Wieder einmal hörte Cliviaer der Blonden gut zu und nickte. Sie erschloß sich, dass das Leben von ihr nicht immer angenehm war, eingengend und trist. Adelig sein war nie eine schöne Sache gewesen, wenn man Pflichten hatte, aber so eingeschränkt wie sie es gerade beschrieb, so hatte sie sich auch in ihrer Heimat nie gefühlt. Eigentlich hatte sie auch kaum Etikette gelernt, da eher Kampfkraft in den vielen Kriegsjahren gefragt war als manierliches Benehmen.
Cliviaer nahm es ganz natürlich hin, dass die Lehrerin ihr die Frage beantwortete, die Antwort reichte ihr vollkommen aus, um sich ein ungefähres Bild machen zu können.
"Hassen Sie ihren Vater denn deswegen?", fragte sie und blickte sie an. "Oh, natürlich sind Sie zu keiner Antwort verpflichtet, wenn ich zu sehr nachfrage! Ich bin einfach von ... neugieriger Natur und weiß mich oftmals nicht zurückzuhalten", fügte sie rasch noch hinzu, um nicht allzu aufdringlich zu wirken.
Sie drehte ihre Tasse in ihren Händen hin und her und dachte selbst für sich nach, wie es denn gewesen wäre, wäre sie in diesem Haushalt der "van Hossen"s und nicht der "van El-Mortrias Crown"s aufgewachsen ... Vielleicht säße sie dann genau an der Stelle ihrer Gesprächspartnerin und würde davon berichten, ohne dabei aber allzu sehr auf persönliche Details einzugehen. "Und wie haben Sie es denn aus diesem ja goldenem Käfig geschafft, wenn ich fragen darf?", fragte Cliviaer noch. Bei ihr selbst war ja die simple Auslöschung aller Beteiligten ihr Freiheitsanker gewesen.

Den Blick stets in Richtung Himmel gerichtet hörte ich Miss Crowns frage zu. Ob ich meinen Vater hassen würde, fragte sie. Woraufhin ich erst einmal zu überlegen begann. Tat ich das? Hasste ich meinen Vater? Das war eine der Sachen über die ich mir nie wirklich Gedanken gemacht hatte. Ich war bis heute immer nur froh das ich aus diesen Verhältnissen entkommen konnte. Über mein Verhältnis zu meinem Vater nachzudenken war also nie zur Debatte gestanden. Trotz allem was ich durchgemacht hatte war er immer noch mein Vater.
"Ich weiß es nicht.", sagte ich kurze Zeit später, "Ich kann es ihnen nicht sagen weil ich die Antwort darauf selbst nicht weiß. Es gab bestimmt Tage da hätte ich genau das getan, ihn gehasst. Aber auch dieser Hass ist nach der Zeit wieder verklungen.". Ich wandte meinen Blick vom Himmel ab und starrte nun in die Menge von Leuten, die fröhlich auf dem Weihnachtsmarkt umherliefen. "Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht wenn ich ehrlich bin.".
Jetzt sah ich wieder zu ihr. Sie hatte mir direkt nach meiner Antwort eine weitere Frage gestellt. Wieder war es eine extrem tiefgreifende Frage. Jedoch war ich dieses Mal nicht gewillt darauf zu antworten. Das Thema welches damit verbunden war ging mir sehr nahe. Es war der Beginn einer zweijährigen Suche nach einem Typen, der letzten Endes starb und seine Geheimnisse über meine Mutter mit ins Grab nahm. "Entschuldigen sie, aber das ist eine Geschichte welches sie nichts angeht.", sagte ich nur kurz und knapp bevor ich wieder einen weiteren Schluck aus meiner Tasse nahm. Gedankenversunken schaute ich nun an Miss Crowns Gesicht vorbei. Meine Mutter, wie gerne hätte ich sie gekannt. Nur ein Foto hatte ich von ihr gesehen, nicht mehr. Es war schon irgendwie traurig, ich fragte mich jedoch wie mein Leben verlaufen wäre, wenn sie noch da geblieben wäre. Hätte meine Vergangenheit dann vielleicht besser ausgesehen? Ich konnte nur spekulieren. Aber ich glaubte eher nicht. Obwohl mir das, auch schon wieder zu weit hergeholt schien.

Ob man seine eigenen Eltern hasste, schoss es Cliviaer nach der Antwort von der Blonden durch den Kopf, ist wohl selten etwas, worüber man sich Gedanken macht. Selbst wenn oder gerade deswegen man erst vor Kurzem aus einem Käfig ausgebrochen war. Sie nickte und auch auf die Verweigerung einer Auskunft auf ihre nächste Frage nahm sie verständnisvoll auf: "Natürlich~" Sie hatte allerdings - wenn sie ehrlich war - nicht erwartet, dass diese Geschichte einen oder mehrere weitere, tiefgehende Aspekte beinhaltet. Das traf sie doch ein wenig überraschend, aber nun gut, sie würde selbst auch eher ungern über ihre Vergangenheit reden, wenn man dieses spezielle Kapitel ansprechen würde.
"Ich frage mich wirklich, wie es zu diesem Schneefall kommen konnte ...", wechselte sie nach einigen wenigen Minuten des Schweigens das Thema und lehnte sich ein wenig zurück, um mit ihrem bloßen, unbehandschuhtem Finger den Schnee des Standdaches ein wenig nach rechts zu schieben. Es schneite nicht mehr arg dolle. Ganz langsam rieselte dennoch der Schnee, den Cliviaer vor sich herschob, ein wenig nach unten.
Sie hatte Schnee nur selten gesehen, immerhin gab es erstens in ihrem Himmelsreich damals keinen Schnee, auch keine Kälte und Hitze. Es war immer angenehm warm gewesen und auch immer angenehm hell. Und zweitens als sie auf die Erde kam, da landete sie auch eher in den warmen Regionen der Erde, wo es selten schneite. So war es vermeintlich das erste Mal in ihrem Leben, wo sie zum ersten Mal so richtig mit Schnee in Kontakt kam.
Und die weißen, kalten Flocken hatten es ihr durchaus angetan.

Von Miss Crowns Antwort und zugleich Kenntnisnahme meiner Verweigerung ihrer letzten Frage gegenüber aus den Gedanken gerissen richtete ich meine Augen nun wieder ein bisschen nach links auf ihr Gesicht. "Danke für die Verständnis.", brachte ich ihr gegenüber meine Dankbarkeit zum Ausdruck. Sie hätte jetzt ja durchaus mehr Fragen stellen können, unterließ es aber.
Stattdessen wechselte sie das Thema auf das Wetter. Ein Thema über das ich mir ehrlich gesagt nicht so viel Sorgen machte. Höchstens wenn es noch mindestens zwei Wochen so weitergehen würde. Dann würde ich wirklich Versuchen die Ursache dessen ausfindig zu machen. Laut der Erzieherin im Waisenhaus war es ein Schüler welche die Verantwortung für das alles hier trägt. Mir persönlich fiel aber so direkt keiner von diesen Sprösslingen ein, welcher der in der Lage wäre so etwas hervorzurufen. "Wenn wir das wüssten Miss Crown. Dann würde es wohl nicht mehr schneien.", sagte ich und folgte ihrem Blick. "Sie waren doch auch an der Besprechung beteiligt. Laut der Heimleitung wurde das alles hier von einem einzigen Schüler ausgelöst. Und ob ich will oder nicht, so schön es auch ist....", machte ich eine kurze Gesprächspause. "....so unverantwortlich ist es trotzdem. Und wenn ich erfahren sollte das tatsächlich einer der Sprösslinge dafür verantwortlich ist. Dann......". Weiter sprach ich nicht. Ich wusste selbst nicht wie ich das nun formulieren sollte. Außerdem würde es vielleicht aggressiver rüberkommen als es ursprünglich geplant war. Ein schönes Dilemma! Wie sollte ich das nun ausdrücken? Ich überlegte eine gefühlte Minute. "Dann gibt es eine Menge Ärger.", brachte ich den unvollständigen Satz zu Ende und hob dabei ermahnend den Finger. So, als ob man jemandem eine Standpauke halten würde.
Generell war ich eine Person die den Schülern direkt eine Standpauke gab sobald sie sich daneben benahmen oder zu laut wurden. Von daher war meine Einstellung zu dem Thema nicht sehr verwunderlich. Trotzdem würde ich mich mit der Heimleitung noch einmal auseinandersetzen müssen was das Thema betraf..

Nachdem das Mädchen meinte das das was ich sagt gut möglich wäre, da sie in Zimmer 108 war, gab sie mir auch Recht was das mit dem trinken anging und meinte sie würde die Beweise vernichten. Und wie ich es geahnt hatte vernichtete sie die Beweise indem sie den Becher in einem Zug ausleerte. Auch die Tatsache das sie nun betrunken war entsprach meinen Erwartungen. Das sie dann allerding noch mehr wollte hatte ich nicht erwartet. Wie kann man nur so dumm sein? Und es passierte noch etwas unerwartetes. Plötzlich schien sie wieder nüchtern zu sein und entschuldigte sich bei mir. "Ähm..ich nehme mal an du bist die andere Hälfte von der sie vorhin gesprochen hat oder?" fragte ich etwas verwundert während ich meine heiße Schokolade austrank. Das war jetzt wirklich verwirrend. Wie konnte sie nur durch den Wechsel der Persönlichkeit wieder nüchtern werden. Der Alkohol war doch trotzdem im Blut. Es gab schon wirklich merkwürdige Wesen hier.

Bei der klaren Ansage der strengen Lehrerin musste Cliviaer ein wenig schmunzeln. "Ich persönlich sehe es eigentlich nicht so eng", erwiderte sie lächelnd, "Es hat uns zumindest weiße Weihnacht beschert, nicht wahr? Und ein wenig Freude muss ja auch mal sein, finde ich. Immerhin stehen bald auch schon die Zwischenprüfungen statt und da müssen sie wohl auch ordentlich büffeln, oder was meinen Sie?" Cliviaer blickte amüsiert zu ihrer Gesprächspartnerin über, die ja Lehrerin war. "Was unterrichten Sie eigentlich?", fragte sie geradeheraus, denn die Antwort kannte sie nicht. Es interessierte sie, welches Fach sie unterrichtete und ob es insofern "zu ihr passte", von der äußeren Erscheinung, vom Charakter her.
Zwar stand Cliviaer nicht so ganz positiv dem plötzlichem Schneefall gegenüber wie sie es vielleicht gerade zum Besten gab, aber man musste nun einmal das Ganze so positiv sehen wie es nur gerade geht. Und da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass der Schneefall perfekt in die Jahreszeit passte und ein frohes Fest ermöglichte. Und zum anderem war es natürlich auch schön, einfach mal Schnee zu sehen. Sie persönlich hatte ja vorher nicht wirklich Kontakt damit gehabt.
Doch natürlich gab es auch einige schlechte Seiten. Zum Beispiel würde sich natürlich die Frage stellen, ob das alles gewollt war oder nicht, immerhin hatte es das gesamte Klima um die Insel herum beeinflusst. Den Kindern scheint es ja Spaß zu machen~, dachte sie fröhlich und nahm noch einen Schluck ihres Punsches, der mittlerweile lauwarm und sogar beinahe leer war. Ob ich noch etwas probieren sollte ...?

"Weiße Weihnacht hin oder her.", sagte ich auf Miss Crowns Argument mit der weißen Weihnacht. Ich sollte es nicht so eng nehmen meinte sie. Das nahm ich keinesfalls. Es änderte aber einfach nichts an der Grundlegenden Tatsache das ich vermutete, das der Schüler dies absichtlich gemacht hat. So einen großen "Zufall" konnte ich mir nicht vorstellen. Keiner hier war auf den Wintereinbruch so wirklich vorbereitet gewesen und ich konnte mir gut vorstellen das es einige hier auf der Insel, trotz ihrer guten Laune jetzt, ziemlich kalt erwischt hat. Was auch meine Begründung unterstützte, welche besagt das dieses Verhalten ziemlich unverantwortlich war.
Aber als ich mich auf dem Weihnachtsmarkt umschaute, zweifelte ich ein wenig an meinem Vorhaben. Miss Crown schien doch irgendwie recht zu haben. Als ich meinen Blick wieder Miss Crown zuwarf, hatte ich meine Aussage ein wenig überdacht. Es war wohl wirklich nicht so dramatisch wie ich es darstellte. "Na gut...", gab ich dann schließlich nach, "Ich sehe es vermutlich ein wenig zu verkrampft. Aber eine Standpauke wird es trotzdem geben!", korrigierte ich nun meine Aussage von vorhin. Hielt aber an der Standpauke fest welche sich in einem Verbalen Schüler-Lehrer Gespräch auflösen würde.
"Ich unterrichte das FTF Magie, Sport sowie Rassenkunde.", griff ich kurz danach ihre zweite Frage auf die an mich gerichtet war.
Auf ihre Aussage mit den Prüfungswochen antwortete ich erstmal nicht. Ich hatte den Eindruck das die Schüler auch zu den Prüfungen sich Zeit für ihr eigenes Vergnügen nehmen würden. Und sich infolge dessen natürlich über Zeitdruck beschweren würden. "Ich sehe den Prüfungswochen eher skeptisch gegenüber. Schüler haben die Angewohnheit sich erst auf die letzte Minute vorzubereiten.".
Meine Aussage wurde gefolgt von dem Gedanken an Levi. Ob er mich als Schlupfloch benutzen würde um besser zu lernen? Ich erwartete es und fragte mich nun, wie ich darauf reagieren würde. Es ging hier schließlich irgendwie um Fairness, irgendwie.

Eva wusste ja noch gar nichts von der anderen hälfte, Amelia hatte das vor lauter zofferei mit Rouge vergessen. Jetzt war es sowieso zu spät die Sache noch zu verheimlichen. "Ja bin ich. Mein name ist Amelia, freut mich. Wie heißt du wenn ich fragen darf?" Etwas war komisch, Amelia bekam selber nicht viel mit vom Alkohol und schien vollkommen normal zu sein, aber der Körper wollte nicht so recht gehorchen. Sie musste sich schon am Stand etwas abstützen, sodass sie nicht gleich hinfallen würde. Man konnte förmlich sehen wie die Beine anfingen zu zittern.  "Wenn Rouge wach ist, dann bekommt sie was zu hören. Das hat sie bestimmt extra gemacht, da sie sagte sie wolle mir eine Lektion in Sachen Weihnachten erteilen. Die hätte ich mir allerdings anders vorgestellt." Amelia versuchte ein paar kleinere Schritte auf Eva zu machen, doch die Knie waren weich wie Pudding. "So ein Mist! Meine Beine sind so wackelig. In so einer Lage wünschte ich mir wieder meinen alten Körper zurück, aber nein, jetzt muss ich in dieser 14 Jährigen wohnen und mich einschränken lassen. Gott wie ich sowas hasse!" Doch Amelia konnte fluchen so viel sie wollte, da musste sie jetzt durch, nun trat Amelia noch an einer glatten Stelle auf, worauf sie wegrutschte und sie noch verzweifelt versucht an eva festzuhalten.

"Machen Sie, was Sie für richtig halten~", meinte Cliviaer amüsiert, als die Lehrerin ihr nebenan so starrsinnig auf eine Standpauke beharrte, "Ich für meinen Teil habe wohl weniger damit zu tun ... bis auf die vielen Frostbeulen zu Beginn ..." Sie schauderte kurz bei dem Gedanken daran, als direkt nach dem ersten, plötzlichem Schneefall die Schüler und teilweise auch Erwachsene im Krankenzimmer Schlange standen, weil es sie so unvorbereitet getroffen hatte. Zum Glück hatte sich das rasch wieder gelegt, immerhin konnte man es doch relativ schnell organisiert bekommen. Was sie zum einen wunderte, andererseits aber auch natürlich freute.
"Die Schule ist einfach keine strenge Einrichtung der bloßen Erlernung diverser Fakten mehr, schätze ich", erwiderte sie halb seufzend, halb grinsend auf die Anmerkung auf die bevorstehenden Prüfungswochen, "Aber ich bin gespannt, was da alles auf sie zukommen wird." Sie hoffte nur inständigst, dass nicht kurz vorher alle ankamen würden mit Kopfschmerzen ...
"Ich frage mich ja, für wen das wohl die stressigere Zeit werden wird", merkte sie schmunzelnd an. Einerseits waren ja die Lehrer auch damit beschäftigt, Prüfungsbögen und allerlei vorzubereiten, und eventuell auch Rück- und Nachfragen der Schüler zu beantworten oder einigen schwächeren ein wenig Nachhilfe zu leisten. Vielleicht organisieren sich die Schüler ja auch gekonnt selbst in Arbeitsgemeinschaften? Sie war wirklich gespannt auf diese Wochen, immerhin kannte sie es ja nicht.
"Aber wahrscheinlich ein leidiges Thema um diese Zeit über", lachte sie und blickte sich noch einmal um, "Haben Sie eigentlich vor, etwas zu kaufen?"

cf: (nach Zeitsprung)

Reil hatte erfahren das ausgerechnet Yuna seine Wichtelpartnerin sein wird und er müsse ihr was schenken. Reil kannte inzwischen Yuna sehr gut, sie waren inzwischen auch fest zusammen, doch genau das machte es in seinen Augen so schwierig. Irgendeiner fremden Person hätte er eine Kleinigkeit schenken können, doch Yuna war ja nicht irgendeine, es war seine feste Freundin und wenn er ihr schon was schenken MUSS, dann muss es wohl auch was wahrhaft perfektes sein, aber auch die Weihnachtsstimmung einfangen ...

Das war eine schwere Aufgabe für Reil, die ihn ziemlich ablenkte, so sehr, das er garnicht drauf achtete wo er hinging. Es passierte was passieren musste und er rannte in eine Person rein und fiehl auf den Boden, dann schaute er verdutzt nach oben wen er da erwischt hatte, es war Ines. Er kannte sie schon etwas länger aber nur flüchtig "Sorry" entschuldigte sich Reil bei Ines und richtete sich auf und klopfte sich den Schnee von der Hose, "warum bist du hier auch ganz alleine?" fragte er sie.