Im Parterre des Wohnheimes liegt an einer ruhigen Ecke ein Raum aus dem man schon ohne die Tür zu öffnen Farbe riechen kann. Es ist das Atelier des Gebäudes. Eingerichtet für jene, die so kunstbegeistert sind, dass sie sich nicht in die Schule begeben müssen um ihrem ach so geliebten Hobby nachzugehen. Wenn man den Raum betritt, eröffnet sich einem ein recht gewohnter Anblick. Ein einigermaßen geräumiges Zimmer mit einem antik aussehenden Tisch zum Zeichnen, einem weiteren für Malutensilien aller Art, einem kleinen Bücherschrank und zwei Staffeleien. Das Fenster ist sehr lichtdurchlässig und taucht den ganzen Raum in ein freundliches Ambiente. Bei Bedarf kann man aber auch die weißen Vorhänge benutzen um den Raum abzudunkeln. Obwohl der Raum öffentlich zugänglich ist, fand er bei den meisten Bewohnern bis jetzt wenig bis gar keine Verwendung.
Es war bereits Nacht, als die Blondine erneut ihre Augen aufschlug. Es war schon spät, sehr spät. Allerdings machte sich in den Gliedmaßen der Künstlerin nicht die geringste Spur von Müdigkeit breit. Eher das Gegenteil war der Fall. Dadurch, dass sie am Nachmittag einfach wieder ins Bett gegangen war, weil ihr einfach danach gewesen ist, war eine nächtliche Pause somit sehr überflüssig geworden. Hellwach und ohne auch nur einen Moment zu zögern, richtete sich die Blondine wieder auf. Die Mühe sich umzuziehen hatte sich Shiina dabei natürlich nicht gemacht. Sie trug, wie meistens auch, ihre Schuluniform. Zwar war diese, durch ihre dezenten Bewegungen beim Schlafen, im Moment alles andere als gut zurechtgemacht, aber das richtete sich alles mit der Zeit, tat es immer. Außerdem: Seit wann interessierte es die Siebzehnjährige großartig, wie sie herumlief? Allein der Gedanke daran erschien ihrem Köpfchen sehr abstrakt, wenn nicht sogar abgehoben. Sie würde es wohl nie verstehen, zumindest nicht aus eigener Kraft. Doch nun ging es erst einmal darum, sich an das neue Zimmer zu gewöhnen. Die ganze Zeit alleine in einem Doppelzimmer zu sein, hatte die Engelin schon in gewisser Weise geprägt. Gesellschaft war da doch etwas Neues für sie, zumindest in den Abendstunden des Tages. Suchend wanderten die scharfen und aufmerksamen, roten Augen durch das Zimmer. Niemand war anwesend, alles still. Anscheinend war ihre Mitbewohnerin nicht anwesend. Kurz legte die Engelin den Kopf schief, sie dachte nach, warum das so sein könnte. Aber ihr Kopf schien mit keiner ausreichenden Erklärung aufwarten zu können. Dementsprechend schnell verflog das Interesse an dieser Frage schon innerhalb weniger Sekunden. Obwohl es sogleich für später im Kopf behalten wurde, falls die Antwort sich noch präsentierte. Der Kopf der Blondine arbeitete dort, trotz seiner exzentrischen Eigenheiten, sehr systematisch.
In einer langsamen und puppenartigen Bewegung, stand sie letzten Endes aus ihrem Bett auf. Die Decke ließ sie dabei einfach so liegen und machte sich ohne weitere umschweife auf den Weg zu einem Raum, welchen sie noch gestern Abend ausfindig gemacht hatte. Ein Raum der wie im Schulgebäude in ihrem Kopf verankert war, weil er von solch grundsätzlicher Wichtigkeit war, dass das Mädchen wohl nicht ohne diese Räumlichkeit auskommen würde. Die Rede war von dem Atelier des Wohnheimes. Dort, wo sie einer ihrer kreativen Visionen gerade Ausdruck verleihen wollte. Im Zimmer, so war es jetzt nun einmal, konnte sie ja nicht mehr malen. Man hatte die Chance genutzt um sich ihrer Staffelei im Zimmer grundsätzlich zu entledigen. Aber daran dachte die Künstlerin gar nicht. Die Staffelei war nicht da, also musste sie eine andere nutzen, ganz einfach. Dementsprechend zielstrebig war auch die Tür des Zimmers geöffnet und auch sogleich wieder geschlossen. Mit langsamen Schritten und zerzaustem Haar begab sich das Mädchen die Treppen des Gebäudes herunter, welches sie aufgrund seiner Beschaffenheit bei jedem Schritt mit neuen, fantastischen Landschaften, Farben, Eindrücken und anderen Motiven fütterte. Es war, als würden die Meisterwerke gerade am Fleißband aus dem exzentrischen Kopf der Blondine heraussprießen und dabei ständig den Anspruch haben alle bisher dagewesenen Künstler in den Schatten zu stellen. Auch, wenn sie das vermutlich schon längst geschafft hatte. Nur da sich keiner auf der Insel für Kunst interessierte, war sie vermutlich auch nicht so bekannt. Etwas das der Siebzehnjährigen sowieso nicht viel bedeutete. Sie machte sich immerhin nichts aus dem Ruhm oder der Anerkennung. Für sie ging es ums Malen, nicht mehr - und nicht weniger.
Im Parterre angekommen, bewegte sich das zierliche Mädchen weiter den Gang entlang, welcher sich nun vor ihr auftat. Ostflügel hieß ihr Ziel und ohne sich weiter mit anderen Sachen zu beschäftigen, bewegten sich ihre Beine in eben genau diese Richtung. Zwar erfassten ihre aufmerksamen Augen jeden einzelnen Zentimeter des Hauses und speicherten ihn genaustens innerhalb ihres Kopfes ab, doch die Anhängsel am Brett mit der Party zogen einfach an ihrem Interesse vorbei. Ihr Ziel ließ sich gerade sowieso nicht mehr ändern. Präzise wie ihre Finger beim Führen eines Pinsels, steuerte sie auf die Tür des Ateliers zu und relativ leise öffneten ihre kleinen Hände die Tür zu dem Reich, wo sie ihre ganzen Gedanken und kreativen Visionen ausleben konnte. Ein Fakt den man so eigentlich gar nicht erwartet hätte, wenn man ihr in das stetig monotone Gesicht schauen würde, welches jeden Versuch von Gefühlserkennung zunichte machte. Es hieß nicht umsonst, dass ihre orange-roten Augen in diesem Zusammenhang sehr stechend und unangenehm wirken würden. Als wäre der Blick eine Art Versuch das Ziel zu verhören ohne auch nur eine Frage zu stellen. Aber Shiina wäre nicht sie selbst, wenn sie so etwas großartig interessieren würde. In Wahrheit war es ihr, in einem nicht negativen Sinne, einfach egal. Mit einem kleinen Zug an der Tür, öffnete sie den Weg komplett und trat auch sogleich hinein. Nur, um danach die Tür wieder sanft zu verschließen und das Licht in diesem Raum anzuschalten. Jetzt hieß es nur noch alles zu überprüfen.
Beinahe schon professionell sammelte die Blondine alles in dem Raum zusammen, was sie benötigte. Die Palette für die einzelnen Farben, eine Leinwand, Pinsel in verschiedenen Größen. Alles war dort und fein säuberlich sortiert. Ein Indiz dafür das dieser Raum noch von niemandem benutz geworden ist. Etwas Positives in den Augen der Engelin. Denn wenn sie daran dachte, wie die anderen immer den Kunstraum hinterließen, lief es selbst einem gesellschaftsfremden Engel kalt die Leinwand herunter. Doch nun war alles dort, wo es sein sollte. Mit größter Sorgfalt verteilte Shiina noch die einzelnen Farben auf der Palette vor sich, dann fand sie in ihrer ruhigen Hand ihren rechtmäßigen Platz. Der Pinsel war bereits in ihrer rechten Hand fest verankert gewesen. Nun hieß es nur noch die Leinwand vor sich zu betrachten. Das Genie fing an zu arbeiten, jede einzelne Faser der Leinwand zu berechnen und schon bald bewegten sich die Arme der exzentrischen Engelin wie von Geisterhand. Das war es, was sie malen wollte. Es wurde Zeit für einen Manifestierten Einblick in die Fantasie des immer so stillen Mädchens. Ob verstörend oder majestätisch, das musste der Betrachter aber immer selbst entscheiden. Denn am Ende, das war bereits jetzt festgeschrieben, wusste nur Shiina selbst, was wirklich damit gemeint war. Die Umgebung verschwamm immer und immer mehr. Nun war sie voll und ganz in ihrer Exzentrik gefangen. Ein Zustand, aus dem man sie nur schwer wieder herausbekommen würde.
Ihre in die Hand gehobene Hand starrte das rosahaarige Mädchen noch gefühlt Stunden lang an. Es wirkte irgendwie faszinierend. Die Wolken im hintergrund machten dem Mond Platz und es wirkte vom einen Moment auch den Nächsten wie ein Schattenspiel. Sie machte absurde Zeichen und Spielereien im Licht des Mondes und nutzte ihn als ein Spielbrett. Wie oft hatte sie denn wohl schon so zum Mund geschaut und sich gefragt, ob das alles so sein muss wie es nun ist. So einsam und doch so umzingelt von anderen Menschen. Ein Widerspruch in der Tat. Allerdings machte dies Momoi jetzt nichts wirklich aus und so erhob sie sich, nach dem die Kühle der Nacht über ihre Haut fuhr und sie statt einer typischen Gänsehaut ihre Schuppen ausfuhr. Darauf war sie stolz gewesen. Das einzige Merkmal ihrer neuen Form, welche sie so oft und spontan wie möglich einsetzen konnte. Sie nahm noch einen tiefen Atemzug und versuchte so dem Alkohol einhalt zu gebieten, ehe sie sich in das warme Innere des Hauses aufmachte. Sie sollte sich bei Luana für ihr Verhalten entschuldigen und morgen einfach mal ein Gespräch suchen. Vielleicht konnte sie es erklären und Luana würde es dann verstehen. Als sie die hölzerne Tür aufschob, war ein kleiner Rest vom Whiskey noch in der Flasche gewesen. Doch beim entlanglaufen des Ganges stellte sie die vierkantige Flasche auf einen Nebentisch der dort stand und ging weiter. Sie nahm ein Klicken wahr und ging dem nach. Oh, da war tatsächlich jemand gewesen, der sich in eiem Raum befand. Aber um diese Uhrzeit? Wieso war dieser jemand denn nicht bei der Feier gewesen? Sie drückte vorsichtig die Tür auf und erspähte ein zartes Mädchen. Ist das hier ein Atelier? Zumindestens könnte man davon einfach mal ausgehen. Sie ging frech herien und setzte sich einfach mal ohne etwas zu sagen in ihrer Laune neben das Mädchen. Und schau an, sie malte. "Das sieht toll aus.", sagte sie ruhig und etwas lallend.
Es vergingen die Minuten wie im Fluge. Der Pinsel machte sanft seine Abstriche auf der frischen Leinwand und zauberte die ersten Farben an die Ecken des Gemäldes. Es war immer unterschiedlich, wo die Künstlerin mit dem Malen begann. Manchmal war es in der Mitte, mal unten, mal oben, oder eben am Rand, wie dieses Mal. Der Pinsel wanderte nach ein paar strichen zurück und nahm erneut einen Teil der Farbe auf, bevor er sich wieder sanft wieder mit seinen Haardünnen Fasern an die Leinwand anschmiegte. Ein kleines Lächeln zauberte sich dabei auf die Lippen der Engelin, welche still und lediglich atmend ihre Arbeit verrichtete. Vollkommen gefangen in einer Dimension zwischen Realität und Fantasie, schwebte der Kopf der Blondine dahin in unbekannte Weiten. So bemerkte die Siebzehnjährige auch nicht, wie jemand sich zu ihr in den Raum gesellte. Nicht das es sei großartig stören würde. Selbst, als sich jemand deutlich bemerkbar neben ihrer Wenigkeit niederließ, wich der Blickkontakt ihrer orange-roten Augen nicht einen Zentimeter von de Leinwand ab. Ein Fakt, den sie noch weiter so beibehalten hätte, würde neben ihr nicht plötzlich jemand das Wort an sie wenden. Das exzentrische Mädchen horchte auf. Sie entschwand ein wenig aus ihrer fantasievollen Welt und als der Pinsel ein weiteres Mal auf der Farbpalette angekommen war, pausierte er zum allerersten Mal seinen Dienst.
Langsam aber sicher drehte sich der Kopf von Shiina zu ihrer neuen Gesellschaft. Die roten Augen der Blondine musterten das Gesicht des Mädchens, welches sich vor ihr abzeichnete mit markanter Präzision. Jedes Detail wollte aufgesaugt und verarbeitet werden. Fragen kamen der Siebzehnjährigen in den Kopf geschossen und eine, die wohl markanteste von allen, fand den Weg hinaus an die Oberfläche. „Du…“, begann sie in ihrer sanften Stimme zu sprechen, „…wer bist du?“. Ihr Kopf legte sich schief während sie die Konturen durch den nun veränderten Winkel noch einmal betrachtete. Das Kompliment de Mädchens war vollkommen an ihr vorbeigezogen. Das musste diese, wohl oder übel, wohl noch einmal wiederholen. In Gedanken ging sie gerade die ganzen Personen ab, welche sie auf der Insel bereits gesehen hatte. Immerhin verfügte die Blondine über ein geradezu perfektes, photographisches Gedächtnis. Doch in den endlosen Karteien an Bildern, die bis in ihre Jugend zurückreichten, fand sich kein Wesen das ihr in irgendeiner Form näher kam. Doch! Eines war dort, aber die Unterschiede waren zu drastisch, zu markant. Erst jetzt bewegten sich die bernsteinfarbenen Augen am Körper des Mädchens herunter. Die Kleidung ließ leider nicht viel erkennen. In jedem Falle, das konnte sie sagen, trug sie keine Schuluniform. Ganz im Gegensatz zu ihrer Wenigkeit. „…Rosa…“, gab sie erneut kurz von sich, während ihre Blicke wieder auf den Augen der fremden Person kleben blieb. Ein interessantes Farbspektrum. So interessant, dass sie sogar einen kurzen Moment den Drang vergaß, ihr Bild weiter zu malen. Noch war sich die Neue also der Aufmerksamkeit der Engelin sicher. Allerdings konnte es sich hier nur noch um Minuten handeln, höchstwahrscheinlich. Deswegen ruhte der stechende Blick Shiinas auch sehr eindringlich auf ihren Seelenspiegeln. Das bedeutete aber nicht, das die Rosahaarige nicht wegschauen konnte. Nur sollte sie nicht erwarten, dass die Künstlerin ihren abwendete. Nein, sie würde weiterhin auf ihren Kopf schauen und wenn es nur die Seite wäre. Auch die konnte man nämlich visuell vermessen. Das einzige an der Szenerie, was vielleicht etwas gruselig wirken musste, war die Haltung der Siebzehnjährigen, welche sich nicht verändert hatte. Ihre Arme waren immer noch da wo sie den Pinsel abgelegt hatten. Nahezu regungslos schwebten sie dort, die eine Hand mit der Farbpalette - und die andere mit dem Pinsel. Sie war vielleicht zierlich, aber ihre Muskeln waren sehr trainiert. Zitternde Hände waren nichts für einen Maler und sie selbst machte es ja schon seit circa zwölf Jahren. Kurzum, es strengte sie nicht einmal großartig an.
Huh? Erstaunt, dass die idyllische Ruhe und die Konzentration des Mädchen auf eine so schlichte und schon unscheinliche Art und Weise gebrochen wurde, erstaunt Momoi in erster Linie schon etwas. Sie hob eine Augenbraue und es sah schon beeindruckend aus wie sich die rosanen Haare an ihren Brauen einen so gewaltigen Bogen bildeten. Ihr Finger hoch sich entgegen ihrer eigenen Person und erstaunt fragte sie selbst nach. "Ich? Wer ich bin?", amüsiert und etwas rot im Gesicht, deutlich werdend durch die beschränkte Aufmerksamkeit, die auf die Gestaltwandlerin gelegt wurde, setzte ihre Akzente direkt über der Nase und den Wangen an. Nochmals schaute sie nach einer kurzen Abwendung auf die bernsteinfarbenen Kulleraugen des Mädchens. Wie sollte sie sich denn vorstellen? Der träge und schüchterne Ton, der orangehaarigen ließ auf nichts stoßen, dass wirklich Zeuge davon würde, wer Momoi zu sein schien. Die aufgeblühte Röte in ihrem Gesicht verblasste schnell und der blasse Hautton kam wieder deutlicher hervor. Sie versuchte sich zu konzentrieren, den eingespeisten Alkohol, mal einfach den Alkohol zu sein und die Schleckerei an Luana zu vergessen. Sie erhob sich und bemerkte schon gar nicht, wie penetrant nun ihre Beobachterin auf sie wirkte. Angewidert oder sogar abgeschreckt war sie nicht. Sie klopfte sich das Gesäß vom Dreck ab und richtete ihr T-shirt zu recht.
"Ich bin Momoi. Darf ich..", sie erklärte sich und hielt dann doch kurz ein. Sie hatte so etwas schon einmal gelesen. Irgendwann während der siebzieger gab es Menschen in einem etwas gestörten Sprechverhalten und einer seltsameren Auffassungsgabe. Sie meint sich zu erinnern, dass man solche Leute Autisten nennt. Aber ob das in diesem Fall zu trifft? Sie schüttelte sich, doch irgendwie, irgendwie gab dieses Mädchen eine solche Beschreibung schon ziemlich von sich. Auch ihr Rosa, dass sie von sich gab, verwirrte Momoi kurzzeitig, doch damit war wohl einfach ihre Haarfarbe gemeint. Sie zog sich eine Strähne lang und begutachtete sie, während sie auf das Mädchen sah. "Wie heißt du denn?", fragte sie als Gegenleistung zu ihrem Namen. Ob es sie nun interessierte wer Momoi ist war zweitrangig, doch die Höflichkeit gebietet es schon irgendwie.
Sie linzt an dem zarten Wesen vorbei, achtend darauf wie sie alles in der Hand hielt und keinen Muskel zucken ließ. Darauf hin suchten die smaragdgrünen Augen das Bild auf. Sie legte, wie eben ihr Gegenüber, den Kopf leicht schräg und versuchte eine Form zu erkennen. "Mir gefällt dein Bild.", bewertet die rosahaarige, die Anfänge der Malerei und wäre im Grunde schon mit diesen Strichen und Tupfern zufrieden. Sie ging etwas näher heran und schaute sich das Bild vom Nahen an. "Weißt du, ich mag die Kunst auch. Ich kann nicht besonders gut malen, so wie du, aber ich zeichne sehr gerne. Kreative Sachen, also alles was meinem Kopf entspringt, landet auf einem kleinen Blatt Papier. Auch wenn es manchmal nur ein einfacher Kreis ist.", erzählte sie in einem sanften Ton. Das Lallen war kaum zu hören und Momoi fühlte sich mittlerweile schon etwas besser. Die Peinlichkeiten waren ihr vergangen und schon durch neue Interessen ersetzt worden. Sie stand gebeugt vor dem Bild, erpicht sogar mit ihrer Figur anzugeben, und schaute dann mit einem leichten Schwenker ihres Kopfes zu dem Mädchen. Sie grinste frech und entfernte sich dann. "Du siehst lustig aus mit deinen zerzausten Haaren. Soll ich sie dir fertig machen?", bot sie an. Wohl mehr aus langeweile als aus Freundlichkeit.
Auf die Frage der Künstlerin hin, erhielt sie eine einfache Gegenfrage. „…Ja…“, erwiderte sie in einem sanften Ton um sie in dieser Annahme auch zu bestätigen. Auch wenn ihre Erfahrungen gezeigt hatte, das die meisten eher vorerst wissen wollten, wer sie denn eigentlich war anstatt eine Antwort zu präsentieren. Um ehrlich zu sein rechnete der Kopf Shiinas schon mit so einer Antwort, welche folgen würde, aber nichts dergleichen trat ein. Stattdessen bildete sich in dem Gesicht des anderen Mädchens eine gewisse Röte auf dem Gesicht. Das Verhalten konnte sie optisch sogar einordnen. Ein paar ihrer Bekanntschaften hatten das jetzt schon so an den Tag gelegt. Lucina, das Mädchen von gestern, war da ähnlich gewesen. Auch wenn sie nicht ganz nachvollziehen konnte, wie sie zu den Gedanken kam, welche ihr bei diesem Namen im Geiste herumschwirrten. Also verwarf sie diese unverständlichen Eindrucke vorerst und ließ sie, wie so vieles, in den Tiefen ihrer Gedanken verschwinden. Viel lieber sah sie gerade dabei zu, wie sich die Fremde ihre Klamotten richtete. Die Details waren das interessante. Von der Spannung der Kleidung, bis hin zu Körperform, welche sie sich mit überraschender Leichtigkeit errechnen konnte. Eine sehr harmonische Optik, wie sie für sich selbst feststellte und vor dem inneren Auge ein Bild der Rosahaarigen aufzeichnete.
Erst die Antwort ihres Besuchs, riss sie aus dieser Vorstellung heraus und innerhalb von Sekunden hingen die Ohren der Blondine wieder an ihren Lippen. Wieder ratterten die Zahnräder im Kopf der Künstlerin. Sie hatte vielleicht ihr Abbild nicht im Kopf, aber vielleicht den Namen? Ja, da war etwas. Aber schon sehr weit entfernt, sehr flüchtig. Nachdenklich schauten die orange-roten Augen der Engelin auf den Boden, während sie im Kopf versuchte eine Verbindung herzustellen…ohne Erfolg. „…Momoi…“, wiederholte sie leise und an sich selbst gerichtet. Ein schöner Name, wie sie fand. Momoi – Rosa, diese Verknüpfung war gesetzt. „…Wie ich heiße?...“, fragte sie dann plötzlich und der Blick der orange-roten Augen landete wieder auf ihrem unerwarteten Gast. Ein kleiner Moment der Stille folgte. „…Shiina…“, war anschließend der Name, welcher sich sanft zwischen ihren Lippen hervortraute. Dann änderte sie die Richtung des Gesprächs wieder. Mimik und Gestik immer noch unverändert. „…Dein Name klingt schön…", gab sie einen kleinen Einblick in ihre Gedankenwelt und schwieg dann wieder. Mehr gab es für die Blondine einfach nicht zu sagen.
Das verhinderte jedoch nicht, das der Blick Shiinas immer noch wie ein Suchscheinwerfer auf das Gesicht ihrer Gesprächspartnerin gerichtet war. Ganz besonders als diese nun ihren Kopf etwas schräg legte, verwirrte es die Siebzehnjährige schon ein bisschen. Ganz besonders, weil sie ganz und gar nicht in ihre Richtung schaute. Erst, als sie das Bild erwähnte, erhielten die orange-roten Augen ein neues Ziel und ihr Kopf drehte sich wieder nach vorne. Da war sie wieder, die Leinwand mit dem noch lange nicht vollendeten Bild. Beinahe schon simultan driftete ihr Kopf dabei wieder in das Reich der Kreativität ab, wenn die Rosahaarige nicht gerade dagegenhalten würde. Eine weitere Aussage ihrerseits unterbrach die Stile im Atelier und Shiina schaute regungslos dabei zu, wie sie nun genauer auf die Leinwand schaute, als wolle sie erraten, welche Farbe als nächstes an der Reihe wäre. Doch sprach sie etwas an, mit dem sich die Engelin einfach zu begeistern ließ: Kunst. Jetzt hatte sie das exzentrische Mädchen am Haken. Wenn auch nur auf symbolische Art gemeint. „…Kunst ist vielseitig…“, ergänzte sie und schaute in die Augen von Momoi, welche sie nun umso deutlicher sehen konnte. „…Sie ist so undurchsichtig wie ein Kreisel…“, eine kleine Pause folgte. Ihr Kopf versuchte den Satz gerade vollständig zusammenzusetzen. So, das er auch Sinn ergeben würde. „…Genauso wie der Kreisel unmöglich darin vorherzusehen ist…wo er landet…wird man niemals wissen, was der Erschaffer sagen wollte…“. Eine traurige Wahrheit. Sehr oft hatte sich die Blondine in verschiedensten orten um die Welt herum anhören müssen, was sie denn damit meinen würde und in allen Fällen, lag man falsch. „…Selbst Kreise…können mehr Aussagen…als man denkt…“, fügte sie noch hinzu und begann dann in einem Ruck wieder damit, den Pinsel zu bewegen. Als wäre die Unterhaltung nie gewesen, mischten sich wieder die Farben auf der Palette zusammen und der Pinsel setzte seine Akzente auf die Leinwand. Wie Momoi nun auf ihre Aussage regieren würde, interessierte Shiina an diesem Punkt nicht wirklich. Immerhin rechnete sie nicht großartig mit einer Antwort. Im Kern wollte sie nur eine Sache Aussagen: Jede Art von Kreativität ist besonders. Egal wie gut, oder wie schlecht sie ist. Am Ende zählt das, was du selbst aussagen wolltest. Auf die Frage mit den Haaren dagegen, folgte nur noch ein simples und sanftes: „…Ja…“. Jetzt malte sie weiter an ihrer surrealistischen Darstellung, welche dort Gestalt anzunehmen versuchte. Es würde allerdings noch ein paar Stunden dauern, bis sie fertig war. Vermutlich noch bis morgen früh…
Shiina. Ein schöner Name fand die rosahaarige Schülerin und belächelte ihre Vorstellung, wobei sie gleich im nächsten Moment rot anlief als sie meinte, dass ihr Name schön sei. FÜr Momoi war es sehr ungewohnt gewesen, dass sie jemand schön nannte. Selbst wenn es nur diese Etikette von Name war, der von Shiina gemeint wurde. Es war halt besonders für sie. Sicherlich würde dieses kleine Kompliment, das für Momoi allerdings eine große Bedeutung hatte, in ihrem Tagebuch eine oder sogar mehr Seiten beanspruchen und so war die Schülerin schon gar nicht mehr bei der Sache. So vor sich hin schwärmend, hatte sie gar nicht bemerkt wie sich Shiina wieder ihrem Bild zugewandt hat und sogleich an diesem arbeiten würde. Das Shiina noch etwas sprach bemerkte Momi schon gar nicht mehr wirklich außer, dass selbst Kreise etwas aussagen können. Wieder im Geschehen ging Momoi hinter Shiina und legte sanft ihre Hände auf ihren kleinen Kopf. Vorsichtig streifte sie mit ihren Händen entlang der orangenen Haare herunter und versuchte so, zumindestens etwas Ordnung in das von Shiina verursachte Chaos hereinzubringen. Momoi war etwas größer als Shiina und konnte somit tatsächlich beobachten und das aus einer gewissen Perspektive, wie sie Shiina wohl sehen könnte. Während sie dabei sehr vorsichtig voran ging, die Haare - überhaupt ihren Kopf nicht so sehr zu bewegen, war sie fasziniert gewesen, wie Shiina ihren Pinsel führte. "So fertig..", sagte sie sanft und ging dann einige Schritte zurück. Sie hockte sich auf den Boden und schaute einfach nur auf Shiina. Sie wirkte schon fast wie eine Puppe, der man befohlen hat einfach zu zeichnen. Allerdings im Parameter der eigenen Kreativität. Wer war sie nur? Auf den ersten Blick wirkte sie eben sehr unschuldig und nicht auffallend, dennoch hatte sich Momoi das Gesicht des Mädchen gut eingeprägt und würde davon auch nicht ausgehen, dass sie unbeliebt bei den Jungs ist. Ob sie wohl auch das Glück haben würde? Auf der Party unten im Keller hat sich die Schülerin nicht wirklich von der schönsten Seite gezeigt, sondern eher wie jemand der das Saufen einfach gerne hatte. In gewisser Hinsicht war sie das ja auch. Eine kleine Säuferin die gerne echt mal einen über den üblichen Durst trank und dabei schon so einige Menschen unter den Tisch getrunken hat. Für sie war es fast so normal wie für andere das Atmen. Alkohol war ihr nie zu wider, selbst wenn es zu einem Erbrechen kam. Sie trank um zu vergessen. Sie schüttelte sich vor Abscheu und vergaß schon fast warum sie hier war. Die Stille im Atelier war berühigend. Das Matschen der Farben, wenn sie Shiina anrührte zeugte von der Realität und keinem Spiel oder bloßén Fantasie und machte auch klar, dass Momoi nicht eingeschlafen war. Ja, schlafern war auch so eine Sache die sie gerne tat. Ob eine Konversation mit ihr jetzt angebracht wäre, fragte sich Momoi kurzer Hand, aber schob den Gedanken in eine entfernte Ecke ihres Bewusstseins. Sie rutschte etwas zur Seite und schaute aus einer schrägen Perspektive auf das Bild. Sie war gespannt.
Die Bemerkungen des exzentrischen Mädchens waren wohl nicht so relevant für die Konversation gewesen. Nicht, das es sie jetzt großartig stören würde. In Fakt, war es ihr sogar egal, wenn man das denn so ausdrücken durfte. Dementsprechend versank sie wieder in ihrer zeichnerischen Stille. Der Pinsel entfernte sich von der Leinwand, dann kehrte er wieder zurück. Was Momoi währenddessen machte, realisierte die Engelin nicht einmal. Lediglich das plötzliche Gefühl von Händen an ihrem Kopf, ließ sie kurz innehalten. Einen kurzen und kleinen Moment hielt der Pinsel vor der Farbpallette an. Würde man sie jetzt von vorne sehen können, so könnte man betrachten wie die orange-roten Augen der Siebzehnjährigen jeweils links und rechts von sich nach der Rosahaarigen suchten. Man mochte es kaum glauben, aber Shiina hatte einen sehr großen Blickwinkel. Dementsprechend war sie nicht wirklich dazu veranlagt auch ihren Kopf mitzudrehen. Es reichte die Realisation, dass ihre Besucherin nirgendswo aufzufinden war. Es blieb also automatisch nur eine Schlussfolgerung: Sie musste direkt hinter ihr stehen. Kaum war diese Erkenntnis erlangt, kehrten die Bewegungen der Künstlerin wieder zu ihrem Standardmäßigen Muster zurück. „…Danke…“, hauchte sie das Wort sanft zwischen ihren Lippen hervor. Der Fakt das sie ihr die haare richtete, sollte nämlich in jedem Falle berücksichtigt werden. Shiina war zwar fern von Gesellschaftlichen Normen aufgestellt, aber Dankbarkeit war ihr dann doch kein Fremdwort. In Fakt war es sogar ein schönes Gefühl. Shiina erwähnte es zwar nicht, aber das durch die Haare streichen, gab der Blondine schon eine gewisse Gänsehaut.
Doch das Bild vor ihr wollte unbedingt weitergemalt werden. Die Farben verschwammen wortwörtlich in ihrem Blickfeld und wenn man nun durch ihre Augen sehen könnte, so konnte man meinen das die Engelin nur nach einer Vorlage malen würde. In ihrem Kopf, so war es nämlich, war das Gemälde schon längst fertig. Perfekt geplant bis zum letzten Strich. Mit jeder Farbe, jedem Kontrast und jedem Akzent. Strich nach Strich fügte sich immer mehr in die entstehende Farbenlandschaft ein, welche sich dort langsam zu einem Bild verschmelzen wollte. Das Grundgerüst, wohlgesagt. Die Feinarbeiten würden noch lange dauern, sehr lange. Doch nicht alle Kapazitäten im exzentrischen Kopf von Shiina, waren mit dem Malen beschäftigt. „…Bist du neu hier?…“, fragte sie die Rosahaarige relativ aus dem Blauen heraus, ohne mit ihren Augen in ihre Richtung abzuschweifen. Natürlich hatte sie längst realisiert, dass sie nicht mehr hinter ihr positioniert war. An dieser Position war Momoi ja auch nicht zu übersehen.
Nun wollte der Pinsle gewechselt werden. Noch kleiner, noch feiner musste er sein und innerhalb weniger Handgriffe waren die wohl wichtigsten Werkezuge eines Malers gewechselt. Akzente setzte sie. Eine eher unübliche Vorgehensweise, da man sie normalerweise erst bei vollständiger Fertigstellung der Basis ansetzte. Doch Shiina kümmerten solche Vorgehensweisen eher wenig. Sie tat es einfach, ohne darüber nachzudenken. Was vermutlich auch eine Eigenschaft war, um die sie so manch ein Kunstschüler beneiden würde. Dafür allerdings hatte sie viele andere, eindeutig einschneidende, Defizite. Würde man diese entgegen ihrer Talente aufwiegen, so war diese Fähigkeit wohl schon gar nicht mehr so beneidenswert…oder? Vielleicht gab es ja wirklich jemanden, der so etwas in Kauf nahm.
Als die untere Hälfte des Bildes einigermaßen Fertig war und den Blick auf eine Hügellandschaft, wenn man es denn so interpretieren wollte, freigab, waren die Möglichkeiten für den Rest des Gemäldes zumindest schon einmal eingeschränkt, könnte man denken. Die Blondine war nämlich eine Meisterin des Umkehrens. Was Anfangs wie ein Realistisches Gemälde aussah, konnte also schon in wenigen Stunden Surrealistisch werden. Schwer zu schaffen, aber nicht unmöglich. Der Kopf der Engelin machte es in diesem Falle möglich. „…Momoi…“, wandte sie sich den Namen sanft sprechend an ihre Besucherin, „…Warum sitzt du hier?…“. Die Frage war natürlich sehr schroff gestellt. Auch, wenn ihre sanfte Stimme das wohl nicht so klingen ließ. Nur die Blondine war es gewöhnt, das andere immer etwas machen mussten. Außer es handelte sich um @Kazuya Kouya, der sich auch mal gerne zwei Stunden daneben setzte um zuzusehen. Das war allerdings wohl mehr eine Ausnahme. Eine weitere Person die dieses Motto teilte wäre für sie in jedem Falle auch einmal – und ja das gab es auch für Shiina – eine Überraschung.
Das sie einfach nur dort saß, keinen Finegr krum machte oder auch nur daran dachte zu gehen - war etwas neues für sie. Ihr Interesse hielt sich immer sehr zurück und vor allem zwischenmenschliche Kommunikation war immer ein Fremdwort für den Drachen gewesen. Deshalb wirkte es schon fast um so erstaunlicher, dass Momoi einfach mal von sich aus in dieses Zimmer gehuscht war. Ihre smaragdgrünen Augen hingen am Pinsel Shiinas und bewegten sich zeitgleich mit ihren Bewegungen. Wenn man genau hinhörte, also wenn man es schaffte den Lärm aus dem Keller und die Tiere außerhalb zu ignorieren, konnte man das ziehen und das knirschen der Farbe auf dem Pinsel hören, wie er von einer Seite zur anderen Seite gezogen worden ist. Ein seltsam entspanntes Geräusch und so legte sich Momoi, die den Alkohol langsam aber sicher aus ihrem Körper trieb, auf den kalten Atelierboden und starrte aus dem Fenster auf den Mond. Er spiegelte sich in den Augen und gab diesen einen weißen Punkt als Pupille. Wie ein seltsamkolorierter Regenbogen schauten ihre Augen den Mond in einer Art eins gegen eins Duell an und verlor sich darin, wäre nicht Shiina gewesen. "Ja.", murmelte sie ohne das zarte Wesen an der Leinwand anzuschauen. Ihre Stimme trug schon einen Hauch von Erschöpfung mit sich, so dass nur wenige Augenblicke der Unachtsamkeit von Nöten waren, dass die rosahaarige Schülerin hier auf dem Boden einschlafen würde. Er war nicht besonders kalt, wie man erst denken würde, dennoch trug er wie eine kühle Briese, diese gewisse Abkühlung mit sich und verleitete zu einer ungewollten Sehnsucht nach dem Schlaf. "Ich liege jetzt, Shiina. Das ist ein Unterschied.", sagte sie gähnend und hielt sich dabei die Hand vor den Mund. Sie wollte schon etwas sagen, da hatte sie sich bereits an den Hinterkopf gegriffen und den Zopf gelöst. Ihre rosafarbigen Haare fielen wie ein Sack auf den Boden und breiteten sich dafür wie ein riesige Decke, rund um Momoi, aus. In einem sagen wir Sekundenschlaf gefangen, wiederholte sie ihre Aussage träge und schaute einfach nur auf den Boden. "Ich bin hier, weil ... weil ich nirgendswo hinpasse.", sagte sie ohne auf den Ton des Mädchens weiter zu achten. Ihr Finger wirbelte träge umher und aus der Hose Momoi, erhob sich ein Drachenschweif. Sie wischte damit regelrecht den Boden und war kurz davor ihre Augen zusammen fallen zu lassen. Ach wie träge.
Stille war der nun wieder aufstrebende Charater in den Wänden des Ateliers. Eine Stille, welche die Künstlerin ständig umgab, wenn sie hier malte. Es kam nämlich nie jemand in diesen Raum. Zumindest nicht, wenn sie hier ihr Dasein fristete. Man konnte sagen, das die Ruhe fast schon ein Begleiter der Blondine war, welcher ihr auf Schritt und tritt folgte. Auch außerhalb traf dies zu. Sie war nicht die Person, mit der man lange Unterhaltungen führte. Außerdem war sie, für die meisten, wohl auch einfach nicht so interessant. Ein Fakt an dem sich die Siebzehnjährige bei weitem nicht störte, falls es ihr überhaupt wichtig war. Klar, sie hatte ein paar Personen mit denen sie sich wirklich gut verstand. Aber wo genau sich in diesem Moment @Kazuya Kouya befand, das wusste sie nicht. Ihr Kopf war auch gerade in ganz anderen Ecken unterwegs. Es galt immerhin eine Landschaft zu vollenden und diesem Aufruf folgten ihre Hände auch die ganze Zeit. Dennoch, diese Stille wollte der Engelin nicht genügen. Was mitunter auch einer der Gründe war, warum sich ihre Aufmerksamkeit entgegen der Rosahaarigen richtete.
Das sie diese mit ihrem plötzlichen Zuwenden aus einer Art Trance zu reißen schien, das realisierte die, mit den orange-roten Augen an der Leinwand gefangene, Künstlerin nicht. Es war immerhin nicht in ihrem Blickwinkel. So ging sie auch in ihrem Bewusstsein immer noch davon aus, dass die Rosahaarige sich neben ihr im Sitzen befand. Eine Tatsache die sich in diesem Moment revidierte, als die sanften Wörter von Momoi in die Ohren der Siebzehnjährigen eindrangen. Die Pinselbewegung der Engelin stoppte in diesem Moment und nahm die exakt die gleiche Pausenhaltung ein, wie als wenn ihr Gast gerade erst hineingekommen war. Langsam, aber doch etwas schneller, wandte sich ihr Köpfchen nach rechts und ihre Augen suchten dort nach Momoi. Tatsache, sie lag dort. Einen Moment lang betrachtete Shiina das Schauspiel, dann legte sie leicht den Kopf schief, als die Rosahaarige fortsetzte. „…Mh…“, gab sie zum ersten Mal einen Zustand des Grübelns Preis und begutachtete die Mimik des Mädchens vor ihr einmal genauer. Ein Gähnen präsentierte sich ihren neugierigen Blicken. „…Bist du müde?…“, fragte sie auf die für manche wohl offensichtlich wirkende Szenerie hin und wartete ab. Immer mehr und mehr ließ sich ihr unerwarteter Gast auf den Boden fallen und sogar die Haare fächerten sich vor den aufmerksamen Blicken der Engelin in ein riesiges Meer aus Haaren. Es hatte seine Momente. Besonders als das Mondlicht mit den Farben spielte, war es eine würdige Erfahrung für das exzentrische Gehirn der Blondine. Eine Erfahrung, die sie im Gedächtnis behalten würde.
Doch da hörte das ganze noch nicht auf. Als ein Schweif den Boden zu wischen schien, änderte sich die Blickrichtung vom Gesicht der Rosahaarigen auf ihre mittlere Körperpartie. Wo kam es her? Was war es? Die Augen Shiinas versuchten das Objekt zu identifizieren, aber so richtig gelang es ihr nicht. Sie würde es bestimmt entschlüsseln, irgendwann. Aber sie war keine Person die so etwas einfach fragte. Sie versuchte es selbst zu ergründen, zu erklären und dabei kam sie oft nicht sehr weit. „…Aber du bist doch hier…“, entgegnete sie mit sanftem Ton und fixierte ihre orange-roten Irden wieder auf das Gesicht von Momoi. „…Hier bist du…immer willkommen…“, und mit diesen Worten legte Shiina kurz ihre Malutensilien ab. Das war ihr voller ernst. Mal abgesehen davon das bei ihr jeder Willkommen war. Sie sagte es nur nicht immer. Langsam und stetig erhob sie sich von ihrem Stuhl vor der Staffelei und ging an einen der Schränke. Sie realisierte in dem Moment gar nicht, das es nicht das alte Atelier war, welches sie gerade benutzte. Aber das Glück blieb ihr hold. Mit einer Decke kehrte sie wieder zurück und ließ diese über dem Oberkörper von ihrer Besucherin fallen. Dann setzte sich das unscheinbare Mädchen wieder hin und nahm ohne weitere Umschweife ihre Malarbeit wieder auf.