Teilnehmer: Lydia Johnson, Mikhail Wolkov Startort: Vor dem Wohnheim, dann im Laubwald Zeitpunkt: 20. Juni 2015 (Samstag), später Nachmittag Beschreibung: Mike und Lydia haben sich zu einem kleinen Ausflug in den Laubwald verabredet, um sich über ihre Erfahrungen als Wolfswesen auszutauschen und ungestört an ihren Verwandlungsfähigkeiten zu feilen. Ursprünglich nicht unbedingt als Campingausflug angedacht, vergeht die Zeit schneller als gedacht und sie beschließen kurzerhand im Wald zu übernachten.
Die Zwille schien den beiden wohl doch noch einige Zeit zu beschäftigen. Ein anderes Wort dafür fiel dem Schwarzhaarigen wohl auch nicht ein. Aber seine Erklärung schien der Wölfin doch zu helfen. Es war also doch das Steinding, an das sie schon zuvor gedacht hatte. „Ich weiß was du meinst. Ich glaub das Ding heißt auch Stein – irgendwas. Aber ich bin mir da nicht so sicher“, antwortete sie Mike und lächelte ihn freundlich an. Immerhin hatten sie wohl beide bei dem Namen Zwille dasselbe Werkzeug im Kopf und das war ja eigentlich das wichtige. Die Entschuldigung von Lydia nahm Mike ohne weiteres an und verstand sie auch. Dies freute die Schwarzhaarige sehr und sie lächelte ihn freundlich an. Das nächste Wort, das sie suchte, wusste der Werwolf aber doch. „Ja, genau! Kühlakkus sind das. Danke“, sagte sie lächelnd und war glücklich, dass sie jetzt das Wort wieder wusste. Sie musste sich diese Namen unbedingt für die Zukunft einprägen, denn so waren doch manche Gespräche einfacher zu führen, als wenn man immer nachfragen musste, wie dies und jenes hieß. Lydia grinste breit, denn auch Mike hätte gerne einen Kühlakku unter seinem T-Shirt. Es war wirklich viel zu heiß und wollte die Wölfin ihre Akkus wirklich mit ihm teilen? Natürlich würde sie dies tun. Deshalb blieb sie kurz hinter ihm stehen, öffnete ihren Rucksack und nahm einen heraus. Lydia hatte ein paar dabei, damit die Getränke länger kühl blieben. Danach lief sie wieder hinter Mike her und in einem Moment, in dem er unachtsam war, steckte sie ihren Finger hinten bei seinem Kragen hinein und zog sein T-Shirt ein wenig weg von seinem Körper, danach gab sie den Kühlakku ganz schnell dort hinein und ließ danach wieder los. „Ich hab mehrere von denen da“, sagte sie breit grinsend zu Mike. Jetzt hatte er eine angenehme Abkühlung. Außerdem hatte der Kühlakku dort wohl einen perfekten Platz, denn durch den großen Rucksack von Mike konnte er nicht weiter runterrutschen. Mittlerweile hatte der Werwolf wohl schon ein Durst bekommen und der Deal mit den Skittles schien für Lydia optimal zu sein. Ihr Schweif wedelte vor sich hin und sie nickte heftig. „Gerne“, gab sie dann noch begeistert von sich. Danach suchten sich die beiden einen Platz. Die Irin entdeckte zwei Baumstümpfe. „Das ist doch ein guter Ort, oder?“, fragte sie Mike und zeigte auf den entsprechenden Platz. Ob er wirklich optimal war, würde sich noch zeigen und Lydia wartete noch die Antwort von Mike ab.
„STEINSCHLEUDER!“, rief Mike laut aus und klatschte parallel in die Hände, sodass ein kleiner Vogelschwarm ganz aufgeschreckt einen Busch am Wegesrand evakuierte. Ups. Hoffentlich hatte er damit keinen Hörsturz bei Lydia verursacht. Mike wusste nicht genau, wie es mit der Empfindlichkeit ihrer Ohren war, aber in seiner Nähe musste sie auf spontanen Lärm vorbereitet sein. Zurückhaltung war in dieser Hinsicht nie seine Stärke gewesen und würde es niemals sein. Wieso ihm dieses Wort aber jetzt erst in den Sinn gekommen war, nachdem er selbst schon von Steinchen als Munition gesprochen hatte? Er hatte keine Ahnung, wie die Synapsen in seinem Gehirn verdrahtet waren, aber er war ganz froh darüber, dass das Rätsel um die Zwille nun gelöst war. Es war eben doch ein befriedigendes Gefühl, wenn man endlich auf ein Wort kam, dass einem auf der Zunge lag. Es hätte Mike sonst wahrscheinlich den ganzen Hinweg über keine Ruhe gelassen.
Fragend blickte er sich um, als Lydia ihm nicht mehr folgte. Musste sie einen Schnürsenkel zubinden? Er sah, wie sie in ihrem Rucksack kramte und nutzte den Moment, um seine eigene Tasche etwas strammer zu ziehen. Als er Lydias eifrige Schritte hinter sich hörte, setzte er sich ebenfalls wieder in Bewegung. „Ist alles gut bei— uähhh …“ Ein Schauer lief Mike über den Rücken, als etwas Kaltes — etwas unfassbar Kaltes — in sein T-Shirt rutschte. Die Kälte breitete sich über seinen Nacken bis in seine Schultern aus und zwang ihn dazu die Zähne zusammenzubeißen. „Ka-ha-halt!“, jammerte er in einem überaus männlichen Tonfall und versuchte den Kühlakku durch ein Schütteln seines Rucksacks nach unten rutschen zu lassen. Wie hätte er auch damit rechnen können, dass Lydia seinen Wunsch tatsächlich in die Tat umsetzte? Und hätte er gewusst, dass ihm der Kühlakku statt einer angenehmen Erfrischung eher einen Gefrierbrand einbrachte, hätte er es gar nicht erst erwähnt. Mit einer Hand fing er den Eisklotz auf, der seinen Rücken herunterrutschte und am unteren Ende des T-Shirts rausplumpste. „Das war … auf jeden Fall ‘ne Abkühlung“, meinte er mit einem schiefen Grinsen und schämte sich ein bisschen für seine Reaktion. Aber sein Körper war eben von Natur aus bereits einige Grad wärmer; plus Sommerhitze war Mike beinahe eine eingeschaltete Herdplatte. Vorsichtig drückte er den Kühlakku gegen seine Wange, was wiederum überraschend gut tat. Wahrscheinlich hatte Lydias Geste ihn nur zu kalt erwischt — buchstäblich. „Ja, sieht gut aus. Lass da kurz Pause machen, bevor wir da hoch müssen.“ Mike deutete auf den ansteigenden Trampelpfad, der tiefer ins Waldesinnere führte und versuchte nicht zu unenthusiastisch zu klingen. Einige genossen eine Wanderung durch den Wald, für Mike hingegen war der Hinweg eher ein notwendiges Übel, das nicht zu vermeiden war. Er freute sich darauf endlich anzukommen. Der Werwolf ließ seinen Rucksack auf einem der Stümpfe fallen und zog den Reißverschluss auf. „Kann ich den Kühlakku in meinen Rucksack packen? Dann bleibt das Wasser kalt und der Süßkram schmilzt nicht und klebt so eklig zusammen.“ Nichts war unerfreulicher, als eine Packung Bonbons zu öffnen und einen einzigen, unförmigen Klumpen zu finden. „Wooo sind die …“, murmelte er vor sich hin und kramte nach den Skittles, die er nach einer kurzen Suchaktion fast am Boden der Tasche fand. Natürlich. Es war eine dieser Minipackungen, die man in einem Rutsch wegessen konnte. „Welche Farbe magst du am liebsten?“, fragte er Lydia und schüttete eine Hand voll Skittles in seine Handfläche, die er der Schwarzhaarigen munter hinhielt.
Das Wort, das die beiden gesucht hatte, schien Mike plötzlich in den Sinn zu kommen. „Genau!“, rief die Irin anschließend lächelnd. Es war schon erstaunlich, wie man Wörter vergessen konnte, aber durch die Erklärung des Wortes einem den Namen wieder einfiel. Da Mike ein wenig Lärm mit seinem Klatschen gemacht hatte, erschreckte er die Vögel. Diese flogen sofort weg und schimpften auch ein wenig, was natürlich auch verständlich war, immerhin hatten die beiden die Vögel verscheucht.
Nachdem die Wölfin dem Schwarzhaarigen eine kalte Überraschung geboten hatte, schien es ihm doch zu kalt zu sein. Ein breites Grinsen war auf dem Gesicht der Schwarzhaarigen zu sehen. Es war eine lustige Idee, die auch Mike sehr überrascht hatte. Lydia musste ein wenig lachen, da sie seine Reaktion eindeutig nicht so eingeschätzt hatte. Viel eher hatte sie das Gefühl, dass es ihn abkühlen würde und es angenehm war. Mike holte den Kühlakku aus seinem T-Shirt heraus und drückte es auf seine Wange. „Ich helfe doch immer gern“, sagte sie grinsend. Ob es ihn so abkühlen würde, wenn er den Kühlakku nur auf die Wange drückte? Lydia war sich nicht sicher, ob dies sehr effektiv war, aber Mike würde sicherlich schon wissen was er tat. Der Ort, den die Irin gesehen hatte, schien auch für Mike ein guter Platz für eine kurze Pause zu sein. Lydia lief ihm hinterher und gab auf den anderen Baumstumpf ihren Rucksack. Danach zog die Wölfin die Cola heraus. Es waren zwei 0,33 Liter Flaschen. Die Schwarzhaarige reichte eine dem Werwolf und nahm danach ihre und trank einen Schluck daraus. Die Cola war noch sehr kalt und erfrischte wirklich sehr gut. Lydia nickte anschließend zustimmend. „Klar, kannst du den Kühlakku in deinen Rucksack packen, ich hab noch mehr. Wenn du noch einen haben willst, kannst du noch einen haben“, sagte sie ihm und zeigte den Inhalt ihres Rucksacks. Es waren insgesamt drei Kühlakkus noch in ihrem Rucksack und davon könnte sie ohne Probleme Mike noch geben, einfach damit die Sachen auch bei ihm länger kühl bleiben würden. Danach suchte der Werwolf noch etwas. Die Schwarzhaarige sah ihm neugierig zu, denn sie hatte mittlerweile schon wieder vergessen, dass er nach den Skittles gesucht hatte. Doch kurz darauf holte Mike die Packung heraus und die Augen der Wölfin füllten sich mit Begeisterung. Auch ihr Schweif schwankte vor lauter Begeisterung hin und her. Lydia nahm sich sofort ihre Lieblingssorte aus der Hand des Werwolfs. „Vielen Dank. Ich hab am liebsten die orangen und welche magst du am liebsten?“, fragte sie den Schwarzhaarigen und nahm gleich darauf das eine Bonbon in den Mund. Sie liebte den Geschmack nach orangen, der süß und auch gleichzeitig süß-sauer war. Es war einfach nur lecker und Lydia schwebte gerade auf Wolke sieben.
Lydia schien sich darüber zu amüsieren, dass Mike dank ihrer Hilfe fast zu Eis erstarrt wäre. Gut, das konnte er ihr nicht verübeln. An ihrer Stelle hätte er sich einen Ast abgelacht, hätte jemand so dramatisch auf ein bisschen Kühlung reagiert. „Zuuu gut von dir“, gab er mit einem ironischen Schmunzeln zurück und wechselte den Kühlakku auf die andere Wange. Hoffentlich blieb durch die Kälte kein roter Abdruck in seinem Gesicht zurück … Mit einem dankbaren Lächeln nahm Mike die kleine Colaflasche entgegen und ließ den Kühlakku auf Lydias OK hin in seinen Rucksack rutschten. „Glaub einer reicht erstmal“, erwiderte er und schob seinen Rucksackinhalt ein wenig herum, damit der Kühlakku neben den Getränken und dem Süßkram lag. Die Chips mussten schließlich nicht kühlgehalten werden, weshalb der Werwolf diese ein Stück nach oben zog. Nachdem die Reorganisation seines Gepäcks beendet war, konnte er sich endlich der Cola widmen, wegen der sie ja ursprünglich die Pause eingelegt hatten. Die Flasche wurde geöffnet — begleitet von dem altbekannten Zischen — und noch während der Schaum sich legte, gut zur Hälfte geleert. Mike setzte die Flasche wieder ab, fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und atmete zufrieden aus. „Das tut … gut“, meinte er, den Anflug eines Schluckaufs auf Grund der Kohlensäure unterdrückend. Lydia hatte sich währenddessen bereits ihre Lieblingssorte rausgepickt, was bei Mike auf Unverständnis, ja beinahe Entsetzen stieß. „Orange?!“ Ungläubig hob er die Augenbrauen, als wurde sein ganzes Weltbild in den Grundfesten erschüttert. „Nimms nicht persönlich, aber Orange ist die schlimmste Sorte … kurz nach Gelb. Die grünen sind jawohl mit Abstand die besten“, behauptete er selbstsicher und inhalierte einfach den Rest der Skittles in seiner Handfläche. Kauend schüttete Mike noch eine Portion der bunten Drops in seine Hand, um die kleine Tüte restlos zu vernichten, und hielt sie Lydia erneut hin. Über ihre kontroverse Meinung kam er so schnell aber nicht hinweg. „Tzz … Orange“, murmelte er kopfschüttelnd und spülte mit einem Schluck Cola nach. Seine Zähne und sein Blutzuckerspiegel dankten ihm gerade nicht, aber seine Laune hob sich durch den Zuckerschock definitiv. Sogar der ansteigende Pfad, den sie gleich bestreiten müssten, sah plötzlich viel machbarer aus als noch vor einer Minute.
Die Überraschung war der Schwarzhaarigen auf jeden Fall gelungen. „Ich kann halt Wünsche wahr werden lassen“, sagte sie mit einem breiten Grinsen zurück. Schuldgefühle hatte sie auf jeden Fall keine. Die Situation war einfach viel zu lustig, als dass sie Schuldgefühle haben würde. Das konnte Mike sicher auch an dem Grinsen erkennen, aber es war ja auch nichts Schlimmes.
Der eine Kühlakku reichte Mike wohl für seinen Rucksack aus. Lydia nickte zustimmend und machte ihren Rucksack anschließend wieder zu. Danach trank sie auch aus ihrer Colaflasche. Das kühle Getränk tat richtig gut. Die Erfrischung tat aber auch einfach gut bei solch einem Wetter. „Perfekt für so ein Wetter“, ergänzte sie noch die Aussage des Werwolfs mit einem Lächeln im Gesicht. Doch nachdem Lydia ihre Lieblingssorte offenbart hatte, schien Mike nicht wirklich begeistert zu sein. Für ihn gab es wohl nur die grünen, die am besten waren. „Du hast einfach kein Geschmack und kannst die Orangen nicht würdigen“, sagte die Irin mit einem frechen Gesichtsausdruck zu Mike. Sie nahm es ihm nicht übel, aber sie konnte auch nichts für ihren Geschmack. Anschließend nahm sie sich noch die weiteren orangen Skittles heraus und aß sie genüsslich auf. Eigentlich war es ihr egal, welche Farbe sie aß, denn sie fand alle gut, bis auf Gelb. Gelb war immer so sauer, weil es meistens Zitrone war. Das mochte die Wölfin überhaupt nicht. Lieber hatte sie einen fruchtigeren und süßeren Geschmack. Als die Skittles fertig waren, packte Lydia wieder ihre Sachen zusammen, denn nun hatten sie eindeutig noch den weiteren Weg vor sich. „Bist du bereit zum Weiterlaufen? “, fragte die Irin Mike. Als die beiden dann noch eine Weile Bergauf liefen, kamen sie irgendwann an ihrem Ziel an. Lydia war froh, denn es wurde doch langsam anstrengend und die Hitze war weiterhin unerträglich. „Zum Glück sind wir da“, sagte sie zu dem Werwolf mit einem Lächeln im Gesicht. Danach holte sie noch ihre restliche Cola aus ihrem Rucksack. Die Kühlakkus arbeiteten hart, da die Cola immer noch kalt war. Perfekt zum Trinken. Nachdem sie die letzten Schlucke getrunken hatte, sah sie zu Mike. Brauchte er vielleicht auch etwas aus ihrem Rucksack? Oder wollte er schon das Training beginnen? Gespannt wartete sie ab, was er als nächstes tat.
Mike mochte diese erfrischend freche Seite an Lydia. Sie war nicht so frech, als dass es schon wieder als anstößig galt, sondern einfach süß frech, mit dem Grinsen im Gesicht, das sich keinerlei Schuld bewusst war. Wie könnte man ihr da irgendwas übelnehmen, selbst wenn man sich anstrengte? Dem Werwolf wollte jedenfalls kein Szenario einfallen, indem er Lydia und ihren Fellöhrchen auch nur ansatzweise böse sein konnte. Im Grunde war Mike die Farbe seiner Skittles gar nicht so wichtig. Er schüttete sich sowieso immer mehrere auf die Handfläche und letztlich in seinen Mund. Ob da nun zwei grüne und drei rote, zwei orange und vier gelbe oder fünfzehn violette Ovale auf seiner Zunge landeten, war ihm letztlich Jacke wie Hose. Trotzdem musste er mit Lydia diskutieren, einfach aus Prinzip und weil für sich allein betrachtet die grünen Drops einfach am besten schmeckten. „Näh, die kann ich auch nicht würdigen“, gab er mit verschränkten Armen zurück und stopfte die leere Packung wieder in seinen Rucksack. Umweltverschmutzung war schließlich echt uncool. „Aber dann kriegste halt immer die orangenen Skittles und ich die grünen, Deal?“ So wurden sie irgendwie beide glücklich, ohne sich auf eine einzigwahre beste Sorte einigen zu müssen. Es gab immerhin wichtigeres, um das sie sich Gedanken machen sollten, so wie den Weg, den sie noch vor sich hatten. Mike wusste ungefähr, wo sie lang mussten und notfalls kam ihnen Lydias Orientierungsgabe sicherlich zugute. Jedenfalls ging er davon aus, dass das naturverbundene Tierwesen gut mit Himmelsrichtungen, dem Stand der Sonne und derartigem Käse zurechtkam. In dieser Hinsicht war Mike nämlich hoffnungslos unbegabt und unerfahren. Er vernichtete die Cola ebenfalls, schob die Flasche in eine Seitentasche und schulterte den Rucksack. „Ugh … ich wär am liebsten schon da. Aber ja, lass uns mal weitergehen“, stimmte er Lydia letztlich mit einem leicht murrenden Unterton zu und lief neben ihr her den langen Pfad entlang.
Und als sie dann endlich das Ziel erreicht hatten — eine kleine von Bäumen gesäumte Grünfläche — konnte Mike nicht anders, als erst seinen Rucksack vor sich auf den Boden fallen zu lassen und im Anschluss sich selbst. Mit dem Rücken an den überraschend kühlen Rucksack gelehnt und die Arme und Beine von sich gestreckt, stieß er einen tiefen Atemzug aus. „Eeeendlich! Noch ‘n Meter und du hättest mich vom Boden kratzen müssen. Ich wär einfach … umgekippt und … geschmolzen“, jammerte er noch leicht außer Atem und schielte zu Lydia, die noch relativ fit aussah. Hatte der Schüler sich in letzter Zeit angesichts der unerträglichen Temperaturen etwas gehen lassen und mehr Eis gefressen, als ihm gut tat? Möglichweise. Hatte er trotz dieser Feststellung absolut null Lust auf das versprochene Training? „Können wir das Training nicht verschieben auf … niemals … und einfach chillen?“ Er sah bittend zu Lydia und fischte anschließend eine Flasche Wasser aus seinem Rucksack.
Der Deal, den Mike vorschlug, brachten die Augen der Wölfin zu leuchten und ihren Schweif zum freudigen hin und her wedeln. „Jaaa! Das ist ein super Deal“, sagte sie freudig darauf hin. Grundsätzlich war es ja auch gut, dass beide einen anderen Geschmack hatten, denn so konnten sie sich nie über Skittles streiten. War ja eigentlich ne Win-Win Situation für beide.
Nachdem die beiden die kleine Zwischenpause beendet hatten, machten sie sich beide auf den Weg zum Ziel. Es erwartete sie noch ein langes Stückchen, aber es war auf jeden Fall machbar. Gut, Mike schien gerade nicht so motiviert zu sein, aber dafür war es Lydia umso mehr. „Wir packen das schon, ist ja sicher nicht mehr so weit“, versuchte sie ihn noch irgendwie zu motivieren, bevor die beiden losgingen. Nach einiger Zeit erreichten dann die beiden das Ziel. Der Werwolf ließ sich sogleich auf den Boden fallen und jammerte direkt herum. Die Schwarzhaarige grinste breit. „Zum Glück bist du kein Schneemann, sonst wär hier schon lange alles voller Wasser“, sagte sie zu ihm. Die Wölfin vernahm ein Geräusch aus der Ferne und ihre Wolfsohren drehten sich in diese Richtung. Das Geräusch kam ihr bekannt vor. Es schien so, als ob Hasen durch das Gebüsch hoppeln würden. Sie ließ das Geräusch los und konzentrierte sich anschließend wieder nur auf den Ort. Auch sie legte nun ihren Rucksack auf dem Boden ab und setzte sich daneben hin. Mike schien faul geworden zu sein, denn er wollte das Training verschieben, am besten auf niemals. Lydia fing an zu lachen. „Wenn es dir zu viel wird, dann können wir auch ruhig hier bleiben, chillen und die Gegend genießen“, sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht. Auch dies tat die Irin gern. Ab und zu tat das auch gut. Lydia machte ihren Rucksack auf. Daraus nahm sie für sich selbst eine Wasserflasche heraus, die sehr gut gekühlt war. Zum Glück hatte sie die Kühlakkus im Rucksack, denn nun wäre das Wasser sicher warm gewesen und hätte nicht so eine feine Abkühlung geboten. Sie trank einige Schlucke und freute sich richtig, dass das kühle Wasser sie ein wenig abkühlte. "Das tat gut", sagte sie, nachdem sie fertig getrunken hatte. Danach setzte sie sich neben Mike und genoss die Natur.
Mike konnte sich ein schiefes Grinsen über Lydias etwas kuriose Bemerkung nicht verkneifen. Ein Schneemann war er zwar keiner, aber bei der Menge an Schweiß, die ihm inzwischen über die Stirn lief, war es trotzdem ein Wunder, dass er keine Pfützen hinterließ. Da brachte es auch nichts, dass er sich im Wohnheim reichlich mit Antitranspirant-Deo eingedieselt hatte … verdammte Sommerhitze, die sich nicht mit seiner sowieso schon hohen Körpertemperatur vertrug! Lydia setzte sich neben ihn und kramte ebenfalls eine Wasserflasche aus ihrem Rucksack. Übermäßig motiviert wirkte sie in Mikes Augen auch nicht, obwohl ihn das leise Gefühl beschlich, dass sie es womöglich nur ihm zuliebe sagte, so wie sie sich auf den Ausflug gefreut hatte. „Alsooo… wir können schon ‘n bisschen was tun, wenn du möchtest“, lenkte er ein und trank hastig ein paar Schlucke Wasser. Dann ließ er die Flasche in seinen Schoß sinken und nahm erst einmal ihre Umgebung aufmerksamer in Augenschein. Sie waren von saftig grünen Büschen umrandet und irgendwo in der Nähe war das Rauschen eines Flusses oder eines kleinen Wasserfalls zu hören und beinahe sogar zu riechen. „Wir können auch gucken, was er hier so in der Nähe gibt. Ich glaub ich hör ‘nen Fluss in der Richtung irgendwo“, meinte er und deutete in die entsprechende Richtung. Solange sie ihre schweren Taschen vorübergehend hier abstellen konnten, hatte Mike kein Problem gegen eine kleine Erkundungstour. Vor allem, wenn am Ende der Reise eine richtige Abkühlung wartete. Doch da er nicht den Ton angeben wollte, wartete er zuerst auf Lydias Antwort, bevor er Anstalten machen würde sich zu bewegen.
Die Motivation schien wohl in Mike wieder ein wenig entfacht worden zu sein. Lag es daran, dass die Irin mit allem einverstanden war? Die Wölfin wusste es nicht, aber ihr war es heute wirklich egal, ob sie nur dasitzen würden und die Natur genießen würden, oder aber auch trainieren würden. Die Temperaturen würden so oder so noch weiter in die Höhe steigen. Hier im Wald gab es eine halbwegs ordentliche Isolation durch die Bäume und so war es doch um einige Grad kälter als außerhalb vom Wald. Mike erwähnte, dass sie aber auch die Gegend erkunden könnten und dass er einen Fluss hörte. Lydia schärfte ihren Gehörsinn und machte die Augen zu. Sie vernahm nun auch ein ordentliches Plätschern und sie öffnete die Augen wieder. Da sie doch eine eher neugierige Wölfin war, wurde so nun ihre Neugier geweckt. Immerhin war die Schwarzhaarige zuvor noch nie hier und sie kannte sich deshalb nicht wirklich aus. Da war eine Erkundungstour genau das Richtige. „Ich hab den Fluss ausgeblendet, aber jetzt wo du es sagst, höre ich ihn auch. Gehen wir ihn suchen. Ich war noch nie hier und möchte natürlich auch alles erkunden“, sagte sie zu Mike mit einem Lächeln im Gesicht. Somit war der Standpunkt der Irin wohl klar. Lieber die Gegend erkunden, als zu trainieren. Aber das Training könnten die beiden ja auch später machen können. Der Tag war ja noch lang genug dafür. Zwar nicht mehr allzu lang, aber das Training könnte sich doch noch später ausgehen. Genug Proviant für den Tag hatten die beiden außerdem auch dabei.
Top motiviert verräumte die Irin ihre Sachen wieder in ihrem Rucksack und hievte diesen danach auf ihren Rücken. Er war mittlerweile ein paar Kilo leichter, was Lydia doch sehr freute. Rückentraining hin oder her, bei solch einer Hitze war alles zehn Mal so anstrengend als normal. Danach stand die Wölfin auf und wollte langsam in die Richtung des Flusses laufen. Doch bevor sie überhaupt ein paar Schritte weit kam, stolperte Lydia über eine Baumwurzel und flog nach vorne in die Richtung von Mike. Lydia gab nur noch ein panisches „AHHHHH“ während des Falls von sich.
Die Gegend unsicher zu machen, klang einfach viel spannender als hier zu hocken und verzweifelt ihre Verwandlungen zu üben. Mike würde dabei sowieso nicht weit kommen und hilfreiche Tipps könnte er Lydia auch nicht geben. Er war schließlich kein Tiermensch, selbst wenn einige den Unterschied zwischen ihren Arten nicht erkannten. Außerdem mochte er ihre spitzen Ohren, die bei Geräuschen aufmerksam hin und her zuckten, und den flauschigen Schweif, an dem man ablesen konnte, ob sie sich freute. Wenn Mike ehrlich sein sollte, würde er diesen kleinen Details, die Lydia einzigartig machten, hinterhertrauern, sollte sie jemals die Kontrolle über sie erlangen. Entsprechend freute er sich darüber, dass sie seinem Vorschlag zustimmte und sich ebenfalls lieber auf eine Erkundungstour begeben würde. „Ich war auch noch nie hier in diesem Teil des Walds, glaub ich. Aber hey, umso besser… dann ist das alles für uns beide spannender“, sagte er lächelnd und nahm noch einen Schluck Wasser, bevor er die Flasche neben seinen Rucksack warf, den er erst einmal hierlassen würde. Er glaubte nicht, dass ein Tier interessiert daran wäre sich an den Skittles und Chips zu vergreifen. Und soweit er wusste, sollte es hier auch keine allzu gefährlichen Raubtiere geben, mit denen er sich um seinen Proviant prügeln müsste. Er wartete darauf, dass Lydia startklar war und lief anschließend in einem gemütlichen Tempo neben ihr her. Sie kamen allerdings gar nicht dazu die kleine Lichtung zu verlassen, da ihnen eine Stolperfalle einen Strich durch die Rechnung machte. Überrascht fuhr Mike herum und streckte reflexartig die Arme nach Lydia aus, als er ihren Körper nach vorn fallen sah. Eine Hand klammerte er um den Riemen ihres Rucksacks, um dadurch den Fall zu bremsen, den anderen Arm schnürte er vermutlich etwas unsanft um ihre Taille. Vielleicht hätte er sie geschickter und vorsichtiger festhalten können, doch der Sturz kam völlig aus dem Nichts. Für einen Moment schien der improvisierte Klammergriff zu funktionieren, doch im nächsten Augenblick verlor Mike die Balance und kippte einfach mitsamt Lydia, an die er sich nun wiederum klammerte, nach hinten um. „Ahhh… verdammt!“ Hätte er seinen Rucksack doch getragen, hätte dieser den Aufprall abgefedert, doch so landete Mike erbarmungslos mit dem Rücken auf dem Erdboden auf, mit Lydia als zusätzliches Gewicht auf seinem Körper. Der Aufprall drückte ihm kurzzeitig die Luft aus den Lungen und er schnappte für ein paar Sekunden nach Sauerstoff, bevor er zu sich kam und Lydia durch den Schmerz hindurch entschuldigend anlächelte. „Erstens.. autsch, verdammt. Zweitens.. alles gut bei dir? Oder hast du dir was getan?“ Erst nachdem er Lydia aufmerksam und ein wenig besorgt angeblickt hatte, bemerkte Mike, dass seine Arme mittlerweile um ihre Hüfte lagen, an der er sich beim Fall wohl festgehalten hatte. Eilig nahm er die Hände von ihr, um stattdessen ächzend seinen Oberkörper aufzurichten. Tolle Rettungsaktion, Schrägstrich, Bruchlandung… er war mal wieder ein richtiger Held.