Und als ob es nicht schon ohnehin besser werden konnte, stand nun auch noch die Säuberungspflicht vor der Tür. Ein leichtes Seufzen entkam der Blondine bei dem bloßen Gedanken an Wasser und die staubigen Reste, welche sich an der Tafel festgebissen hatten wie ein Vampir an der Ader seines Opfers. Allein der Gedanke schmerzte der Französin, als sie wehmütig ihre Fingernägel betrachtete. Irgendwie hatte sie im Gefühl, dass dieser Tag nicht so gut ausgehen würde, was ihre Körperpflege angeht. Aber was sein musste, das musste wohl sein. Außerdem sollte sie heute eigentlich eine Hilfe bei ihren Arbeiten haben.
„Euhh…das kann ja was werden.“, verließ ein Hauch von Verzweiflung ihren Mund, während sie noch mehr in dem Raum ausmachte, als die dreckige Tafel allein. „Na gut, was sein muss, das muss sein.“, kamen die zum Abschluss motivierenden Worte. Dann folgte die erste Aktion des Tages: Vorbereitung. Diese startete aber, entgegen der Vermutung manch anderer, nicht mit dem Holen eines Eimers und dem einfüllen von Wasser, sondern mit der Vorbereitung am eigenen Leib. Sehr elegant legte sie die Weste ihrer Schuluniform auf dem Lehrerpult ab und richtete sich symbolisch den Kragen ihrer kurzärmeligen Bluse. Aus der Tasche schnappte sich die Französin noch schnell ein Haargummi. Dann griffen ihre grazilen Hände wieder um, damit sie einen Teil ihrer Haare unter dem Hemd hervorholen konnten. Innehralb eines Augenblickes war alles zu einem Schopf zusammengefasst und das Gummi elegant daran befestigt. Ein wahrlich faszinierendes Schauspiel, würde es nicht zur Routine eines jeden Mädchens mit langen Haaren gehören. „So, wo bleibt er nun?“, fragte sie sich leicht umherschauend mit beiden Armen an die Hüften gestemmt, bevor ihre blauen Augen am Eingang hängenblieben. Eigentlich wollte Damian doch nur einen Eimer holen, das konnte doch nicht so schwer sein, oder? Die Pflanzen, so viel stand fest, brauchten auf jeden Fall etwas Pflege. Genauso wie die Tische und…ach, eigentlich mussten sie das Ding mit dem Namen Klassenraum komplett Generalüberholen.
Helena hatte den Blondschopf dazu verdonnert einen Eimer zu holen. Eigentlich sollte man davon ausgehen, wenn man schon eine solche Aufgabe verteilte den Schülern gleich die nötigen Utensilien bereitzustellen. Missmutig hatte sich der Italiener auf die Suche nach einen Eimer gemacht. Irgendwo in der Schule gab es ganz bestimmt eine Abstellkammer mit allerlei Krimskrams drin, da wäre sicher auch ein Eimer zu finden. Nur war Damian bislang noch nirgends auf eine Abstellkammer gestoßen. Es gab auch wahrlich interessantere Räume zu erkunden als eine bescheuerte Abstellkammer, die eh niemand brauchte. Irgendwann wurde der Blondschopf fündig. Die Abstellkammer jedoch hatte er nicht gefunden, dafür einen einsam und verlassenen Eimer. Ein triumphierendes Grinsen legte sich auf die Lippen des Jungen, ehe er sich den Eimer schnappte und sich wieder auf den Weg zum Klassenraum machte. Der Klassenraum glich einem Schlachtfeld. An der Tafel konnte man bestimmt kein einziges Wort mehr lesen, sollte man den Versuch wagen überhaupt drauf schreiben zu wollen. Und der ganze Staub, welcher sich überall festgesetzt hatte. Einfach grauenvoll. Und dann wurde man auch noch zum Putzen verdonnert. Der Bianchi wusste eigentlich gar nicht, wieso er eigentlich einen Klassenraum putzen sollte, er hatte schließlich gar nichts angestellt. Ein Seufzen drang aus seiner Kehler, als er endlich am Klassenraum angekommen war und Helena mit in die Hüften gespreizten Händen vorfand. Jetzt würde sicher eine Schimpftirade folgen, wieso er so lange gebraucht hatte oder sowas in der Art. »Ich hab' einen Eimer gefunden.«, sprach das Mischwesen und hielt besagten Gegenstand zur Begutachtung ein wenig nach oben. Helena hatte währenddessen ebenfalls ein paar Vorbereitungen getroffen, aber nicht was den Klassenraum betraf. Ihre Haare waren zusammengebunden und die Weste hing über dem Lehrerpult. Zum Glück musste sich Damian als Typ nicht mit langen Haaren rumärgern. Kurz ließ er seinen Blick schweifen und blieb an den verdorrten Blumen hängen. »Die Blumen kann man wohl nicht mehr retten oder?«, gab der Blondschopf zu bedenken und stellte den Eimer vorerst auf den Boden. Helena würde ihm sicher weitere Instruktionen geben, was zu tun war beziehungsweise welcher Aufgabe er sich widmen sollte. Es waren alle Aufgaben nicht sonderlich prickelnd.
„Wunderbar. Dann wäre das Problem aus der Welt.“, erwiderte sie begeistert und schlug die Handflächen ineinander. Ja, die Blumen. Sie waren einfach ein Trauerspiel. Falls man das überhaupt noch so nennen konnte. Auf der anderen Seite war die junge Dame aber auch verwirrt, dass er als erstes auf die Blumen zu sprechen kam. Hatte sie hier etwa einen jungen Mann mit Gartentalenten vor sich stehen? Sie musterte ihn in einem kurzen Blick, bevor ihr Kopf sich abermals zu den Töpfen drehte. „Ja, das stimmt wohl. Die Pflanzen haben bessere Tage gesehen. Die können wir, denke ich, wegwerfen.“, suefzte sie etwas theatralisch angehaucht und verschränkte die Arme vor der Brust. Wäre wohl das simpelste in der ganzen Angelegenheit. Außerdem hatte Helena am Morgen etwas gesehen, was ihnen das neu Dekorieren immens erleichtern könnte. Weswegen sie sich erneut Damian zu wandte. „Wir können sie ja einfach mitsamt der Erde aus den Töpfen entfernen und am Ende neben der Schule einfach etwas neues ausbuddeln. Da gibt es ein kleines, wildes Blumenbeet. Ich denke das eignet sich ganz wunderbar.“, die Französin lächelte zufrieden und ging auf den Italiener zu, bis sie letzten Endes vor ihm stand und den Eimer begutachtete. Er konnte ja auch den falschen mitgebracht haben. Wobei das, bei allem Respekt, echt ein Kunstwerk gewesen wäre. Aber ihr Klassenkamerad würde sowas wohl zu vermeiden wissen. Außerdem musste sich ein Mitglied von Team-Korrupt mit sowas auskennen. Wenn jemand wissen sollte, wie man Spuren verwischt, dann ja wohl die Beiden hier. „Deswegen würde ich vorschlagen…“, begann sie zu sprechen während, ihre blauen Augen sich auf seine Seelenspiegel fixierten, „…das wir nun einfach erstmal den Eimer befüllen und dann die Tafel mit den Stühlen und Tischen in Angriff nehmen. Die Fenster sind wohl danach an der Reihe.“.
Und wenn man(n) jetzt glaubte, dass Fenster keine Arbeit waren, so deutete sie mit der Hand – direkt über ihren Rücken, auf die Glasfront hinter sich. Die Sonnenstrahlen in diesem Moment, halfen nur bei der Verdeutlichung des Umstandes, dass Sandstrahlen eine valide Option wäre. „Ich denke das wir froh sein können, dass die Fenster bei dem Zustand keine Empfangswellen blockieren. Ansonsten wären unsere Handys echt nutzlos hier drin.“, lachte sie kurz amüsiert auf und hielt sich dabei die Hand vor den Mund. Durchfegen war der letzte Punkt auf ihrem Plan gewesen, deswegen hatte sie ihn auch nicht erwähnt. Aber was sollten sie auch schon jetzt damit ausrichten. Wenn es so lief, wie sich Helena das dachte, dann würde danach sowieso alles wieder dreckig sein. Man saugte sein Zimmer ja auch nicht durch, bevor man nicht Staub gewischt hatte.
Die Blondine schien sich anscheinend darüber zu freuen, dass sie nun endlich putzen konnten. Damian konnte es nicht fassen, wenn es sich hätte vermeiden lassen, dann wäre er jetzt gar nicht hier sondern irgendwo anders. Das Mischwesen runzelte auf ihre Aussage hin die Stirn. So etwas sollte man einfach nicht kommentieren, da war jede Aussage umsonst. Wegwerfen wiederum klang wie Musik in seinen Ohren. Eigentlich wollte er sich geradewegs auf das Trauerspiel der Pflanzen stürzen, als Helena mit einer genialen Idee herausrückte. Sie wollte tatsächlich ein Beet der Schule plündern und neue Pflanzen in die Töpfe stecken. Viel das Ganze nicht unter Stehlen? Helena war noch korrupter als angenommen. Sollte er diesen Umstand eigentlich erwähnen? Damian entschied sich dagegen, Hel wusste sicher, dass das nicht unbedingt richtig war. Der Italiener verstand sowieso nicht, warum sie noch zusätzliche Arbeit machen sollten, als es ohnehin noch zu bewältigen gab. Ein Seufzen ließ sich leider nicht mehr vermeiden. »Glaubst du, dass du für eine Fleißaufgabe extra Punkte bekommst?«, grinste er ihr zu. Den Kommentar hatte er sich einfach nicht verkneifen können. Der Italiener würde auch nicht zum Spielverderber werden, sollten sie wirklich ein paar Blümchen ausbuddeln wollen. Ob Damian dafür jedoch der richtige Partner war, wagte er zu bezweifeln. Er mochte zwar Blumen, aber selbst welche zu pflanzen lag nicht in seinem Ermessen. Noch ehe er sich jetzt wirklich an die vertrockneten Blumen vergreifen konnte, verringerte die Französin den Abstand zu ihm. Der Eimer war noch zwischen den Beiden. Ihr Blick war ebenso kurz auf den Eimer gerichtet. Wollte sie etwa kontrollieren ob der Eimer etwas taugte? Mit zusammengekniffenen Augen schaute er in ihre Richtung und zog dabei auch noch einen Schmollmund. Nie traute sie ihm etwas zu. Unerhört. Wenn er nicht Manns genug wäre, dann hätte er hier auf der Stelle zu heulen begonnen. Damian überließ der Blondine gerne die Führung was den Ablauf anbelangte. Der Italiener würde seine ihm zugeteilten aufgaben mit Bravour meistern, aber bevor es ab zum Wischen der Tafel ging, schnappte sich der Blondschopf den Mülleimer und filzte die verdorrten Blumen in den Abfall. Er konnte sich dieses Trauerspiel einfach nicht länger mitansehen. Jetzt da das Gestrüpp aus seinem Sichtfeld verschwunden war, konnte er sich getrost seiner nächsten Aufgabe widmen. Der Tafel. Aber zum Säubern benötigten sie definitiv noch Wasser, daher schnappte sich Damian den geholten Eimer und ging zum Waschbecken. »Sag mal Hel, weißt du eigentlich was passiert, wenn wir die Tafel mit putzmittelversetztem Wasser säubern?«, stellte er der Blondine die Frage, die ihn gerade beschäftigte, während er versuchte den blöden Wasserhahn aufzudrehen. Die Worte was die Fenster betraf, bekam der Italiener gar nicht richtig mit, da seine ganze Aufmerksamkeit auf dem Wasserhahn ruhte. Das Miststück bewegte sich keinen Millimeter und verspottete den Riesen. Was für eine Blamage. Nicht einmal einen Wasserhahn konnte er aufdrehen. Peinlich. »Helenaaaa!«, weinte Damian los und hoffte, dass Helena seine Bemühungen mit dem Wasserhahn bereits gesehen hatte, »Der Wasserhahn klemmt. Ich bin zu schwach. Du musst ran.«, gab er von sich und rieb seine Hände an seiner Hose ab.
Etwas fragend schaute die Französin drein, als ihr Partner Extrapunkte erwähnte. „Wieso Extrapunkte?“, ihr Kopf drehte sich leicht in die Schräge. War es denn so falsch, sich Gedanken um die weitere Ausführung einer Aufgabe zu machen? Sie empfand dies ja nicht so. Außerdem würde es, sollte man sich um diese Pflanzen kümmern, eine nicht gerade unbeträchtliche Verschönerung des Ambiente nach sich ziehen. Aber das war wohl nicht im Interesse des Italieners, wie er mit der Aussage indirekt durchsickern ließ. Aber darüber zu philosophieren machte die Liste der anstehenden Punkte nicht kürzer. „Da können wir uns ja noch später Gedanken machen.“, gab sie leicht seufzend klein bei und fokussierte sich, zusammen mit ihrem Partner, auf die Beschaffung von Wasser. Wobei vorher noch die alten Pflanzen elegant entsorgt wurden.
Eine Aufgabe die der Blondschopf selbst in Angriff nehmen konnte, so ihre Vermutung. Sie klappte in der gleichen Zeit die Tafelhälften auf, damit auch alle Seiten schnell verfügbar waren. Organisiertes Vorgehen ersparte immerhin Zeit und Arbeit! Doch die Probleme sollten nicht weniger werden. „Mhh…“, grübelte sie mit einer Hand an der Hüfte, während die andere bedächtig an ihr Kinn tippte. Konnten Tafeln dadurch kaputtgehen? Sie wusste es nicht. Aber irgendwie ließ sich die Vorstellung von einer sauberen Tafel, ohne Kreidereste, nicht mit Wasser allein lösen. „Keine Ahnung, Damian. Aber Ich glaube nicht, dass die Tafel dadurch beschädigt wird.“, kam sie schließlich auf ein Ergebnis und schaute Damian in die Augen, „Wenn sie denn so anfällig gegenüber Putzmittel wäre, so würde sie wohl jetzt noch schlimmer Aussehen. Ich glaube nämlich nicht, dass sie nur jetzt das erste Mal gereinigt wurde. Also sollte das klar gehen.“. Und wenn nicht, dann hatten die Auftraggebenden selbst Schuld gehabt. Wenn sie den Raum nur kurz mit Wasser bepuddeln sollten, damit das Gefühl von Sauberkeit entstand, hätten sie das auch schnell ohne die Schüler machen können. Ganz einfach.
Die Mühen mit dem Wasserhahn, wurden von Helena im ersten Moment nicht wirklich wahrgenommen. Zwar hatte der Italiener ab und zu ein paar Blick auf sich Ruhen, aber diese waren eher flüchtiger Natur. Jetzt, da die Pflanzen weg waren, konnte sie ja ein paar Fenster öffnen, um ein bisschen frische Luft in den stickigen Raum zu lassen. Dann erreichte erst der verzweifelte Ruf eines Blondschopfes das Ohr der jungen Dame. Fragend schauten die blauen Augen der Französin in seine Richtung, dann hörte man ein leichtes Lachen, bevor sie sich von der Fensterseite entfernte und zu ihrem Putz-Partner hinüberwanderte. „Du kannst es ruhig zugeben.“, grinste sie frech in seine Richtung, als sie vor ihm zum Stehen kam, „Du liebst es zu sehen, wie ich mich abrackere.“. Ohne ihm dabei irgendetwas lüsternes zu unterstellen…obwohl. Kurz schärfte sich ihr Blick, dann entspannte sich die Mimik aber wieder. So unsportlich war er doch nicht. Jedenfalls nicht seinem äußeren zufolge. Anschließend versuchte sich die besagte Dame selbst am Öffnen des wasserspendenden Mechanismus. Der sich keinen Millimeter rührte. Aber was hatte er auch erwartet? Wenn er, der Herr im Klassenraum, dass nicht hinbekam, wie sollte eine fragile Gestalt wie sie das bewerkstelligen. „Ich…krieg…ihn…nicht…auf.“, ächzte die Blondine etwas verschnauft nach ein paar Versuchen, bevor sie sich geschlagen gab. „Versuchen wir es mal zusammen, ja?“, schlug sie vor und faltete dabei symbolisch die Hände ineinander. Je schneller das Wasser lief, desto schneller waren Tafel, Tische und Stühle sauber. „Dann geht’s der Tafel auch endlich an den Kragen!", betonte sie wie eine Art Motivationsspruch und legte ihre Hand an den Mechanismus.
Somit war es also beschlossene Sache, dass sie sich erst nach den anderen Aufgaben über die Verschönerung des Klassenraums Gedanken machten. Sollte es die Zeit erlauben, dann würde Damian der Verschönerung keinesfalls im Wege stehen, aber wenn er sich so den Klassenraum anschaute, war er der Meinung, dass es ganz bestimmt eine Menge Zeit brauchen würde um damit fertig zu werden. Ob dann überhaupt noch Zeit und vor allem Lust blieb um auch noch Blumen auszubuddeln, war mehr als fraglich. Daher nickte er nur bestätigend.
Während es Abmühens mit dem Wasserhahn beantwortete Helena seine Frage betreffend des Putzmittels. Eigentlich kannte der Italiener niemanden, der bislang eine Tafel damit geputzt hatte. Aber bei dieser Tafel mussten wohl härtere Geschütze aufgefahren werden. Ob die Tafel danach noch zu gebrauchen war, kümmerte den Blondschopf weniger. War schließlich nicht seine Schuld, wenn man keine Instruktionen bekam, wie man das Klassenzimmer säubern musste. Anscheinend ging da jemand davon aus, dass die Schüler mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestattet waren. Damian lauschte den Worten der Französin, die ebenfalls keine Bedenken hegte, was das Putzmittel in Zusammenhang mit der Tafel betraf. »Dein Wort in Gottes Ohr. Kenne die Reinigung einer Tafel zwar nur mit Wasser, aber diese Tafel nur mit Wasser zu reinigen, stell ich mir auch schwierig vor.«, gab der Italiener von sich. Vielleicht war es am besten einfach weniger Putzmitteln zu verwenden. Damian wusste nämlich nicht, wie viel so eine Tafel kostete, sollte man sie ersetzen müssen. »Wir nehmen einfach nicht so viel von dem Zeug. Sollte wohl irgendwie klar gehen.«
Die Anstrengungen des Italieners blieben erfolglos und nach seinem Hilferuf, eilte Helena in schillernder Rüstung zu Hilfe. Ein Lachen konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen. Unweigerlich legte sich auch ein Schmunzeln auf Damians Lippen. Es war ja doch irgendwie lächerlich, dass ein so großer Kerl den Wasserhahn nicht aufbekam. Während Helena noch einen Kommentar dazu abgab und sich auch gleich ans Werk machte, drang ein Windhauch ins Klassenzimmer. Verwunderte blickte der Blondschopf zur Fensterfront. Helena schien wohl ein wenig frische Luft gebrauchen zu können. War auf alle Fälle keine schlechte Idee. »Vielleicht mag es der Wasserhahn lieber, von Frauenhänden angefasst zu werden.«, blödelte der Blonde, während aber Hel ebenfalls kläglich an dem Mistding scheiterte. Daran lag es also nicht. Der Wasserhahn bevorzugte also kein gängiges Geschlecht. Erst die Worte zusammen ließen den Jungen wieder aufmerksamer werden. Ob das überhaupt was bringen würde? Man konnte es auf alle Fälle mal probieren. »Na dann, probieren wir es mal.« und mit diesen Worten schritt er wieder auf das Waschbecken zu. Gemeinsam wurde der Wasserhahn malträtiert, bis er endlich klein bei gab. Aber nicht ohne die Übeltäter nass zu spritzen. Eine ganze Fontäne ergoss sich auf die beiden Herrschaften, ehe Damian einen Schritt nach hinten machte. Das war jawohl die Höhe. »Äh ja. Sieht so aus, als hätten wir auch noch eine gratis Dusche kassiert.«, grinste der Riese und schüttelte sich kurz.
Da nun endlich das Wasser aus besagtem Hahn kam, konnte das Putzen endlich mal beginnen. Das Wasser wurde in den Eimer gefüllt und mit ein wenig Putzmittel versetzt. »Machst du die Tafel, mach ich die Tische?«, wandte er sich mit der Arbeitsteilung an Helena. Die Blondine konnte auch gerne die Tische machen und Damian die Tafel. War ihm ziemlich gleich. Zumindest sollten sie mal anfangen, damit sie heute noch fertig wurden.
Die Aufforderung der Französin, sie sollten es doch bitte einmal zu Zweit versuchen, war dem Italiener wohl keine zweite Erwähnung wert. Schon wenige Sekunden später, fand sich auch seine Hand an besagtem Hahn und der Versuch, an Wasser zu gelangen, konnte beginnen. Jetzt konnte sie auch den Kommentar wiederlegen, dass der Wasserhahn nur auf Frauenhände gut zu sprechen war. Sie würden das beide schon hinkriegen. Dann mal los! 1…2…3…4…und los. Mit kombinierter Anstrengung mühten sich die zwei personifizierten Europäer. Und der Wasserhahn gab sich letzten Endes sogar geschlagen. Jedoch nicht ohne als Märtyrer in die Geschichte einzugehen. Das Wasser spritzte nur so heraus und benetzt sogleich Helenas komplettes Oberteil mit einer Vielzahl an Tropfen. Zum Glück war sie Geistesgegenwärtig genug, den Hahn auch wieder zuzudrehen und nicht wie Damian einen Sprung zurück zu machen. „Gut…ich glaube das hätten wir.“, fasste sie das Ergebnis zusammen und betrachtete ihr Hemd, während sie ihre Arme etwas Distanziert hielt. Merde! Ein Seufzer entkam ihren Lippen. Wenigstens konnte man ihre Unterwäsche durch das Weiß nicht sehen. Wobei man trotzdem gut die Konturen lesen konnte. Es würde sowieso bald wieder trocknen…hoffentlich...oder... „Tja, die Dusche kann sich sehen lassen.“, grinste sie aber im Nächsten Moment schon wieder und richtete sich einmal symbolisch den Kragen. Einziger Trost in der Situation war, dass der Blondschopf genauso getroffen war und…ja, es gefiel der jungen Dame. Er konnte sich sehen lassen. „Jetzt habe ich wenigstens was zum Anschauen, während ich putze.“.
„Ich nehme die Tafel.“, wählte sie schnell einmal den wohl hartnäckigsten Job im Raum und schnappte sich einen Lappen, der für diese Aufgabe geeignet war. Erst jetzt dämmerte es ihr so ein bisschen, dass nicht sie selber, sondern der Italiener so eine gute Show bekommen würde. Immerhin stand sie ja mit dem Rücken zu ihm, ohne eine Möglichkeit sich umzudrehen. Nicht mal einen Spiegel konnte sie nutzen. Aber was soll’s. Dann war sie es eben, die ein bisschen mit der Hüfte wackeln konnte. Beschweren würde sich bestimmt keiner, da war sich die Pariserin sicher. „Und das du mir ja keinen Unsinn machst, während ich mit dem Rücken zu dir stehe.“, warnte sie ihn mit einem kleinen Zwinkern vor, „Korrupten Leuten traue ich alles zu.“. Dann machte sie sich auch schon daran die erste Tafelseite zu säubern und dabei – wenn möglich – nicht unbeholfen auszusehen. Aber beim Putzen attraktiv zu wirken, war schon immer eine Illusion der Werbung gewesen, weswegen sie es nach den ersten paar Sekunden aufgab und normal weitermachte. „In der Werbung sieht das immer so einfach aus…", seufzte sie laut vor sich her, während ihre Hand einen Fleck auf der Tafel in die Mangel nahm. Wenn sie das hier erledigt hatten, waren im Prinzip nur noch die Fenster dran. Die Blumen, da schloss sich die Blondine gerade gedanklich dem Bianchi an, waren optional.
Der Wasserhahn hatte den jungen Leuten wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hatte auf alle Fälle nicht fair gespielt. Das hatten die Beiden nicht verdient. Aber das Unglück konnte leider nicht mehr rückgängig gemacht werden. Zum Glück war es warm genug, dass man nicht frieren musste und das die nassen Klamotten schnell trocknen würden. Nicht nur das Hemd von Damian war ein wenig durchsichtig, sondern auch die Bluse von Helena. Es gab just in den Moment sicher einige Herren der Schöpfung die gerne mit dem Italiener tauschen würden. Zu seinem Leidwesen konnte man die Unterwäsche nur erahnen, so durchnässt war das Oberteil der Französin nicht. Was vielleicht ganz gut war, ansonsten wäre es schwer geworden sich zu konzentrieren und richtig zu putzen. Damian war sich allerdings nicht so sicher, ob Helena die Aussicht genießen konnte, da sie sich für die Tafel entschied. Ein Grinsen legte sich auf die Lippen des Italieners, ehe er sich ebenfalls einen Lappen für die Tische schnappte. Mit der Hand würde er ein solches Teil nicht anfassen. Schade, dass keine Gummihandschuhe bereitgestellt wurden. Irgendwie war das ganze Unterfangen doch ein wenig eklig, wenn Damian genau darüber nachdachte. Die Ermahnung, dass er keinen Blödsinn anstellen sollte, solange Helena in den Rücken zudrehte, folgte auf dem Fuße. Als wäre Damian so ein Schlitzohr, vor allem was sollte er hier großartiges anstellen. Den dreckigen Lappen nach Helena werfen, während sie sich mit der Tafel abmühte? Die Idee war zwar nicht schlecht, aber Damian verspürte nicht das Bedürfnis, selbst einen dreckigen Lappen um die Ohren gepfeffert zu bekommen. »Du bist jawohl die Korruptere von uns beiden. Als würde ich meinem Partner ein Messer in den Rücken rammen. Was du wieder von mir denkst.«, erklärte er und beschwerte sich auch gleich. Immer wurden ihm die abstrusesten Dinge unterstellt. Man sollte besser nicht von sich selbst auf andere schließen. Trotzdem ließ der Italiener seine bernsteinfarbenen Irden auf Helena ruhen, als sie zu putzen begann. Schließlich hatte er die bessere Aussicht und grinste abermals in sich hinein. Die Blondine versuchte sich am sexy putzen, was leider nicht allzu gut zu klappen schien. Ihrer Aussage zufolge schaute so ein Unterfangen in der Werbung viel einfacher aus. Damian konnte sich zwar an keine Werbung erinnern, die das Putzen einer Tafel behandelte aber gut. »Wir machen hier ja auch keine Werbung, sondern einen dreckigen Klassenraum sauber.«, lachte der Blondschopf und widmete sich endlich seiner Aufgabe. Tische und Stühle putzen.
Nach den ersten paar Tischen und Stühlen war leider noch immer kein Ende in Sicht und das Wasser im Eimer war ebenfalls schon mega schmutzig. »Ich wechsle mal das Wasser im Eimer. Es befindet sich bereits ein schwarzes Loch darin.«, gab der Italiener von sich und verließ seine Arbeitsstelle um sich dem Eimer anzunehmen. Das Dreckwasser war schnell den Abfluss hinuntergespült, jetzt kam der schwierige Teil. Würde der Hahn wieder klemmen oder war es eine einmalige Sache. Damian versuchte sein Glück und das Wasser ergoss sich in den Eimer. Somit war die Sorge unbegründet gewesen. Das neue Wasser wurde wieder mit ein wenig Putzmitteln versehen und die Säuberung konnte weitergehen. Mit einem Seufzen schlurfte der Blondschopf wieder auf seinen Platz und beschäftigte sich weiter mit den Tischen und Stühlen. Es konnte sich nur noch um Stunden handeln.
Helena verdrehte einen kurzen Moment die Augen. Es war ja nicht so, als ob sie nicht wüsste, dass sie hier putzen sollten. Das war doch gar nicht ihr Punkt gewesen! „Ja, ich weiß…“, kommentierte sie und drehte sich kurz von der Tafel weg um Damian ins Gesicht zu sehen. „…aber in der Werbung ist es außerdem immer so schnell sauber!“. Stimmte ja auch. Immer musste man nur einen Wisch machen und die Fliesen strahlten wie am Tag ihres Einbaus. Das dort natürlich nur getrickst wurde, musste man wohl niemandem erklären. Sie hatte sich mal darüber schlau gelesen, was so die Tricks der Werbebranche waren. Infos, die sie in manchen Fällen lieber wieder vergessen würde. „Und außerdem…“, kam sie auf ein vorheriges Thema zurück, „…ich denke natürlich nur das schlimmste von dir.“. Dabei grinste die Französin frech in seine Richtung, während sich außerdem ihre Zunge stolz seinem Antlitz präsentierte. Ein bisschen Schabernack wird ja wohl erlaubt sein, oder? Sie würde ja wohl kaum den Raum mit ihm zusammen putzen, wenn er ihr soo unglaublich unsympathisch wäre.
Die Arbeit jedoch sollte trotzdem weiter erledigt werden und wenn sie nicht noch heute Abend hier stehen wollten, dann sollte es langsam voran gehen. Das Wasser zeigte in jedem Falle schon die erwarteten Resultate. Es würde Helena nicht wundern, wenn der Staub hier schon seit hunderten von Jahren lag und nur darauf wartete, seine teuflische Hartnäckigkeit an hilflosen Schülern auszulassen. Obwohl sie mitbekommen hatte, dass auch die Lehrer hier ihren Beitrag leisteten. Ungerecht behandelt konnte sich also niemand wirklich fühlen. „Ein schwarzes Loch, mh?“, fragte sie mit dem Rücken zu ihm gerichtet, so dass man ihr grinsen dabei nicht sehen konnte. Woher auch immer ihre abstrusen Gedanken gerade kamen. Wobei ihre Stimmlage einen recht belustigten Ton preis gab. Vielleicht versuchte der Kopf der Blondine sich auch nur gebührend abzulenken, während sie die Andere und somit letzte Hälfte der Tafel einer gründlichen Reinigung unterzog. „Na dann sieh mal zu, dass es schleunigst verschwindet, Damian“, deutete sie leicht belustigt an und gab sich ihrer eigenen Gedankenwelt hin: Dem Putzen, nicht schwarzen Löchern. Und das war gar nicht so einfach! Sie musste zugeben, dass sie schon etwas ins schwitzen kam. Immerhin brauchte es auch ordentlich Druck, um den ganzen Schmutz ab zu bekommen. „Achja~“, seufzte die Pariserin leicht in sich hinein, als sie nach gewisser Zeit fast mit der Tafel fertig war. „Und Damian, heute Abend noch etwas auf dem Plan? Vielleicht noch die Stadt unsicher machen?“, fragte sie leicht nachdenklich, weil sie nebenbei selbst am Überlegen war, was sie dann machen würde. So viel Auswahl gab es ja gar nicht. „Oder rechnest du nicht damit, dass wir heute noch mit den Fenstern fertig werden?“, dabei brachte sie es zustande ein paar Mal über ihre Schulter hinweg zu schauen. Konnte jedoch nicht immer einen Blick auf den Italiener erhaschen. Vielleicht ließ sich der Abend ja noch nutzen. Irgendwie zumindest. Im sauberen Klassenraum konnte man ja sicherlich auch eine weile entspannen. Irgendwo musste man ja dann auch die Früchte seiner Arbeit genießen können…
Nur einen Werbespot für Putzmittel zu drehen, wäre wünschenswert. Leider war das hier bittere Realität. Aber der Gedanke, dass es in der Werbung wesentlich schneller sauber war, spornte den Blondschopf sogar ein wenig an. Er wollte definitiv nicht den ganzen Tag in diesem bescheuerten Klassenzimmer verbringen, daher sputete sich Damian und war beinahe bei den letzten Tischen und Stühlen angelangt. Das Wasser im Eimer war bereits wieder nur eine trübe Suppe, aber für den letzten Rest machte sich der Italiener nicht mehr die Mühe das Wasser zu tauschen. Er bezweifelte immerhin, dass das hier jemals ein Klassenzimmer der Sternenklasse werden würde. Also war es ihm auch schnuppe. Bei diesem schlechten Wortspiel musste er vor sich hin grinsen. Und selbst die Aussage von Helena vermochte sein Grinsen nicht zu schmälern. Als würde die Blondine nur das Beste von ihm denken. Kurz rollte der Blondschopf mit den Augen. »Was du nicht sagst.«, murmelte der Italiener in seinen nicht vorhandenen Bart. Immerhin war Helena auch schon ein ganzes Stück vorangekommen, was die Tafel betraf. Man konnte jetzt an den geputzten Stellen wenigstens wieder etwas Schreiben ohne das es in dem ganzen Gekrakel unterging.
Der Tapetenwechsel was ihr Gesprächsthema betraf, kam dem Mischwesen ebenfalls sehr gelegen. Er wollte wahrlich nicht ständig übers Putzen reden. Es war schließlich schlimm genug, dass man sie dazu verdonnert hatte. Da konnte ein Themenwechsel nicht schaden. Damian überlegte, ob er für den heutigen Abend bereits was vorhatte? Er konnte sich an keinen Termin erinnern. »Wenn wir hier zeitig fertig werden, habe ich eigentlich für den restlichen Tag nichts geplant.«, antwortete er Helena wahrheitsgemäß. Die Fensterfrage war berechtigt. »Glaubst du, wir werden so lange für die Fenster brauchen? Ich nehm‘ mir schnell das Bücherregal vor und vielleicht bist du in der Zwischenzeit ebenfalls mit der Tafel fertig.«, grinste der Blondschopf und schnappte sich den Staubwedel, welcher auf dem Fensterbrett lag.
Damian wandte sich nun auch dem besagten Bücherregal zu, als ihn noch etwas einfiel und er seinen Blick wieder auf Helena heftete. »Hast du heute Abend schon was vor?«, stellte er ihr ebenfalls die Frage nach ihrer Abendgestaltung, ehe er sich wieder dem staubigen Regal widmete. Bei näherem Betrachten, schienen die Bücher bereits etwas älter zu sein. Die Neugierde siegte und somit zog er eines der Bücher aus dem Regal und fing an darin zu Blättern. Wie vermutet waren die Seiten bereits vergilbt und der Geruch war ebenfalls ein wenig modrig, alt. Den Mund verziehend schob er das Buch wieder ins Regal und ging weiter seiner auferlegten Aufgabe nach.