen Mitschülern erging. Wenn er Slevins Rede nicht vollkommen falsch verstanden hatte, waren sie alle Wesen aus einer anderen Welt. Nicht ganz normal, aber eben doch irgendwo fühlende und denkende Kreaturen. Das hatte der Blonde während der ganzen Zeit hier vergessen und in den Hintergrund gedrängt. Sich schuldig fühlend, blickte er in ihre roten Augen, welche keine Zerstörungswut, sondern tiefen Schock und Erschrockenheit ausdrückten. Was sollte er jetzt tun; was erwartete sie von ihn? Jedoch nahm Jinai ihm diese Entscheidung ab, noch bevor er sich Gedanken darüber machen konnte. Nach gefühlten Stunden der Stille (abgesehen von dem Wasser, das nach wie vor aus der Leitung lief) trat die Dämonin einen Schritt auf Jun zu, dann noch einen. Anfangs zuckte er kurz zurück, bereute dies jedoch auf der Stelle. Sie würde ihm nichts tun, das wusste er. Woher diese plötzliche Gewissheit jedoch kam, vermochte er nicht zu sagen. Es war pure Intuition auf welche er vertraute. Und auf einmal geschah etwas, womit der Junge nie gerechnet hätte, nicht in den nächsten hundert Jahren. Sie legte tatsächlich ihre Arme um seinen Körper und umarmte ihn. Nie hätte er gedacht, dass das Mädchen so sanft sein konnte, wenn sie wollte, und zum ersten mal seit langem fehlten ihm die Worte. Als sein Bruder gestorben ist, wusste er, was zu sagen war. Als seine Mutter kurzzeitig in die Entzugsklinik nahm, hatte er die richtigen Worte parat. Selbst als er hier auf dieser Insel landete, in völliger Ungewissheit gelassen, fand er die treffenden Formulierungen. Doch nun, während das Dämonenmädchen ihn hier im vollgelaufenen Badezimmer umarmte, schwieg er bloß und legte ebenfalls die Arme um sie, denn diese Geste sagte mehr als tausend Worte. Alles weitere geschah unheimlich schnell, zu schnell, um es zu realisieren. Offenbar musste sie diese Verwandlung Unmengen an Kraft gekostet haben, denn im nächsten Moment gaben ihre Beine unter ihr nach und sie fiel der Länge nach auf den klitschnassen Fußboden. Jinai, mach jetzt nicht schlapp, sprach der Blonde an sie gewandt, wohl wissend, dass sie seine Worte nicht mehr mitbekam. Hätte er doch bloß an diesem Erste-Hilfe-Kurs seiner alten Schule teilgenommen, dann wüsste er jetzt was zu tun war. Aber galten diese Regeln auch für Dämonen? Unsicher legte er schließlich einen Arm unter ihre Schultern, den anderen unter die Kniekehlen, um sie anzuheben. Aus dem Weg … , sagte er zu Slevin und transportierte sie auf die Couch im Wohnzimmer, bevor er sich schnaufend an den Lehrer wand. Sie können mit ihrer Hokus Pokus Magie doch bestimmt etwas für sie tun!, verlangte er schon fast neurotisch. Wie sie dort bewusstlos da lag, wirkte sie sogar noch bleicher als sonst, und das sollte schon was heißen. Abwartend hockte er sich neben das Sofa, um ihr Gesichts zu betrachten, in der Hoffnung sie würde jeden Moment die Augen aufschlagen.