25. Juni 2015, Nachmittag
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Nachdem die bunte Truppe endlich zum gemeinsamen Aufbruch an den sonnigen Strand der Paradiesinsel bereit war, trotteten die drei Schulfreunde munter drauf los. Es dauerte nicht lang und der atemberaubende Blick auf das endlos wirkende, wogende Meer vertrieb für einen süßen Moment jegliche Sorgen aus den Gedanken der braunhaarigen Schülerin. “Wow…”, entfuhr es ihr vollkommen unbewusst in einem erleichterten Flüstern. “Also, wenn das nicht glatte zehnmal besser ist als ein x-beliebiger Besuch im Freizeitpark, dann kann ich deinem verwirrten Selbst leider auch nicht mehr helfen, Levi.” Mit einem entwaffnenden Schmunzeln öffnete sie ihre fest gebundenen Schnürsenkel ohne größere Komplikationen, entwand sich, jeweils auf dem anderen Bein hüpfend, aus ihren bunten Schneakersocken und stolzierte schließlich vorfreudig lachend in Richtung der Wasserlinie. Der angenehm kühle Wind trug den Geruch von salziger Gischt und das Gefühl winzig kleiner, beinahe scharfer Regentropfen in weichen Zügen ans Festland heran und umhüllte Nojras aufgeregt tänzelnden Körper mit beruhigender Geborgenheit. Absolut zufrieden drehte sie sich wartend zu ihren beiden Kindheitsfreunden um und spornte sie in gewohnt frecher Art nachdrücklich an, “Na, wo bleibt ihr denn, ihr Landratten!? Ich würde gerne heute noch eine Runde um die Wette schwimmen!”. Natürlich stand schon vor Beginn des Wettstreits fest, wer als Sieger aus diesem feuchtfröhlichen Vergnügen hervortreten würde. Aber das änderte im Allgemeinen nichts an dem ausgelassenen Spaß, welchen das Gespann dabei jedes mal empfand. Und wie sagte man doch so schön? Dabei sein ist alles?
Bei all dem hin und her, verdrängte die Vollblutnixe allerdings mehr oder minder erfolgreich den eigentlichen Grund, warum sie diesen Nachmittag unbedingt mit ihren zwei besten Freunden verbringen wollte: Gabriel. In ihrem Kopf wirbelten immer wieder verschiedenste Satzfetzen, unfertige Einleitungen und möglichst schonend verpackte Details umher. Warum war es nur so verdammt schwierig die richtigen Worte zu finden? Am Ende offenbarte sie ihr kleines, oder eher ziemlich großes, Geheimnis nicht irgendwelchen Fremden, oder gar ihren Eltern (um Himmels Willen bloß nicht ihren Eltern), sondern den beiden Personen, mit denen sie bisher immer durch dick und dünn gegangen ist und denen sie wirklich alles anvertrauen konnte. Immerhin verband sie ein unumstößlicher Blutschwur vor jedweden Verrat. Dennoch hatte sie Angst. Angst vor dem geschockten Ausdruck in ihren Augen, Angst vor der sicheren Enttäuschung in ihren Stimmen und vor allem Angst vor schmerzhafter Ablehnung.

"He, he! Pass auf!", rief ich überrascht, jedoch besorg, als Leviathan über einen Stein stolperte, sodass mein Arm ihm entgegen schnellte und meine Hand mit festem Griff an seinem Shirt zog. Glücklicherweise kamen wir unverletzt am Strand an.
Und innerhalb weniger Augenblicke konnte man deutlich spüren, wie gut es Nojra und dem Engel erging, rein nur an dem Fakt, dass wir uns hier am Meer aufhielten. Ich schmunzelte bei dem Anblick des äußerst zufriedenen Paares, wie Levi durch den Sand stapfte und seinen Rucksack positionierte, während die Wassernixe flüsternd ihre Bewunderung kundtat.
"Mhm!", stimmte ich der Braunhaarigen zu, welche innerhalb von wenigen Sekunden ihre Schuhe auszog und uns versuchte anzuspornen um etwas Gas zu geben. "Wettschwimmen gegen Nojra? Wie unfair...", murmelte ich und verdrehte gespielt die Augen. Es war unfair. Aber wenn sie ihren Spaß daran hatte - warum nicht? "Schließlich geht's ja nicht um's Laufen..." Da wäre ich schon um einiges angefressener, wenn ich verlieren würde.
Woran die Nixe gerade dachte, das wusste ich nicht. Mir war nicht bewusst, dass sie wohl etwas großes ausgefressen hatte. Ich hatte in diesem stressigen Moment mir rasch die Schuhe auszuziehen kurzzeitig vergessen, dass sie uns ja etwas erzählen wollte.
So futzelte ich an meinen Schuhen herum, legte sie vorsichtig in den Sand, damit keine Bröselchen in die Latschen plumpsten und blickte der Sonne entgegen. Sie blendete mich, sodass ich meine Handfläche als Schild nutzte um zu erkennen, was das Mädchen da vorne so trieb. "Wir könnten sie auch einfach schwimmen lassen und uns hier gemütlich hinlegen. Ganz ohne Stress.", murmelte ich eher zu mir selber, als zum Geflügel und zuckte mit den Schultern. Dass dieser Fall wohl eher nicht eintreten würde, war mir schon bewusst. Dennoch hätte ich mich gerne erst hingelegt wie die anderen Mädels, die sich hier bräunten. Jedoch leider nicht ohne Sonnencreme.
"Mist, ich muss mich noch einschmieren."
Ja, so wie es aussah war ich die Spaßbremse. "Komme gleich!", rief ich Nojra zu, welche in Richtung Wasser sprang.
Behutsam entledigte ich mich meiner Hose, ehe ich die Sonnencreme aus meiner Tasche holte und meine Beine damit einschmierte. Mit etwas weißer Creme in der Hand schmierte ich über mein gesamtes Gesicht. Ich war nun mal blass und wohl die empfindlichste der hier anwesenden. Umso schlimmer sah ich aus, wenn ich mich nicht einschmierte. Diese krebsfarbene Haut konnte unangenehm sein in der Nacht, damit hatte ich schon Erfahrungen gesammelt. Mein Blick fiel auf Levi, als ich eine weitere Ladung Sonnencreme auf meine Handfläche packte. "Du kannst ruhig schon los...", erwähnte ich recht nebensächlich, als ich die Flüssigkeit auf meinen Armen verteilte.

„Das ist eine ganz hervorragende Idee, Caiwen!“, trällerte der Engel und bekräftigte Caiwens Vorschlag, während er behutsam sein Handtuch im Sand ausbreitete. Aus irgendeinem Grund aber erreichte dem Jungen eine ungemütliche Eiseskälte im Nacken, die definitiv aus Nojras Richtung vor dem Wasser gekommen war. Leicht mürrisch drehte sich der Schwarzhaarige etwas um seine eigene Achse und glaubte für den Bruchteil einer Sekunde ein bedrohliches Funkeln aufgeschnappt zu haben – mit Sicherheit konnte er es aber nicht sagen.  Dass Nojra dabei keine Widerrede duldete, wurde dem Engel aber spätestens jetzt bewusst. „Ok, vergiss es“, war alles, was dem Schüler dazu einfiel, ehe er sich seiner Klamotten entledigte und sie zusammengeknüllt in den Sand warf. Etwas unbeholfen stand er neben seinem Handtuch, rechts von ihm Caiwen, die sich noch die Mühe machte, ihre kreidebleiche Haut gegen die Sonne zu schützen und links, in etwas sicherer Entfernung die Nixe, die es kaum erwarten konnte, Eins mit dem Meer zu werden. Die Haut des Nakamuras war die isolanische Sonne seit Ewigkeiten gewöhnt, er brauchte seinen um einige Nuancen dunkleren Teint als Caiwen nicht extra einzucremen. Caiwen dabei zu unterstützen machte ihn hingegen schon mehr Freude. „Gib her, ich klatsch dir was auf den Rücken“, stellte Levi sie vor vollende Tatsachen und entriss ihr die Sonnenmilch. „Wir kommen gleich, Schneewittchen muss sich nur noch eincremen!“, rief er zu Nojra, ehe er sich hinter Caiwen begab, ihre Haare nach vorstrich und ausreichend Sonnenmilch auf den Rücken der Werwölfin verteilte. Es war seltsam, ihr wieder nahe zu sein, ähnlich wie auf dem Ausflug vor etwa einer Woche, wo es die beiden auf eine der nördlichen Inseln verschlagen hatte. Dort hatte er nicht nur Caiwen, sondern auch sich selbst von einer neuen Seite kennengelernt, die bislang noch nie so wirklich durchgedrungen war. Er spürte, wie sein Atem bei den Gedanken daran um einiges schneller wurde, aber Levi wäre nicht Levi, wenn er eine etwas größere Aufmerksamkeitsspanne hätte. Doch recht flott  hatten sich wieder andere Gedanken in seinem Kopf eingenistet.  „Hey, Caiwen.“, begann er leicht zögerlich, da er sich gerade noch in einen Zwiespalt befand, ob er seiner Freundin mit der Creme einen Penis auf den Rücken malen sollte oder nicht. Letztlich entschied er sich dagegen, immerhin wär dann ja nur der Penis, nicht aber ihr ganzer Rücken geschützt. „Weißt du, worüber Nojra mit uns reden wollte?“, flüsterte der Engel, obwohl er wusste, dass Nojra aus dieser Entfernung wahrscheinlich nichts mitbekommen würde. „Hehehe!“~, mit seiner weiß verschmierten Hand winkte er an Caiwen vorbei in ihre Richtung, als könnte er spüren, dass sie dazu befugt war, mitzuhören.