Keine Zeit für ein Restaurant? Zu teuer? Alles kein Problem, denn hier im Supermarkt findet man alles, was das hungrige oder durstige Herz oder auch sonst begehrt. Der Supermarkt ist der Größte der Insel und die einzelnen Abteilungen sind gut beschriftet, die Regale jedoch bis obenhin vollgestopft. Die Lichter sind äußerst grell, die Klimaanlage läuft immer auf Hochtouren (brrr) und eine Kamera hat alles genau im Blick - Diebstahl ist zwecklos!
Nachdem sich Myu Getränke gekrallt hatte und Cruel an der Kasse Federn gelassen hatte, waren die beiden auch schon wieder auf dem Weg nach draußen. Ich trottete hinterher. Sie könnten ja ruhig mal warten, ich bin die ganze Zeit nur dabei ihnen nachzulaufen., dachte ich mir resignierend. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb ich es bevorzugte eher allein zu sein. So ersparte man sich gewisse Dinge. Ich seufzte und verlies den Supermarkt. Wo wollten sie gleich nochmal als nächstes hin?, fragte ich mich. "Kostüme...", irgendetwas davon hatten sie doch erwähnt, glaubte ich und machte mich auf den Weg dorthin.
Pfff. Was Leviathan konnte, konnte ich schon lange! Ich engelte durch den Supermarkt, ohne wirklich zu wissen, was ich suche. Das waren die absolut besten Vorraussetzungen! Oder eben nicht. Ich griff hier und da immer mal wieder nach irgendetwas, das ich mir sowieso nicht kaufen würde. Alleine, in den weiten des Supermarktes. Wuäh.
Eigentlich könnte ich eine pornoröse Party mit mir allein veranstalten. Und Massen an Süßigkeiten. Aber eine Pornoparty alleine wäre nicht gerade pornorös, also verschob ich den Gedanken und überlegte weiter, was ich denn nun allein anstellen konnte. a) Einen Anwalt suchen und die Scheidung einwilligen. b) Leviathan betrügen!
Da ich jedoch für ersteres einen Anwalt und für zweiteres ein Opfer benötigen würde, verwarf ich den Gedanken. Außer, es sollten zufällig heiße Ladies hier herumlaufen. Ja, weil ich auch so unglaublich wunderbar war, würden heiße Ladies mich auch haben wollen. Nur war es die Frage, ob man heiße Ladies ausgerechnet im Supermarkt finden würde. Hmpf.
Ich quetschte mich durch eine Personenmenge, die sich an dem Eingang des Supermarktes getümmelt hatte, sodass es schwierig gewesen war, diesen zu durchqueren. Irgendwie war es mir aber gelungen, und nun befand ich mich inmitten von Waren, die teilweise sehr überteuert zu sein schienen, aber vielleicht war die Qualität dieser Waren dafür umso besser. Jedenfalls trottete ich gelangweilt durch die Regale, die bis zum Horizont hin zu reichen schienen. Mehr der weniger hasste ich es einzukaufen, da die Unruhe, die die Kunden verursachten, für mich beinahe unerträglich war, aber ich versuchte mich zusammenzureißen. Schließlich hatte ich in den vorherigen zwei oder drei Tagen auf viel verzichten müssen, denn sowohl mein Kleiderschrank als auch mein Minikühlschrank schienen vor innerlicher Leere beinahe nach Hilfe geschrieen zu haben. Also hatte ich mich dazu überwunden, ein bisschen in der Einkaufsstrasse Mangetsu No Yorus einzukaufen. Nein, nicht zu bummeln sondern nur einzukaufen. //Modafinil, Modafinil, Modafinil…//, dachte ich, als ich wieder schläfrig wurde. Das Modafinil gehörte nicht zu meinem Inventar, da ich erst vor einigen Wochen an Narkolepsie erkrankt war und dadurch öfters vergaß, das Modafinil mitzunehmen. Umso erleichtert war ich, als ich das Modafinil in den Tiefen meiner Jackentasche fand. Ich nahm vorsichtshalber erst eine Tablette, da ich mir nicht sicher war, ab wie vielen seine Nebenwirkungen, falls es diese gab, auftreten würden. Ich war so vertieft in das Einnehmen der Tablette, sodass ich ausversehen einen anscheinend verärgerten Jungen anrempelte. "Entschuldigung!", sagte ich nicht sehr einsichtig und schluckte die Tablette endlich runter.
Uh, heiße Braut, die Pillen nahm. Das fing doch gleich gut an. "Kein Problem." Das Problem war, dass sie nun gleich weitergehen würde und ich nichtmal wusste, wie sie heißt. Ehrlich gesagt hatte ich vergessen, wie Flirten ging, darum versuchte ich es wohl erst gar nicht. Ich lächelte, freundlich.
"Ich hab dich noch nie hier gesehen. Also nicht nur, nicht im Supermarkt, sondern auf dem Schulgebäude. Bist du neu?" Wahrscheinlich war sie es nicht und ich machte mich gerade zum Affen. Aber sie war hübsch, das gefiel mir, und offensichtlich war ich sehr oberflächlich. Aber who cares? Leviathan war auch oberflächlich! Der liebte mich nur, weil ich so wunderschön war. Angetan schob ich mir mein Haar zurück, schaute auf sie runter, denn so groß war sie nicht. Wie jedes Mädchen, eigentlich. Wäre beeindruckend, wäre eine mal größer. Und sie war wirklich winzig, und zart. Sie pisste mich jetzt schon gewaltig an. Wie eine Fee.
Hmpf. Trotzdem lächelte ich und zeigte nicht meine unlust, mit ihr reden zu müssen, zu müssen, jawohl. Vielleicht wollte ich auch von mir aus mit ihr reden, wer wusste das schon? Jedenfalls nahm ich meine Hand wieder aus den Haaren und griff nach der nächstbesten Packung, um beschäftigt auszusehen. Als hätte ich hierdrin wirklich was vor, nicht, als hätte ich nur keine Hobbies und dümpelte deswegen allein im Supermarkt.
Mhm. Die Kondompackung, die ich mir nun anschaute, könnte merkwürdig wirken, nicht? Als hätte ich etwas vor. Dabei war das wirklich nur Zufall.
Lächelnd sprach mich der Junge an, als ich gerade die Obst- und Gemüsetheke als Ziel anvisiert hatte. Dies schieb ich innerlich aber erst zur Seite, wandte mich an den Jungen und musterte ihn, bevor ich auf seine Frage antwortete. Der Junge war gutaussehend, aber das war für mich natürlich irrelevant. Schließlich war ich ja nicht oberflächlich… nur manchmal. "Im nahe liegenden Waisenhaus lebe ich zwar schon seit meinem dritten Lebensjahr, aber die Schule wollte ich erst dieses Jahr besuchen. Leider bin ich während des Schulanfangs an Mumps erkrankt, sodass ich diesen verpasst habe.", erklärte ich und hielt mir dann die Hand vor den Mund. So viel von mir zu verraten, hatte ich eigentlich nicht vorgehabt. Mein Blick wanderte auf die Dose Modafinil, die ich schnell zurück in meine Jackentasche gleiten ließ. Schließlich sollte niemand diese Medizin mit Drogen verwechseln. "Mein Name ist übrigens Erin.", stellte ich mich vor und blickte wieder den Jungen an. Irgendwie wirkte dieser mit jeder Sekunde seltsamer auf mich, besonders als er plötzlich nach eine Kondompackung griff. Warum er dies tat, konnte ich mir eigentlich denken, wollte es aber nicht. Kaum zu glauben, dass ich diesem Perversling meinen Namen verraten hatte. Ja, für mich waren beinahe alle Minderjährige, die bereits an "das Eine" dachten, Perverslinge. Zugegeben, so übertrieben dachte ich doch nicht und den Jungen in meinen Gedanken einen Perversling zu nennen, würde ich später vermeiden.
Ah. To much information, nicht? Naja, war ja okay, wenn sie sich mitteilen wollte, aber besser nicht, wenn ich gerade aussah, als hätte ich es darauf abgesehen. Ich sah, wie ihr Blick zu der Packung wanderte und legte sie dann weg, griff nach Mehl, schaute mir das an. Was suchte Mehl bei den Kondompackungen? Hmpf, was eine Logik. "Ist das ansteckend? Also Mumps?", fragte ich sie. Nicht, dass ich sonst ebenfalls mit einer Erkrankung rumlaufen müsste. "Nicht, dass ich Angst davor hätte.", stellte ich klar, wich automatisch mit meinem Kopf zurück. Was war überhaupt Mumps? Vielleicht war das ja auch ihr Kater oder so. Sie war an Mumps erkrankt, sprich, ihr Kater hatte sie krank gemacht. "Du hast nicht zufällig Haustiere, oder so? Naja, nebensächlich.", ich nickte. Und hielt die Mehlpackung hoch. "Ich brauch mal wieder Mehl.", erklärte ich, "freut mich, dich kennen zulernen.", ein wenig grinste ich, weil mir das ganze doch komisch vorkam.
Eigentlich sah sie sehr sympathisch aus. Und ich mochte ihre Haare. Ob die naturfarben so waren? Und wenn nicht, färbte sie sich auch untenrum...ehm..jah. Mein Blick schweifte ab. Dann hielt ich meine Gedanken fest, damit sie nicht allzu kurios wurden.
Hm. Nun sollte ich mich vorstellen, nicht? "Mein Name ist Cruel", begeistert nahm ich ihre Hand und schüttelte diese, weil sie mir irgendwie doch gefiel.
Anscheinend wusste der Junge nicht, was Mumps ist. Auf mich wirkte es sogar so, dass er die Krankheit mit einem Haustier verwechselte. Jedenfalls ging ich auf seine Frage diesbezüglich nicht ein, so als hätte ich eine gewisse Rhetorik in dieser verstanden. Rhetorik? Verflucht! Wo hatte ich dieses Wort aufgeschnappt? Es dauerte erst einige Sekunden, bis ich meine eigenen Gedanken verstanden hatte, und als ich mich wieder an den Jungen wandte, hielt dieser plötzlich eine Mehl- anstatt einer Kondompackung in der Hand. Ich zog einen Mundwinkel hoch und grinste schief, sagte aber nichts diesbezüglich. "Cruel, also?", wiederholte ich, nachdem der Junge sich vorgestellt hatte. Ein seltsamer Vorname, und noch seltsamer wurde dieser Cruel mir, als er mir die Hand schüttelte, denn für einen Japaner, falls er überhaupt einer war, war solch ein Verhalten sehr ungewöhnlich. Wiederum freute ich mich natürlich darüber, dass er auf meine Vorstellung eingegangen war und aus diesem Grund erwiderte ich sein Händeschütteln kein bisschen widerwillig. Links von mir Alkohol und Zigaretten und rechts von mir Kondompackungen sah ich vor meinem innerlichen Augen meinen Neurologen schimpfen. Er verbot es mir, als Narkoleptikerin, Drogen zu konsumieren. Zugegeben war dies kein Problem für mich, denn sowohl der Geschmack von Alkohol als auch von Zigaretten war für mich beinahe unerträglich, aber das Gefühl, so eingeschränkt zu sein, störte mich doch irgendwie. "In welcher Schulklasse bist du eigentlich?", fragte ich Cruel interessiert, ließ mir diese Interesse aber nur kaum anmerken. Vielleicht war er ja zufälligerweise auch in der Sonnenklasse.
Hm. Neben mir war schon wieder die böse grüne Brause. Ich hatte Angst. "Cruel, genau.", stimmte ich zu. Was sie wohl dachte? Immerhin war Erin auch kein alltäglicher Name. Ein ziemlich männlicher Name. Ob Leviathan gerade an ihn dachte? Bestimmt. Ach, Leviathan.. Ich ging ein wenig rückwärts, den Gang entlang, während ich mit ihr redete. "Bin in der Sternenklasse, und du?" Du heiße Schnitte..
Ich grinste und stolperte gegen das nächste Regal, weil ich es nicht sah. Verständlich. Mir fielen Süßigkeiten auf den Kopf und in den Arm, durch die Erschütterung. Der Supermarkt war definitiv ein Paradies! Ich wollte nie wieder hier weg, wirklich.
Nächstes Mal würde ich Leviathan herschleppen..! ... Deprimiert, dass ich immernoch an den Hohlkopf hatte, unzwar wie ein schwules Mädchen, das Liebeskummer hatte, stopfte ich noch eine Packung Süßigkeiten obendrauf, das Mehl dafür weg. "Und, was machst du so im..Supermarkt?", fragte ich sie.
Obwohl diese Frage sehr idiotisch war. Was tat man schon im Supermarkt? Bräute aufreißen, natürlich. Moment, dann musste sie ja was sinnvolles tun. Ich grinste sie ein wenig an, vielleicht fühlte sie sich ja auch bedrängt von mir. Dabei konnte ich gar nichts für meine Tollpatschigkeit. Und Danebenheit. Und den Idiotismus.
Wo war Leviathan? Neben ihm würde ich aussehen, wie eine Intelligenzbestie.
Ich wusste nicht, ob es gut oder schlecht für mich war, dass Cruel nicht in der Sonnen- sondern in der Sternenklasse war. Schließlich entschied ich mich für eine kurzweilige Trauer, ließ mir dieser aber nur kaum anmerken, da sich Cruel nichts darauf einbilden sollte. Dieser wirkte nun ein bisschen tollpatschig, denn er stolperte blind gegen das nächste Regal, sodass ihm durch die Erschütterung Süßigkeiten auf den Kopf und in den Arm fielen. Obwohl er mir Leid tat, hatte ich den Drang, ihn auszulachen, und konnte diesem letztendlich trotz aller Beherrschung nicht widerstehen. "Na, ja… Einkaufen", antwortete ich die Schultern zuckend auf Cruels sehr durchdachte Frage, nachdem ich mich wieder eingekriegt hatte. "… und du?", fügte ich nach einigen Sekunden hinzu, damit Cruel nicht glauben würde, dass seine vorherige Frage wirklich du-… seltsam war. Seltsam, seltsam, seltsam… Dieses Adjektiv schwirrte mir schon seit Cruels subtiler Begrüßung im Kopf herum, aber irgendwie mochte ich ihn, obwohl er, wie bereits erwähnt, seltsam war. Ich griff nach einer Tüte Chips. Viel Fett, Geschmacksverstärker, keine Nährstoffe… und nicht zu vergessen das Acrylamid, das krebserregend war. Ungesund, aber lecker!
Hmpf. Sie lachte. Und irgendwie schien sie manchmal meine Fragen zu überhören. Sowas verwirrt mich total. Irgendwann dachte ich dann nämlich, dass ich entweder die Frage nie gestellt hatte, oder sie mir schon längst geantwortet hatte.
Genauso verwirrt sah ich die fettigen Chips an. Igitt. Fett. Und so. Igitt. Nur Monster aßen Chips! Und übrigens packte ich mir mal kurz eine Packung Pringles oben drauf, aber egal. "Gesundes Essen einkaufen", bemerkte ich und zwinkerte ihr zu, "naja, ich ebenfalls.", ich zuckte die Achseln, wodurch mir Gummibärchen von den Armen fielen. Argh!
"Naja, ich geh dann, bezahlen, du weißt schon." Wenn ich überhaupt so viel Geld dabei habe. Langsam lief ich irgendwohin, keine Ahnung wohin. Ich hatte mich im Supermarkt verlaufen. Mist.